Schlagwort: Bildung

Heute Eltern Sein – I

Heute Eltern Sein – I posted in Eleison Kommentare on Februar 17, 2018

Vor etwas weniger als zwei Jahrzehnten schrieb ein Priester, welcher der Priesterbruderschaft St. Pius X. angehört und als Vorsteher eines Ignazianischen Exerzitienhauses aus eigener Erfahrung gründlich mit den Familienproblemen traditionalistischer Katholiken vertraut ist, einen ausgezeichneten Leitartikel zum Thema Wie sich unsere jungen Menschen entwickeln. Er zeichnet ein düsteres Bild. Leider ist dieses inzwischen noch finsterer geworden. Wir dürfen nicht verzweifeln, doch andererseits müssen Eltern die Dinge so sehen, wie sie sind. Nicht, dass die heutigen jungen Menschen fehlerlos wären, aber die Eltern müssen alles in ihren Kräften Stehende tun, um sie auf den Pfad zum Himmel zu führen, denn dies ist auch heute noch die Verantwortung der Eltern. Hier nun das von jenem Priester gezeichnete düstere Bild; es ist – mit Kürzungen – der Zeitschrift Marchons Droit, Nr. 90, April-Mai-Juni 2000 entnommen:

In den Exerzitienhäusern sehen wir junge Menschen aufwachsen, die unfähig sind, die Christenheit wieder aufzubauen. Die von Eltern und Lehrern erbrachten Opfer scheinen keine entsprechenden Früchte getragen zu haben. Offensichtlich funktioniert etwas nicht, und wenn wir nicht reagieren, werden wir innerhalb zweier Generationen vom Geist der Welt verschlungen worden sein.

Wir beobachten, dass junge Menschen zwischen 18 und 30 zutiefst unwissend über die Krise in der Kirche und der Welt sind, nicht weil sie nicht darüber belehrt worden sind, sondern aus Mangel an Interesse. Im grossen und ganzen folgen sie zwar dem Beispiel ihrer Eltern, aber sie können nicht selbst erklären, was an der Neuen Messe, an Vatikan II, an der Neuen Weltordnung falsch ist. Sie haben niemals kämpfen, ihren Glauben verteidigen oder Widerstand leisten müssen, und haben diese Fragen deshalb nie selbst erforscht; dies ist der Grund dafür, dass sie, sobald sie der Welt begegnen , leicht nachgeben. Sie möchten wie alle anderen sein und wollen nicht anders sein; ihnen fehlt die persönliche Überzeugung, für die katholische Tradition einzutreten, mit dem Ergebnis, dass sie, statt Apostel Christi zu sein, nach und nach mit dem Strom schwimmen.

Wo werden morgen die Männer sein, die sich für den geistlichen Stand berufen fühlen? Wo die guten christlichen Familien, die wir so dringend brauchen? Immer weniger Männer fühlen sich für den geistlichen Stand berufen, Ehen zerbröckeln oder zerfallen vollständig, die Bildung verweichlicht sich, Unreife herrscht vor. Die jungen Menschen trachten nur noch nach Vergnügungen. Den Knaben fehlt es an Charakter, Verantwortungsgefühl, Grosszügigkeit, Selbstkontrolle – an all den Dingen, die ihre Eltern ihnen hätten einimpfen sollen, um sie zu den Männern zu machen, auf die wir morgen bauen können: keusche, reife, gedankenvolle, fleissige und grossherzige Männer. Wo werden die Oberhäupter der Familien von morgen sein, wenn es keine Männer mit festen Überzeugungen mehr gibt? Auch die Mädchen werden in Unordnung erzogen. Anstatt sie auf die Mutterschaft und auf die Sorge für eine Familie vorzubereiten, verleitet man sie dazu, auf die Häuslichkeit herabzusehen, die ihre wirkliche Berufung ist; stattdessen ermuntert man sie, immer länger zu studieren und hierdurch einen Geist der Unabhängigkeit zu erwerben und sich immer mehr der modernen Welt zuzuwenden, mit dem Ergebnis, dass Mode, Partys und Rockmusik zu ihren hauptsächlichen Interessen werden. Wie können Mütter sich an die Miniröcke und Hosen ihrer Töchter gewöhnen, an ihre aufreizende Kleidung für Partys, die offenkundige Brutstätten der Sünde sind, und wo sie ihre Zeit vergeuden und die Reinheit ihrer Herzen beflecken?

