Eleison Kommentare

Zurückgekommenes Chaos

Zurückgekommenes Chaos on März 14, 2015

Der von Erzbischof Lefebvre sehr geschätzte italienische Laie Romano Amerio hatte das Buch Iota Unum geschrieben, woraus diese „Kommentare“ bereits einen faszinierenden Absatz zitierten. Auf meisterhafte Weise zerlegt Amerio in seinem Buch all die doktrinären Irrtümer des Zweiten Vatikanischen Konzils. Im Abschnitt Nr. #319 schreibt er: Wenn (1) die gegenwärtige Krise dazu tendiert, die Natur der Kirche zu stürzen, und wenn (2) diese Tendenz im Innern der Kirche stattfindet im Gegensatz zu früheren externen Angriffen, dann (3) steuern wir auf eine formlose Dunkelheit zu, welche künftig eine Analyse und Prognose unmöglich machen wird, und (4) angesichts derer wir nur noch werden schweigen können.

Genau betrachtet sind das starke Worte. Amerio sagt, daß wir am Rande zum Chaos stehen, denn natürlich (1) neigt die gegenwärtige Krise dazu, die Natur der Kirche zu stürzen und (2) findet sie im Innern der Kirche statt, wenn sogar der Papst Aussagen macht wie „Es gibt keinen katholischen Gott“ oder „Homosexuelle müssen neu bewertet werden“ – alles Aussagen, deren bewußte Mehrdeutigkeit die Tür weit öffnet für den Umsturz des gesamten katholischen Dogmas und der Moral. Doch warum sollte (3) die katholische Analyse und Prognose unmöglich werden, und warum (4) kann dann als Mittel bloß noch das Schweigen übrigbleiben? Wieso zieht Amerio eine solche düstere Schlußfolgerung?

Weil unser Herr sagt, „Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, wird nicht im Finsteren gehen, sondern das Licht des Lebens haben“ (Johannes 8,12), und das stark darauf hindeutet, daß die Masse der Weltbevölkerung, welche ihm nicht folgt, bereits in der Dunkelheit steht. Zudem sagt unser Herr zu seinen Nachfolgern: „Ihr seid das Licht der Welt“ (Matthäus 5,14), was wiederum stark darauf hinweist, daß das tägliche Schrumpfen der Zahl von überzeugten Katholiken zu einer Zunahme der Dunkelheit in Kirche und Welt führt. Manche werden sagen, daß das Wort Dunkelheit nur ein Gleichnis sei. Warum also sollte die katholische Analyse und Prognose unmöglich werden?

Weil (3) heutzutage immer mehr Menschen zum Denken unfähig sind. Seit unser Herr durch seine Fleischwerdung die übernatürliche Gnade in die Welt brachte zur Rettung der verwundeten und strauchelnden Natur, kann diese nicht mehr ohne seine Gnade selbstständig aufrecht stehen. Wenn also immer mehr Menschen unserem Herrn Jesus Christus und damit Gott den Rücken kehren, untergraben sie ihre eigene Natur und weisen jenen gesunden Menschenverstand zurück, mit welchem sie von Natur aus begabt werden, um in Übereinstimmung mit der Wirklichkeit inhaltlich, und in Übereinstimmung mit der Logik verfahrensmäßig, zu denken. Die Menschen wollen Freiheit von der Wirklichkeit und von der Logik, um Gott zu trotzen und entsprechend ihrem Größenwahn die Welt neu zu gestalten.

Daraus folgt, wenn Jesus Christus der Menschheit und der menschlichen Natur zuhilfe kam durch Gründung seiner katholischen Kirche, und wenn auf dem Zweiten Vatikanum auch die Nicht-Juden schließlich diese Kirche ablehnten, dann hat das Sich-Selber-Zerreißen des Menschen, seiner Natur und seines Denkens auf dem Zweiten Vatikanum einen solch großen Schritt vorwärts gemacht, daß dieser Prozeß praktisch unumkehrbar ist. Deswegen kann Amerio implizit im Zweiten Vatikanum eine „formlose Dunkelheit“ voraussehen, wovon das kampfeslustige Chaos an stolzen Meinungen, welche heute im Internetz herumtänzeln, als Beispiel und Vorgeschmack dienen mag.

