Widerstandsvision

Widerstandsvision on August 24, 2013

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Eine Reihe rechtgläubiger Katholiken ist erschreckt über den von der Führung der Priesterbruderschaft St. Pius X. nach wie vor eingeschlagenen Kurs. Weil diese Katholiken sehr schätzen, was sie während der letzten Jahrzehnte von der Bruderschaft empfangen haben, wünschen sie händeringend eine Ersatzbruderschaft. Sie erschrecken über die davon verschiedene Vision, wonach die katholische Zukunft aus unabhängigen Widerstandsnestern bestünde. Vielleicht mag es sie beruhigen, daß eher diese Vision von einem hervorragenden Propheten und Pionier der traditionellen katholischen Bewegung stammt: vom französischen Dominikanerpater Roger-Thomas Calmel (1914–1975). Einige aus dem Französischen frei übersetzte und angepaßte Seiten seiner Schrift „Eine kurze Verteidigung der Kirche aller Zeiten“ (Seiten 48–51) lauten wie folgt:—

„So verrückt die katholische Hierarchie auch sich verhalten mag, so können trotzdem Priester nicht den Platz von Bischöfen, und Laien nicht den Platz von Priestern einnehmen. Sollen wir also planen, eine große weltweite Liga bzw. Vereinigung von Priestern und christlichen Laien aufzubauen, welche mit der Kirchenhierarchie in Verbindung tritt und sie zwingt, die katholische Ordnung wiederherzustellen? Diese Idee klingt zwar großartig und berührend, ist aber unwirklich. Denn eine solche Gruppe, welche eine kirchliche Gruppierung sein möchte, aber weder eine Diözese, Erzdiözese, Pfarrei noch religiöse Ordensgemeinschaft bildet, fällt unter keine der Kategorien, für und über welche in der Kirche Autorität ausgeübt wird. Somit wäre dies eine künstliche Gruppe, sozusagen ein Artefakt, welches den eigens dafür errichteten und anerkannten kirchlichen Gruppen fremd bleibt.“

„Wie bei jedem Zusammenschluß von Menschen wird auch bei dieser künstlichen Gruppe das Problem der Führung und der Autorität auftreten. Dieses Problem wird umso schwerer wägen, je größer die Gruppierung ist. Zwangsweise wird folgendes geschehen: Weil die Gruppe eine Vereinigung ist, muß sie das Problem der Autorität lösen; doch weil die Gruppe gleichzeitig künstlich ist (weder eine natürliche noch eine übernatürliche Gruppierung), kann sie das Problem der Autorität nicht lösen. Schnell werden daher rivalisierende Untergruppierungen entstehen und sich gegenseitig bekriegen. Es wird unmöglich sein, diese Kriege auf kirchenrechtliche Weise zu führen oder zu beenden.“

„Sind wir also inmitten dieses Chaos – welches oft sakrilegisch ist – zur bloßen Untätigkeit verdammt? Das denke ich nicht. Denn erstens garantiert die Unzerstörbarkeit der Kirche bis ans Ende der Zeit, daß stets eine echte Personalhierarchie vorhanden sein wird, um die Sakramente – hierbei vor allem das allerheiligste Altarsakrament und die heiligen Weihen – aufrechtzuerhalten und das Verkünden der unveränderlichen Lehre von der Erlösung zu sichern. Zweitens, unabhängig sozusagen vom Versagen der wirklichen Kirchenhierarchie, haben wir alle – also Priester und Laien – stets unseren kleinen Anteil an der Autorität.“

„Deswegen soll also der zum Predigen fähige Priester bis an die Grenze seiner Kräfte gehen, um zu predigen, Sünden zu vergeben und die wahre Messe zu feiern. Auch die katechismuslehrende Schwester soll an die Grenze ihrer Gnaden und Kräfte gehen, um die Mädchen im Glauben, in der guten Moral, in der Reinheit und in der Literatur heranzubilden. Jeder Priester und Laie, und jede kleine Gruppe von Laien und Priestern, welche eine Autorität und Vollmacht über einen kleinen Festungsteil der Kirche und des Christentums ausüben, sollen also bis an die Grenze ihrer Fähigkeiten und Vollmachten gehen. Die Führer und Insassen dieser katholischen Festungen sollen sich gegenseitig kennenlernen und in Verbindung miteinander bleiben. Alle diese Festungen, welche in ihrem Beten und Singen durch eine wahre Autorität beschützt, verteidigt, geübt und geleitet werden, sollen weitestmöglich Festungen der Heiligkeit werden. Das wird das Fortbestehen der wahren Kirche garantieren und auf die Erneuerung zu Gottes eigener Zeit wirksam vorbereiten.“

„Wir brauchen also keine Angst zu haben, sondern können mit aller Zuversicht beten und furchtlos den Glauben fördern, gemäß der heiligen Überlieferung, sowie jedenfalls in den Bereichen, welche unser sind und über welche wir Vollmacht ausüben. Auf diese Weise bereiten wir uns auf die glückliche Zeit vor, wo Rom wieder Rom sein wird und Bischöfe wieder Bischöfe sein werden.“

Kyrie eleison.