Bischof Charriere

Gelähmte Autorität

Gelähmte Autorität on Juni 1, 2013

Eine Anzahl guter Katholiken wünscht, daß als Ersatz für die Priesterbruderschaft St. Pius X. eine neue Kongregation gegründet werde. Zwar teile ich durchaus ihre Besorgnis, daß die Bruderschaft gegenwärtig auf dem besten Weg ist, ihre vormals ruhmreiche Verteidigung des katholischen Glaubens und Lebens aufzugeben. Deswegen habe ich auch Verständnis für den Wunsch dieser Katholiken, daß eine andere und ähnliche Kongregation als Ersatz entstünde, doch glaube ich nicht, daß dies möglich ist. Den Grund dafür möchte ich kurz darlegen.

Im Jahre 1970 schrieb Erzbischof Lefebvre die Gründungsprinzipien und insbesondere die Satzungen nieder, auf welchen die künftige Priesterbruderschaft fußen und funktionieren würde. Bei diesem Unterfangen legte der Erzbischof großen Wert darauf, vom Bischof der katholischen Diözese, wo das Ursprungshaus der Bruderschaft stand, eine offizielle Genehmigung zu erhalten. Denn für den Erzbischof machte das Erhalten oder Nichterhalten dieser Genehmigung den großen Unterschied aus zwischen der Gründung einer Kongregation der katholischen Kirche oder einer privaten Gesellschaft auf eigene Faust. Während er größtes Interesse daran hatte, eine katholische Kongregation zu gründen, so interessierte ihn eine Privatinstitution nur wenig.

Als der Erzbischof dann Bischof Charrière von der Diözese Genf, Lausanne und Freiburg (in der Schweiz) besuchte, um diese Genehmigung zu erhalten, war er anfangs nicht gerade hoffnungsvoll. Denn die konziliare Revolution war bereits in vollem Gange und ja seinen Satzungen genau entgegengesetzt. Doch fügte es sich, daß Bischof Charrière seine Zustimmung gab; vielleicht, weil er wußte, daß er bald in Rente gehen würde. Wie dem auch sei, Erzbischof Lefebvre kehrte jubelnd nach Ecône zurück, und ein Bericht besagt, daß er dabei die Satzungen triumphierend in der Luft geschwenkt habe.

Für den Erzbischof bedeutete dies, daß er von nun an, und soweit es ihn betraf, die kirchliche Autorität besaß, um eine Kongregation der Kirche aufzubauen. Auch wenn Rom einige Jahre später versuchen würde, diese Autorität wieder zurückzuziehen, so war dieser römische Versuch seinem Wesen nach und gemäß den Kirchengesetzen so dermaßen ungerecht, daß der Erzbischof niemals zögerte, weiterhin die gesamte Autorität eines klassischen Kongregationsoberen innerhalb der Bruderschaft auszuüben. Diese klassische katholische Autorität hat eine solche Kraft, daß durch das Einspannen dieser Autorität vor die konziliaren Lügen es den Konzilspäpsten gelang, fast die ganze universelle Kirche zu zerstören. Und weil heute diese Autorität innerhalb der Bruderschaft vor ein praktisches Abkommen mit Konzilsrom gespannt wird, zerstört sie jetzt praktisch die Priesterbruderschaft. Auf der anderen Seite maßte Erzbischof Lefebvre sich jedoch niemals eine Autorität über Priester, Nonnen und Laien außerhalb der Bruderschaft an, sondern war diesen Personen lediglich Vater, Berater und Freund.

Doch heute sind die Tage eines Bischof Charrière lange vorbei. Wieviele vernünftige Bischöfe gibt es denn in der Amtskirche noch? Würde jemand von ihnen heute noch traditionelle und antikonziliare Satzungen genehmigen? Es scheint fast so zu sein, daß damals, als der Erzbischof mit seinen katholischen Satzungen in der Hand aus der katholischen Burg hinausmarschierte, hinter ihm das konziliare Fallgatter herunterfuhr. Einer der vier Bruderschaftstheologen sagte nach den Glaubensgesprächen der Jahre 2009 bis 2011 über die römischen Theologen: „Sie sind geistig krank, besitzen aber die Autorität.“ Die Priesterbruderschaft St. Pius X. war gewiß die letzte klassische Kongregation, welche in ihrer Linie gegründet wurde – jedenfalls bis nach der kommenden Züchtigung Gottes. Und dabei hat die Bruderschaft gar nicht lange ausgehalten.

