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Die Bosheit des Modernismus – I

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Wenn die Priesterbruderschaft St. Pius X. nicht mehr jene hervorragende Speerspitze bei der Verteidigung des katholischen Glaubens ist, die sie unter Erzbischof Lefebvre (1905–1991) war, dann sicherlich darum, weil seine Nachfolger an der Spitze der Bruderschaft die ganze Bosheit des Irrtums, der die Kirche heute verwüstet – des Modernismus – niemals so gut verstanden haben wie er. Allerdings soll der Erzbischof gegen Ende seines Lebens gesagt haben, wenn er die Geschichte des liberalen Katholizismus in Frankreich 1870–1914 von Pater Emmanuel Barbier (1851–1925) zu einem früheren Zeitpunkt seiner Laufbahn gelesen hätte, hätte er seinen Seminaristen eine andere Richtung gewiesen. Sofern diese Bemerkung authentisch ist, deutet sie darauf hin, dass selbst der Erzbischof die Bosheit der Moderne anfangs nicht in ihrem vollen Umfang erkannt hat. Dasselbe gilt für den beherzten Begründer der Zeitschrift Si si no no in Italien, Don Francesco Putti (1909–1984), der seinem guten Freund, dem Erzbischof, gesagt haben soll: „Die Hälfte Ihrer Seminaristen sind Modernisten.“

Freilich lässt sich die Bosheit der Moderne leicht unterschätzen, weil sie sich im Westen während Jahrhunderte langsam entwickelt hat und alle Menschen des abendländischen Kulturkreises von der Wiege bis zum Grab mit ihr durchtränkt werden. Aus dieser Moderne drang der Modernismus in die Kirche ein, um sich an diese anzupassen, und dieselbe Moderne schuf den geistigen Hintergrund sämtlicher Konzilsväter in den sechziger Jahren sowie der Nachfolger des Erzbischofs ab 1982. Es lässt sich also nur durch eine besondere Gnade Gottes erklären, dass der Erzbischof das Problem so klar gesehen hat. Umreissen wir also kurz, wie das Unvermögen, den Modernismus zu verstehen, den meisten Irrtümern seiner Nachfolger zugrunde liegt:

1 95% der Texte von Vatikan II sind annehmbar. Ganz im Gegenteil: Erzbischof Lefebvre sagte, das Problem mit Vatikan II bestehe nicht einmal in erster Linie in seinen schwerwiegenden Irrtümern bezüglich Religionsfreiheit, Kollegialität und Ökumene, sondern in dem Subjektivismus, der all seine Texte prägt, wodurch die objektive Wahrheit, Gott und der katholische Glaube sich letzten Endes in nichts auflösen. Infolge der kopernikanischen Revolution, die Kant (1724–1804) in der Philosophie vollzogen und die Pius X. anno 1907 in Pascendi angeprangert hat, drehte sich das Subjekt nun nicht mehr um das Objekt, sondern das Objekt um das Subjekt. Dieser Irrsinn hat mittlerweise auf die ganze Welt übergegriffen.

2 Gewiss, das Konzil war schlecht, aber sein Griff um die Römer lockert sich heute. Tatsächlich? Und Pachamama? Seit wann sehen wir einen solchen öffentlichen Götzendienst in den Gärten des Vatikans und in den Kirchen von Rom selbst?

3 Es bringt der Bruderschaft nichts, zu warten, bis sich Rom von seinem Modernismus abwendet und wieder zum wahren Glauben findet, aber wenn Rom gewillt ist, uns „so, wie wir sind,“ zu akzeptieren, bedeutet dies, dass Rom den Weg der Bekehrung bereits beschritten hat, und deshalb sollten wir zu einer Übereinkunft gelangen. In der Tat ist es nutzlos, auf die Bekehrung der römischen Modernisten zu warten, denn sie sind Liberale. Um einen Liberalen zu bekehren, bedarf es eines Wunders (Pater Vallet), ist der Liberalismus doch eine bequeme und verführerische Falle, aus der man sich, menschlich gesprochen, so gut wie unmöglich ohne ein Wunder befreien kann, und dieses Wunder für Welt und Kirche wird die Weihung Russlands sein und nicht eine Bruderschaft, die sich zunehmend den Liberalen anpasst. Wenn diese die einst widerspenstige Piusbruderschaft so akzeptieren, „wie sie ist,“ dann nur, weil letztere nicht mehr wie früher antiliberal ist und das Salz der Bruderschaft seinen Geschmack verloren hat (vgl. Matthäus V, 13).

4 Wir brauchen Geduld und Takt, um zu verstehen, wie die Römer denken, um sie nicht vor den Kopf zu stossen. Um zu verstehen, wie diese Modernisten in Rom denken, brauchen wir Demut und Realismus, und wir müssen von Pascendi unsere Köpfe zerschmettern lassen, bis wir das – gefährliche und hochgradig ansteckende – Virus ihres Modernismus richtig verstehen. Erst dann dürften wir uns auf irgendwelche Debatten mit ihnen einlassen. Was die Rümer am dringendsten bräuchten – kðnnten sie es nur ertragen – wäre eine scharfe Kritik, die sie in der Tat „vor den Kopf stossen“ und von ihrem Modernismus befreien würde, bis sie begreifen, was Pater Calmel meinte, als er sagte: „Ein Modernist ist Häretiker und Verräter zugleich.“

5 Es ist kein formelles Abkommen zwischen Rom und der Bruderschaft unterzeichnet worden, so dass noch kein Schaden angerichtet worden ist. Ungeheurer Schaden ist durch eine Reihe partieller Übereinkünfte angerichtet worden, beispielsweise in Bezug auf Beichten und Eheschliessungen; dies ist der Grund dafür, dass zahlreiche Angehörige der Bruderschaft – Priester und Laien – immer weniger begreifen, was deren Gründer meinte, als er in seinem letzten Buch schrieb, ein jeder Priester, der den Glauben zu behalten wünsche, tue gut daran, sich von diesen Römern fernzuhalten. Sie mögen „nette“ Männer sein. Sie mögen „es gut meinen.“ Doch objektiv gesehen, morden sie Mutter Kirche.

Kyrie eleison.