Lehrgespräche

Die NEUORIENTIERUNG der PIUSBRUDERSCHAFT

Die NEUORIENTIERUNG der PIUSBRUDERSCHAFT on Januar 23, 2021

Im November vergangenen Jahres versandte Pater Pagliarini, Generaloberer der Priesterbruderschaft St. Pius X., einen Rundbrief, in dem er den 50. Gründungstag der Bruderschaft würdigte. Pater Edward MacDonald, ein Priester des”Widerstands”in Australien , hat zu diesem Rundschreiben einen wertvollen Kommentar verfasst, den wir hier zusammenfassen: 


Pater Pagliarini fragt:”Ist die Flamme (‘der furchtlosen Nächstenliebe’), die wir von unserem Begründer empfangen haben, immer noch lebendig? Läuft diese kostbare Fackel angesichts einer schier endlosen Krise in der Kirche nicht Gefahr, immer schwächer zu glimmen und schliesslich zu erlöschen?”In seinem Rundbrief beantwortet Pater Pagliarini seine eigene Frage jedoch nicht. 

In seinem Schreiben geht Pater Pagliarini kaum auf das Zweite Vatikanische Konzil ein. Doch ohne Vatikan II hätte keine Notwendigkeit zur Gründung der Piusbruderschaft bestanden. Rom ist die Quelle sämtlicher Irrtümer in Bezug auf Glauben, Doktrin und Moral, gegen welche die Bruderschaft kämpfte. Die postkonziliären Päpste haben die Lehren des Konzils in die Praxis umgesetzt. Die Apostasie hat ihr Zentrum und ihre Hochburg im Vatikan. Pater Pagliarini sagt nichts über die Irrtümer von Vatikan II. Warum schweigt er hierzu? Für ihn ist dieser Kampf vorbei. Die Piusbruderschaft steht jetzt auf der Seite von Vatikan II und der Konzilskirche gegen die”Widerstandsbewegung». 

Pater Pagliarini reduziert den Kampf auf das”spirituelle Leben». Für Erzbischof Lefebvre kam die Herrschaft Unseres Herrn Jesus Christus an erster Stelle, und dass das spirituelle Leben der Seelen gefördert wurde, war eine notwendige Folge dieses Grundziels. Aber Pater Pagliarini räumt dem spirituellen Leben die Priorität ein, indem er sagt:”Das Ziel unseres Kampfes ist, Unseren Herrn Jesus Christus zur Achse unseres spirituellen Lebens, zum Quell all unserer Gedanken, all unserer Worte und all unserer Taten zu machen.» 

Laut Pater Pagliarini ist schon alles gesagt. Es gilt keine Schlacht um die Doktrin mehr zu schlagen. Die Piusbruderschaft wird sich, vermutlich durch Wiederholung ihrer alten Argumente, einfach darauf beschränken, auch weiterhin ihre Stimme gegen die Irrtümer von Vatikan II zu erheben. Tatsache ist freilich, dass die Bruderschaft ihre Stimme nicht mehr gegen die Irrtümer von Vatikan II erhebt. Dabei gäbe es doch sehr viel Neues zu sagen angesichts der Tatsache, dass der Papst aus den Dokumenten von Vatikan II immer neue Irrtümer ableitet. Ist die Antwort auf Amoris Laetitiae vollständig? Wenn die Bruderschaft nichts Neues mehr zu sagen hat, dann darum, weil sie den Kampf gegen die Irrtümer des Vatikans aufgegeben hat.

Erzbischof Viganò hat jede Menge Neues über die Irrtümer der Konzilskirche zu sagen. Die Priesterbruderschaft kann diese Dinge nicht sagen, weil sie kapituliert hat und sich den Mund stopfen liess. Sie kann die Rechte Unseres Herrn Jesus Christus nicht länger verteidigen. Im November 2020 verbot Pater Daniel Thiemann, Distriktoberer der Bruderschaft in Australien, deren Mitgliedern, eine öffentliche Protestaktion gegen einige höchst öffentliche Veranstaltungen zur Verehrung Satans in Queensland durchzuführen. Sie taten in ihrer Kapelle ruhig Abbitte für den Frevel der Satanisten.

Müdigkeit ist ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch Pater Pagliarinis Brief zieht. Solche Müdigkeit findet sich bei den Heiligen nicht. Sie sind niemals erschöpft, sie werden der Schlacht niemals müde. Erzbischof Lefebvre erlahmte im Kampfe nie. Er war bereits im Ruhestand, als er begriff, dass er zu den Waffen greifen und eine neue Schlacht gegen die Konzilskirche beginnen musste. Die Bruderschaft ist erschöpft und ermattet und hat ihre Waffen niedergelegt. Sie hat”nichts Neues zu sagen».