Aus diesem Grund gilt nach meiner Meinung nun das Sprichwort: „Was man nicht kann ändern, muß man lassen schlendern!“ Deshalb fasse ich vorerst nur ins Auge, ein Vater, Berater und Freund zu sein für all jene Seelen, welche um eine bischöfliche Führung und Unterstützung bitten. Selbst diese Aufgabe ist groß genug. Möge Gott uns allen beistehen.

Kyrie eleison.

40jähriges Jubiläum

40jähriges Jubiläum on November 6, 2010

Der vergangene Montag bot die Gelegenheit zu großer Dankbarkeit, allerdings verbunden mit einer gewissen Achtsamkeit. Es war der 40. Jahrestag der Gründung der Priesterbruderschaft St. Pius X.: Damals gab Bischof Charrière von Genf, Lausanne und Freiburg im Namen der Kirche seine offizielle Zustimmung zur Gesellschaftssatzung, welche ihm Erzbischof Lefebvre einige Monate zuvor unterbreitet hatte.

Wer heute inmitten der weichen globalen Apostasie am katholischen Glauben festhalten und auf ihn ausgerichtet leben möchte, kennt den Grund dieser Dankbarkeit gut. Seit dem Zweiten Vatikanum ist die Amtskirche in einem Zustand des Zusammenbruchs – in einem fortdauernden, weil die führenden Kirchenmänner die konziliaren Neuerungen umklammern, durch welche der Mensch an die Stelle Gottes gesetzt wird. Daher wird das katholische Volk weiterhin in die Irre geführt und die pyramidenförmige Struktur der Kirche Gottes zerfällt von oben bis unten.

Es war deswegen ein erstes Wunder, daß ein frommer, „pyramidenförmig“ gesinnter Kirchenmann die Notwendigkeit erkannte, inmitten der einstürzenden Ruinen der Hauptpyramide eine entgegenwirkende kleine Pyramide zu errichten. Ein zweites Wunder bestand darin, daß diesem Kirchenmann trotz des päpstlichen Gewichtes der zusammenfallenden Hauptpyramide die Errichtung der kleinen Pyramide gelang. Ein drittes Wunder ist schließlich, daß die Nachfolger des Erzbischofs nach dessen Tod diese kleine Pyramide 20 Jahre lang aufrechterhalten haben. Nun hat zwar die Priesterbruderschaft gewiß kein Monopol auf die Glaubensverteidigung – Gott bewahre! –, aber sie ist stets das Rückgrat dieser Verteidigung gewesen. Wir schulden dem lieben Gott unermeßlichen Dank für Seine Güte gegenüber allen, die das Geschenk in Form der Priesterbruderschaft begreifen.

Allerdings müssen wir auch Achtsamkeit walten lassen. Ich erinnere mich gut an Hochwürden Barrielle (1897 – 1983), den Spiritual gleich zu Beginn des ersten Priesterseminars der Bruderschaft in Ecône, Schweiz. Er zitierte häufig seinen geliebten Meister, Hochwürden Vallet (1883 – 1947), der auf großartige Weise die geistigen Exerzitien des heiligen Ignatius predigte und daraus seine Fünf-Tage-Variante formte – eine Form, welche durch Hw. Barrielle sehr segensreich auf die Seelen der Priesterbruderschaft in der ganzen Welt wirkte. Hw. Vallet hatte diese Exerzitien und ihre Geschichte tiefgreifend studiert. Dabei hatte er beobachtet, daß wenn ein Orden gegründet wurde, der diese Exerzitien bevorzugt predigte und dies erfolgreich tat, so trat nach einer gewissen Zeitspanne der Teufel auf den Plan und zerstreute, verwirrte oder zerstörte ebendiesen Orden. Um welchen Zeitraum handelt es sich dabei laut Hw. Vallet, wie von Hw. Barielle berichtet? Um vierzig Jahre!

Nun ist das Predigen dieser Exerzitien nicht das einzige Apostolat der Priesterbruderschaft St. Pius X. Kann sie also hoffen, der gebündelten Aufmerksamkeit des Teufels zu entgehen? Im Gegenteil! Wenn diese kleine Pyramide tatsächlich das Rückgrat der Glaubensverteidigung inmitten der Ruinen der zusammenbrechenden Kirche ist, dann steht die Bruderschaft direkt im Visier des Teufels! Davor müssen wir alle uns in Acht nehmen. Wegen der Pyramidenstruktur der Kirche schließen wir im besonderen die Führung der Priesterbruderschaft in unser beständiges Gebet ein.

Kyrie eleison.