Doch (4) warum nicht in diese Dunkelheit hineinrufen? Warum sollten wir angesichts von ihr nur noch schweigen können? Weil in dem chaotischen Getöse die Wahrheit schlicht nicht mehr gehört wird, außer von ein paar von Gott zum Hören auserkorene Seelen (cf. Apostelgeschichte XIII, 48). Diese Seelen sind Auserwählte Gottes und können aus den überraschendsten Hintergründen kommen. Sie mögen eine wichtige Hilfe der Kirche und eine Hoffnung der Welt darstellen.

Kyrie eleison.

Unvorstellbar Krank

Unvorstellbar Krank on März 7, 2015

Im Jahre 1976 erlebte die Priesterbruderschaft St. Pius X. ihren „heißen Sommer,“ als Papst Paul VI. Erzbischof Lefebvre „suspendierte,“ weil er 14 Priester für die Tradition geweiht hatte. Dieser Zusammenprall zwischen Rom und der katholischen Tradition war so heftig, daß der Erzbischof einen seiner wenigen Momente erlebte, in welchen er ernsthaft erwägte, ob der Stuhl Petri unbesetzt (vakant) sein konnte. Wie wir anhand von Tonaufnahmen seiner Worte hören, quälte ihn dieser Zusammenprall sehr, unter dem Motto: wie um Himmels Willen kann ein Stellvertreter Christi so die Kirche zerstören? Auf die sedisvakantistische Lösung legte der Erzbischof nie endgültig sich fest. Doch möchten wir jetzt betrachten, wie deutlich er das Problem erfaßte, und sodann noch einmal eine Lösungsmöglichkeit vorschlagen – für eine Situation, welche der Erzbischof vielleicht nicht sich vorstellen konnte, weil sein Verstand noch „zu“ gesund war. Zuerst die Zusammenfassung seiner Worte vom August 1976:—

Die Menschen fragen mich, was ich von Papst Paul VI. halte. Ihn umgibt ein unfaßbares Geheimnis. Der wahre Papst stellt die Einheit der Kirche sicher, inspiriert vom Hl. Geist und geschützt vom Versprechen unseres Herrn bezüglich der Aufrechterhaltung des Glaubens. Doch in der schweren Zeit nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil zerstört Paul VI. systematisch die Kirche. Nichts wird verschont: weder der Katechismus, noch die Universitäten, Seminare und Schulen. Alles Katholische wird zerstört. Man sucht eine Lösung.

Einige offensichtlich falsche Lösungen können wir gleich verwerfen, z.B. daß Paul VI. ein Gefangener oder Opfer seiner Untergebenen sei, unter Drogen stehe, usw. Als er die Charismatiker segnete oder den Fuß des orthodoxen Patriarchen küßte, wurde er da mit einem vorgehaltenen Revolver bedroht? Ich habe ihn bei öffentlichen Audienzen beobachtet, wie er gekonnt, geistesgegenwärtig, mit Angemessenheit und der Intelligenz eines Mannes sprach, welcher im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist. Kardinal Benelli sagte zu mir, daß der Papst selber diese Briefe an mich schrieb, wo er die Tradition zerschmettert, daß er voll informiert ist und genau weiß, was er tut, daß dies sein Wille ist und seine Entscheidungen sind. Der Kardinal sagte, daß er täglich dem Papst Meldung machte und auch direkt nach unserer Unterhaltung wieder Meldung machen würde.

Kann Paul VI. somit kein echter Papst sein? Das ist eine mögliche Hypothese. Theologen haben diese Frage studiert. Ich weiß es nicht, und man lege mir keine Worte in den Mund. Jedoch scheint die Frage theologisch unlösbar zu sein.

