Bischof Bernard Fellay

Ein Gutes Kommuniqué?

Ein Gutes Kommuniqué? on November 19, 2016

Am 31. Oktober hielt Papst Franziskus in Schweden ein ökumenisches Treffen mit führenden Lutheranern ab, um den nächstes Jahr anfallenden 500. Jahrestag von Luthers Revolte gegen die Katholische Kirche vorzubereiten. Nach der Begegnung unterzeichnete der Papst mit dem Präsidenten des Lutherischen Weltbunds eine gemeinsame Erklärung, die einen neuen, geradezu unglaublichen Skandal darstellt, zumal sie von dem Mann stammt, der eigentlich Christi Stellvertreter auf Erden sein soll. Am 2. November veröffentlichte der Obere des französischen Distrikts der Priesterbruderschaft St. Pius X. ein Kommuniqué, in dem diese skandalöse Erklärung verurteilt wird. Ein grosser Teil des Kommuniqués verdient uneingeschränktes Lob und entspricht dem, was man von den Oberen der Bruderschaft als Zeichen des Widerstands gegen den Ausverkauf der vom Erzbischof gegründeten Bruderschaft an die römischen Neomodernisten erwarten darf, aber die Schlussfolgerung ist so schwach, dass dieser Aufruf das Gegenteil des Gewünschten bewirken könnte.

Pater Bouchacourt beginnt sein Kommuniqué mit dem Hinweis darauf, dass der Skandal der pro-Lutherischen Erklärung des Papstes derart schwerwiegend ist, dass er „nicht schweigen kann.“ Jener Abschnitt, in dem Pater Bouchacourt Luther anprangert, ist einwandfrei. Er lautet wie folgt:

Wie können wir” zutiefst dankbar für die geistigen und theologischen Gaben sein, die wir durch die Reformation empfangen haben” (Zitat aus der gemeinsamen Erklärung) , wenn Luther doch diabolischen Hass gegen den Nachfolger Petri hegte, blasphemische Geringschätzung für das Heilige Opfer der Messe an den Tag lehnte und die erlösende Gnade unseres Herrn Jesus Christus ablehnte? Er zerstörte auch die Doktrin von der Eucharistie, indem er die Transsubstantiation verwarf, Seelen der Allerheiligsten Jungfrau Maria abspenstig machte und die Existenz des Fegefeuers bestritt. Nein, der Protestantismus hat dem Katholizismus nichts Gutes gebracht! Er hat die Einheit der Christenheit zerstört, ganze Länder der Katholischen Kirche abspenstig gemacht, Seelen dem Irrtum anheimfallen lassen und hierdurch ihr ewiges Heil in Gefahr gebracht. Wir Katholiken wollen, dass die Protestanten zur einen und einzigen Herde Christi zurückkehren, welche die Katholische Kirche ist, und wir beten um die Erfüllung dieses Wunsches. In diesen Tagen, wo wir Allerheiligen begehen, rufen wir St. Pius V., St. Karl Borromäus, St. Ignazius und St. Peter Canisius an, die heroisch die protestantische Häresie bekämpften und die Katholische Kirche retteten.

Doch verglichen mit dieser scharfen Verurteilung Luthers und seiner Lehren ist Pater Bouchacourts Schlussfolgerung recht lahm:

Wir fordern die Gläubigen des Distrikts Frankreich hiermit auf, für den Heiligen Vater zu beten und Busse zu tun, damit Unser Herr, dessen Stellvertreter er ist, ihn vom Irrtum bewahren und ihn auf den Pfad der Wahrheit führen möge, deren Wächter er ist. Ich fordere die Priester des Distrikts auf, eine Sühnemesse zu lesen und vor dem Allerheigsten eine Heilige Stunde zu verkünden, um Verzeihung für diese Skandale zu erflehen und unseren Herrn darum zu bitten, dass sich der Sturm, welcher die Kirche nun schon seit mehr als einem halben Jahrhundert erschüttert, legen möge. Unsere Liebe Frau, Helferin der Christen, rette die Katholische Kirche und bete für uns!