Das Ergebnis sieht so aus, dass junge Menschen mit 20 oder 22 heiraten, wenn sie noch keinesfalls bereit dafür sind. Und wenn dann schon bald Kinder zur Welt kommen, haben sie keine Ahnung davon, wie sie diese erziehen sollen. Wenn ich mir die jungen Paare ansehe, die ich seit meiner Weihe im Jahre 1980 – gemäss der Tradition – getraut habe, stelle ich fest, dass es zwar Gott sei Dank keine Scheidungen gab, doch muss ich sagen, dass die Hälfte der Ehen an einem seidenen Faden hängt und nur durch die katholischen Prinzipien dieser jungen Menschen zusammengehalten wird. Eltern, begreift ihr, was ihr euren Kindern um ihrer Zukunft in der heutigen Welt willen geben müsst? Ihr müsst um Gottes willen eure Knaben zu Männern formen, die dieses Namens würdig sind, und eure Mädchen zu Frauen, die diesen Namen verdienen. Tut eure Pflicht. Ansonsten laufen eure Kinder Gefahr, ihre Seele zu verlieren, und noch dazu geht es mit der Christenheit zu Ende.

Pater Delagneau hat sicherlich recht. Die Christenheit ist in ernsthafter Gefahr, machen wir uns nichts vor. Begreifen wir jetzt, warum es Gott im Jahre 2018 zulässt, dass Europa, und insbesondere Frankreich, von Seinen Feinden mit anderen Feinden von Ihm überflutet wird? Und warum er duldet, dass die Priesterbruderschaft St. Pius X. in die Arme Seiner Feinde abgleitet? Der Grund ist, dass Er uns nicht geschaffen hat, um der Hölle anheimzufallen. Er schuf uns, um den guten Kampf auszufechten und in den Himmel einzugehen. Und er wird jede Katastrophe zulassen, um uns von der Strasse zur Hölle abzubringen und uns auf den Weg zum Himmel zurückzuführen. Bereitet euch darauf vor!

Kyrie eleison.

Langsamer Niedergang – II

Langsamer Niedergang – II posted in Eleison Kommentare on April 1, 2017

Wegen seiner Länge konnten wir den Brief des besorgten amerikanischen Katholiken in unserem letztwöchigen Eleison-Kommentar nicht vollumfänglich, sondern nur auszugsweise veröffentlichen und mussten viele interessante Dinge auslassen. Hier seien noch zwei weitere wertvolle Absätze nachgeliefert, in denen der Verfasser seine Gedanken zu der Traditionellen Schule und den Traditionellen Frauen äussert. Die zentrale Schlussfolgerung ist immer dieselbe: Wenn ich nicht so lebe, wie ich denke, werde ich zwangsläufig so denken, wie ich lebe. Nur Geduld! Gott verlangt von uns nicht das Unmögliche, aber andererseits erwartet er von uns, dass wir das Bestmögliche anstreben.

Vielleicht erzielt der Modernismus bei der Unterwanderung der Traditionalistischen Bewegung seine durchschlagendsten Erfolge auf dem Gebiet der Erziehung. Allerlei moderne Praktiken haben sich in ihre Schulen eingeschlichen, ohne dass sich jemand dessen gewahr zu werden scheint. Die modernistische pädagogische und psychologische Philosophie der fünfziger und sechziger Jahre wird in den Unterricht eingeschmuggelt, zusammen mit all den gängigen Schlagworten und Begleiterscheinungen. Altmodische Lehrer sind zum Problem geworden. Eine moderne Armee von Verwaltern, Spezialisten für Lehrpläne, Erziehungsexperten, Kinderpsychologen etc. hält jetzt das Heft in der Hand und verspricht wie üblich, alles besser zu machen, insbesondere in weltlichen Fragen wie Prüfungsergebnisse, Wahl des geeigneten College und lukrative Karrieren. Angeblich Traditionalistische Schulen werden staatlichen Schulen immer ähnlicher.