So sprach der Erzbischof über Paul VI., jedoch gilt grundsätzlich das gleiche Problem für alle sechs Konzilspäpste (vielleicht mit Ausnahme von Johannes Paul I.). Teilen wir das Problem in zwei Abschnitte auf: a) Wie kann der wahre Gott so eine Zerstörung seiner Kirche zulassen? b) Wie können seine wahren Stellvertreter oder Vikare die Hauptzerstörer sein?

Zu a) Erstens wird die Zerstörung am Ende der Welt noch größer sein (Lukas 18,8). Zweitens könnte Gott seine Kirche durchaus reinigen, um den Triumph des Unbefleckten Herzens seiner Mutter vorzubereiten. Drittens bewahrte Gott Paul VI. davor, die Kirche vollständig zu zerstören; beispielsweise als Paul VI. „zufällig“ den Plan zur Auflösung des Papstamtes im Konzilstext Lumen Gentium entdeckte und dann durch Hinzufügen des Textes Nota Praevia diesen Plan blockierte.

Zu b) Die folgende Lösung hatte Erzbischof Lefebvre nie in Betracht gezogen, was erklären könnte, warum im August 1976 selbst er beinahe von den Hörnern des Dilemmas Sediskvakantismus-oder-Liberalismus aufgespießt zu werden schien. Wenn der Liberalismus Jahr für Jahr erfolgreicher damit ist, den Verstand jedes Erdenmenschen stärker zu verwirren, warum sollten dann Päpste von dieser universellen Krankheit, „ehrlicherweise“ falschzuliegen, ausgespart bleiben? Weil die Päpste gebildete Männer sind? Dabei herrscht doch der Liberalismus gerade in den Schulen und Universitäten. Wenn also die irrig-gebildeten Päpste „ehrlicherweise“ davon überzeugt sind, daß die „Wahrheit“ sich entwickle, dann würden sie nicht einmal mit ihren schweren Irrtümern jene katholischen Wahrheiten hartnäckig leugnen, wovon sie wißen, daß sie definiert sind, weil selbst die definierte Wahrheit, wenn es sich nach ihrer Überzeugung denn um eine „Wahrheit“ handele, sich entwickeln muß, und zwar in Richtung Konzilspäpste.

Kyrie eleison.

Ermutigendes Zeichen

Ermutigendes Zeichen on Februar 28, 2015

Nachdem drei Ausgaben dieser „Kommentare“ das neue Denken aufzeigten, mit welchem Erzbischof Lefebvres Priesterbruderschaft St. Pius X. zu Tode vergiftet wird, möchten wir heute ein ermutigendes Zeichen vorstellen, daß diese Bruderschaft noch nicht ganz tot ist: Zitate aus der Predigt vom 1. Januar diesen Jahres in Chicago, gehalten von Bischof Tissier de Mallerais, einem der vier Bischöfe, welche 1988 für die Bruderschaft geweiht wurden. Oft fragen Gläubige, warum man von diesem Bischof so wenig hört, denn er ist bekannt dafür, zwar schüchtern, aber ehrlich zu sein, über einen starken Glauben und klaren Verstand, sowie ein großes Wissen von und Liebe für den Erzbischof zu verfügen. Vielleicht hat er die Bruderschaft „nicht weise, sondern zu fest“ geliebt, und somit nicht gesehen oder nicht sehen wollen, daß die gegenwärtigen Bruderschaftsoberen den Kampf des Erzbischofs seit vielen Jahren langsam aber sicher betrügen? Hat er vielleicht die Einheit der Bruderschaft über den Glauben der Kirche gestellt? Wie dem auch sei, letzten Monat sprach er einige Dinge aus, welche nicht besser gesagt werden können.

Er zitierte den Erzbischof aus dessen Schrift Geistlicher Wegweiser (Kapitel III): „ Es ist also eine strenge Pflicht für jeden Priester, der katholisch bleiben will, von dieser konziliaren Kirche sich zu trennen, solange sie nicht zur Tradition des Lehramtes der Kirche und des katholischen Glaubens zurückfindet. “ Zur Betonung sagte der Bischof dann, „Lassen Sie mich dies wiederholen“ und las das Zitat erneut vor.

