Des Erzbischofs Autorität – II

Des Erzbischofs Autorität – II on Februar 22, 2020

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DCLV – In der Theorie ist die Autorität des Papstes für die Kirche unverzichtbar. DCLVI – In der Theorie benötigen die Priester den Papst unter allen Umständen, weil nur er sie einigen kann. DCLVII – In der Praxis wurde Erzbischof Lefebvres Autorität ernstlich dadurch geschwächt, dass er den lebenden Papst nicht hinter sich hatte. DCLVIII – In der Praxis übte der Erzbischof die Autorität, über die er noch verfügte, auf wenigstens drei verschiedenen Ebenen aus, je nach den Untergebenen, mit denen er zu tun hatte: Jene, die sich zu seinen eigenen Bedingungen seiner Autorität unterstellten; jene, die ihm nur eine teilweise Autorität – und zwar zu ihren eigenen Bedingungen – über sich zugestehen wollten; jene, die ihn überhaupt nicht darum baten, seine Autorität über sie auszuüben.

Man beachte zunächst, dass diese Klassifizierung nicht auf der Autorität, sondern auf den letzterer Unterstellten beruht. In anderen Worten, die Untergebenen „bestimmen, wo es lang geht.“ Diese abnormale Situation in der Kirche ist das direkte Resultat von Vatikan II, wo die katholische Autorität ihre eigenen Wurzeln kappte, weil sie die katholische Wahrheit auf der ganzen Linie verriet, indem sie versuchte, die objektive Religion Gottes durch ein menschengemachtes Surrogat zu ersetzen und an die Stelle der katholischen Kirche, für die Gott im Mittelpunkt steht, die Neukirche zu setzen, für die dem Menschen Vorrang gebührt. Durch dieses Konzil wurden alle katholischen Priester im Grunde genommen diskreditiert, sind es bis heute und werden es so lange bleiben, bis die Prälaten wieder Gottes Wahrheit verkünden. Dann werden sie ihre volle Autorität wiedererlangen.

Diejenigen, die sich der Autorität des Erzbischofs zu seinen eigenen Bedingungen unterstellten, waren selbstverständlich die Mitglieder der katholischen Kongregationen, die er selbst gegründet hatte; bei diesen handelte es sich insbesondere um Vereinigungen von Laienpriestern, aber auch von Laienbrüdern und Laienschwestern sowie vom Dritten Orden. Diese Kongregationen gestaltete er so normal wie möglich, mit Abstufungen des Gehorsams gegenüber ihm selbst als Generaloberem, mit Weihegelübden für die Priester und feierlichen Versprechen beim formellen Beitritt von Priestern, Laienbrüdern und Laienschwestern zu ihren jeweiligen Kongregationen. Die Gelübde wurden gegenüber Gott abgelegt und wurden im Bedarfsfall durch die römische Autorität (diskret) annulliert, wie es dem Brauch entspricht. Die Versprechen hingen mehr oder weniger von den Wünschen jener ab, die sie ablegten, und hier wurde – wie in den letztwöchigen „Kommentaren“ erwähnt – die Autorität des Erzbischofs ernstlich dadurch unterminiert, dass er vom Papst sowie von seinen Mitbischöfen offiziell verurteilt worden war. Wenn ein Priester beschloss, der Bruderschaft den Rücken zu kehren und sich dem Liberalismus auf der Linken oder dem Sedisvakantismus auf der Rechten zuzuwenden, konnte der Erzbischof seinen eigenen Worten zufolge nicht mehr tun, als sämtliche Kontakte zu dem Betreffenden auf Dauer abzubrechen, damit solche Priester nicht behaupten konnten, sie pflegten weiterhin freundschaftliche Beziehungen zur Bruderschaft. Sie hatten sich dafür entschieden, sich vom Erzbischof zu trennen.

Der zweiten Kategorie – jenen, welche die Autorität des Erzbischofs nur zu ihren eigenen Bedingungen akzeptierten, beispielsweise um das Sakrament der Firmung zu empfangen –, kam er bereitwillig so weit entgegen, wie er es innerhalb der Normen der Kirche konnte, und zwar wegen der Kirchenkrise, welche die Gültigkeit von nach dem Neuritus empfangenen Firmungen fragwürdig macht. Einerseits sagte er, Katholiken besässen das Recht auf mit Gewissheit gültige Sakramente, und andererseits galt: Wenn sie nichts weiter mit ihm zu tun haben wollten, war das ihre eigene Wahl und ihre eigene Verantwortung vor Gott.

Kommen wir zur dritten Kategorie, bestehend aus Menschen, die ihn in keiner Weise darum baten, seine Autorität über sie auszuüben; hierzu gehörten zahlreiche traditionalistische Priester, die an und für sich mit seiner Bruderschaft sympathisierten, jedoch nie den Wunsch bekundeten, ihr beizutreten. Ihnen gegenüber war er stets grossmütig, wenn sie den Kontakt oder die Freundschaft mit ihm suchten oder ihn um Ermutigung oder Rat baten, doch behauptete er nie auch nur im entferntesten, irgendwelche Autorität über sie zu haben. Dasselbe galt für die Laien. Viele Katholiken pflichteten seinem Standpunkt – der demjenigen des Papstes anscheinend entgegengesetzt war – niemals bei, aber er verhielt sich ihnen gegenüber unfehlbar höflich und war bereit, Fragen zu beantworten, sofern derjenige, der sie stellte, einer Antwort wenigstens halbwegs würdig war. Und die Objektivität und Vernünftigkeit seiner Antworten machte viele ursprüngliche Anhänger der Neukirche zu Traditionalisten, die sich seinem Ministerium oder der Obhut seiner Priester unterstellten.

Kurzum, das Konzil verkrüppelte die Autorität der Kirche, doch wo ein Wille war, war auch ein Weg, oder wenigstens ein Ersatzweg, für Seelen, welche die ewige Seligkeit anstrebten, die ohne Priester nur äussert schwer zu erlangen ist. Vor allem – aber nicht ausschliesslich – durch den Erzbischof gewährte Gott den Seelen diesen Sonderweg, der immer noch existiert.

Kyrie eleison.