Seit fünfzehn oder mehr Jahren vermitteln die Seminare der Priesterbruderschaft den Seminaristen die Ausbildung in der Doktrin nicht mehr, die sie dazu befähigen würde, die modernen Irrtümer zu bekämpfen. In den Seminaren werden Modernismus und Liberalismus gefördert. Die Priester-Kandidaten sind bereit, Kompromisse bezüglich der Wahrheit einzugehen; sie arbeiten eifrig mit den modernistischen Bischöfen ihrer Diözesen zusammen und unterordnen sich diesen. Pater Wegner, ehemaliger Distriktoberer der USA, hat einmal damit geprahlt, Abkommen mit vierzig amerikanischen Bischöfen geschlossen zu haben, von denen alle modernistische und liberale Konzilsanhänger waren.

Jeder Priester, der nach ihrer Kapitulation in der Piusbruderschaft geblieben ist, hat diese neue Orientierung ausdrücklich, oder zumindest stillschweigend, akzeptiert. Solche Priester sind keine militanten Katholiken mehr. Die Kirche ist gegen jeden Abfall vom Glauben gefeit. Die Bruderschaft war es nicht. Sie hat diesen Abfall vollzogen.

Es existiert keine bedeutende Nachfolgeorganisation, die sich noch gegen den Ansturm der Kräfte des Bösen in der Gestalt der atheistisch-kommunistischen Eroberung der Gesellschaft stemmt. Die Unterjochung der Priesterbruderschaft St. Pius X. hat die letzte grosse Quelle der Gnade und des Segens für die Welt versiegen lassen. Die wenigen noch verbliebenen Herde des Widerstands sind unfähig, der kommunistischen Versklavung der Welt Einhalt zu gebieten oder ihr auch nur ernsthafte Hindernisse in den Weg zu legen.

Kyrie eleison.

Zwei Bischöfe

Zwei Bischöfe on Dezember 21, 2019

Seitdem im Sommer und Herbst 2012 klar wurde, dass zwei der drei Bischöfe, die der Priesterbruderschaft St. Pius X. angehörten, hinsichtlich deren Beziehungen zu Rom nicht mehr dieselbe Position vertraten wie noch am 7. April jenes Jahres in ihrem Brief an das Hauptquartier der Bruderschaft, fragen sich deren Anhänger – Priester und Laien – nach den Gründen für diesen Gesinnungswandel. Die wenigsten waren – oder sind – der Ansicht, der Kurswechsel der Bischöfe sei eine Frage von Personen oder Persönlichkeiten gewesen. Da der erwähnte Brief nachdrücklich davor warnte, von der Linie Erzbischof Lefebvres abzuweichen, der Kontakte mit einem unbekehrten Rom klar abgelehnt hatte, deuteten die meisten den neuen Kurs der beiden Bischöfe als das, was er war, nämlich ein Einknicken vor der veränderten Taktik des Generaloberen, die sich als „Kontakte vor der Bekehrung“ zusammenfassen lässt. Doch da sich das konziliäre Rom zwischen 1988 und 2012 kaum verändert hatte – es sei denn zum Schlechteren –, warum haben die zwei Bischöfe dann ihre zuvor hochgehaltenen Prinzipien über Bord geworfen?

Die Frage ist bis zum heutigen Tag von unverminderter Bedeutung. Was gewinnt die Bruderschaft für den Glauben – und nicht etwa der Glaube für die Bruderschaft! – durch freundliche Kontakte mit den Konzilsrömern, die nach wie vor fanatisch an der Ökumene von Vatikan II festhalten, bis hin zur Verehrung des Papstes für die Pachamama-Götzenbilder in den Gärten des Vatikans selbst? Eines scheint sicher: In den letzten 20 Jahren hat die Bruderschaft ihre Zukunft auf Gedeih und Verderben mit dieser Freundschaft verknüpft, und nun plötzlich auf letztere zu verzichten, liefe auf das Eingeständnis hinaus, dass die während dieser 20 Jahre betriebene Politik ein grosser Fehler gewesen ist. Deshalb kann die Bruderschaft, die dringend neue Bischöfe für ihr weltweites traditionalistisches Apostolat benötigt, nicht nach freiem Ermessen traditionalistische Bischöfe auswählen und weihen, weil diese den Konzilsrömern sicherlich missfallen würden. Aus diesem Grund schulterten die beiden Bischöfe anno 2012 ein schweres Kreuz, das mit jedem Jahr noch drückender wird: Sie trugen emsig dazu bei, die Bruderschaft in eine Sackgasse zu treiben, mit dem Ergebnis, dass es dieser im Jahre 2019 verwehrt bleibt, ihre eigenen Bischöfe zu haben, obwohl sie nicht ohne solche auskommen kann.