Als nächstes verwies der Bischof auf die bösen Kräfte, welche die Kirche besetzen. Dann warnte er vor den „ falschen Freunden,“ welche irrigerweise behaupten, daß, wenn die Bruderschaft „ von der sichtbaren Kirche getrennt “ bleibe, sie zu einer Sekte verkomme. Der Bischof betonte hingegen, daß „ wir die sichtbare Kirche sind “ und daß „ wir innerhalb der Kirche stehen.“

Zum Schluß warnte er vor weiteren „ falschen Freunden,“ welche behaupten, daß die Priesterbruderschaft in einer abnormen Situation sich befände, weil sie nicht „ von der Kirche anerkannt “ sei. Er drehte den Spieß um und sagte, daß nicht wir, sondern Rom in einer abnormen Situation sich befindet, und nicht wir, sondern die Römer „ zurückkommen “ müssen. „ Wir brauchen nicht zu schauen, was wir in Rom tun können, sondern vielmehr, welches Zeugnis wir der gesamten Kirche geben können, indem wir ein Licht auf dem Leuchter, anstatt unter dem Scheffel, sind.

Das in diesen Zitaten ausgedrückte Denken Bischof Tissiers entspricht genau dem von Erzbischof Lefebvre. Die modernistischen Kuckucke, welche das Nest der Nachtigall, d.h. die Strukturen der wahren Kirche, besetzen, mögen den Anschein einer Nachtigall erwecken, doch ihr falsches Lied – die Lehre, die Lehre, die Lehre! – verrät sie sofort. In Wirklichkeit sind sie eben bloß Kuckucke und haben kein Recht, das Nest zu besetzen. Das wahre Nest macht ihre Lehre auch nicht wahr. Vielmehr weist ihre falsche Lehre ihre Besetzung des Nestes als Unrecht aus. Gewiß sitzen sie sichtbar im Nest, doch ihr falscher Gesang von der Lehre zeigt, daß sie keine wahren Nachtigallen sind. Überall dort, wo der Rest an wahren Nachtigallen sichtbar versammelt ist, und sei es auch nur in Notbehelfs-Nestern, dort ist dieser Rest in der Kirche und stellt sogar die wahre sichtbare Kirche dar. Des Restes herrlicher Gesang legt für jeden, der Ohren hat, Zeugnis ab, daß die Kuckucke nur Kuckucke sind, welche das katholische Nest gestohlen haben und gegenwärtig besetzt halten.

Leider Gottes sind die heutigen Priesterbruderschafts-Oberen ohne musikalisches Gehör und können daher das Lied des Kuckucks nicht vom Lied der Nachtigall unterscheiden! Sie beurteilen somit den Katholizismus durch den äußeren Schein des Nestes, anstatt durch die Wirklichkeit des Liedes. Was Bischof Tissier in der Predigt sagte, muß ihnen sehr mißfallen haben, und zweifellos werden sie einen Druck, gekonnt berechnet, auf ihn ausgeübt haben, um ihn wieder auf Linie zu bringen – auf ihre Linie. Es steht zu befürchten, daß er aus falschem „Gehorsam“ folgen wird. Beten wir daher für ihn.

Kyrie eleison.

Neubruderschafts-Denken – III.

Neubruderschafts-Denken – III. on Februar 21, 2015

Nachdem diese „Kommentare“ in ihrer Ausgabe 395 erklärten, daß dem Ersten Generalsekretär der Neubruderschaft es an katholischer Doktrin mangelt, und in Ausgabe 396 dieses Fehlen als äußerst umfassendes Problem – praktisch die Gesamtheit der Moderne gegen die Gesamtheit der Wahrheit – beschrieben wird, brauchen wir jetzt nur noch aufzuzeigen, wo dieses umfassende Problem auftaucht in den einzelnen Irrtümern P. Pflugers aus seinem Gespräch vom Spätherbst letzten Jahres in Deutschland. Der Kürze halber werden wir auf die Zusammenfassung seines Denkens von vor zwei Wochen zurückgreifen (die im wesentlichen originalgetreu ist). Einige zusammengefaßte Thesen P. Pflugers in Kursivschrift:—

Die katholische Kirche ist weit; viel weiter als nur die traditionelle Bewegung.

