on April 22, 2019
Während der nachchristliche Heide Jean-Jacques Rousseau (1712–1778) behauptete, der Mensch sei seinem Wesen nach ein antisoziales Tier und die menschliche Gesellschaft somit grundsätzlich künstlich, wusste der vorchristliche Heide Aristoteles (384–322), ein viel weiserer Mann, dass die Gesellschaft etwas Natürliches ist, weil der Mensch seiner Natur nach ein soziales Tier ist – man beobachte doch, wie er sich in jeder beliebigen menschlichen Gesellschaft, besonders der menschlichen Familie, mit seinen Mitmenschen zusammentut. Doch besitzt jeder Mensch einen freien Willen, so dass all diese Gesellschaften Autoritätspersonen brauchen, welche sämtlichen Trägern eines freien Willens Zügel anlegen und so den ansonsten unvermeidlichen Ausbruch der Anarchie unter ihnen verhüten. Aus diesem Grund ist jedwede Gesellschaft auf Autorität angewiesen, die für den Menschen ebenso natürlich und notwendig ist wie die Gesellschaft selbst. Man rufe sich in Erinnerung, wie der Hauptmann von Kapernaum dank seiner eigenen Erfahrung als Befehlshaber im römischen Heer Unseren Herrn als Autoritätsperson erkennt (Matthäus VIII, 8–9).
Da Autorität für die Menschen so selbstverständlich ist wie ihre soziale Natur, und da ihre soziale Natur von Gott kommt, muss jede Autorität unter Menschen letzten Endes von Gott stammen (vgl. Epheser III, 15). Dies ist der Grund dafür, dass in unserem heutigen Sonnenuntergang der Welt, in dem sich fast die ganze Menschheit von Gott abwendet, die Menschen auch gegen jede Art von Autorität rebellieren, so dass sämtliche Formen von Autorität immer zerbrechlicher werden. Kommt es denn heute beispielsweise nicht zusehends häufiger vor, dass sich Frauen von ihren Männern für unabhängig erklären und Kinder ihren Eltern Vorschriften erteilen? Dies ist in keinem wahren Sinne des Wortes natürlich, geschieht heute aber dennoch immer öfter, weil die Revolte gegen die Autorität uns allen im Blute liegt. Wie kann die Autorität wiederhergestellt werden? Im vierten Buch Mose (Kapitel 16) finden wir hierzu ein klassisches Beispiel.
Moses und sein Bruder Aaron waren der politische bzw. der religiöse Führer des israelitischen Volkes bei dessen Auszug aus dem Ägyptenlande ins Gelobte Land. Sie waren, wie das Volk sehr wohl wusste, beide von Gott hierzu bestimmt worden, doch die Israeliten waren ein stolzes und starrsinniges Volk, und in der Wüste geschah es eines Tages, dass Korah, ein Vetter ersten Grades von Aaron, der diesen um seine Privilegien beneidete, weitere 250 Männer aus dem Stamme Levi sowie zwei führende Vertreter des Stammes Ruben, Dathan und Abiron, zur Revolte aufwiegelte und sich das Volk um die Aufrührer scharte und sich gegen die Autorität Mose und Aarons erhob. Diese beiden wandten sich sofort hilfesuchend an den Herrn, der ihnen befahl, das Volk am nächsten Tag vor der Stiftshütte zu versammeln. Dann gebot Mose dem Volk, von den Zelten Dathans und Abirons zu weichen, die mit ihrer ganzen Sippschaft dort standen, worauf sich der Erdboden auftat und die Rebellen schnurstracks in die Hölle fuhren. Darauf fiel Gottes Feuer vom Himmel und verzehrte Korah und seine 250 Leviten, die ein Ansehen und Privilegien verlangt hatten, welche Gott einzig und allein der Familie Aarons verliehen hatte.
Auf diese Weise zeigte Gott Selbst, wem Er die Autorität über die Israeliten gegeben hatte. Für diese war Autorität in der Wüste darum so wichtig, weil sie sich trotz der wunderbaren Durchquerung des Roten Meeres (2. Mose XIV) immer noch nach den Fleischtöpfen Ägyptens sehnten und Dathan über die Härten der Wüste klagte (4. Mose XVI, 13–14). Doch war Mose kein Tyrann, sondern der gütigste der Menschen (4. Mose XII, 3), und Aaron hatte dem Volk nichts Böses angetan (4. Mose XVI, 11). Hätte Gott die Rebellen allerdings nicht mit unerbittlicher Härte bestraft, kann man sich fragen, ob es Mose und Aaron gelungen wäre, die Israeliten ins Gelobte Land zu führen. Hätte eine weniger drastischere Strafe ihre Autorität wiederhergestellt? Wie dem auch sei, man kann sich leicht vorstellen, dass, nachdem der Erdboden Dathan und Abiron mitsamt ihrer Sippe verschlungen und Gottes Feuer Korah zusammen mit seinen 250 Leviten verzehrt hatte, es keinen Israeliten mehr danach gelüstete, Mose oder Aaron den Gehorsam zu verweigern!
Im Jahre 2019 führt der in aller Welt wuchernde Materialismus dazu, dass immer weniger Menschen überhaupt an Gott glauben, geschweige denn Ihn ernst nehmen. Wissenschaft und Technologie scheinen uns allen das gute Leben zu garantieren – wer braucht da noch Gott? Ohne Ihn verschwindet indessen jede Grundlage der Autorität, und in jeder Art von menschlicher Gesellschaft löst sich die Autorität in Luft auf, besonders jedoch in der katholischen Kirche. Ausserdem hält der Neo-Modernismus seine Opfer in einem solchen Würgegriff, dass sie buchstäblich unbekehrbar scheinen, da sie in der Überzeugung verharren, immer noch Katholiken zu sein. Wie kann die Kirche überleben? Wenn die katholische Autorität vor dem Ende der Welt wiedehergestellt werden soll, wird es dann nicht eines neuen tödlichen Feuers bedürfen, das durch ein Wunder vom Himmel fällt, so wie jenes, das Korah und seine Leviten verzehrte, nachdem Dathan und Abiron vom Erdboden verschlungen worden waren? Gott lässt seiner nicht spotten (Galater VI, 7).
Kyrie eleison.