Eleison Kommentare

Kultur Zählt

Kultur Zählt on April 25, 2015

Vom Freitagabend, dem 1. Mai 2015, bis Sonntagmittag, den 3. Mai 2015, wird hier im südenglischen Broadstairs wieder ein Seminar mit Dr. David White im Haus Königin der Märtyrer stattfinden. Letztes Jahr über Charles Dickens, diesmal über Thomas S. Eliot (1888–1965), einen weiteren großen englischen Schriftsteller mit einer direkten Verbindung zu diesem Winkel Englands. Dieser weltbekannte angloamerikanische Dichter saß in einer Freiluft-Gartenlaube mit Blick auf die Margate-Küste, rund acht Kilometer nördlich von Broadstairs, als er im Oktober bis November 1921 rund 50 Zeilen dichtete im dritten der fünf Teile seines Versepos Das wüste Land (englisch: The Wasteland, 1922), des wohl einflußreichsten Gedichtes im englischsprachigen Raum des 20. Jahrhunderts.

Dieser Versepos ist ein hervorragendes Bildnis von der Leere in den Herzen und Köpfen der Menschen infolge des Ersten Weltkriegs (1914 – 1918). In seinem Stück Das wüste Land schmiedete Eliot eine neue, fragmentarische Schreibweise der Dichtkunst, welche den gebrochenen Seelenzustand des modernen Menschen einfing. Sein breites und tiefes Verständnis für die künstlerischen Meisterwerke der Vergangenheit, allen voran Dante und Shakespeare, versetzte Eliot in die Lage, der geistlichen Armut von heute einen entsprechenden Ausdruck zu verleihen. Beispielsweise erzählt in den sechs eindeutig mit Margate verbundenen Gedichtzeilen eines von drei Mädchen aus der Arbeiterschicht, wie sie ihre Mädchenehre für nichts verschenkt habe. Um die Leere im Leben aller drei Mädchen zu unterstreichen, rahmt Eliot ihre Worte ein mit Fragmenten aus dem Nibelungenlied der drei Rheinmädchen, welche die kosmische Vision von Wagners epischem Der Nibelungenring eröffnen und beschließen.

Also Leere und Nichtigkeit. Warum, um Himmels Willen, sollten katholische Christen sich mit solchen deprimierenden Autoren beschäftigen? Die Erlösung kommt von unserem Herrn Jesus Christus allein, nicht von der Kultur, und ganz besonders nicht von nihilistischer Kultur. Die folgende spezielle Antwort geht auf Eliot ein, und die allgemeine Antwort auf alle Formen der „Kultur“ – also jene Geschichten, Bilder und Musik, welche unumgänglich die Herzen und Köpfe der Menschen jeden Alters bilden und schmücken.

Eliot selber verwarf alsbald sein Werk Das wüste Land als ein „rhythmisches Murren“ und trat ein paar Jahre später der anglikanischen „Kirche von England“ bei. Obwohl er der modernen Nichtigkeit auf hervorragende Weise Ausdruck verliehen hatte, schwelgte er nicht in ihr. Er fuhr fort, eine Reihe von Theaterstücken zu schreiben, insbesondere auch das lange Gedicht, Vier Quartette (englisch: Four Quartets ) Diese Werke sind keineswegs nihilistisch, und über sie wird Dr. White, welcher Eliot sehr schätzt, in Kürze in Broadstairs auch sprechen. Weil Eliot ehrlich mit dem Problem sich auseinandergesetzt hatte, kam er zu keiner zu billigen Lösung – so wie unzählige Katholiken es taten, welche dem Zweiten Vatikanischen Konzil anheimfielen.