Sehr richtig, aber die von der traditionskatholischen Bewegung hochgehaltene Doktrin ist nicht mehr und nicht weniger weit als die wahre Kirchendoktrin, weil sie identisch sind, und genau diese Doktrin ist das Herz und die Seele der traditionellen Bewegung.

Wir werden die Tradition nie attraktiv und überzeugend machen können, wenn wir geistig in den 1950er- oder 1970er-Jahren steckenbleiben.

Die Tradition „anziehend oder überzeugend“ machen zu wollen oder können, heißt auf viel zu menschliche Art sie sich vorzustellen. Die katholische Tradition kommt von Gott her und besitzt also eine göttliche Anziehungs- und Überzeugungs-Kraft – solange sie originalgetreu dargelegt wird, d.h. ohne menschliche Veränderung oder Abwandlung.

Tradition kann nicht begrenzt werden auf die Verurteilungen des Liberalismus im 19. und 20. Jahrhundert.

Richtig, aber das Evangelium konnte zu jener Zeit nicht ohne diese doktrinären Verurteilungen verteidigt werden. Und weil unser 21. Jahrhundert noch viel liberalistischer ist, kann die Tradition auch heutzutage nicht ohne diese Verurteilungen aufrechterhalten werden.

Unsere Zeit ist eine andere, und wir können nicht einfach stehenbleiben; und vieles Moderne ist nicht unsittlich.

Unsere Zeit ist im Kern nicht so verschieden. Sie ist liberalistischer als jemals zuvor (vergleiche homosexuelle „Ehen“), und wenngleich auch nicht alles unmoralisch sein mag, so bedarf es doch unbedingt der katholischen Doktrin, um das Sittliche vom Unsittlichen zu trennen.

Deshalb müssen wir uns auch immer neu positionieren, und das ist ein praktisches Problem, aber keine Frage des Glaubens.

Jedes von der Kirche jemals vorgenommene Neupositionieren muß immer unter dem Licht des Glaubens beurteilt werden. Nun aber läßt die seit dem Jahre 2012 erfolgte Neupositionierung der Neubruderschaft den Glaubenskampf des Erzbischofs deutlich hinter sich.

Die „Widerstands“-Bewegung hat ihren eigenen „Glauben“ fabriziert, um damit die Neubruderschaft zu verurteilen.

So groß die menschlichen Fehler der „Widerständler“ auch sein mögen, so entstand sie, wie schon die traditionelle Bewegung der 1970er-Jahre, weltweit und spontan als Reaktion auf den Verrat der Neubruderschaft. Die Reaktion mag uns unzusammenhängend vorkommen, doch ihr Zusammenhang ist der von den Widerständlern hochgehaltene identische Glaube.

Das Generalkapitel hat im Jahre 2012 die Tradition nicht verraten, weil es von beiden Seiten angegriffen wurde.

Demnach läge die Wahrheit also stets in der Mitte, und würde an den menschlichen Reaktionen gemessen? Das ist das Denken der menschlichen Politik – ungeeignet, die göttliche Wahrheit zu beurteilen, und umso weniger geeignet, die heutige Kirchenkrise zu lösen.

Die offiziellen Texte der Neubruderschaft aus dem Jahre 2012 waren nicht dogmatisch.

Von allen Dokumenten des Jahres 2012 war das „offiziellste“ jener vom Generalkapitel herausgegebene Text mit den sechs Bedingungen für ein künftiges „Übereinkommen“ mit Rom: sechs deutlich unzureichende Bedingungen, um die Verteidigung des Glaubens seinen konziliaren Todfeinden zu unterstellen. Ist also der Glaube als Ganzes etwa nicht dogmatisch?

