Eleison Comments

Abstürzende Bruderschaft

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Für die Ehre Gottes und für die Rettung der Seelen ist die Analyse wichtig, warum unter den heutigen Umständen der glorreichen Zeit von 40 Jahren Glaubensverteidigung durch die Priesterbruderschaft St. Pius X. nun ein Ende droht. Diesbezüglich kann ein kürzlich geschriebener Artikel und ein Brief hilfreich sein: der Artikel untersucht den Absturz der Bruderschaft, und der Brief gibt einen Hoffnungsschimmer, wie sie wieder aufstehen könnte.

Der Artikel erschien auf Französisch im Internet (siehe „Un Évêque se lève“). Sein Autor hatte ein Buch über den Utopismus in der heutigen Erziehung gelesen, wo ein Vergleich mit demselben wirklichkeitsfremden Träumen in der modernen Politik angestellt worden war. Hierbei fiel dem Autor auf, daß dasselbe, aus sechs Etappen bestehende Muster auch auf die Bruderschaft anwendbar ist. Zuerst das Muster: 1) Die Weigerung, die menschliche Natur als gegeben anzunehmen und mit ihr zu arbeiten, anstatt gegen sie. 2) Der Traum von der kompletten künstlichen Neuschaffung des Kindes bzw. des Menschen. 3) Der Ausschluß natürlicher Strukturen der Familie bzw. Gesellschaft. 4) Die totale Neugestaltung des Kindes, damit es die perfekte Gesellschaft kreiere. 5) Die katastrophalen Ergebnisse, trotz aller anfänglich guten Absichten. 6) Ignorante und perverse Kinder, sowie eine im Abfall von Gott und im Krieg gegen ihn stehende Gesellschaft.

Zweitens die Anwendung auf die Priesterbruderschaft: 1) Verweigerung gegenüber der Wirklichkeit einer beispiellosen Kirchenkrise. 2) Traum vom Herstellen einer Versöhnung zwischen der Konzilskirche und der Tradition. 3) Ausschluß der natürlichen Interaktion zwischen Führern und Geführten. 4) Totale Neugestaltung von katholischer Autorität, um den Traum durchzupeitschen. (Wenn ein Träumer in Erziehung, Politik oder Bruderschaft sich einer unnachgiebigen Wirklichkeit gegenübersieht, kann er sich gezwungen fühlen, alle ihm zur Verfügung stehenden Machtmittel zur Unterdrückung der Wirklichkeit einzusetzen – weil sein Traum so viel schöner ist.) 5) Daraus resultierende verheerende Stalinisierung der Bruderschaft. 6) Verlust des Kampfgeistes, was allmählich zu einem kompletten Glaubensverlust führen kann.

Der Brief, welcher mich auf elektronischem Weg erreichte, folgt bei seiner Untersuchung derselben allgemeinen Linie, fügt jedoch einen Hoffnungsschimmer hinzu: Weil Papst Franziskus und Bischof Fellay nun einmal so seien, wie sie sind (beides Utopisten, könnte man hinzufügen), sei ein Abkommen zwischen Rom und der Bruderschaft unausweichlich, wie auch das Ausschalten jedweden Widerstandes. Wenn die Bruderschaft abstürze, dann deswegen, weil sie die Laien unterschätze und zu wenig eingesetzt habe, um der universellen Christkönigsherrschaft in der in der Gesellschaft zum Durchbruch zu verhelfen. Die Bruderschaft brauche also bloß wieder bei den Laien anknüpfen und gemeinsam an der Ausbreitung der Christkönigsherrschaft arbeiten. Und schon würden – und das ist der Hoffnungsschimmer – alle Arten von Katholiken gesammelt und gestärkt, welche trotz all ihrer Leiden in den letzten Jahren den Glauben bewahrt hätten; ob sie nun aus dem Novus Ordo kämen, aus Ecclesia Dei, von den Franziskanern der Unbefleckten Empfängnis, usw. Dadurch, so der Briefschreiber, würde „die Bruderschaft durch das Handeln der ihr Treugebliebenen nicht ins Chaos versinken, ganz im Gegenteil.“

Zwar stimme ich zu, daß Klerikalismus (Unterbewertung der Laien) einen Aspekt der Bruderschafts-Probleme ausmacht, allerdings halte ich ihn nicht für die Wurzel des Problems. Vielmehr ist die Hinwendung zum Menschen anstatt zu Gott das Grundproblem (vergl. Jeremias 17,5–7), und der damit verbundene Verlust von objektiver Wahrheit und Lüge, von objektivem Gut und Böse. Doch stimme ich der hoffnungsvollen Aussicht des Briefschreibers zu, wonach zu einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt ein neues Bündnis geschmiedet werden wird zwischen den treuen Katholiken aus allen Ecken der Neukirche und Kirche, zur Weitergabe des katholischen Glaubens (vergl. Matthäus 19,30). Möge der Bruderschaft es gelingen, ihre gegenwärtigen Probleme abzuschütteln, um eine führende – oder besser: bescheidene – Rolle in diesem Bündnis zu spielen.

Kyrie eleison.