Pater Christian Bouchacourt, französischer Distriktoberer der Priesterbruderschaft St. Pius X.

Diese Schlussfolgerung ist fromm und zutiefst respektvoll gegenüber Papst Franziskus, doch vermittelt sie wirklich eine Vorstellung von der Schwere der Verfehlung, die der Papst begeht, indem er einen der grössten antichristlichen Ketzer der ganzen Kirchengeschichte dermassen lobt? Man kann sich nur schwer vorstellen, dass Pater Bouchacourt von Bischof Fellay keine Erlaubnis zur Veröffentlichung seines Kommuniqués erhalten hat. War es etwa Bischof Fellay, der nichts dagegen einzuwenden hatte, dass Luther, der vor 500 Jahren lebte, angeprangert wird, jedoch darauf bestand, die Kritik am Hauptverantwortlichen für die heute und jetzt betriebene Zerstörung der Kirche möglichst mild zu formulieren? Jedenfalls dient das Kommuniqué Bischof Fellays Absicht, traditionalistische Priester und Laien hinters Licht zu führen und in Schlaf zu lullen, indem es suggeriert, dass die angeblich unmittelbar bevorstehende Personalprälatur keinen von ihnen daran hindern wird, päpstliche Skandale anzuprangern, usf . . . .

Falls dies so ist, begreift Pater Bouchacourt dann, dass er sich, wie sein Vorgänger, womöglich am Verrat an der Piusbruderschaft beteiligt, und sei es auch gegen seinen Willen? Seien wir „ohne Falsch wie die Tauben,“ aber auch „klug wie die Schlangen“ (Matthäus X, 16).

Kyrie eleison.

Praelaten auf der Hut? – II

Praelaten auf der Hut? – II on November 12, 2016

Letzte Woche wurde in diesen”Kommentaren” die Frage aufgeworfen, ob der Generalobere (künftig GO) der Priesterbruderschaft St. Pius X. eigentlich wisse, was er tut, wenn er ständig widersprüchliche Aussagen abgibt, bald zugunsten der katholischen Tradition, bald in Übereinstimmung mit den Römern und ihrer Konzilsrevolution. Im besten Fall könnte der GO einfach ein verwirrter und Verwirrung stiftender Liberaler sein, der zwischen dem Katholizismus und den Thesen des Konzils hin- und hergerissen wird. Im schlimmsten Fall könnte er ein recht eigentlicher Wolf im Schafspelz sein, der Worte lediglich als politisches Instrument nutzt, um es den Römern zu ermöglichen, Erzbischof Lefebvres einst katholische Gesellschaft in die konziliäre Neukirche zu integrieren. Der Glaube steht auf dem Spiel. Es ist für viele Priester und Laien gleichermassen wichtig, klar zu erkennen, ob der GO Hirte oder Wolf oder irgendetwas in der Mitte ist. In der letzten Ausgabe der zweimal monatlich erscheinenden französischen Zeitschrift „Sous la Bannière“ erteilt ein dem Widerstand angehörender französischer Priester, Pater Olivier Rioult, eine sehr klare Antwort auf diese Frage.

Er beginnt mit dem Communiqué des Generaloberen vom 29. Juni, das dieser unmittelbar anschliessend an ein Treffen der Führer der Priesterbruderschaft St. Pius X. in der Nähe von Écone verabschiedet hatte, und zitiert daraus Sätze, die manchen Katholiken die beruhigende Gewissheit vermitteln könnten, die Bruderschaft kehre zu ihren traditionalistischen Überzeugungen zurück. Doch der Generalobere, warnt Pater Rioult, habe in der Vergangenheit so oft das eine gesagt und das andere getan, dass seinen Worten jeder Wahrheitsgehalt abgehe. Sie seien, wie für zahllose moderne Politiker, nichts weiter als Instrumente der Politik, die man je nach Bedarf benutzen könne oder nicht, in diesem Fall, um die Priesterbruderschaft St. Pius X. zu einer Unterwerfung unter die Führer der Neukirche zu verleiten, ohne dass sie auch nur begreife, was sich um sie herum abspiele. Der Beweis liege in den Taten des Generaloberen. Taten sprächen stets lauter als Worte. Was der Generalobere wirklich meine, lasse sich am besten anhand seiner Taten beurteilen.

