Achtung Sprengung

Sollten manche Leser den „Eleison Kommentar“ von letzter Woche als Auftakt für ein neues Jahr etwas düster empfunden haben, so tut mir dies leid und ich verspreche, den Kommentar von dieser Woche mit einem hoffnungsvollen Zitat abzuschließen. Allerdings sind im Grunde genommen viele Menschen – wie mir gesagt wird – immer noch in „seliger Unwissenheit“ darüber, wie ernst die bevorstehende weltweite Wirtschaftskatastrophe tatsächlich ist. Schlimmer noch begreifen sie nicht das vor-apokalyptische Ausmaß der Kirchenkrise. Betrachten wir für einen Augenblick diese Krise der Kirche.

Die Vision selbst einiger Priester innerhalb der Priesterbruderschaft St. Pius X. sieht so aus, daß einerseits die Bruderschaft eine normale religiöse Kongregation und andererseits das heutige Rom nicht übermäßig abnormal sei. Zwar habe Erzbischof Lefebvre sehr barsch über das Zweite Vatikanische Konzil und die „Antichristen“ in Rom gesprochen, aber in den 20 Jahren seit seinem Tod hätten die Dinge sich zum Besseren gewandelt. Diese Priester denken, daß wir heute einen Papst hätten, der im Herzen ein Traditionalist sei, wie seine Freigabe der tridentinischen Messe und seine „Zurücknahme“ der 1988er-„Exkommunikation“ der vier Bruderschaftsbischöfe bewiesen habe. Sie folgern sodann, daß – mit ein bißchen Beweglichkeit auf beiden Seiten – Rom und die Bruderschaft sicherlich zu einer Vereinbarung gelangen könnten, wo einerseits Rom der Bruderschaft wieder jene Achtbarkeit zurückgeben würde, welche sie nie hätte verlieren sollen, und wo andererseits die Bruderschaft in einem Triumphzug in Rom einziehen könnte, so daß beide Seiten zusammen die Welt für Jesus Christus erobern könnten. In dieser Vision haben die Glaubensgespräche zwischen beiden Seiten in den Jahren 2009 bis 2011 zwar das völlige Auseinanderklaffen in der Lehre der beiden Parteien unterstrichen, doch würde dies nur beweisen, daß die anvisierte Vereinbarung rein praktischer Natur zu sein brauche.

Die Priester, welche von solch einem Traum sich einlullen lassen, haben leider entweder Pascendi nicht gelesen oder aber nicht verstanden, was sie lasen. Denn in seiner großen Enzyklika warnt der heilige Papst Pius X. davor, daß der Modernismus eine Hauptgefahr für die Existenz der Kirche darstellt, weil er das Ende eines Vorgangs markiert, bei welchem die Seele von der – natürlichen oder übernatürlichen – Wirklichkeit abgesondert wird. Der Modernismus ist das endgültige Sich-Einschließen des Geistes in seinem gottlosen Traumland. Wahrhaftig stellt der Modernismus die Endstation des Irrtums dar. Betrachten wir ein Beispiel für dieses Sich-Einschließen:—

Die Enzyklika Pascendi erklärt am Ende des Abschnittes über die modernistischen Theologen, wie die Modernisten sich darüber freuen, von der kirchlichen Autorität verurteilt zu werden. So wie ein Gartenschlauch nicht von seinem ihm Wasser spendenden Wasserhahn abgeschnitten werden darf, so darf die Kirche auch nicht von ihrer Quelle in der Überlieferung abgeschnitten werden. Also – so sagt der Modernismus – muß die Kirche in der Zeit fortschreiten durch ein Wechselspiel zwischen Modernismus und Tradition. Deshalb brauchen die Modernisten eine traditionelle Kirchenautorität, welche das Traditionelle gerade mit der Verurteilung der Modernisten durchführt. Wenn also der Papst sie als Modernisten nicht verurteilt, so treiben sie ihre Sache voran; wenn er sie aber verurteilt, so treiben sie ihre Sache ebenso voran, weil sie durch ihr Verurteilt-Werden zu sehen glauben, daß der Papst den Fortschritt der Kirche fördert. Kopf der Papst verliert, Zahl sie gewinnen. Das ist ein sich einschließender Irrtum, bei dem Gott nicht gewinnen kann.

Für jene, die so denken, hält der große und gütige Gott allerdings eine Überraschung bereit. Um in der Zeit von Noah Menschenseelen zu retten, schwemmte er das elendigliche Gesellschaftssystem einfach weg. Um heute wieder Seelen zu retten, könnte Gott diesesmal zur Säuberung das System einfach wegsprengen. Die Sprengung könnte im Jahre 2012 beginnen – oder auch nicht. Und wo bleibt das tröstliche Zitat? –

„Wenn aber dies zu geschehen anfängt, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn es naht eure Erlösung“ (Lukas 21,28). Bekanntlich ist die Stunde kurz vor dem Morgengrauen die dunkelste.

Kyrie eleison.