Eleison Comments

Drexels Rückkehr

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Das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) war ein gewaltiges Ereignis in der Kirchengeschichte. Es wurde von seinen Hintermännern und Organisatoren geplant und durchgeführt, um eine ungeheuer grosse Zahl von Katholiken, Geistliche ebenso wie Laien, zu täuschen, damit sie bereitwillig zusahen, wie die wahre katholische Kirche durch die an die Moderne angepasste Neukirche ersetzt wurde. Was gläubige Katholiken fortan jedoch am meisten schmerzte, war, dass der Verrat an der katholischen Wahrheit von den wahren Kirchenautoritäten ausgegangen war, denen sie – das hatten sie von ihrer katholischen Kindheit an gelernt – stets Gehorsam schuldeten und die sie niemals kritisieren durften. Um katholische Seelen nicht zu allzu stark zu erschüttern, äussern selbst Unser Herr und Unsere Liebe Frau nur selten Kritik an ihren eigenen Priestern.

Gerade hier lag jedoch das besondere Interesse von Der Glaube ist grösser als der Gehorsam. Wenn diese Botschaften nämlich durch Pater Drexel tatsächlich von Unserem Herrn Selbst stammten, was ihrem Wortlaut zufolge der Fall war, übte Gott Selbst in ihnen schneidende Kritik an jenen Bischöfen, Theologen und Priestern, die für die aus dem Konzil hervorgegangene Neukirche verantwortlich waren, was selbstverständlich bedeutet, dass die Katholiken nunmehr von ihrer Verpflichtung, niemals ein Wort der Kritik an Priestern laut werden zu lassen, entbunden waren. Schliesslich sagte Gott den Katholiken, dass eine sehr grosse Zahl ihrer Hirten – nicht alle – zu Wölfen geworden waren. „Ich weiss, welche Qualen ihr treuen Seelen erleidet,“ heisst es in den Botschaften, „aber haltet an eurem Glauben fest und erlaubt es diesen Verrätern nicht, ihn zu verändern. Sie haben unrecht, ihr habt recht, wie die Zeit erweisen wird, und für eure Standhaftigkeit wird euch reicher Lohn zuteilwerden.“

Eine solche Botschaft vermochte die wahren Gläubigen nach dem Konzil zwar von einer quälenden Sorge zu befreien, rief andererseits jedoch eine neue, nicht minder brennende Sorge hervor: Wie stand es dann um die treulosen Kirchenautoritäten? Insbesondere um den Papst? Die volkstümliche Vorstellung von der päpstlichen Unfehlbarkeit geht weit über deren strikte Definition von 1870 mit ihren vier Bedingungen hinaus. Wie konnte Johannes XXIII. da ein Konzil von Wölfen einberufen, wie konnte Paul VI. es zu Ende geführt und anschliessend über seine Verwirklichung gewacht haben? Diese Frage ist dermassen quälend, dass viele ernsthafte und gläubige Katholiken sich ab Ende der siebziger Jahre, kurz nach dem Tod Pater Drexels, beispielsweise dem Sedisvakantismus zuwandten, laut dem die Konzilspäpste gar keine wahren Päpste gewesen sind. Allerdings geht aus den Botschaften Pater Drexels hervor, dass Paul VI. selbst nicht zu den Wölfen zählte. Er wird (in wenigstens zwei der Botschaften) zwar deutlich kritisiert, doch wird ihm zugestanden, dass er in guter Absicht handelte; er war nicht über alles im Bilde, was seine Untergebenen taten, und er empfand brennende Sorge über das, was der Kirche widerfuhr.

Nichtsdestoweniger gilt es festzuhalten, dass die persönliche Verantwortung Pauls VI. für die Konzilskatastrophe enorm war. Daher werden manche Anhänger der katholischen Tradition den Schluss ziehen, dass der „Unser Herr“ von Pater Drexel in Wahrheit gewiss nicht Unser Herr war, sondern lediglich das Produkt von Pater Drexels frommen Überlegungen. In diesem Fall könnten wir die Milde der Botschaften gegenüber Paul VI. wie folgt deuten: Viele „gute“ Bischöfe und Priester fanden die Antwort auf die sie quälenden Fragen darin, dass die Konzilsbischöfe furchtbar waren, nicht aber der Papst selbst. Stammten die Botschaften andererseits von Unserem Herrn selbst, könnte man die These vertreten, dass Er womöglich nur milde Kritik an Paul VI. übte, um zu verhüten, dass die Katholiken in mehr oder weniger grossem Umfang an der von Unserem Herrn selbst gegründeten Kirche verzweifelten: In jenem Fall bekundete Er selbst, dass Er auch weiterhin hinter ihr stand, denn um dies kundzutun, brauchte Er nichts Unwahres zu sagen.

Deo volente bildet vorliegende Ausgabe dieser „Kommentare“ die Einleitung zu einer zweiten kleinen Serie von Artikeln, die sich auf Der Glaube ist grösser als der Gehorsam stützen werden, weil der Verfasser der „Kommentare“ in den von Pater Drexel in den siebziger Jahren erhaltenen Botschaften ungemein viel Wertvolles entdeckt hat. Es sind drei Artikel vorgesehen, je einer über die Kirchenkrise, die Bischöfe und Paul VI., lauter Themen, mit denen sich Der Glaube ist grösser als der Gehorsam auseinandersetzt. Ob dann die Botschaften von Unserem Herrn Selbst kamen oder nicht, mögen die Leser dieser „Kommentare“ selber entscheiden. Jedenfalls ist es klar, dass sie sich angesichts dieser Krise der Kirche ihre eigene Meinung bilden müssen.

Kyrie eleison.