In jüngster Vergangenheit sind Informationen zugänglich geworden, die einiges Licht auf den Entscheid der beiden Bischöfe werfen, dem Grundsatz des Erzbischofs „Bekehrung vor Kontakten,“ zu dem sie sich eben noch bekannt hatten, untreu zu werden. Was Bischof de Galarreta betrifft, so haben wir erfahren, dass er fast unmittelbar nach der Publizierung des Briefs vom 7. April im Internet dem Hauptquartier der Piusbruderschaft seine Aufwartung machte, um sich gegenüber dem Generaloberen für dessen Veröffentlichung zu entschuldigen und sich ausdrücklich von diesem Schritt zu distanzieren. Doch wie konnte er sich von der Veröffentlichung distanzieren, ohne zugleich den Inhalt zu missbilligen? Allem Anschein nach war seine Besorgnis, die Publizierung des Schreibens könnte zur sofortigen Implosion der Bruderschaft führen, grösser als seine Furcht, dessen Inhalt könnte die Sackgasse entlarven, in die sich die Bruderschaft verrannt hatte, und ihre Abkehr von der Linie des Erzbischofs, der den Glauben unerschütterlich verteidigt hatte, in grellem Licht erscheinen lassen. War das Überleben der Bruderschaft für ihn wichtiger als dasjenige des Glaubens?

Bischof Tissier de Mallerais brauchte wesentlich länger, um – bildlich gesprochen – seine Unterschrift unter den Brief zurückzuziehen, doch Anfang 2013 war es klar, dass auch er diesen Schritt tatsächlich vollzogen hatte. Einem Freund erteilte er folgende bischöfliche Belehrung: Roms Bekehrung kann nicht von einem Tag auf den anderen erfolgen. Eine offizielle Anerkennung wird uns dazu befähigen, weit effizienter als bisher vom Inneren der Kirche aus zu wirken. Wir brauchen Geduld und Takt und dürfen die Dinge nicht überstürzen, um die Römer nicht aus der Fassung zu bringen, die unsere Kritik des Konzils auch weiterhin nicht goutieren, aber wir setzen uns Schritt für Schritt durch – ist dies nicht das, was die Heiligen taten? Wir müssen auch in Zukunft Skandale anprangern und das Konzil attackieren, aber wir müssen intelligent genug sein, um die Denkweise unserer Gegner zu verstehen, zu denen immerhin auch der Mann auf dem Stuhl Petri gehört. Bischof Fellays Politik ist nicht wirklich gescheitert: Am 13. Juni 2012 wurde nichts unterschrieben, und in den letzten 17 Monaten ist nichts Katastrophales, nichts Aufsehenerregendes geschehen. Ein paar Priester haben uns aufgrund mangelnder Vorsicht und fehlenden Urteilsvermögens verlassen, was ich bedauerlich finde, aber das war ganz und gar ihre eigene Schuld. Kurzum, versucht anderen mehr und euch selbst weniger zu vertrauen. Schenkt euer Vertrauen der Bruderschaft und ihren Führern. Alles ist gut, was gut endet. Das sollte der Geist eurer nächsten Entscheidungen und Schriften sein.

Soviel zu den Gründen, die den Bischof dazu bewogen, seinem Freund Linientreue gegenüber Bischof Fellay ans Herz zu legen. Doch haben Bischof de Galarreta oder Bischof Tissier de Mallerais oder Bischof Fellay die Beweggründe des Erzbischofs zum Abbruch der Kontakte mit den Konzilsrömern vollumfänglich begriffen? Unterschätzen sie nicht alle drei aufs gröblichste die beispiellose Krise, die durch den fortlaufenden Verrat der Konzilsprälaten an der Wahrheit und am Glauben hervorgerufen worden ist? Wie kann ein Kompromiss in Fragen der Doktrin oder rein menschliches Politisieren mit Rom diese vorapokalyptische Krise lösen?

Kyrie eleison.

Die Talfahrt Geht Weiter – II

Die Talfahrt Geht Weiter – II on November 9, 2019

Sofern der eine oder andere Leser denkt, die in den letztwöchigen „Kommentaren“ geschilderte Unterredung zwischen Dom Placide vom französischen Benediktinerkloster Bellaigue und der Führung der Priesterbruderschaft Pius X. in der Schweiz sei kein ausreichender Beweis dafür, dass die Bruderschaft auch weiterhin von der Verteidigung des wahren Glaubens abrückt, wird ein weiterer Bericht, den wir hier resümieren, ihn wohl eines Besseren belehren. Ungefähr zu der Zeit, als der Generalobere (GO) der Bruderschaft am 12. September sein als Beruhigungspille für glaubenstreue Katholiken gedachtes Interview veröffentlichen liess, entsandte er eine dreiköpfige Kommission nach Rom, um die „theologischen Diskussionen“ mit den Konzilsrömern, die von 2009 bis 2011 ohne greifbare Ergebnisse geführt worden waren, wiederaufzunehmen. Und welche drei Vertreter der Bruderschaft beauftragte er wohl mit der Führung dieser Diskussionen? Na freilich, keine andere als Bischof Fellay, Pater Pfluger und Pater Nély, jenes Triumvirat also, welches von 2006 bis 2018 die Bruderschaft geführt hatte, ehe alle drei beim Generalkapitel vom Juli 2018 abgewählt wurden. Auch in diesem Fall müssen wir zunächst kurz auf den Hintergrund der Ereignisse eingehen.