Generell ist das Verhältnis der Kultur zur Religion vergleichbar mit dem der Vororte einer Stadt zur Innenstadt. So wie ein General mit der Aufgabe, eine Stadt zu verteidigen, kaum die Vororte dem Feind überlassen wird, so kann auch der um seine Religion bemühte katholische Christ nicht gleichgültig gegenüber den Geschichten, Bildern und Musik sein, welche die ihn umgebenden Seelen bilden. Natürlich steht die Religion (bzw. Irreligiosität) im Mittelpunkt und die „Kultur“ am Rande des menschlichen Lebens, denn im Grunde genommen wird die Kultur der Menschen lediglich von ihren Verhältnissen mit ihrem Gott abgeleitet. Nichtsdestotrotz wirken Kultur und Religion zusammen. Wenn beispielsweise nicht so viele Katholiken unter dem Zauber des Hollywood-Films „Meine Lieder – meine Träume“ (englisch: „The Sound of Music“) gestanden hätten, wären dann ebenfalls so viele dem Zweiten Vatikanischen Konzil auf den Leim gegangen? Oder wenn die gegenwärtigen Oberen der Priesterbruderschaft St. Pius X. die katholische Kultur der modernen Antikultur zu gegenüberstellen gewußt hätten, wären sie dann heute so bedacht gewesen, wieder unter die Fittiche der Täter des Zweiten Vatikanischen Konzils zu schlüpfen? Wir sehen: auf die Kultur kann es ankommen, wie auf Himmel und Hölle.

Kyrie eleison.

Vakanzgespür – I.

Vakanzgespür – I. on April 18, 2015

Die dominikanischen Patres im französischen Avrillé erwiesen uns allen einen großen Gefallen durch ihre Neuveröffentlichung der Überlegungen zur möglichen Vakanz des Stuhles Petri, geschrieben vor ungefähr 400 Jahren vom berühmten thomistischen Theologen Johannes von St. Thomas aus Spanien (1589–1644). Als treuer Nachfolger des hl. Thomas von Aquin konnte er aus der höheren Weisheit des Mittelalters Nutzen ziehen, wo die Theologen noch den Menschen mit dem Maßstab Gottes beurteilten anstatt den lieben Gott mit dem Maßstab des Menschen. Diese letztgenannte Grundrichtung begann aus einer Not heraus (als die Seelen nicht mehr das mittelalterliche Penizillin zu sich nehmen konnten, mußten sie auf ein geringeres Medikament zurückfallen), und gipfelte im Zweiten Vatikanischen Konzil. Im folgenden skizzieren wir die Hauptgedanken des Johannes von St. Thomas über die Verwerfung eines Papstes:—

I. Kann ein Papst abgesetzt werden?

Antwort: Ja, weil die katholischen Christen verpflichtet sind, von den Häretikern sich zu trennen, nachdem die Häretiker verwarnt worden sind (vgl. Titus 3,10). Zudem versetzt ein häretischer Papst die Gesamtkirche in einen Zustand berechtigter Notwehr. Doch muß der Papst zuerst so öffentlich wie möglich verwarnt werden, für den Fall, daß er dann einen Rückzieher machen möchte. Außerdem muß seine Häresie öffentlicher Natur sein und ebenfalls so öffentlich wie möglich verkündet worden sein, um eine massenhafte Verwirrung unter den Katholiken zu vermeiden, weil diese normalerweise zu folgen verpflichtet sind.

II. Wer muß den Papst öffentlich zum Häretiker erklären?

Antwort: Nicht die Kardinäle. Während sie einen Papst wählen können, dürften sie keinen absetzen, weil die Universalkirche von einem häretischen Papst bedroht ist, und somit einzige die universellste Autorität der Kirche ihn absetzen kann, also ein Kirchenkonzil, bestehend aus einer beschlußfähigen Mindestanzahl aller Bischöfe und Kardinäle der Kirche. Diese würden nicht autoritativ einberufen werden (weil alleine der Papst dies machen kann), sondern unter sich.