Rom war im Jahre 2012 der Bruderschaft gegenüber viel weniger aggressiv als im Jahre 2006.

Weil Rom seit 2006 und schon zuvor beobachten konnte, wie die Priesterbruderschaft beständig in einen Papiertiger sich verwandelte.

Kurz gesagt folgt die Bruderschaft dem Geist und schöpft aus der Tradition Kraft.

Die neo-protestantischen Charismatiker „folgen dem Geist,“ und die Indult-Anhänger „ziehen Kraft aus der Tradition.“

Inzwischen dürfte klar sein, daß P. Pfluger die doktrinäre und anti-liberalistische Priesterbruderschaft Erzbischof Lefebvres hinter sich lassen und in eine Neubruderschaft umgestalten will, welche in Einklang mit der Neukirche des Zweiten Vatikanum stehen soll. Und man behaupte bitte nicht, daß die Neubruderschaft noch keinen entscheidenden Schritt in Richtung Neurom unternommen habe. Denn wenn nicht bald kräftiger Widerstand von innerhalb der Neubruderschaft erfolgt, werden ihre Oberen sie langsam aber sicher in die Arme des konziliaren Roms führen. Sind es wirklich Katholiken, welche das wollen?

Kyrie eleison.

Neubruderschafts-Denken – II.

Neubruderschafts-Denken – II. on Februar 14, 2015

Die rund 650 Worte eines einzelnen „Eleison Kommentars“ (EC) genügen gewiß nicht, um die gewaltige Problematik zu behandeln, welche sichtbar wurde in dem Gespräch eines Neubruderschafts-Magazins mit dem ersten Generalassistent der Neubruderschaft, Pater Niklaus Pfluger (vergleiche letzte EC-Ausgabe). Des Paters Denken entspringt der vergifteten modernen Mentalität, und auf wenig überraschende Weise wird daher die Priesterbruderschaft St. Pius X. Erzbischof Lefebvres von Kopf bis Fuß allmählich vergiftet und in die Neubruderschaft Bischof Fellays umgewandelt. Das Gift liegt im Wegbewegen von Gott zum Menschen hin; von der Religion Gottes zur Religion des Menschen; von den Wahrheiten Gottes zu den Freiheiten des Menschen; von der Lehre Christi („Geht hinaus und lehrt alle Völker,“ Matthäus 28,19) zur Vereinigung der Menschheit.

Wie bereits Abermillionen von modernen Menschen, Abertausende von Kirchenmännern in hohen Ämtern, und viel zu viele Priester und Laien in der einstigen Priesterbruderschaft, versteht auch Pater Pfluger nicht die entscheidende Bedeutung der katholischen Lehre für die Kirche. Statt „lehrt“ hätte unser Herr auch „ indoktriniert alle Völker“ sagen können. Weil alle Menschen von Gott erschaffen werden, um in den Himmel zu kommen (1. Timotheus 2,4). Dies können sie nur durch Jesus Christus erreichen (Apostelgeschichte 4,12), indem sie zuerst an ihn glauben (Johannes 1,12), was sie wiederum nur erreichen können, wenn sie vom wahren Glauben hören (Römerbrief 10,17), anders gesagt, wenn sie die katholische Doktrin hören. Wen die katholische Doktrin nicht interessiert, der hat auch kein Interesse, in den Himmel zu gelangen. Viel Glück dieser Person, wo immer sie auch ihre Ewigkeit verbringen wird.

Von Anfang bis Ende verrät das Gespräch mit Pater Pfluger sein relatives Desinteresse an der katholischen Doktrin. Wie die „Eleison Kommentare“ letzte Woche darlegten, wird dieses Desinteresse am deutlichsten durch des Paters implizite Herabsetzung der großen anti-liberalen, anti-freimaurerischen und anti-modernistischen Kirchendokumente und hierbei vor allem der päpstlichen Lehrschreiben des 19. und 20. Jahrhunderts – sagen wir von Mirari Vos im Jahre 1831 bis hin zu Humani Generis im Jahre 1950. In Pater Pflugers Denken erscheinen diese „Anti“-Dokumente wahrscheinlich bloß negativ, wohingegen die katholische Doktrin grundsätzlich positiv zu sein habe. Genausogut könnte aber jemand die Medizin für bloß negativ und die Gesundheit grundsätzlich für positiv halten. Allerdings kann für den Erhalt der Gesundheit die Medizin unerläßlich sein. Warum also sind die erwähnten Lehrschreiben nun eine notwendige Medizin für die Gesundheit der heutigen Kirche?

