„Zu Leicht Befunden“

Wer heute als Katholik versucht, den Glauben zu bewahren, hat gewiß keine leichte Aufgabe. Ein Beobachter des gegenwärtigen Zustands der Priesterbruderschaft St. Pius X. in den USA beschrieb die Lage im Guten wie im Schlechten wie folgt. Beginnen wir mit den schlechten Punkten – nicht um die Bruderschaft zu kränken, sondern um die Schwere des Problems richtig zu erwägen. Wie der US-amerikanische Patriot Patrick Henry im Jahre 1775 zutreffend sagte: „Welche Pein es auch kosten mag, so bin ich doch bereit, die ganze Wahrheit zu hören, um das Schlimmste zu erfahren und darauf vorbereitet zu sein.“

Die Bruderschaftspriester des US-Distriktes haben bisher auf die modernistische Verseuchung ihrer Bruderschaft nicht reagiert. Die meisten reißen sich lieber ein Bein aus, um die Worte und Taten des Generaloberen zu rechtfertigen. Mir ist schleierhaft, wie sie die Kompromisse in der Glaubenslehre rechtfertigen können. Ein Priester sagte sogar, daß das bloße Gespräch mit dem Generaloberen alles kläre. Die Handvoll an US-Seminaristen, welche ich traf, werden schlecht ausgebildet und verlieren sich in der Rechtfertigung von allem, selbst vom „Guten“ im Zweiten Vatikanischen Konzil. Die Pfeife, nach der sie tanzen, heißt blinder Gehorsam. Im Priesterseminar sind Verschwörungstheorien tabu, womit die zukünftigen Priester für den Feind eine leichte Beute darstellen werden. Es gab weder eine Reaktion auf den Besuch des Novus-Ordo-Bischof Schneider, noch auf die „Argentinische Gleichschaltung.“ Der ‚Widerstandsbewegung’ gegen Bischof Fellays Modernismus wird überhaupt nicht diskutiert, sondern lediglich als bloße weitere Revolte von Priestern abgetan, wie von den „Neun“ im Jahre 1983.

Die Bruderschafts-Prioren erlauben wahllos die Meßunterstützung durch Priester der Petrusbruderschaft, und verstehen den Modernismus als einen ‚Haufen Staub’, welcher weggefegt werden könne. Ein frisch geweihter Priester wurde sogar zur Einsetzungsfeier eines örtlichen Novus-Ordo-Bischofs entsandt. Insgesamt gibt es keinen Kampf mehr gegen die Irrtümer des Zweiten Vatikanum oder der bruderschaftseigenen Doktrinellen Erklärung aus dem Jahre 2012. Das schlimmste jedoch ist das glaubensmäßige Abdriften der Bruderschaft seit 2012, während die Bruderschaftspriester erklären, keine Maßnahmen dagegen ergreifen zu wollen, bis sie etwas Handfestes sähen.

Eine solche Blindheit kann nur eine Strafe Gottes sein. Doch was bestraft er? Als die katholischen Christen in den 1950er-Jahren zu sehr ihre eigenen weltlichen Annehmlichkeiten suchten, wurden sie mit dem Konzil der 1960er-Jahre gestraft. Einem treuen Rest gewährte der liebe Gott den Erzbischof Lefebvre, welcher in den 1970er- und 1980er-Jahren den guten Hirten verkörperte. Gewiß erwartete Gott zurecht, daß dieser Überrest an katholischen Christen das Problem verstehen würde, um nicht erneut in die falsche „Lösung“ der 1950er-Jahre zu fliehen. Doch weit gefehlt, denn seit den 1990er-Jahren kehren die Bruderschaftsoberen, gefolgt von ihren Priestern und Laien, langsam aber sicher zum „Sonntags-Katholizismus“ der 1950er-Jahre zurück, auch „Fünfzigerismus“ genannt. Dies ist eine gar armselige Umsetzung der vielen Gnaden, welche Gott der Bruderschaft gewährte. Nun hat Gott scheinbar genug und hat zum Beispiel zugelassen, daß eine argentinische Diözese exemplarisch der Bruderschaft offizielle Anerkennung durch die Amtskirche zollte. Diesen Vorgang hat das Bruderschafts-Generalhaus wohl als „bloße administrative Maßnahme“ kleingeredet, aber er ebnet den Weg für eine komplette Anerkennung durch Rom oder durch Diözese für Diözese, wo dann jeder vorgeben kann, nichts zu merken, und doch fast jeder sich darüber freuen wird. Die Römer arbeiten wirklich meisterhaft.

Doch der liebe Gott zieht aus dem traditionellen Überrest erneut einen Widerstandsüberrest heraus. Der eingangs erwähnte Beobachter beendet seine Ausführung so: „Wenn es hart auf hart kommt, so wird meines Erachtens eine Handvoll Nikodemusse und Josephs von Arimathäa aus dem Kreis der Bruderschafts-Priester, -Brüder und hoffentlich -Schwestern aufstehen. Die Gläubigen der ‚Widerstandsbewegung’ zeigen sich standhaft und bekommen gelegentlichen Zuwachs aus dem Novus-Ordo-Bereich oder aus dem Nichts.“ Die gleiche Festigkeit durften wir schon beobachten bei den Reaktionen vieler Katholiken auf die Weihe Bischof Faures. Es gibt also eine Zukunft für die Seelen. Doch machen wir nicht noch einmal denselben Fehler: der allmächtige Gott will keine Sonntagskatholiken mehr, sondern potentielle Märtyrer.

Kyrie eleison.