Beharrendes Rom
Monsignore Fernando Ocariz als einer der vier römischen Theologen, die an den Glaubensgesprächen zwischen Rom und der Priesterbruderschaft St. Pius X. von 2009 bis Frühjahr 2011 teilnahmen, veröffentlichte nun eine Abhandlung namens „Festhalten am Zweiten Vatikanischen Konzil“ – also ungefähr zur selben Zeit, als Bischof Fellay wissen ließ, daß die Bruderschaft um eine Klärung der doktrinären Präambel (diese ist die Antwort Roms auf die Glaubensgespräche) bitten wird. Die Wahl des Zeitpunktes durch den Monsignore zeigt, daß das Schlimmste nicht überstanden ist – ganz im Gegenteil! Untersuchen wir seine Argumente, die wenigstens eindeutig sind.
In seiner Einleitung argumentiert Monsignore Ocariz, daß das „pastorale“ Konzil nichtsdestoweniger lehrmäßig gewesen sei. Denn die Seelsorge basiere auf der Glaubenslehre und versuche außerdem, Seelen zu retten, was wiederum die Glaubenslehre einschließe. Die Konzilsdokumente würden sogar viele Glaubenslehren enthalten. Nun gut, wenigstens versucht der Monsignore nicht, den dogmatischen Anschuldigungen gegen das Konzil auszuweichen, indem er vorgibt, das Konzil sei nicht lehrmäßig gewesen – wie so viele Konzilsverteidiger es getan haben.
Über das allgemeine Lehramt der Kirche sagt Monsignore, daß das Zweite Vatikanum aus den katholischen Bischöfen bestanden hat, welche über „das Charisma der Wahrheit, die Autorität Christi und das Licht des Heiligen Geistes“ verfügen. Dies zu leugnen bedeute, ein Wesensmerkmal der Kirche abzustreiten. Aber Monsignore Ocariz, wie steht es dann mit der Masse der katholischen Bischöfe, welche unter Papst Liberius an der arianischen Irrlehre festhielten? In Ausnahmefällen können in beinahe trauter Einstimmigkeit auch die katholischen Bischöfe lehrmäßig irren. Was einmal geschah, kann wieder geschehen – und dieser Fall wiederholte sich im Vatikanum II, wie seine Dokumente belegen.
Der Monsignore argumentiert weiter, daß auch die nicht-dogmatischen sowie nicht ausdrücklich definierten Lehren des Konzils dennoch Zustimmung von den Katholiken verlangen. Dies sei „religiöse Unterordnung des Willens und des Verstandes“ und ein „Akt des Gehorsams und Vertrauens in den göttlichen Beistand des Lehramtes.“ Aber Monsignore, zweifellos bot Gott den konziliaren wie arianischen Bischöfen jedwede benötigte Unterstützung an. Doch die Bischöfe lehnten diese Unterstützung ab, wie ihre von der Überlieferung abgekommenen Dokumente zeigen.
Schließlich setzt Monsignore Ocariz das zu Beweisende voraus, wenn er argumentiert, daß das katholische Lehramt kontinuierlich ist und weil das Zweite Vatikanum das Lehramt sei, könnten auch seine konziliaren Lehren nur in Kontinuität mit der Vergangenheit sein. Wenn nun diese konziliaren Lehren wie ein Bruch mit der Vergangenheit aussähen, so sei es katholisch, diese Lehren so zu interpretieren, als ob es keinen Bruch gegeben habe – wie es beispielsweise Benedikts XVI. „Hermeneutik der Kontinuität“ macht. Aber Monsignore, diese Argumente können genau umgekehrt angewendet werden. Denn tatsächlich gab es einen Bruch in der Glaubenslehre, wie eine Untersuchung der Konzilsdokumente eindeutig zeigt. (Zum Beispiel: Gibt es ein (gemäß Zweitem Vatikanum) oder gibt es kein (gemäß der Überlieferung) Menschenrecht auf ungehinderte Verbreitung von Irrtümern?) Deswegen war das Zweite Vatikanum nicht das wahre Lehramt der Kirche, und es ist katholisch, aufzuzeigen, daß es diesen Bruch mit der Überlieferung tatsächlich gibt – wie es Erzbischof Lefebvre tat –, anstatt vorzugeben, daß kein Bruch vorhanden sei.
Zum Schluß behauptet der Monsignore noch, daß nur das Lehramt das Lehramt auslegen könne. Womit wir wieder am Anfangspunkt angelangt sind.
Liebe Leser, Rom ist keinesfalls über den Berg. Himmel, hilf uns!
Kyrie eleison.