III. Kraft welcher Autorität könnte ein Kirchenkonzil den Papst absetzen?

(Hierin liegt das Hauptproblem, weil Jesus Christus dem Papst die höchste Verfügungsgewalt über die ganze Kirche verleiht – ausnahmslos, wie das Erste Vatikanische Konzil im Jahre 1870 definierte. Schon Johannes von St. Thomas führte Argumente der Autorität, der Vernunft und des Kirchenrechts an, um diese höchste Verfügungsgewalt zu belegen. Wie kann nun ein Konzil, welches unterhalb dem Papst steht, ihn absetzen? Johannes von St. Thomas nimmt die Lösung eines anderen berühmten Dominikaner-Theologen, des Thomas Cajetan (1469–1534), an. Die kirchliche Absetzung des Papstes würde nicht den Papst als Papst betreffen, sondern das Band zwischen dem Mann und seinem Papstamt. Auf den ersten Blick mag dies wie Haarspalterei scheinen, doch ist es logisch.)

Einerseits besitzt nicht einmal ein Kirchenkonzil Autorität über den Papst. Andererseits ist die Kirche verpflichtet, Häretiker fernzuhalten und die Schäfchen zu schützen. Somit gilt: so wie auf einem Konklave die Kardinäle die Diener Christi sind, um den gewählten Mann an das Papstamt zu binden, während Christus allein diesem Mann die päpstliche Autorität verleihen kann, so würde das Kirchenkonzil die Diener Christi darstellen, um durch ihre feierliche Erklärung diesen Mann von seinem Papstamt zu entbinden, während allein Christus durch seine göttliche Autorität über den Papst ihn autoritativ absetzen würde. Anders gesagt würde das Kirchenkonzil den Papst nicht von oben, oder autoritativ, absetzen, sondern nur von unten, oder dienstweise. Johannes von St. Thomas bestätigt diesen Schluß durch das kanonische Gesetz der Kirche, welches an mehreren Stellen besagt, daß nur Gott allein den Papst absetzen, aber die Kirche ihren Richtspruch über seine Häresie weitergeben kann.

Wie die Dominikaner von Avrillé zurecht darauf hinweisen, sind heute leider sogut wie alle Kardinäle und Bischöfe so umfassend vom Modernismus infiziert, daß keine menschliche Hoffnung auf die klare Sicht eines Kirchenkonzils bestehen kann, welches den Modernismus der Konzilspäpste verurteilen würde. Wir können also nur beten und auf den göttlichen Eingriff warten, welche in Gottes guter Zeit kommen wird. Nächstens wollen wir untersuchen, ob ein Papst durch seine bloße Häresie nicht bereits automatisch abgesetzt ist.

Kyrie eleison.

Untergrabener Glaube

Untergrabener Glaube on April 11, 2015

Das kürzliche Vorwort eines Priorats-Rundbriefes eines ehrenwerten Kollegen der Priesterbruderschaft St. Pius X. zeigt einen Hauptgrund, warum die Bruderschaftspriester noch nicht dem „Widerstand“ sich anschließen: weil sie noch nicht annehmen, daß der Glaube auf dem Spiel steht. Wir fragen uns, was noch kommen muß, damit sie es einsehen. Die Oberen der Neubruderschaft sind sicherlich davon überzeugt, selber nicht den Glauben zu verändern, und desto einfacher finden sie es, den Bruderschaftspriestern und -laien einzureden, daß sie nicht dabei sind, den Glauben zu verändern. Doch wenn sie den wahren Glauben hätten, wie könnten sie dann überhaupt daran denken, ihre Lefebvrische Glaubensverteidigung unter die Kontrolle der Neo-Modernisten in Rom zu stellen?