Anlässlich des Generalkapitels von 2006, bei dem ebenfalls Wahlen stattfanden, blieben die 40 führenden Priester der Bruderschaft Erzbischof Lefebvres in der katholischen Vernunft wurzelndem Prinzip treu, wonach im Konflikt zwischen der Bruderschaft und Rom dermassen wichtige Glaubensfragen zur Debatte standen, dass keine rein praktische Übereinkunft ohne vorherige Übereinkunft in Fragen der Doktrin diesen Konflikt beilegen könne. Wie Bischof Fellay einmal selbst einräumte, waren sie diesem Grundsatz zwar nicht mehr ganz so treu wie anno 1994, aber immerhin treu.

Allerdings nahm Bischof Fellay im Jahre 2006 die Doktrin selbst schon längst nicht mehr ernst. Wie für Papst Benedikt XVI., füralle Modernisten sowie für die grosse Mehrheit der heutigen Erdenbewohner war und ist Gottes Wahrheit für ihn weniger wichtig als die Einheit der Menschen. Andererseits legte er sich Rechenschaft darüber ab, dass auch weiterhin zahlreiche Mitglieder und Unterstützer der Bruderschaft dem Erzbischof in ihrem Respekt vor Gottes Wahrheit folgten, und es blieb ihm keine andere Wahl, als Papst Benedikt um Diskussionen über Fragen der Doktrin zu bitten, damit die Bruderschaft und Rom wieder zusammenfinden könnten.

Diese Bitte war von Anfang an ihrem Wesen nach töricht, weil sich die Doktrin der katholischen Tradition und jene von Vatikan II ebenso wenig in Übereinklang bringen lassen wie die Aussagen „2+2=4“ und „2+2=5.“ Doch anscheinend hofften sowohl der Papst als auch die Führung der Bruderschaft, beide Seiten könnten sich auf irgendwelchen Kompromiss wie „2+2=4,5“ einigen, denn die Einheit war doch für beide wichtiger als die Wahrheit. So fanden von 2009 bis 2011 „Diskussionen über die Doktrin“ zwischen jeweils vier Repräsentanten beider Seiten statt. Nichtsdestoweniger hatte Bischof Fellay im Jahre 2009 noch vier Vertreter nach Rom senden müssen, welche die katholische Wahrheit ernst nahmen, während die Römer hartnäckig an ihrem Bekenntnis zu den Anti-Wahrheiten von Vatikan II festhielten, mit dem Ergebnis, dass die Unterredungen im Sand verliefen. Die Einheit hatte sich damals nicht gegen die Wahrheit durchsetzen können.

Dies änderte sich jedoch beim Interim-Generalkapitel von 2012 (bei dem keine Wahlen stattfanden). Bis zu jenem Zeitpunkt hatte sich unter den 40 führenden Priestern der Bruderschaft ein Meinungswandel vollzogen, so dass das Prinzip des Erzbischofs „Doktrin zuerst!“ über Bord geworfen wurde und die Bruderschaft sich offiziell zum Primat der Einheit bekannte. Doch sogleich formierte sich innerhalb der Bruderschaft eine Widerstandsbewegung aus unerschütterlich glaubenstreuen Priestern, wodurch die Einheit der Bruderschaft in Gefahr geriet.

Beim Generalkapitel von 2018, als wiederum Wahlen anstanden, liebten die 40 Priester die Wahrheit immer noch genug, um Bischof Fellay und seine beiden Assistenten abzuwählen. Dies hinderte den neuen Generaloberen freilich nicht daran, die Idee von Gesprächen mit den Konzilsrömern zu Fragen der Doktrin wieder aufzugreifen. Zwar war dieses Konzept seinem Kern nach immer noch so töricht wie zuvor, aber die Vorstellung, man könne den Batzen und das Brötchen zugleich haben, ist ja stets sehr verlockend. So trat der neue Generalobere den Gang nach Rom an; offensichtlich träumten sowohl die Römer als auch die Führung der Bruderschaft auch weiterhin von der Kompromissformel „2+2=4,5,“ so dass die „Diskussionen über die Doktrin“ anscheinend wieder auf der Tagesordnung stehen.