Weil der Mensch nicht erschaffen worden ist, um allein zu leben (so Rousseaus „edler Wilder“), sondern von Natur aus ein soziales Wesen ist (so Aristoteles). Dazu brauchen wir nur eine der unzähligen Arten und Weisen zu betrachten, wie Menschen zusammenkommen. Indem die Französische Revolution von 1789 Aristoteles ablehnte und Rousseau folgte, verwarf sie die natürliche Grundlage der Gesellschaft und setzte sie stattdessen auf rein menschengemachte Grundlagen, welche feindselig sind gegen die von Gott entworfene menschliche Natur und somit auch gegen Gott. Als die revolutionären Ideen über Frankreich, Europa und die Welt sich ausbreiteten, war die katholische Kirche mit einer immer feindlicher gesinnten Umgebung konfrontiert, weil der grundlegende Einfluß, welchen jede Gesellschaft auf ihre einzelnen Glieder ausübt, immer mehr gegen Gott und gegen die Rettung der Seelen arbeitete.

Über einen langen Zeitraum hinweg wurden die katholischen Päpste nicht getäuscht, und sie belebten die Medizin in der Form echter kirchlicher Soziallehre wieder, welche sie über ihre Lehrschreiben auf die Erkrankung der revolutionären Menschheit anwandten. Diese Lehrschreiben lehrten einfach die uralte Kirchendoktrin über die Natur der menschlichen Gesellschaft zwischen dem Menschen und Gott. Solange diese Soziallehre noch selbstverständlich war, hatte sie nicht gebraucht, wiederholt zu werden. Aus diesem Grund sind diese Lehrschreiben kein unglücklicher Unfall vergangener unglücklicher Zeiten. Sondern sie sind ein zentraler Bestandteil in der heutigen Glaubensverteidigung, wie Erzbischof Lefebvre so gut von Pater Le Floch gelernt hat. Dann jedoch kam der „gute“ Papst Johannes XXIIII und erklärte, daß der moderne Mensch nicht mehr krank sei. Und heute kommt Pater Pfluger. Mehr dazu nächste Woche.

Kyrie eleison.

Neubruderschafts-Denken

Neubruderschafts-Denken on Februar 7, 2015

Das deutsche Neubruderschafts-Magazin Der Gerade Weg führte im Spätherbst letzten Jahres ein Gespräch mit Pater Niklaus Pfluger, dem Stellvertretenden des Neubruderschafts-Generaloberen. Darin beantwortet der Pater sieben Fragen angefangen bei der Kirche, der Tradition bis hin zum „Widerstand“ und der Neubruderschaft. Seine Antworten sind angesichts seiner hohen Stellung durchaus von Bedeutung. Es folgt eine Zusammenfassung seiner Hauptgedanken und danach eine Darlegung ihrer Hauptschwäche.

Die katholische Kirche ist weit; viel weiter als nur die traditionelle Bewegung. Diese Bewegung entstand in den 1970er-Jahren als eine verständliche Reaktion darauf, daß die Katholiken durch die konziliare Revolution heimatlos geworden waren. Doch werden wir die Tradition nie attraktiv und überzeugend machen können, wenn wir geistig in den 1950er- oder 1970er-Jahren steckenbleiben. Die katholische Tradition ist ein riesiger Schatz, der nicht zu begrenzen ist durch die routinemäßigen Verurteilungen des Modernismus, des Liberalismus und der Freimaurerei im 19. und 20. Jahrhundert. In den 1970er- und 1980er-Jahren war die Priesterbruderschaft durchaus ein Rettungsboot für ertrinkende Seelen, aber im Jahr 2014 „ist unsere Zeit eine andere . . . und wir können nicht einfach stehenbleiben.“ Einerseits gibt es die Tradition der Kirche, aber andererseits auch viele anderen Traditionen; und vieles, was modern ist, ist nicht unsittlich.