Das Vorwort trägt den Titel „Fehlbaren Oberen gehorchen.“ Es anerkennt, daß Gehorsamsverweigerung gegen fehlbare Obere erlaubt ist, wenn der Glaube auf dem Spiel steht. Doch die Betonung des Vorwortes liegt auf den Grenzen, die einer solchen Verweigerung zu setzen sind: Anarchie und Mißachtung der Oberen sind nie erlaubt; Gehorsam gegen rechtmäßige Obere ist jeder Gesellschaft zueigen; Obere besitzen spezielle Standesgnaden; Vorsicht muß walten beim Warnen von Schäfchen, welche die notwendige Unterscheidungen nicht treffen können; ein gefährlicher Geist von Unabhängigkeit herrscht heutzutage überall vor (Benedikt XV.); Beschimpfungen uam. sind zu vermeiden. Diese Prinzipien sind einwandfrei, doch ist ihre Anwendung das Problem.

Beispielsweise scheut des Kollegen Vorwort Beschimpfungen, erkennt allerdings an, daß Pius IX. die „liberalen Katholiken“ als die „schlimmsten Feinde“ der Kirche bezeichnete. Tatsächlich ist in jeder Kirchenkrise das Erkennen und Benamen der Kirchenfeinde, z.B. die „Protestanten“ in der „Reformation,“ der erste wichtige Schritt, um sie bekämpfen zu können. Sicherlich gewahrte dies der Verfasser des Vorworts, wenn der Glaube auf dem Spiel stünde, doch wird er bestreiten, daß in der Priesterbruderschaft eine Glaubenskrise existiert. Herr Pater, denken Sie, daß die unter die Verurteilung von Pius IX. fallenden liberalen Katholiken des 19. Jahrhunderts einen einzigen Glaubensartikel direkt geleugnet hätten? Im Gegenteil würden sie ihren Glauben an jeden solchen Artikel energisch bekräftigt haben. Doch würden sie nicht ebenso energisch den Syllabus von Pius IX. verurteilt haben? Das Problem des modernen Verstandes, katholisch zu sein, liegt nicht im Annehmen oder Verwerfen irgendeiner Glaubenswahrheit im besonderen, sondern in der instinktiven Untergrabung aller Wahrheiten überhaupt. Wenn kein Wunder geschieht, so ist diese schreckliche Auflösung des Verstandes ein praktisch unlösbares Problem für den Glauben und vom Glauben.

Jedoch hat diese Auflösung die Bruderschaftsführung angesteckt. Herr Pater, anerkennen Sie, daß die „Hermeneutik der Kontinuität“ von Benedikt XVI. gleichbedeutend ist mit dem Aufheben des Gesetzes der Widerspruchslosigkeit? Haben Sie den Absatz III.5 in Bischof Fellays Doktrineller Deklaration vom April 2012 studiert, ein Dokument, welches er umständlich „zurückzog,“ ohne es allerdings jemals inhaltlich zurückzunehmen? Dieses Dokument sagt, daß die nicht-traditionellen Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils eben traditionell ausgelegt werden müssen. Ist das nicht das perfekte Beispiel für die „Hermeneutik der Kontinuität“ und für die Eroberung der Wirklichkeit durch die Interpretation? Streiten Sie wirklich noch ab, daß in der Bruderschaft eine Glaubenskrise existiert, wenn der Generalobere den Römern sich anschließt beim Aufheben des Gesetzes der Widerspruchslosigkeit, wenn er in Widersprüchen schwimmt wie ein Fisch im Wasser, und in „terminologischen Ungenauigkeiten,“ wie ein Staatsmann sie einmal wohlwollend nannte?

Nebenbei behaupten Sie in Ihrem Vorwort, wer „in Frage stellt, daß es im im 21. Jahrhundert noch eine Hierarchie geben kann, der schließt von allem katholischen Leben sich aus.“ Man könnte zustimmen bei jemandem, welcher die Hierarchie grundsätzlich ablehnt. Doch wenn er bloß zu seinen Praxisbeobachtungen Bezug nimmt, würde er dann nicht ein Jahrhundert später lediglich jene Entwicklung beobachten, welche laut Ihrem Zitat schon Benedikt XV. Im Jahr 1914 beobachtete: „der gefährliche Geist von Unabhängigkeit überall“?