Im Gegensatz zu 2009, als Bischof Fellay wahrheitsliebende Katholiken zu Vertretern der Bruderschaft ernennen musste, hat die neue Priesterbruderschaft St. Pius X. offenbar ausgerechnet jene drei Personen als Abgeordnete ausgesucht, die beim Generalkapitel von 2012 der Einheit Vorrang vor der Wahrheit einräumten! Wer hält da eigentlich wen zum Narren?

Wenn die Neubruderschaft sich selbst belügt und so tut, als sei eine Einheit, der keine Übereinstimmung in doktrinären Fragen zugrunde liegt, überhaupt möglich ist, dann wehe der Bruderschaft, heute und in absehbarer Zukunft. Wenn sie keine solchen Illusionen hegt, handelt sie dann unter dem Druck Roms, oder unter dem Druck des fellayisierten Menzingen, oder beider Seiten. Letzlich macht das keinen Unterschied mehr, denn Bischof Fellay hat doch alles getan, um Menzingen und die Bruderschaft der Macht Roms zu unterstellen. Darum gibt Rom den Ton an und reibt die Nase der Bruderschaft in deren eigenem Unrat.

Kyrie eleison.

Der Brief der Bischoefe

Der Brief der Bischoefe on Oktober 5, 2019

Ein Leser fragt, unter welchen Umständen der Brief entstand, der Bischof Fellay und seine beiden Assistenten am 7. April 2012 von den drei anderen Bischöfen zugestellt wurde, welche zum damaligen Zeitpunkt der Priesterbruderschaft St. Pius X. angehörten. Der Brief rückt zwar immer ferner in die Vergangenheit, doch mögen sich manche Leser daran erinnern, dass er massgeblich dazu beigetragen hat, traditionalistische Katholiken auf den einschneidenden Kurswechsel aufmerksam zu machen, der sich in den vorhergehenden 15 Jahren klammheimlich vollzogen hatte, und den viele von ihnen nicht bemerkt hatten. Doch im März 2012 hatte das Tier sein Versteck verlassen und sich in aller Offenheit gezeigt.

In jenem Monat schrieb der Generalobere in „Cor Unum,“ der dreimal jährlich erscheinenden Zeitschrift der Bruderschaft für Priester, es sei an der Zeit, von Erzbischof Lefebvres Politik, laut der es ohne Übereinkunft über Glaubensfragen auch keine Übereinkunft über praktische Fragen geben könne, abzurücken, weil die Feindseligkeit der römischen Prälaten gegenüber der katholischen Tradition stetig abnehme und die Bruderschaft den Konzilsrömern deshalb wieder stärker vertrauen dürfe. Tatsächlich hatten seit den ersten Jahren des neuen Jahrtausends immer mehr Priester und Laien der Bruderschaft den Verdacht gehegt, dass diese auf Abwege geführt wurde. Nun bestätigte selbst der Generalobere diesen Verdacht. Diese Ausgabe von „Cor Unum“ schlug in der Bruderschaft hohe Wellen.

Bei einem Abendessen im Londoner Priorat der Bruderschaft regte der Verfasser dieser”Kommentare” an, aufgrund dieses Kurswechsels einen Protestbrief an den Generaloberen zu entwerfen, und ihn Bischof Tissier zwecks Kontrolle des Inhalts zuzustellen. Ein Priesterkollege, der ebenfalls bei Tisch sass, fragte, ob man den Brief nicht auch Bischof de Galarreta vorlegen solle, sofern er als gemeinsamer Protest gegen diese schroffe Abkehr von der Linie des Erzbischofs, der in seinen Predigten und seiner Praxis konsequent auf dem Prinzip „Doktrin zuerst“ beharrt hatte, an das Hauptquartier der Bruderschaft gesandt werden sollte. Der Kollege hatte recht, und so nahm die Idee eines gemeinsamen Briefs der drei Bischöfe Gestalt an. Nach dem Projekt befragt, empfahl Bischof Tissier, einen Entwurf des Briefs herzustellen, und als ihm dieser vorgelegt worden war, gab er enthusiastisch seine Zustimmung. Der Entwurf wurde Bischof de Galarreta unterbreitet, der ihm ebenfalls beipflichtete, den letzten Teil jedoch selbst in noch nachdrücklicherer Form umschrieb. Schliesslich unterzeichneten alle drei Bischöfe den endgültigen Text und sandten ihn in drei Exemplaren – je eines für den Generaloberen und seine beiden Assistenten – an das Hauptquartier in Menzingen.