Deshalb „müssen wir uns auch immer neu positionieren“ zwischen einerseits dem Abstreiten, daß es überhaupt eine Krise des Modernismus in der Kirche gibt, und andererseits der Verweigerung gegenüber der Realität der Kirche, wie es der „Widerstand“ tut. Diese Leute machen aus praktischen Fragen des Neupositionierens eine Frage des Glaubens, aber diesen „Glauben“ haben sie selber fabriziert: subjektiv, persönlich und mit einer extremen Verweigerungshaltung der Realität gegenüber – wie könnte Rom nicht katholisch sein? Wie kann Bischof Fellay der Hauptfeind sein? Lächerlich! Der „Widerstand“ ist sektiererisch, engstirnig, übel gesonnen und spalterisch.

Zu der Frage, ob das Generalkapitel im Jahre 2012 die Tradition verriet, können wir sagen, daß es von beiden Seiten angegriffen wurde und also vernünftig und mäßig gehandelt haben muß. Die Texte des Generalkapitels waren nicht dogmatisch, sondern lediglich Antworten auf ganz bestimmte Situationen und Umstände. Es gab eine Abweichung von der Erklärung des Generalkapitels im Jahre 2006, aber wer hätte sich damals vorstellen können, daß im Jahre 2012 Rom gegenüber der Bruderschaft viel weniger aggressiv sein würde? Im Jahre 2014 konnten unsere drei Bischöfe öffentliche Messen in der Basilika von Lourdes feiern.

Kurz gesagt, folgt die Bruderschaft dem Geist, und schöpft aus der Tradition Kraft. Sie rettete die Liturige (dank Erzbischof Lefebvre). Sie ist weder monopolistisch, noch so uneinig oder bezwungen, wie es manchmal scheinen kann. Es toben schon weiter Stürme in der Kirche, aber ich sage: weg mit den Verschwörungstheorien, mit der Apokalyptik, und her mit dem Glauben, der Hoffnung und einer neuen Jugend! (Originaltext hier.)

Wo liegt nun die Hauptschwäche von Pater Pflugers Denken? Am besten sehen wir sie im ersten Absatz, wo er sagt, daß die katholische Tradition außerhalb der „ Verurteilungen des Modernismus, des Liberalismus und der Freimaurerei im 19. und 20. Jahrhundert “ gedeihen kann. Wie alle Liberalisten, hält Pater Pfluger diese kirchlichen Verurteilungen für keinen wesentlichen Teil des katholischen Glaubens, sondern lediglich für „bedeutende Verankerungen“ (so Kardinal Ratzinger), welche das Kirchenschiff in Folgezeiten jedoch hinter sich lassen kann, weil sie nicht mehr den veränderten Umständen entsprechen. Sollte also P. Pfluger keinen anderen Glauben haben als Erzbischof Lefebvre, Pius IX., Pius X., Pius XI. usw., so hat er gewiß eine andere Vorstellung von diesem Glauben, welche allen seinen Bemerkungen im zitierten Gespräch zugrundeliegt.

Das wahre Problem geht also weit über ein „praktisches Neupositionieren“ hinaus. Das heutige Rom ist eben nicht katholisch. Bischof Fellay stellt sehr wohl ein großes Problem dar. Das 2006er Generalkapitel war implizit dogmatisch. Die Tradition soll nicht anziehend für die Menschen gemacht werden, sondern treu dem lieben Gott entgegengehen (welcher im Gespräch nur einmal im Vorbeigehen erwähnt wurde). Der „Widerstand“ ist weit davon entfernt, seinen „eigenen Glauben“ zu fabrizieren. Und so weiter.

Kyrie eleison.