Kyrie eleison.

Vorstellbare Krankheit

Vorstellbare Krankheit on April 4, 2015

Der Frevel von echten Päpsten, fortlaufend alles Katholische zu zerstören, ist so geheimnisvoll, daß diese „Kommentare“ vor vier Wochen beschrieben, wie selbst Erzbischof Lefebvre die Vakanz des Stuhles Petri ernsthaft in Erwägung zog. Im Gegensatz zu den Liberalisten konnte er nie behaupten, daß diese Zerstörung keine echte Zerstörung sei. Gleichzeitig war sein Gespür für die Kirche jedoch zu ausgeprägt, um die sedisvakantistische Lösung zu wählen. Also kam das Problem ihm „theologisch unlösbar“ vor, wenigstens im August 1976. Die „Kommentare“ schlugen noch eine andere Lösung vor, welche jedoch geistig so gesunde Männer wie der Erzbischof sich kaum vorstellen können. Versuchen wir hiermit, sie uns vorzustellen.

Um diese Lösung lächerlich zu machen, nannte ein hartgesottener Sedisvakantist sie einmal „Mentalvakantismus.“ Greifen wir diesen Begriff ruhig auf, welcher meint, daß nicht der Stuhl Petri unbesetzt sei, sondern der Verstand der Päpste. Sagen wir so, ihr Verstand hat seinen Sinn für die Wirklichkeit verloren und ist bar jeder Wirklichkeit. Besonders seit der protestantischen „Reformation“ haben die Menschen sich immer mehr von Gott befreit; und um dies erreichen zu können, müssen sie ihren Verstand von der sie umgebenden Wirklichkeit befreien, weil die gesamte Wirklichkeit von Gott stammt und somit auf ihn zeigt. Das ist die liberalistische Illusion, die letztendliche Befreiung, auch „geistiger Zerfall,“ „mentale Krankheit“ oder „Mentalvakantismus“ nennbar. Denn schließlich schuf Gott den menschlichen Verstand solchermaßen, daß dieser nicht Phantasie oder Illusion, sondern die Wirklichkeit bearbeiten soll.

Grob gesagt zwischen 1517 und 1958 widerstanden die Päpste diesem geistigen Zerfall, in welchen die ihrem Ende langsam entgegengehende Welt immer weiter versank, und schlugen ihn zurück. Doch zu viele katholische Laien, Priester, Bischöfe und schließlich Kardinäle wurden fortschreitend von dieser liberalistischen Illusion angesteckt, bis sie zu der Überzeugung gelangten, daß dieser geistige Zerfall zu einer Schönen Neukirche für die Schöne Neue Welt führen würde. Die Liberalisten besaßen dann im Jahre 1958 auf dem päpstlichen Konklave, selbst wenn Kardinal Siri gewählt worden sein mag, so viele Gewalt, daß sie die Wahl von Johannes XXIII. dem Konklave, und durch die Gültigmachung dann der Gesamtkirche, aufzwingen konnten.

Was ist überhaupt ein Liberalist? Er ist ein Traumtänzer, welcher nicht in der wirklichen Welt, sondern in einem von den Menschen fabrizierten Wunderland lebt. Wenn deshalb immer mehr Menschen die Wirklichkeit ausschalten und in diese Traumwelt eintauchen, so bekommt der Traumtänzer immer weniger die Möglichkeit zu begreifen, daß er träumt, weil die ihn umgebende Welt immer stärker vom Wunderland übernommen wird. Die heutige Zeit ermöglicht dem Menschen – und jeder Papst bleibt ein Mensch – immer mehr, objektiv im Wunderland zu leben, während er subjektiv davon überzeugt ist, in der Wirklichkeit zu stehen. Hier ist genau jene „geistige Krankheit,“ die ein Priesterbruderschafts-Priester bei den vier römischen „Theologen“ bestätigte, welche an den Diskussionen zwischen Rom und der Bruderschaft der Jahre 2009–2011 teilnahmen. (Bitte die Anführungszeichen um das Wort „Theologen“ beachten, denn im Wunderland ist alles eine unwirkliche Nachahmung der Wirklichkeit, und ohne solche Anführungszeichen könnten wir schnell die Imitation für die Wirklichkeit halten.)

