Die Grablegung der Kirche – II
Vor zwei Wochen warfen diese „Kommentare“ die zweifache Frage auf, wie die katholische Kirche in ihrer gegenwärtigen Not, die mit der Zeit vergleichbar ist, welche Unser Herr zwischen Seiner Kreuzigung und Seiner Auferstehung verbrachte, erstens in ihrem „Grab“ überleben und zweitens daraus auferstehen könne. Ein erster Teil der Antwort lautete allgemein, dass der allmächtige Gott in dem, was Er tun kann oder will, nicht durch das eingeschränkt wird, was die Menschen denken mögen; in der Tat kann man von Ihm erwarten, dass Er das Unerwartete tun wird. In dem fünften freudenvollen Mysterium des Heiligen Rosenkranzes war Seine eigene Mutter bestürzt über die scheinbare Gleichgültigkeit, die Ihr ansonsten vollkommen gehorsamer Sohn gegenüber Ihrem Glück an den Tag legte.
Dann wiesen diese „Kommentare“ darauf hin, dass es zwar für die Kirche absolut anormal ist, wie in einem Grab zu überleben, scheinbar ohne Hilfe von oben seitens eines rechtgläubigen Papstes oder Bischofs und ohne die Struktur einer offiziellen Diözese oder Pfarrgemeinde oder Kongregation; dass aber trotzdem gilt: Wo es den wahren Glauben und ein Minimum an gesundem Verstand und Nächstenliebe gibt, kann die Kirche selbst in kleinen und voneinander getrennten Gruppen überleben, wenigstens für eine Weile, bis die Vorsehung eine normale Hierarchie wiederherstellt, um der Unordnung ein Ende zu bereiten. Beispielsweise können wir die Unordnung betrachten, die heutzutage um uns herum herrscht, und wir können sagen, dies sei das Ende der Kirche, doch wenn Gott dies zugelassen hat, ist es sicherlich nicht das Ende der Kirche, das Er niemals zulassen könnte (Matthäus XXVIII, 20).
Nun gilt es noch die zweite Hälfte der vor zwei Wochen gestellten Frage zu beantworten, nämlich die, wie die Kirche fähig sein wird, ihr gegenwärtiges Grab zu verlassen, oder aus ihm aufzuerstehen. Dieser Frage wohnt eine besondere Bedeutung inne, weil die Versuchung besteht, das Problem aus allzu menschlicher Sicht zu sehen und nach einer allzu menschlichen Antwort zu suchen. Doch während Erzbischof Lefebvre zu sagen pflegte, die Lösung liege in Gottes Händen – und das ist die Wahrheit, es ist nicht nur ein billiger Vorwand –, nahmen seine Nachfolger an der Spitze der Priesterbruderschaft St. Pius XII. den Standpunkt ein, wir könnten nicht endlos warten, um den unbefriedigenden Status der Bruderschaft innerhalb der Amtskirche zu klären. Stattdessen müssten wir danach trachten, so bald wie möglich jene offizielle Anerkennung zu erhalten, die der Bruderschaft für ihre Treue gebühre und die von immensem Nutzen für die gesamte Kirche sein werde. Und auf dieser Grundlage haben die Nachfolger des Erzbischofs zu verschiedenen Zeitpunkten nach 2012 frohlockend gewähnt, demnächst einen Trumpf ausspielen zu können, nämlich den Abschluss einer Vereinbarung mit Rom, welche der Bruderschaft endlich die wohlverdiente offizielle Anerkennung gewähren würde.
Allerdings konnten diese Nachfolger vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen. Was ist denn das heutige Rom, wenn nicht mit Haut und Haar auf die neue Religion von Pachamama und Vatikan II eingeschworen? Und was war die Bruderschaft des Erzbischofs, wenn nicht eine Bastion des wahren Glaubens, der durch die Ausbildung wahrer Priester verteidigt werden muss, damit sie das Banner der wahren katholischen Religion, wie sie vor Vatikan II war, schwenken kann? Rom und Écône prallten hart aufeinander, weil Rom die Religion radikal geändert hatte. Darum gilt: Wenn das heutige Rom der Bruderschaft irgendetwas gewährt hat – oder gewährt – dann ausschliesslich, weil diese in ihrer Wachsamkeit nachlässt. So hat die offizielle Anerkennung von Eheschliessungen und Beichten unter der Obhut der Bruderschaft viel dazu beigetragen, ihren Widerstand gegen das offizielle Rom – und über letzteres gegen die Konzilsreligion und die weltweite Apostasie – zu schwächen.
Was die Nachfolger des Erzbischofs, ganz im Gegensatz zu diesem, selbst nicht begriffen haben, ist die übernatürliche Breite und Tiefe dieser Apostasie. Sie sind dieser zu nahe. Sie sind der modernen Welt, der sie entspringt, zu nahe. Deshalb suchen sie nach menschlichen Antworten auf ein Problem, das nur eine göttliche Lösung haben kann. Das Problem geht weit über das Kalkül, die Manöver oder die Politik von Menschen hinaus, selbst von Prälaten.
Wie Daniel, müssen sich die Menschen Gott zuwenden, und um uns Gott zuzuwenden, müssen wir den Weg über Seine Mutter gehen, wie Gott anno 1917 in Fatima klargemacht hat, gerade als das Problem der Moderne sich in seiner ganzen Explosivität enthüllte, mit der kommunistischen Revolution in Russland. Tatsächlich hat Gott uns die übernatürliche Lösung gegeben, just zu dem Zeitpunkt, wo der Teufel gedacht haben muss, er stehe kurz vor dem Sieg. Diese Lösung ist die Weihung (nicht Säkularisierung), Russlands (und nicht der ganzen Welt), an das Unbefleckte Herz Mariä (nicht einmal an das Heiligste Herz Jesu), durch den Papst (nicht durch die Autoritäten irgendeiner anderen als der katholischen Religion), in Union mit allen katholischen Bischöfen der Welt (nicht durch den Papst allein). Auf diesem Wege wird sich die Kirche ihrem Grab entringen. Und einzig und allein auf diesem Wege, weil Seine Mutter es gesagt hat. Möge die Bruderschaft all ihre Priester und Anhänger dazu auffordern, die ersten Samstage intensiv zu praktizieren, um zur Erlangung dieser Weihe beizutragen.
Kyrie eleison.