Die soziale Revolution, die sich unter den Kindern unserer Schulen täglich abspielt, beeinflusst besonders die Mädchen sehr nachhaltig. Es existiert ein virulenter Erregerstamm eines Traditionalistischen Feminismus. Viele haben das moderne Gift der Gleichheit und des Konkurrenzkampfes zwischen Frau und Mann in sich aufgenommen. Von Kindsbeinen an werden sie gegen die Männer aufgehetzt. Sie wollen mit ihnen konkurrieren und denken, sie könnten fast alles, was Männer können. Dem, was die Tradition über die Rolle der Frau sagt, schenken sie nur geringe oder gar keine Aufmerksamkeit. Sie bilden sich ein, dass sie auf jedem beliebigen Feld eine höchst erfolgreiche berufliche Karriere absolvieren und dennoch zugleich eine gute katholische Ehefrau und Mutter sein können. Der alte Spruch „Der Platz der Frau ist zu Hause“ wird in Traditionalistischen Kreisen nicht mehr beherzigt, sondern im Gegenteil offen verspottet. Das Schlimmste ist jedoch, dass unsere Mädchen dies nicht von der Welt, sondern von unseren eigenen Leuten zu hören bekommen. In unseren Schulen bekleiden zu viele Frauen wichtige Positionen, und es gibt zu viele Lehrerinnen. Dies ist eine revolutionäre Erscheinung und bietet ein denkbar schlechtes Vorbild für unsere Mädchen, das auch durch noch so viele Predigten nicht überwunden werden kann. Doch was hilft es einer Frau, sich sittsam zu kleiden, wenn sie sich in jeder anderen Hinsicht wie ein Mann benimmt, insbesondere auf sozialem, wirtschaftlichem und politischem Gebiet? Noch vor einigen Jahren hätten nicht nur Traditionalisten dies gewusst, aber heute wird es als Traditionell propagiert.

Was ist denn so falsch an der modernen Erziehung und ihren modernen Methoden? Antwort: Das Herz und die Seele wahrer Erziehung ist der katholische Glaube, was bedeutet, dass Erwachsene mit der Unterstützung der (wahren) Kirche ihre Autorität nutzen, um jungen Menschen durch direkten menschlichen Kontakt erstens beizubringen, wie man das Himmelreich erwirbt, und zweitens, wie man als Erwachsener ein gesundes Leben führt, das mit dem Wunsch, das Himmelreich zu erwerben, in Übereinstimmung steht. Wie viele „Verwalter, Spezialisten für Lehrpläne, Erziehungsexperten und Kinderpsychologen“ besitzen eigentlich praktische Erfahrung als Lehrer in unseren heutigen Klassenzimmern, geschweige denn den Glauben? Aufgrund des Mangels an Glauben sind die heutigen Klassenzimmer zu Dschungeln voll wilder Tiere geworden. Kein Wunder, dass die „Experten“ sie ängstlich meiden. Sie sind mit ihrem Latein am Ende und wissen nicht, wie sie es anstellen sollen, um die Kinder richtig zu erziehen.

Und was ist das Problem mit den modernen Frauen? Moderne Männer, die sie ausser Kontrolle geraten liessen. Gott schuf die Frau dem Manne untertan, noch vor dem Sündenfall. Was soll ein Mädchen also tun? Zum heiligen Josef und zur heiligen Anna – die beide wundervolle Ehepartner waren – beten, damit es einen Ehemann findet, den es achten kann. Gottes Arm wird durch die Verworfenheit der Menschen nicht verkürzt (siehe Jesaja LIX, 1). Und die Männer? Eure Frauen werden es sehr viel leichter finden, euch zu gehorchen, wenn ihr selbst Gott gehorcht (1. Korinther XI, 3).

Kyrie eleison.

Diagnostizierte Akademia

Diagnostizierte Akademia posted in Eleison Kommentare on Juli 23, 2016

Als seine Exzellenz mich als Geschichtsstudent fragte, ob ich ihm zustimme, daß der im Lehrschreiben Pascendi verurteilte agnostische Phänomenalismus die bestmögliche Einzel-Einführung in den Schauplatz der Moderne sei, pflichtete ich ihm kurz bei. Dann ging ich der Frage nach, wie der Mensch, besonders der gelehrte Mensch, jemals einen solchen Unsinn ernstnehmen kann wie die Behauptung, daß der Verstand nie ablesen könne, was hinter den Phänomenen, d.h. hinter den Erscheinungen steckt. Dabei erinnerte ich mich daran, wie ich in den vergangenen dreieinhalb Jahren an der Universität studierte und dabei den Professoren gelauscht hatte. Unter ihnen einige hervorragende, welche ein Gespür für die Wirklichkeit hatten, und viele andere ohne ein solches Gespür. Deshalb begann ich darüber mich zu wundern, warum einige Professoren dieses gute Gespür für die Vernunft hatten, während andere mit den gleichen Doktorgraden nur wilde und unvernünftige Vorstellungen annahmen. Hier folgt die Antwort dieses Langzeitbeobachters des akademischen Schauplatzes:

Durch ein bißchen Nachdenken dämmerte mir, daß die logischsten Professoren gleichzeitig Katholiken waren, weil sie bestenfalls Konservative sein mögen, jedoch eine wirklichkeitsnahe Weltanschauung besitzen. Die Vorstellungen und Konzepte, welche sie lehren, sind größtenteils vernünftig. Auf der anderen Seite sind die Lehren der Mehrheit der Professoren konfus, verworren und unverständig. Sie erklären seltsame und absonderliche Vorstellungen und unterlegen diese mit Halbwahrheiten. Sie nehmen fast jede moderne Ansicht an, wie z.B. die Globale Erwärmung bzw. den Klimawandel (die neue „Evolution“) und stellen dies als Wahrheit dar. Ihre Beweisführung für diese Ansichten ist purer Unsinn und hält keiner genaueren Untersuchung stand. Ich begann mich zu fragen, warum solch gelehrte Männer so ignorant sein können? Durch viel Nachdenken kam ich auf eine Antwort, von welcher ich sicher annehme, daß sie die richtige ist.

Weil jene Professoren, welche verständiger sind, wenigstens danach streben, katholisch zu sein, liegt es nahe, daß sie etwas besitzen, was die Heiden nicht haben. Vor der Umwälzung durch Martin Luther waren die meisten Wissenschaftler und Gelehrten noch Katholiken, welche ihre Vernunft benutzten und über einen gesunden Menschenverstand verfügten, sodaß die meisten von ihnen die gleiche Wahrheit lehrten und glaubten. Als Luther mit der Kirchenverwüstung begann, verwüstete er auch viele gelehrte Kleriker und Universitätsprofessoren. Luthers Religion schaltete vor allem das Sakrament der Firmung aus, durch welches die Katholiken, wie wir wissen, die sieben Gaben des Heiligen Geistes erhalten, wovon vier für den Verstand sind: die Erkenntnis, Weisheit, Einsicht und der Rat. Alle vier Gaben fehlen den heutigen agnostischen Professoren. Letztere mögen wohlerzogene und gelehrte Menschen sein, doch können sie ihre Gelehrtheit weder auf vernünftige Art und Weise benutzen, noch sie auf die Wirklichkeit anwenden. Wie Pius X. sagte, entwickeln sie lieber Wahnvorstellungen und verkaufen diese als Wahrheiten, und überzeugen außerdem sich selber davon, daß sie genial seien, während sie in Wirklichkeit in der Dummheit sich suhlen. Sie stellen den „2+2=5“-Kult dar und sind noch dazu stolz darauf.

Dieser Theorie zufolge würde die heutige Zerstörung der Akademia auf Luthers Aufgabe des Firmsakramentes fußen und darauf, daß Europas Universitäten immer weniger katholisch sind. Schlußendlich wurden auf die Welt der Akademia tausende Professoren losgelassen, welche jenseits ihrer Fähigkeit, vernünftig zu denken, erzogen worden sind. Aus Mangel an Erkenntnis, Weisheit, Einsicht und Rat in ihrer höchsten Stufe als Gottesgeschenke entwickelten diese Professoren an den Universitäten die Palette der heutigen Irrtümer, auch „–Ismusse“ genannt. Die Behauptung beispielsweise, daß die Globale Erwärmung die Menschheit zerstöre, ist reiner Unsinn und wird trotzdem an den modernen Universitäten gelehrt und geglaubt, als ob es 2+2=4 wäre. Und die staunende Jugend verschlingt diese vergifteten Vorstellungen an den Universitäten wie Kekse beim Nachmittagstee, und insbesondere die Vorstellung, daß die Wahrheit bloß das sei, wofür jeder einzelne sie hält, und daß die Vernunft verworfen werden solle.

Daraus ergibt sich diese Folgerung: Seit das Zweite Vatikanische Konzil entschied, Luthers Fußstapfen zu folgen, indem es die Tradition aufgab und das Firmsakrament so „erneuerte,“ daß seine Gültigkeit bedroht ist, gefährdeten die Katholiken auch die Geschenke des Heiligen Geistes und verloren dementsprechend die Fähigkeit, vernünftig zu urteilen, denn die Firmung der Neukirche will aus den Firmlingen nur noch „bessere Christen“ machen.

Kyrie eleison.

Dickens-Konferenz

Dickens-Konferenz posted in Eleison Kommentare on August 16, 2014

Die vor zwei Wochen im Haus Königin der Märtyrer im englischen Broadstairs gehaltene Dickens-Konferenz verlief in ihrem bescheidenen Rahmen sehr ordentlich. Am Samstag regnete es ein wenig, am Sonntag schien die Sonne, und die überwiegend aus England, aber auch Dänemark, Frankreich und den USA kommenden knapp 30 Teilnehmer genossen das Haus, die gegenseitige katholische Gesellschaft, sowie die drei Vorträge von Dr. David White über drei Romane von Charles Dickens (1812–1870), dem in England beliebtesten Schriftsteller nach William Shakespeare.