Unter diesem Gesichtspunkt liegen die Konzilspäpste, wenigstens zum Teil, „aufrichtig“ falsch. Den innerlichen Wert dieses „aufrichtig“ kennt nur Gott allein. Äußerlich jedoch ist es eine objektive Wirklichkeit, welche täglich um uns herum sich vergrößert. Somit sind die Päpste keine vollständig bewußten Schurken, denn nach ihrem kranken Verständnis meinen sie der wahren Kirche zu dienen durch das Verändern – d.h. die „Ver-Wunderland-ung“ – der alten Kirche bis hin zur Unkenntlichkeit. Freilich pflastern ihre subjektiv guten Absichten objektiv gesehen den Weg der wahren Kirche in die Hölle, aber können wir angesichts dieser guten Absichten nicht sagen, daß das Gebet unseres Herrn verhindert hat, daß ihr Glaube vollständig aufhöre (Lukas 22,32)? Selbst Paul VI. verurteilte noch die Empfängsnisverhütung, gab ein relativ gutes „Glaubensbekenntnis“ heraus, weinte um die fehlenden Berufungen und sprach vom Rauch Satans, welcher nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in die Kirche eingedrungen sei. Können wir daher nicht sagen, daß unser Herr sein Versprechen, den Petrus zu schützen, selbst bei Papst VI. eingehalten hat?

Kyrie eleison.

Neuer Bischof

Neuer Bischof on März 28, 2015

Die Weihe von Hw. Jean-Michel Faure zum Bischof im brasilianischen Kloster Heiligkreuz von letzter Woche war eine erfreuliche Angelegenheit. Das Wetter war trocken und warm, die Sonne schien, und Hw. Thomas Aquinas’ Mönche und die nahen Schwestern hatten sich bei der Umwandlung einer metallenen Beton-Garage in ein Heiligtum übertroffen, welches für diese vornehme Liturgie angemessen war, die sie ebenfalls gut vorbereitet hatten. Trotz der späten Ankündigung folgte eine Reihe von Priestern aus ganz Nord- und Südamerika und Frankreich, sowie rund hundert Seelen aus vielen verschiedenen Ländern, aufmerksam der dreistündigen Zeremonie.

Darüber haben seither alle Katholiken sich gefreut, welche die Notwendigkeit für mindestens einen weiteren Bischof erkennen, damit das Überleben einer „widerstandsfähigen Tradition“ gewährleistet sei. Die Vorstellung Erzbischof Lefebvres von der Verteidigung des katholischen Glaubens konnte nicht länger auf der Schulter eines einzelnen Bischofs ruhen. Die Bischofsweihen des Erzbischofs im Jahre 1988 ohne Erlaubnis von Rom, die sogenannte „Operation Überleben“ als Gegensatz zur „Operation Selbstmord,“ mußte ins 21. Jahrhundert fortgesetzt werden. Wir bitten alle Katholiken um Nachsicht, welche bei dieser Weihe gerne anwesend gewesen wären, wenn sie nur davon gewußt hätten. Doch wir mußten alle nötigen Schritte unternehmen, einschließlich eine gewisse Diskretion walten zu lassen, um das Stattfinden der Weihe sicherzustellen.

