Bischof Huonder
Es ist weithin bekannt, dass Bischof Huonder vom Bistum Chur, Schweiz, der sein Amt im April im Alter von 77 Jahren niederlegen wird, seinen Wohnsitz offiziell in eine Knabenschule der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Wangs, Schweiz, zu verlegen und dort seinen Lebensabend zu verbringen gedachte. Es kursierte sogar das – von einem engen Mitarbeiter der beiden früheren Generaloberen der Bruderschaft ausgehende – Gerücht, dass dieser Konzilsbischof mit voller Zustimmung von Papst Franziskus die Weihe zweier Priester leiten würde, wodurch, vielleicht nach Ostern, der Bruderschaft zwei neue Bischöfe geschenkt werden sollten. Dass ein dermassen bedeutendes Ereignis schon so bald stattfinden wird, mutet zwar unwahrscheinlich an, doch ist seine Logik unerbittlich, wenn man bedenkt, dass die Neubruderschaft seit 20 Jahren die Politik verfolgt, sich mit der Neukirche zu vermischen.
Dieselbe Logik stand hinter Bischof Huonders neulich zurückgezogenem Beschluss, nach seinem Rücktritt in die von der Bruderschaft geleitete Knabenschule in Wangs umzuziehen. Bereits als offizieller Bischof einer der grössten neukirchlichen Diözesen der Schweiz hat er dem Vernehmen nach diese Schule mehrmals besucht und sich bei den dort lebenden Priestern und Knaben der Neubruderschaft beliebt gemacht. Er hätte immerhin nicht alle Kontakte mit der Neukirche in Rom abgebrochen. Im Gegenteil – sein gegenwärtiger Bistumssprecher gab im Januar bekannt, dass die für April vorgesehene Umsiedlung des Bischofs nach Wangs „mit einer Mission verbunden ist, die ihm von der Kongregation für die Glaubenslehre anvertraut wurde, um den Kontakt mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. aufrechtzuerhalten.“ Offenbar plante Bischof Huonder, der als persönlicher Freund von Papst Franziskus gilt, als Bindeglied zwischen der Neukirche und der Neubruderschaft zu walten, in der Hoffnung, sie näher zusammenzubringen.
Diese Hoffnung war nicht notwendigerweise unehrlich. Gar mancher Vertreter der Neukirche kann (oder will) den Abgrund nicht sehen, der die katholische Religion Gottes von der Konzilsreligion des Menschen trennt. Auf beiden Seiten besteht der Wunsch, so zu tun, als gäbe es keinen solchen Abgrund. Auf der einen Seite empfinden es viele Katholiken als unerträglich, ausserhalb der Strukturen der sichtbaren Autorität der Kirche zu stehen, während auf der anderen Seite die Anhänger von Vatikan II die Versicherung brauchen, dass sie nicht mit der unveränderlichen Tradition der wahren Kirche gebrochen haben. Man mag es Bischof Huonder durchaus hoch anrechnen, dass er sich in einer katholischeren Umgebung niederlassen wollte, als es die offizielle Diözese ist, wo er vermutlich keine andere Wahl hat, als die Kommunion unziemlich gekleideten jungen Frauen zu erteilen und vollkommen gerechtfertigten Bemerkungen gegen die Homosexualität zurückzunehmen. Aber „Eine Tatsache ist stärker als der Oberbürgermeister,“ lautet ein englisches Sprichwort.
Tatsache ist, dass Vatikan II den grössten Bruch mit der katholischen Tradition in der gesamten Kirchengeschichte bedeutete. Ein Beispiel hierfür bietet die Neumesse, die sich zum Konzil so verhält wie die Praxis zur Theorie. Wollte man von Bischof Huonder verlangen, sie in der Schule in Wangs nie zu zelebrieren? Hätte er sich damit einverstanden erklären können, sie nie zu zelebrieren? Und selbst wenn er das kann, hätte er dann wirklich dazu fähig sein können, einzuräumen, dass die Theorie und Praxis seiner Amtszeit als Priester und Bischof zutiefst vom konziliären Ausverkauf der wahren Kirche Gottes an die gottlose moderne Welt geprägt war? Kann er über Nacht die Überzeugungen über Bord werfen, die er in seinen Jahrzehnten des Dienstes an der Konzilskirche vertreten hat? Kann er, der er 1971 mit den Riten des Revolutionärs Paul VI. zum Priester geweiht und 2007 zum Bischof ordiniert wurde, zugeben, dass er, um jeden Zweifel an der Gültigkeit der Neurituale auszuräumen, unter Bedingung neu geweiht und neu ordiniert werden soll?
Oder wird die Neukirche keines von beiden verlangen? Dies mutet angesichts ihres Verhaltens in jüngerer Vergangenheit sehr wahrscheinlich an, doch wie hätten die Schweizer Traditionalisten darauf reagiert? Allen Anzeichen nach dürfte Bischof Vitus Huonder ein ehrlicher und wohlmeinender Mann sein, aber bei all seiner Ehrlichkeit ist er doch ein Vertreter der Konzilskirche, was bedeutet, dass er sich gegenüber einer durch und durch unehrlichen Unterminierung des katholischen Glaubens und der Kirche gegenüber loyal verhält.
Leider bringt man die Traditionalisten der Bruderschaft in aller Welt dazu, sich daran zu gewöhnen, dass Erzbischof Lefebvres Bruderschaft durch die Neubruderschaft ersetzt wird. Bischof Fellay wollte die Priesterbruderschaft St. Pius X. innerhalb der Mauern des offiziellen Rom als Trojanisches Pferd aufstellen, um das konziliäre Rom zu bekehren. Doch sollte Bischof Huonder bei aller Anerkennung seines guten Willens nicht als Trojanisches Pferd innerhalb der Mauern der Bruderschaft existieren und handeln? Man darf hoffen, dass die Schule in Wangs ihn dazu befähigt hätte, die Kluft zwischen Tradition und Konzil zu erkennen, aber das ist eine kühne Hoffnung. Alice war im Wunderland. Die Neubruderschaft zieht um ins Huonderland.
Kyrie eleison.