Langzeitprognose

Langzeitprognose on Juli 20, 2013

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Vor fast 20 Jahren zeigte ein gewisser Bischof der Priesterbruderschaft St. Pius X. die grundsätzliche Möglichkeit auf, daß die Bruderschaft von Erzbischof Lefebvre jenen Verrat am Glauben begehen könnte, welcher dann im Jahre 2009 und 2012 auch um ein Haar geschehen ist und nach wie vor zu geschehen droht. Beunruhigt durch die Selbstbewunderung und den Mangel an Ernsthaftigkeit auf dem jüngsten wählenden Generalkapitel der Bruderschaft, wie der erwähnte Bischof beobachtet hatte, folgt nun eine Zusammenfassung (und einige direkte Zitate) dessen, was er am 17. Juli 1994 im Bruderschaftshaus des französischen Ortes Le Brémien sagte (eine Suche im Internet nach „Un évêque s’est levé le Brémien“ sollte zum französischen Originaltext führen):

Es wäre schön, wenn wir sagen könnten, daß die Bruderschaft überall neue Häuser eröffnet, erbaut und neue Länder betritt, daß wir Berufungen haben, daß jeder nett und goldig ist, jung und begeistert, daß wir vier Bischöfe haben, usw. „Doch warum sollte die Bruderschaft einen besonderen Schutz besitzen gegenüber jenen heute entfesselten Kräften, welche tausende hervorragende Bischöfe und Priester der Amtskirche einfach hinwegfegten? (.) Wo liegen die Qualitäten der Bruderschaft und was sind ihre Garantien?“ Jung zu sein, nun, die Jugendzeit ist gut, man ist gutaussehend und physisch stark, doch was ist mit dem Alter, mit der Erfahrung und der Weisheit der Jahre? Wie kann von den Jünglingen erwartet werden, weise zu sein?

In den 1950er- und 1960er-Jahren schien die Kirche bei guter Gesundheit zu sein und heldenmütig den gottlosen Einflüssen der Nachkriegswelt zu widerstehen. In England und in den USA fand jährlich eine große Zahl von Konversionen statt, und fast schien die Welt an einen Punkt zu gelangen, wo sie zum katholischen Glauben konvertiere. Doch was geschah stattdessen? Das genaue Gegenteil. Durch das Zweite Vatikanische Konzil hörte die Wahrheit zu kämpfen auf und die katholische Kirche kapitulierte vor der modernen Welt.

Daher möchte ich Ihnen nun ein entsprechendes Gedankenspiel für die Bruderschaft vorstellen. In den 1990er-Jahren widersteht diese liebenswürdige kleine Priesterbruderschaft mit all ihren wunderbaren kleinen Priestern noch heldenhaft dem Versagen und Verrat der offiziellen Amtskirche. Es gibt Konversionen und die Menschen begreifen, daß die neue Kirche falsch und nicht funktionstüchtig ist; doch was könnte geschehen, wenn die Amtskirche scheinbar den Punkt ihrer Kapitulation erreicht hat? Ich sage nicht, daß wir dies dann erleben werden, sondern könnten: die Kapitulation der Bruderschaft vor der Neuen Weltordnung und den Anschluß an die Amtskirche. Wenn schon die Universalkirche zusammenbrechen konnte, warum sollte dann eine winzige Priesterbruderschaft nicht zusammenbrechen können?

Noch eine weitere Überlegung möchte ich anstellen. Vor dem Konzil hatte jeder katholische Orden und jede religiöse Gesellschaft die Kongregationen der römischen Kurie über sich. In dem Falle, „wo in einer religiösen Gesellschaft eine Fehlentwicklung entstand – ein Versagen der Oberen nicht ausgeschlossen, was menschlich immer möglich ist –, konnte man stets an Rom appellieren und Rom hätte eingegriffen.“ In früheren Zeiten konnte man davon ausgehen, daß Rom immer zum Besten eingriff, während es heute generell zum Schlechtesten eingreift. Deswegen ist es jetzt „besser, nicht unter Rom zu stehen. Doch seien wir vorsichtig, denn dafür müssen wir einen Preis bezahlen; namentlich daß niemand mehr über uns ist. Somit sind unser Generalrat und unser kleiner Generaloberer die Obergrenze. Das ist sehr gefährlich!“ Somit ist die Bruderschaft ganz auf ihre eigenen Mittel angewiesen. Erzbischof Lefebvre war 65 Jahre alt, als er die Bruderschaft gegründet hatte. Doch über wieviele älteren Männer mit Langzeiterfahrung verfügt die Bruderschaft im Jahre 1994?

Kurz gesagt, warum sollte die Priesterbruderschaft von den Problemen der Universalkirche verschont bleiben? Keineswegs möchte ich, daß die Bruderschaft auseinanderbricht und ich bitte Gott, daß ich nichts unternehmen werde, um so etwas zu fördern. Dennoch muß ich sagen, daß ich nicht überrascht wäre, wenn sie zerbräche. Möge Gott dies verhindern. Jedoch könnte er zulassen, daß die Bruderschaft den Weg allen Fleisches geht, um uns in Erinnerung zu rufen, wie wenig wir aus uns allein vermögen. Wir brauchen Weisheit, und eine besondere Hilfe von Gott.

Kyrie eleison.