Denn diese Weihe hatte mächtige Gegner. Die offizielle Amtskirche in Rom reagierte mit der Erklärung, daß der Weihende sich „automatisch exkommuniziert“ habe. Doch wie schon im Jahre 1988 ist diese Erklärung nichtig, weil nach dem Kirchengesetz jeder, welcher eine strafbare Handlung im Notstand ausführt, von der normalen Kirchenstrafe – z.B. der Exkommunikation bei der Bischofsweihe ohne römische Erlaubnis – ausgenommen ist. Das entspricht dem gesunden Menschenverstand, und Notstand lag in diesem Fall mit Sicherheit vor. Weil der Dritte Weltkrieg immer näherrückt, kann kein Einzelner mehr seines Überlebens sicher sein.

Auch die offizielle Priesterbruderschaft in Menzingen verurteilte die Weihe von Bischof Faure in einer Pressemeldung vom selben Tag. Bemerkenswert an ihr ist lediglich das Eingeständnis, daß der Weihende im Jahre 2012 aus der Priesterbruderschaft St. Pius X. ausgeschlossen wurde wegen seiner „energischen Kritik“ an den Kontakten der Bruderschaft mit Rom in den vorigen Jahren. Wohingegen Menzingen lange Zeit als Grund für den Hinauswurf „Ungehorsam“ angab. Wenigstens gibt Menzingen jetzt zu, daß ihm ständig „Verrat an Erzbischof Lefebvres Werk“ vorgeworfen wurde. Denn darum handelt es sich tatsächlich: um Verrat und Zerstörung.

Und Rom bestätigt den Verrat, indem einen Tag nach der Weihe der Sekretär der päpstlichen Kommission Ecclesia Dei, Monsignore Guido Pozzo, neben seiner Feststellung einer nicht-vorhandenen „Exkommunikation,“ erklärte, daß „mehrere Treffen (zwischen Rom und der Bruderschaft) stattgefunden haben und weitere geplant sind mit mehreren (römischen) Prälaten, um die noch ausstehenden Probleme zu klären in einem gegenseitigen Vertrauensverhältnis“ – Probleme von „doktrineller und bruderschafts-interner Natur.“

Monsignore Pozzo fuhr fort: „Der Papst wartet darauf, daß die Priesterbruderschaft sich entscheidet, in die Kirche einzutreten, und wir sind dazu stets bereit durch das Angebot eines kanonischen Projektes, das bekannt ist (einer Personalprälatur). Es braucht zu diesem Schritt noch ein wenig Zeit, bis in der Bruderschaft die Erkenntnis wächst und Bischof Fellay genügend breite Zustimmung findet.

Was brauchen wir noch mehr, um zu erkennen, was die Stunde geschlagen hat?

Kyrie eleison.

Streiten aus Gefühl

Streiten aus Gefühl on März 21, 2015

Beginnen wir mit einem Vergleich von gestern, denn sein Vorteil ist die Klarheit: Die schwere Last auf dem Rücken eines Maultiers auszugleichen, kann schwierig sein. Kippt sie nach links ab, muß man sie wieder nach rechts drücken. Rutscht sie nach rechts weg, muß man sie wieder nach links schieben. Doch ist dieses doppelte Schieben nicht widersprüchlich, weil sein alleiniger Zweck darin besteht, die Ladung ausgewogen zu halten. Auf ähnliche Weise bedeutet die wiederholte Argumentation dieser „Kommentare“ gegen den Sedisvakantismus nicht, dem Liberalismus das Wort zu reden oder den Sedisvakantismus für so schlecht zu halten wie den Liberalismus. Sondern diese Argumentation soll lediglich unterstreichen, daß die ungeheuerlichen Worte und Taten des jetzigen Besetzers des Heiligen Stuhles viele gute Katholiken dazu verlocken, ihren Verstand auszuschalten und die Wirklichkeit mit ihrem Gefühl zu beurteilen. Dies ist heute eine gängige Praxis, ist aber nicht katholisch.

