Nochmals Diskussionen? – I
Nochmals Diskussionen? – I on Dezember 1, 2018
Die jüngste, letzte Woche erschienene Presseverlautbarung aus dem Hauptquartier der Priesterbruderschaft St. Pius X. zum Thema des am Tag zuvor stattgefundene Treffens zwischen dem Generaloberen der Bruderschaft und dem Oberhaupt der römischen Kongregation für die Glaubenslehre, bietet Anlass zu nur vorsichtigem Optimismus. Voreilige Begeisterung wäre in der Tat fehl am Platz, denn „gebranntes Kind scheut das Feuer,“ wie ein Sprichwort besagt, und die Geduld der traditionalistischen Katholiken wurde während der letzten zwanzig Jahre durch die verräterische Politik Menzingens, das ungeachtet aller gegenteiligen Beteuerungen dem Beifall der Konzilsanhänger grössere Bedeutung beimass als dem katholischen Glauben, bis zum äussersten strapaziert. Doch ein Hoffnungsschimmer besteht immerhin, weil die erwähnte Presseverlautbarung dem Glauben wieder den Vorrang einräumt, der ihm gebührt.
Zwei weitere Sprichwörter, an die man sich in diesem Zusammenhang erinnert, lauten”Edel ist, wer edel handelt“ und „Taten sprechen lauter als Worte.“ Deshalb werden Katholiken, die sich nach Kräften bemühen, um den Glauben zu wahren, gegenüber Menzingen auch künftig Argwohn an den Tag legen, und zwar so lange, bis sie eindeutig erkennen werden, dass Menzingen nicht nur mit schönen Worten hausiert, sondern ihnen auch entsprechende Taten folgen lässt, zumal die praktische Auswirkung der Presseverlautbarung darauf hinausläuft, dass die Diskussionen zwischen Rom und der Bruderschaft über die Doktrin wieder aufgenommen werden müssen.
Diskussionen über die Doktrin? Die fanden doch schon von 2009 bis 2011 statt, dauerten also lange genug, um alle wichtigen Fragen zu erörtern, und liessen klar erkennen, dass sich die katholische Tradition und Vatikan II unmöglich vereinbaren lassen. Danach wich Menzingen im Jahre 2012 von der weisen Formel Erzbischof Lefebvres –„Keine Übereinkunft in praktischen Fragen OHNE Übereinkunft in Fragen der Doktrin“ – ab, und ersetzte ihn durch das wahnwitzige Motto seines Nachfolgers „Keine Übereinkunft in Fragen der Doktrin, DESHALB eine Übereinkunft in praktischen Fragen,“ also durch sein genaues Gegenteil! Diese verräterische Kehrtwendung machte die grosse Mehrheit dessen, was einst die Bruderschaft des Erzbischofs gewesen war, fügsam mit . . .
In diesem Austausch der beiden Formeln liegt der Kern des Verrats von Menzingen. Dieses Wort ist keinesfalls zu schroff, weil die Formel des Erzbischofs die Doktrin des Glaubens höher gewichtet als den Applaus der Konzilsanhänger in Rom, während man sagen darf, dass die zweite Formel den Glauben auf den zweiten oder gar den dritten Rang verweist. Deswegen muss sich die Bruderschaft seit mehreren Jahren vorwerfen lassen, ihre Prioritäten wie folgt gesetzt zu haben: Erstens die offizielle Anerkennung durch das konziliäre Rom, zweitens die Einheit innerhalb der Bruderschaft sowie mit Rom, und drittens der Glaube. Doch was ist eine Anerkennung durch Nicht-Katholiken – denn um solche handelt es sich bei den Anhängern von Vatikan II – für Katholiken denn wert, und wozu soll eine katholische Einheit irgendwelcher Art, Gestalt oder Form mit den Konzilsanhängern gut sein? Enttäuschend war anno 2012 vor allem das Fehlen einer angemessenen Reaktion seitens so vieler Priester, die unter dem Erzbischof ausgebildet worden waren. Doch wir alle leben in einer Welt, in der „Indoktrinierung“ zu einem Schimpfwort geworden ist und in der die meisten Menschen freimaurerischen Schund begierig aufsaugen, weil er sie von allen zehn Geboten befreit . . .
Nichtsdestoweniger wollen Katholiken, die immer noch in den Himmel kommen möchten, auch weiterhin den Glauben haben, denn wie uns der allmächtige Gott in der Heiligen Schrift lehrt, ist es ohne den Glauben unmöglich, Seinen Gefallen zu finden, und wie kann man in Seinen Himmel kommen, ohne Ihm zu gefallen (Hebräer 11, 6)? Nun mögen solche Katholiken – eine Insel der Glaubenstreue in einem brandenden Ozean der Häresie – in der oben erwähnten Presseverlautbarung immerhin einen Hoffnungsschimmer sehen, weil in dieser zumindest verbal Menzingens Absicht bekundet wird, der Doktrin des Glaubens wieder Vorrang vor allen anderen Erwägungen einzuräumen; die betreffende Passage wird nächste Woche in diesen „Kommentaren“ zitiert. (Was der neue Generalobere allerdings sofort anordnen könnte, wäre die Veröffentlichung einer klaren und korrekten Zusammenfassung der von 2009 bis 2011 geführten Diskussionen über die Doktrin – eine Massnahme, die uns damals versprochen, aber bisher nicht in die Tat umgesetzt wurde.)
Doch wird Pater Pagliarani die Vision und die Stärke besitzen, um seinen Worten entsprechende Taten folgen zu lassen? Die Zeit allein wird diese Frage beantworten. Fairerweise muss man ihm immer noch genügend Zeit einräumen, wenn er, bildlich gesprochen, einen gewaltigen Öltanker auf dem Meer umkehren soll. Jedenfalls bedarf er unserer Gebete. Möge unsere Liebe Frau ihm beistehen, wenn er tatsächlich die Absicht hat, die ihm bevorstehende schwere Aufgabe, die Bruderschaft wieder auf den rechten Pfad zu führen, zu erfüllen. Die notwendige Kurskorrektur könnte nur allzu leicht zu einem erbitterten Kampf werden!
Kyrie eleison.