Mailänder Edikt

Die jetzt drohende Übernahme der ganzen Priesterbruderschaft St. Pius X. durch den Liberalismus ist das jüngste Ereignis in einer langen Reihe von Niederlagen der katholischen Kirche. Diese traurige Reihe prägt unsere heutige Zeit, und entsprechend schwer können wir uns vorstellen, daß es einmal eine Zeit gab, wo die Kirche einen Sieg nach dem anderen errang. Doch an einen dieser Siege werden wir dieses Jahr erinnert, wenn wir den 1700sten Jahrestag des Edikts von Mailand aus dem Jahre 313 anno Domini feiern.

Der als „Konstantin der Große“ bekannte römische Kaiser Konstantin wurde im Jahre 272 geboren und erst kurz vor seinem Tod im Jahre 337 christlich getauft. Allerdings war er dem Christentum schon seit Jahren zugeneigt gewesen. Als er im Jahre 312 nach Rom marschierte, um seinen Rivalen Kaiser Maxentius im Kampf zu stellen, versprach unser Herr dem Konstantin den Sieg, wenn er auf seine Hauptheeresfahne das Labarum, ein X mit einem darübergesetzten P, schreiben würde – dieses sind die beiden ersten griechischen Buchstaben des Wortes Christus. Konstantin befolgte die Worte unseres Herrn und schlug Maxentius in der Schlacht an der Milvischen Brücke. Als er dann unumschränkt über Rom herrschte, erließ er ein Jahr später das Edikt von Mailand.

Im Laufe der vorangegangenen 250 Jahre hatten die Nachfolger Christi zehn blutige Verfolgungen unter den römischen Kaisern, von Nero (37–68) bis Diokletian (243–316) erlitten. Weil die Christen die heidnische Staatsreligion verweigert hatten, verbot der Staat das Christentum. Das Mailänder Edikt räumte dem christlichen Kult zum ersten Male eine rechtliche Erlaubnis neben anderen Religionen im römischen Reich ein. Dies war der entscheidende Schritt für die Bekehrung Roms zum Christentum. Im Jahre 325 bestätigte Konstantin die Rechtgläubigkeit des dogmatischen Konzils von Nicäa. Kaiser Theodosius erhob dann im Jahre 380 das Christentum zur offiziellen Religion Roms, und verbot im Jahre 392 schließlich die heidnischen Kulte.

Somit nahm Konstantin jene Verbindung zwischen (katholischer) Kirche und Staat vor, welche die Grundlage für die Christenwelt war, welche heute besser als „Westliche Zivilisation“ bekannt ist. Mögen im Laufe der Zeit auch praktische Mißbräuche dieser Verbindung vorgekommen sein, so ist sie im Grunde für die Rettung der Seelen höchst gedeihlich. Man denke nur, was eine heutige Bürgerschaft für einen Nutzen daraus ziehen kann, wenn ein gesunder Priester und ein gesunder Polizist sich gegenseitig ergänzen. Die katholische Kirche hat 1600 Jahre an diesem Prinzip der Verbindung von Kirche und Staat festgehalten, wohingegen der revolutionäre Liberalismus während der letzten 200 Jahre dieses Prinzip ständig auszuhöhlen getrachtet hat. Erst durch das Zweite Vatikanum knickte die Kirche ein und verwarf die Doktrin vom katholischen Staat durch ihre neue Lehre von der Religionsfreiheit im Konzilstext Dignitatis Humanae. Hw. Yves Congar, ein Rädelsführer der Neo-Modernisten auf dem Konzil, frohlockte offen darüber, daß das Konzil der „Konstantinischen Kirche“ ein Ende gesetzt hatte.

Zugegebenermaßen bringt die Verbindung von Kirchenmännern zu den weltlichen Autoritäten eine Versuchung der Verweltlichung mit sich, doch ist jeder Staat an das Gestalten und Vollziehen von Gesetzen gebunden, welche auf einer religiösen oder antireligiösen Sichtweise bezüglich Gott und den Menschen beruht. Ein Blick auf unsere heutige Welt genügt, um zu unterstreichen, wie schwer das katholische Leben ist, wenn diese Sichtweise des Staates der Antireligion des säkularen Humanismus entspricht. Der allgegenwärtige Druck der modernen gottlosen Staaten auf die Bischöfe des Zweiten Vatikanum speiste in ihnen den Wunsch, die katholische Kirche so zu verändern, daß sie in die moderne Welt paßt. Derselbe Druck drängt nun die Bruderschaftsführung dazu, denselben Weg der Revolution einzuschlagen.

Im Gegensatz dazu hat Konstantin über die Jahrhunderte gewiß zur Rettung von Millionen von Seelen beigetragen – ein Verdienst, wofür er höchstwahrscheinlich in den Himmel gekommen ist. Kaiser Konstantin, bitte für uns.

Kyrie eleison.