Berufungen – woher?

Jahrzehntelang ging Robert – wie ich ihn nenne – in größeren Städten einer „fortschrittlichen“ westlichen Nation einer Vielzahl von Teilzeit- und Vollzeit-Vorlesungen in den Geisteswissenschaften nach. Heute teilt er grundsätzlich die Kritik an den modernen Universitäten aus einem kürzlichen „Eleison Kommentar“ (EC 158). Allerdings erhebt er einen interessanten Einwand, der sogar noch ein oder zwei Schritte weitergeht. Beginnen wir damit, wie er das heutige Universitäts-System real erlebt.

Nach einer schier endlosen Zeit des Studierens erhielt Robert vor einigen Jahren endlich seinen Doktortitel in Geschichte – aber nur gerade noch so und auf eine Weise, daß er keine Anstellung als Universitätsprofessor finden wird. Das „politisch korrekte“ System hatte sich, wie er sagt, erfolgreich gegen Roberts „extrem rechte“ Gedanken verteidigt. „Der Integrist (d.h. der fundamentale Katholik) war geknebelt und die Demokratie gerettet worden. Der Dummkopf hatte sich vor die Dampfwalze geworfen und war regelrecht erdrückt worden – auf ebenso leichte Weise wie Winston in dem berühmten Roman 1984 von George Orwell.“

„Aufgrund meiner Erfahrung,“ schreibt er, „würde ich keinem Jugendlichen empfehlen, an eine Universität für Geisteswissenschaften zu gehen, am wenigsten meinen Kindern. Laßt sie lieber ein Handwerk oder eine Fachschul- bzw. Fachhochschul-Ausbildung ergreifen. Am besten ist es, wenn sie später selbstständig auf dem Lande oder höchstens in einer Kleinstadt arbeiten, damit sie der Gehalts-Versklavung entrinnen.“ So würde er verfahren, wenn er sein Leben noch einmal vor sich hätte, schreibt er. Als katholischer Intellektueller empfindet er seinen Handlungsspielraum darauf beschränkt, Zeugnis zu geben.

Dennoch hat Robert einen ernsthaften Einwand gegen diesen Lösungsweg einer handwerklichen oder fachhochschulischen Ausbildung. Denn, kurz gesagt: Ingenieure werden zwar besser als Philosophen bezahlt, aber die scharf abgegrenzte Weise ihrer Arbeit – an und aus, eins und null – wird in ihnen eine Abneigung gegen die menschlichen, allzu menschlichen, Erschwerungen in der Religion und Politik erzeugen. Idealerweise wäre der Mann tagsüber Techniker und nachts Dichter, doch in der Wirklichkeit ist es sehr schwierig, ein Leben zwischen solchen Gegensätzen zu führen, sagt Robert, und in der Regel wird ein Mann das Interesse an einem der beiden Gegensätze verlieren.

Die gleiche Spannung beobachtet er auch in der Priesterbruderschafts-Schule in seiner Region. Sie bietet den Geisteswissenschaften zwar theoretisch den Ehrenplatz, aber in der Praxis neigen sowohl Buben als auch das Schulpersonal eher zu den Naturwissenschaften, weil diese die besseren Berufsaussichten bescheren. Die von der Schule kommenden Jungmänner sind daher entsprechend weniger gut gerüstet, wie es Robert dünkt, um die Probleme der Konzilskirche oder der modernen Welt auf tiefgehende Weise zu begreifen. Hier endet sein Zeugnis.

Die Situation ist ernst. So sind etwa die Priesterbruderschafts-Schulen dem Druck ausgesetzt, in die Richtung der Naturwissenschaften zu tendieren, aber die zukünftigen Priester benötigen vielmehr eine gute Ausbildung in Geisteswissenschaften, weil die menschlichen Seelen eben nicht nach dem Prinzip des klar abgegrenzten An-und-Aus bzw. Eins-und-Null funktionieren. Wenn aber aus den Bruderschafts-eigenen Schulen keine Berufungen mehr fließen, woher sollen diese dann kommen? Wie können die geistlichen Dinge geschützt werden in einer Welt, die sich ganz den materiellen Dingen verschreibt? Wie können die Seelen der Buben für das Priestertum begeistert werden? Nach meiner Beobachtung ist für sie in der Regel entscheidend, wie ernst ihr Vater seine Religion nimmt. Lesen Sie im Alten Testament das Buch Tobias (es ist weder lang, noch schwer zu verstehen). Es zeigt, wie der liebe Gott Väter durch ihre Söhne belohnt.

Kyrie eleison.