Die Antwort traf bereits eine Woche später ein. Nicht umsonst hatte das Hauptquartier nicht nur die Richtung der Bruderschaft verändert, sondern auch dies zu vertuschen gesucht. Man glaubte dort ernsthaft, das konziliäre Rom werde katholischer, so dass die schwerwiegenden Vorbehalte des Erzbischofs gegenüber einer Zusammenarbeit mit den Neomodernisten in Rom tatsächlich überholt seien. Zu Kardinal Ratzinger hatte der Erzbischof 1988 gesagt, eine Kooperation sei unmöglich, weil die Priesterbruderschaft St. Pius X. und Rom eine diametral entgegengesetzte Position verträten – Rom wolle die Bruderschaft dechristianisieren, während diese die Gesellschaft rechristianisieren wolle. Doch anno 2012 bestand das Hauptquartier in Menzingen eisern darauf, dass sich die Lage geändert habe, so dass es nicht gegen die Linie des Erzbischofs verstosse, indem es den drei Bischöfen die kalte Schulter zeige. Doch was hätte letzterer wohl zu den Betrügereien von Papst Franziskus gesagt? Oder was hätte er nicht gesagt? Nichtsdestoweniger verwahrte sich der – mittlerweile zurückgetretene – Generalobere Bischof Fellay in einem unlängst erschienenen Buch-Interview aufs heftigste gegen jede auch noch so leise Kritik an Papst Franziskus.

So erschien Bischof Fellay im Juni 2012 mit einem Adjutanten seines Vertrauens zu einem sorgfältig vorbereiteten Treffen in Rom, um ein Abkommen mit letzterem zu besiegeln, das dem „unnötigen 37-jähirgen Zank“ schliesslich ein Ende bereiten sollte. Unnötig? Zank? Das konziliäre Rom befindet sich im Krieg mit der katholischen Tradition!

Doch wussten die Römer selbstverständlich Bescheid über den Brief der drei Bischöfe. Was brachte es ihnen eigentlich, der offiziellen Führung der Bruderschaft eine Falle zu stellen, wenn drei ihrer vier Bischöfe nicht gewillt waren, in diese Falle zu tappen? Die Tradition „drohte“ überall wieder zu erstarken. So wurde der Generalobere im Jahre 2012 mit leeren Händen aus Rom weggeschickt. Er würde diese Bischöfe bearbeiten müssen, um sie auf seine Seite zu bringen. Und er versäumte keine Zeit . . .

Kyrie eleison.

Nochmals Diskussionen? – III

Nochmals Diskussionen? – III on Dezember 15, 2018

Viele Leser dieser”Kommentare” werden vielleicht unzufrieden damit sein, dass hier zum dritten Mal hintereinander eine Frage erörtert wird, die ihnen als blosser Streit zwischen Priestern erscheinen mag, nämlich das am 22. November in Rom stattgefundene Treffen zwischen Kardinal Ladaria und Pater Davide Pagliarini. Doch jeder Mensch, Katholik oder nicht, muss ewig in der Hölle leiden, wenn er seine Seele nicht rettet. Dies kann einzig und allein in Übereinstimmung mit der katholischen Doktrin erfolgen, und deshalb muss die Doktrin rein bewahrt werden. Seit den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts war die standhafteste Verteidigerin der katholischen Lehre gegen die durch Vatikan II hervorgerufene Verwirrung innerhalb der katholischen Kirche die Priesterbruderschaft St. Pius X. Doch seit 2012 schwankt auch die Bruderschaft in ihrer Treue zu dieser Doktrin. Deswegen ist es für jeden lebenden Menschen von grösster Bedeutung, ob Diskussionen mit Rom heute der Treue der Bruderschaft gegenüber der Kirche und der Lehre des einen und einzigen Retters der Menschen, unseres Herrn Jesus Christus, ein Ende bereiten werden oder nicht.

Vor zwei Wochen vermittelten diese „Kommentare“ (EK 594) eine allgemeine Übersicht über die Presseverlautbarung vom 23. November, in der das Hauptquartier der Bruderschaft in Menzingen, Schweiz, das am Tag zuvor durchgeführte Treffen zwischen dem neuen Generaloberen der Bruderschaft, Pater Davide Pagliarini, und dem Oberhaupt der römischen Kongregation für die Glaubenslehre, Kardinal Ladaria, schilderte. Vor einer Woche wurde in den „Kommentaren“ (EK 595) der vollständige Text des dritten sowie des vierten Absatzes jener Presseverlautbarung zitiert, die einen Schimmer von Hoffnung glimmern lassen, dass die Bruderschaft auf den Pfad ihres Gründers zurückkehren und die Doktrin des Glaubens verteidigen wird. Doch als der fünfte Absatz mit der Aufforderung schloss, die Diskussionen über die Glaubenslehre mit Rom wiederaufzunehmen, verdunkelte sich der Hoffnungsschimmer – nicht nur weil solche Diskussionen über die Doktrin zwischen Rom und der Bruderschaft bereits von 2009 bis 2011 stattgefunden haben (EK 594); nicht nur, weil Neomodernisten wie die Römer von heute nicht gradlinig denken können (EH 595), sondern auch weil Rom bei seinen Diskussionen mit der Bruderschaft nur einen einzigen Zweck verfolgt, nämlich den historischen Widerstand der Bruderschaft gegen den von ihm betriebenen Ausverkauf an Satans Neue Weltordnung ein für alle Male ein Ende zu bereiten.