Zum Beispiel sind die sedisvakantistischen Argumente bei genauer Untersuchung gar nicht mehr so überzeugend, wie sie auf den ersten Blick scheinen mögen. Betrachten wir zwei davon, welche zwei fromme und glaubensstarke Katholiken kürzlich auf meinen Schreibtisch servierten. Das erste Argument: Die Konzilspäpste, insbesondere Franziskus, haben die Brüder nicht im Glauben bestärkt. Dies zu tun sei jedoch das Wesen eines Papstes, weswegen die Konzilspäpste im wesentlichen keine Päpste seien. Als Antwort darauf müssen wir unterscheiden zwischen einem Papst seinem Sein nach, und einem Papst seiner Handlung nach. Im wesentlichen wird ein Papst dem Sein nach Papst durch seine gültige Wahl in einem Kardinalskonklave, oder, falls diese Wahl ungültig gewesen sein sollte, durch die Bekräftigung der Wahl infolge der Akzeptanz als Papst durch die Weltkirche (was bei mehr als einem Konzilspapst der Fall gewesen sein darf – weiß Gott). Im Gegensatz dazu ist ein Papst, welcher seine Brüder im Glauben bestärkt, im wesentlichen durch sein Handeln Papst. Sein und Handeln sind in dieser Hinsicht verschieden und können getrennt werden. Daher kann ein Papst seinem Handeln nach versagen, muß dann aber nicht aufhören, seinem Sein nach Papst zu sein. Dies ist gewiß bei mehreren, wenn nicht allen Konzilspäpsten, der Fall.

Das zweite Argument: Es sei lächerlich, wenn der einzelne, fehlbare Katholik selber als Richter über Irrtümer des unfehlbaren kirchlichen Lehramtes sich erhebe. Angesichts von offensichtlichen Irrtümern (wie dem Konziliarismus) durch dieses Lehramt (wie die Konzilspäpste) könne der einzelne Katholik nur schlußfolgern, daß dies keine echten Päpste seien. Als Antwort darauf wenden wir ein, daß der Papst nicht notwendigerweise das unfehlbare Lehramt der Kirche ist. Wenn er weder alle vier strengen Bedingungen für das Außerordentliche Lehramt in Anspruch nimmt, noch in Übereinstimmung mit dem Ordentlichen Lehramt der Kirche spricht, dann ist der Papst fehlbar; und wenn er noch dazu dem Ordentlichen Lehramt widerspricht, so ist er sogar gewiß im Irrtum und kann also von jedem Katholiken (oder Nichtkatholiken!) durch rechten Gebrauch seines gottgegebenen Verstandes als Irrender beurteilt werden. Warum sonst hätte unser Herr vor falschen Propheten und Wölfen im Schafspelz uns alle gewarnt (Matthäus 7, 15–20)?

Beide vorgestellten Argumente entspringen oft einem gefühlsmäßigen Zurückweisen der Konzilspäpste, nach dem Motto: „Diese Päpste haben die Kirche so mißhandelt, daß ich einfach nicht akzeptieren kann, daß sie Päpste gewesen sind!“ Doch angenommen, wir wären Zuschauer des ursprünglichen Kreuzweges unseres Herrn gewesen. Hätten wir dann nicht auch sagen können: „Das ist eine solche Mißhandlung Jesu Christi, daß ich einfach nicht mehr annehmen kann, daß er Gottes Sohn ist!“? Wäre dann nicht mein gefühlsmäßiges Zurückweisen der Mißhandlung richtig, jedoch meine Schlußfolgerung falsch? Die Konzilspäpste umgibt etwas Geheimnisvolles, woran die Sedisvakantisten einfach vorbeigehen.

Freilich kann eines Tages, wenn die Kirche wieder bei Sinnen ist, die einzig zuständige Autorität in Rom erklären, daß alle Konzilspäpste keine Päpste gewesen waren. Doch von heute bis zu jenem Zeitpunkt sind die bisher als Beweis vorgebrachten Argumente, warum der Heilige Stuhl unbesetzt sei, nicht so schlüssig, wie man sie kann scheinen lassen.

Kyrie eleison.