Eleison Comments

Ein Wohlwollender Verbündeter? – II

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Als Athanasius Schneider, Bischof von Astana, Kasachstan, in einem Gespräch mit der Zeitschrift Adelante la Fe zahlreiche Ansichten äusserte, die in Übereinklang mit der katholischen Tradition und den Positionen Erzbischof Lefebvres stehen, warfen wir in diesen „Kommentaren“ (498, 17. Januar 2017) die Frage auf, ob er ein wahrer Verbündeter der vom Erzbischof gegründeten Bruderschaft sei.

Im Juli dieses Jahres genehmigte er die Veröffentlichung eines Artikels, in dem er in noch deutlicherer Form katholische und pro-traditionalistische Meinungen vertrat. Falls er früher noch kein wahrer Verbündeter war, ist er inzwischen zu einem solchen geworden? Bei der Beantwortung dieser Frage gilt es zu differenzieren: Subjektiv hat er das Herz am rechten Fleck, weil er durch treues Festhalten an der unveränderten Tradition Seelen retten will, doch objektiv hat er noch nicht alles verstanden, weil er immer noch glaubt – oder vorgibt, zu glauben –, dass die ursprüngliche Absicht von Vatikan II nicht in der Schaffung einer neuen Kirche bestand. Doch erinnern Sie sich, Hochwürden, an das Wort unseres Herrn, wonach ihr sie an ihren Früchten erkennen werdet.

Nochmals: Vieles von dem, was Bischof Schneider diesmal über die katholische Tradition sagt, entspricht vollumfänglich der katholischen Doktrin und ist wahr. Beispielsweise hält er (in Absatz 6) fest, dass die Tradition das Kriterium ist, an dem jegliche spätere Doktrin zu messen ist, und bestätigt (in Absatz 8), dass bei Vorliegen von Zweifeln, die durch Zweideutigkeiten oder Neuheiten hervorgerufen werden, die Tradition den Ausschlag gibt. An Vatikan II gibt es Zweideutigkeiten und Neuheiten, die im Widerspruch zur Tradition stehen (10), und die „Hermeneutik der Kontinuität“ reicht zur Lösung dieses Konflikts nicht aus. Leider nutzt eine Nomenklatura (Bürokratie kommunistischen Typs) die Zweideutigkeiten von Vatikan II seit 50 Jahren aus, um die ursprüngliche Absicht des Konzils zu verzerren und eine neue Kirche relativistischer und protestantischer Art zu begründen (19). Heute erreichen die Bestrebungen ihren Höhepunkt, die objektiven Zweideutigkeiten des Konzils sowie seine Abweichungen von der Tradition auszunutzen, um jegliche Diskussion abzublocken, indem man die Konzilsbeschlüsse für „unfehlbar“ erklärt (20). Diese „Unfehlbarkeitserklärung“ des Konzils muss jedoch aufhören (22) und einer freien und offenen theologischen Diskussion weichen, zu der eine kanonisch anerkannte Priesterbruderschaft St. Pius X. einen wertvollen Beitrag leisten könnte (24). Die wahre Doktrin allein ist wahrhaftig pastoral, und für die Rettung der Seelen ist sie allein der Wille Gottes. Soweit der letzte Artikel des anscheinend guten Bischofs.

Doch woher, Hochwürden, nehmen Sie eigentlich die Gewissheit, dass die ursprüngliche Absicht des Konzils nicht in der Schaffung einer neoprotestantischen Neukirche bestand? Glauben Sie denn, die Zweideutigkeiten seien nicht beabsichtigt gewesen? Haben Sie beispielsweise nicht gelesen, wie Pater Schillebeeckx einräumte, dass sie als Zeitbomben gelegt wurden, die nach dem Konzil detoniert werden sollten? Vielleicht konnten viele Konzilsväter nach dem Konzil wie einst Wilhelm II. von Deutschland sagen: „Ich habe ihn [den Ersten Weltkrieg] nicht gewollt.“ Aber sicher haben nicht alle von ihnen die Neukirche nicht gewollt, und die „Lenker und Strippenzieher“ wollten sie. Sie können doch nicht ernstlich glauben, dass die „neue Kirche,“ wie Sie sie selbst nennen, durch blossen Zufall aus dem Konzil entstanden sei! Lesen Sie Bücher über das Konzil, wie The Rhine flows into the Tiber [Der Rhein fliesst in den Tiber] von Ralph Wiltgen. Das Konzil war ein epischer Kampf, und die Katholiken fanden sich auf der Verliererseite wieder.

Und wenn die Neukirche die Frucht einer verschwörerischen Minderheit ist, die eine Masse von Kardinälen, Bischöfen, Priestern und Laien, die zu viel fernsehen und zu wenig beten, in ihren Bannkreis zieht, glauben Sie dann tatsächlich, eine „freie und offene theologische Diskussion“ werde das Problem lösen? Ein halbes Jahr vor seinem Tod sagte Erzbischof Lefebvre, das wirkliche Problem an Vatikan II seien nicht einmal die grösseren nachweisbaren Irrtümer wie die Religionsfreiheit, die Kollegialität und der Ökumenismus, sondern ein alles durchdringender Subjektivismus, der die katholische Doktrin all ihrer objektiven Kraft entleere und hierdurch die katholische Kirche auflöse. Und die Frage ist noch nicht einmal, ob der Erzbischof dies gesagt hat, sondern ob es die Wahrheit ist. Und es ist die Wahrheit, die ganze und ungeteilte Wahrheit. Das Denken des modernen Menschen ist in einen Brei verwandelt worden, durch seine eigene Schuld und insbesondere jene der Freimaurerei. Hochwürden, wissen Sie etwas über die Freimaurerei, oder denken Sie wie so viele andere beklagenswerte Seelen, denen man eingeredet hat, sie sei eine harmlose Organisation von Philanthropen, die man ungerechterweise verleumde?

Von 2009 bis 2011 gab es ein halbes Dutzend Sitzungen, bei denen eine „freie und offene theologische Debatte“ zwischen vier Theologen Roms und vier der Piusbruderschaft stattfand (vor dem Verrat, den das Generalkapitel der Bruderschaft im Jahre 2012 beging).

Und welches Ergebnis brachten diese Debatten? Keines! Menzingen versprach, der Inhalt der Diskussionen werde der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Wir warten immer noch auf die Erfüllung dieses Versprechens. Um Rom gefällig zu sein, möchte jemand innerhalb der Piusbruderschaft die katholische Doktrin unter den Teppich kehren!

Kyrie eleison.