Wann immer Kommunisten ein Land zu unterwerfen trachteten, war das Haupthindernis auf ihrem Weg die katholische Kirche, die – dank ihrer Doktrin – den atheistischen Materialismus der Kommunisten mit aller Schärfe verwirft. Die Kommunisten haben jedoch gelernt, nicht gegen die katholische Doktrin zu kämpfen, weil glaubenstreue Katholiken auf diesem Feld zu stark sind. Stattdessen riefen sie die Katholiken dazu auf, mit ihnen zusammen zur Tat zu schreiten, angeblich um des Volkes willen, denn wenn Katholiken und Kommunisten erst einmal gemeinsame Aktionen durchführten, würden die Kommunisten den Kontakt auf der Alltagsebene ausnutzen, um die Blockade in der Frage der Doktrin zu umgehen. Das einzige, was die Kommunisten von den Katholiken nicht wollten, war der Abbruch sämtlicher Kontakte, denn in diesem Fall hätten sie keine Möglichkeit mehr besessen, sie zu bearbeiten.

Ganz ähnlich ging Kardinal Castrillón vor, nachdem er vor zehn Jahren von Rom mit der Führung der Verhandlungen mit der Bruderschaft beauftragt worden war; er bediente sich im Grunde derselben Taktik: „Setzen wir uns doch zuerst einmal zusammen, und dann werden wir alle Probleme der Doktrin in Ruhe lösen. Das Wichtige ist zunächst eine praktische Übereinkunft,“ sagte er. Im Gegensatz zu ihm bestand Erzbischof Lefebvre stets darauf, dass der katholischen Doktrin der Vorrang gebühre. Seine Nachfolger bildeten sich ein, es besser zu wissen, und bemühten sich immer wieder um Kontakte mit den römischen Apostaten, die – logischerweise – nur allzu gerne auf diese Angebote eingingen, mit dem Ergebnis, dass die Verteidigung des Glaubens durch die Bruderschaft seit 2000 immer schwächer geworden ist. Das Salz verliert seinen Geschmack. Sofern die Bruderschaft keinen entschlossenen Kurswechsel vollzieht, wird sie nur noch dazu taugen, weggeworfen und von den Leuten zertreten zu werden (Matthäus V, 13).

Ein weiteres Problem besteht in der Frage, ob die Bruderschaft Diskussionen anstrebt, um eine offizielle Erlaubnis für die Weihe jener neuen Generation von Bischöfen zu erhalten, die sie für ihr weltweites Apostolat benötigt. Doch wenn sie diese nicht ohne Roms Genehmigung weihen will, muss sie sich den Bedingungen Roms zwangsläufig unterwerfen, weil sie sich selbst zur Bittstellerin macht und es Rom anheimstellt, ob es ihre Bitte erfüllen will. Hierdurch erkennt sie die Führungsrolle der Konzilsrömer freilich an, obgleich letztere angesichts ihres Abfalls vom wahren Glauben keinen Anspruch auf diese Rolle erheben können. Will der neue Generalobere die Diskussionen also wiederaufnehmen, um eine solche Erlaubnis von Rom zu bekommen? Gott weiss es. Jedenfalls bedeuten Diskussionen mit Rom, dass der Generalobere mit Wölfen tanzen will. Ein gefahrvoller Zeitvertreib!

Kyrie eleison.

Abermals Diskussionen? – II

Abermals Diskussionen? – II on Dezember 8, 2018

Die offizielle Presseverlautbarung, die am Freitag vor zwei Wochen zum Thema der am Vortag zwischen dem Generaloberen der Bruderschaft und dem Oberhaupt der römischen Kongregation für die Glaubenslehre vom Hauptquartier der Priesterbruderschaft St. Pius X. verabschiedet wurde, ist voller schöner Worte. Inwiefern der neue Generalobere diese Worte in die Tat umsetzen wird, bleibt abzuwarten.