„In bescheidenem Rahmen“ heißt, daß der Konferenz außerhalb der andächtig besuchten Hl. Messen am Samstag und Sonntag wenig äußerlich Übernatürliches anhaftete. Sie war sozusagen mehr ein Treffen des gesunden Verstandes, denn der Heiligkeit – doch merken wir im Englischen sogleich, daß das englische Wort für „gesunder Verstand“ (sanity) drei Viertel des englischen Wortes für „Heiligkeit“ (sanctity) ausmacht. Die Gnade baut auf die Natur auf, doch kann die Gnade kaum auf den Irrsinn und die Verderbung der Natur aufbauen, denen unsere Welt heute Tag für Tag sich ausliefert. Somit ist der gesunde Verstand notwendiger denn je; sogar für übernatürliche Zwecke. So dürfte auch der Grund für den geringen offensichtlichen Fortschritt des sogenannten katholischen „Widerstands“ darin liegen, daß nicht genug gesunder Verstand vorhanden ist, um die geistige Verderbtheit und das Verkommen des wahren Gehorsams und der wahren Heiligkeit zu begreifen und verachten.

In seinem ersten Vortrag sprach Dr. White über den Roman David Copperfield, welcher unter seinen vielen Werken Dickens Lieblingswerk war, und auch mit Broadstairs verbunden ist. Denn auf seinen vielen Arbeits- und Ferien-Besuchen in diese seine geliebte Küstenstadt lernte Dickens eine exzentrische alte Dame kennen, welche in einem kleinen Haus wohnte, das heute noch an der Strandpromenade steht. Die Dame beeindruckte ihn so sehr, daß er sie als Romangestalt Betsy Trotwood in David Copperfield einfließen ließ, wo sie als exzentrische alte Dame den verwaisten Romanheld aufnimmt und beschützt, bis er seinen Weg im Leben findet. Dieser exzentrischen Romanfigur legt Dickens seine eigene Abscheu gegen den Puritanismus und den Calvinismus in den Mund, so Dr. White. Obwohl Dickens wenigstens einmal im Leben gesagt bekam, daß der Katholizismus die einzige wahre Religion ist, wurde er nie Katholik. Dennoch hatte er größten Respekt vor dem Evangelium Christi, und in seinen Romanen taucht ein wahrlich gutherziger Charakter nach dem anderen auf.

Am Samstagnachmittag besuchten wir das Strandpromenaden-Haus von „Betsy Trotwood,“ welches heute ein Museum voller Dickenscher Erinnerungsstücke ist und von einem echten Dickenschen Museumsdirektor geführt wird. Dann gab es die zweite Konferenz über das Werk Bleakhaus ( Bleak House ), den ersten Roman aus Dickens zweiter Schaffensperiode, als England dunkler wurde. Bleakhaus greift die Rechtsanwälte und das Rechtssystem im besonderen an, doch laut Dr. White attackiert der Roman im allgemeinen ein System, welches immer mehr die Gesellschaft kontrolliert und dabei die unschuldigen Schäfchen demoralisiert und erdrückt. Die Politiker werden bedeutungslos, die Aristokratie verliert die Bodenhaftung, und ein unmenschliches System stürmt voran, bis es unter seiner eigenen Falschheit zusammenbricht – im Stile des Zweiten Vatikanischen Konzils, fügt Dr. White hinzu.

Der dritte Vortrag präsentierte am Sonntag Morgen Harte Zeiten ( Hard Times ), einen weiteren von Dickens dunklen Romanen, welcher von einem völligen Mangel an wahrer Erziehung handelt, und das vor 150 Jahren! Dickens wußte, daß ohne eine Erziehung des Herzens die Menschen kalt und unmenschlich werden. Dr. White griff auf seine eigene jahrzehntelange Unterrichtstätigkeit an der US-Marineakademie zurück, um Dickens Vorstellung zu unterstreichen von der enormen Dummheit an sozialen Robotern, welche durch eine „Erziehung“ herausgebildet werden, welche die Geschichte, Künste, Musik, Literatur und besonders Poesie verachtet. Das Ergebnis ist eine grenzenlose Langeweile unter den heutigen Jugendlichen, ein Spiegelbild des reinen Nihilismus.

Doch die Konferenzteilnehmer kehrten weder gelangweilt noch nihilistisch heim, sondern vielmehr erfrischt. Dank sei Gott.

Kyrie eleison.