Die Presseverlautbarung umfasst sieben Absätze. In den ersten beiden werden Kardinal Ladaria und Pater Pagliarini mit ihren jeweiligen Kollegen vorgestellt, und es wird festgehalten, dass der Kardinal es ist, welcher Pater Pagliarini nach Rom eingeladen hat, um den Stand der Beziehungen zwischen Rom und der Bruderschaft zu erörtern, so wie sich diese seit der letzten Juli erfolgten Wahl Pater Pagliarinis zum Generaloberen entwickelt haben mögen. Im dritten und vierten Absatz wird das Problem zwischen Rom und der Bruderschaft genau dort lokalisiert, wo es hingehört, nämlich auf dem Gebiet der Doktrin. Hier der vollständige Text dieser beiden Absätze:

(3) Bei der Begegnung mit dem römischen Würdenträgern wurde in Erinnerung gerufen, dass das Problem, um das es geht, in Wahrheit tatsächlich eines der Doktrin ist, und weder Rom noch die Bruderschaft kommen um diese Tatsache herum. Die tiefgreifenden Divergenzen bezüglich der Doktrin haben während der letzten sieben Jahre jeden Versuch zunichte gemacht, eine für beide Seiten annehmbare Erklärung zur Doktrin zu erarbeiten. Deswegen bleibt die Frage der Doktrin auch weiterhin absolut grundlegend. (4) Der Heilige Stuhl sagt nichts anderes, wenn er feierlich erklärt, dass der Bruderschaft kein rechtlicher Status irgendwelcher Art zuerkannt werden kann, ehe ein Dokument zur Frage der Doktrin unterzeichnet worden ist.

Allerdings wird dann im fünften Absatz festgehalten: „Deswegen hat die Bruderschaft allen Anlass, die theologischen Diskussionen wiederaufzunehmen,“ wobei das Ziel dieser Diskussionen nicht so sehr darin besteht, die Römer zu überzeugen, sondern vielmehr darin, der Kirche die kompromisslose Treue der Bruderschaft zum Glauben vor Augen zu führen. In den beiden letzten Absätzen wird das Vertrauen der Bruderschaft in die Vorsehung bekundet. Ihre Zukunft liegt in den Händen Gottes und Seiner gesegneten Mutter. (Ende der Presseverlautbarung.)

Leider kann man sich durchaus fragen, ob es nützlich oder klug ist, eine Wiedereröffnung der Diskussionen über die Doktrin mit diesen Römern anzustreben. Einer der vier Vertreter der Bruderschaft bemerkte nach der letzten Reihe solcher Gespräche, die von 2009 bis 2011 angedauert hatten, bezüglich der vier Stellvertreter Roms: „Sie sind geistig krank, aber sie sind es, welche die Vollmacht haben.“ Dieser Kommentar war keineswegs persönlich gemeint, sondern beschrieb präzis die Unfähigkeit der römischen Neomodernisten, die eigentliche Essenz der katholischen Doktrin zu begreifen, nämlich deren objektiven Charakter, der keinen Spielraum für subjektive Deutungen lässt. Der Herrgott meint, was Er sagt; Er sagt es durch Seine Kirche, und darum kann keine Rede davon sein, das, was Seine Kirche vor Vatikan II immer wieder und in unveränderter Form gesagt hat, der modernen Zeit anzupassen, wie es Vatikan II getan hat. Wie können die heutigen Römer denn Gottes Kirche und Vatikan II gegenüber zugleich treu sein, wenn nicht entweder ihr Geist an Widersprüchen krankt, oder sie eine völlig falsche Vorstellung von der Kirche haben?

Angesichts dieser Tatsache wird es, falls und wenn der Heilige Stuhl am 22. November eine Presseerklärung über dasselbe Treffen verabschiedet, interessant sein zu sehen, wie er sich die Perspektive einer Wiederaufnahme der Gespräche über die Doktrin vorstellt. Er ist sicherlich an Diskussionen interessiert, in der Hoffnung, den neuen Generaloberen aus seiner uneinnehmbaren Festung der kirchlichen Doktrin herauszulocken, aber seine eigene Konzilsdoktrin kann nur insofern falsch sein, als sie sich von jener Tradition entfernt. Somit müssen wie stets die beiden gewichtigen Argumente, über die er verfügt, Autorität und Einheit sein – unter Missachtung der Doktrin. Doch was gilt die katholische Autorität, wenn sie der Wahrheit nicht länger dienen will? Und was ist katholische Einheit, wenn sie rings um einen Wust schlüpfriger Lügen (Vatikan II) aufgebaut ist? Leider sind Autorität und Einheit die einzigen Beine, auf denen diese Konzilsrömer stehen können.

Darum, verehrter Generaloberer, ein Vorschlag, wie Sie Ihren Worten Taten folgen lassen können: Warum keine klare und faire Zusammenfassung des Inhalts der letzten, von 2009 bis 2011 geführten Diskussionen zu Fragen der Doktrin veröffentlichen? Dadurch würden Sie die tadellosen Absätze über die Doktrin in der Verlautbarung vom 23. November mit einer Tat bekräftigen, die Ihre unerschütterliche Treue zu eben dieser Doktrin beweist!

Kyrie eleison.