Hier sind einige davon: Er hat die „Exkommunikationen,“ die anno 2009 „aufgehoben“ wurden, akzeptiert; er hat eine offizielle Jurisdiktion für Beichten sowie eine offizielle Jurisdiktion, die den GO zum Fällen erstinstanzlicher Urteile innerhalb der Bruderschaft ermächtigt, hingenommen; er hat die Anweisung, die Namen von den Priestercandidaten in den USA zu nennen, erfüllt; er hat akzeptiert, dass die Diözesen Priesterweihen in Deutschland tolerieren. In dieselbe Richtung weist die Tatsache, dass er innerhalb der Priesterbruderschaft St. Pius X. Gegner seiner Politik gegenüber Rom regelmässig in relativ unwichtige Positionen abschiebt oder kaltstellt, während er fügsame Gefolgsleute – oft verhältnismässig junge Männer, die noch zu unreif für besonders verantwortungsvolle Stellungen sind – nach Kräften fördert. Pater Rioult hebt hervor, dass all diese Handlungen in klarer Übereinstimmung mit der gemeinsamen Erklärung stehen, die der GO und Roms Nummer zwei, Kardinal Müller, nach ihrem Treffen im September 2014 verabschiedet haben. Darin hiess es, sie würden „stufenweise vorgehen . . . sich die notwendige Zeit zur Ausbügelung von Schwierigkeiten nehmen . . . mit dem Ziel, eine vollständige Versöhnung zu erreichen.“

Dieses stufenweise Vorgehen, sagt Pater Rioult, habe für beide Seiten den grossen Vorteil, dass sie dabei eindeutige Stellungnahmen wie die gemeinsame Unterzeichnung eines öffentlichen Dokuments vermeiden könnten, die das Risiko mit sich brächten, den Anhängern der Tradition die Augen über die tatsächlichen Entwicklungen zu öffnen. Tatsache ist, dass die widersprüchlichen Aussagen des GO Verwirrung stiften, und, wenn sie nur „subtil“ oder „delikat“ genug sind, Katholiken, die nicht wachsam sind und beten, in den Schlaf lullen. Somit dienen die Worte des GO lediglich als Rauchvorhang, um vor allem gegenüber den Priestern der Piusbruderschaft zu vertuschen, was er wirklich im Schilde führt, denn wenn eine genügend grosse Zahl von ihnen bei wachem Bewusstsein wäre, würde es für ihn sehr viel schwieriger, Rom davon zu überzeugen, dass er – gemäss Roms Wunsch – die ganze Bruderschaft in die Neukirche einbringen und somit den wichtigsten Herd des Widerstandes gegen die Religion der Neuen Weltordnung ausschalten kann. Schon 2012 musste der GO die bittere Erfahrung machen, dass er, wie er meinte, alles bestens für die Totalkapitulation vorbereitet hatte, mit dem Ergebnis, dass Rom das Abkommen dann ablehnte, weil die drei anderen der Bruderschaft angehörenden Bischöfe alle dagegen waren, was Rom genau wusste. Die Neukirche muss die Tradition ein für alle Male verkrüppeln.

Beten Sie für die Priester der Priesterbruderschaft St. Pius X., damit sie die Machenschaften der Menzinger Mafia durchschauen, ihnen einen Riegel vorschieben und sich ihrer schliesslich entledigen.

Kyrie eleison.

Prälate auf der Hut?

Prälate auf der Hut? on November 5, 2016

Ein Leser dieser”Kommentare” hat eben eine Frage zur Sprache gebracht, die früher oft gestellt wurde, heutzutage wahrscheinlich weniger, aber immer noch von Belang ist: Ist sich der Generalobere (künftig GO) der Priesterbruderschaft St. Pius X. bewusst, wie er sich selber widerspricht? – Im Juli dieses Jahres rief er zu einem neuen Rosenkranz-Kreuzzug auf, der „ausschliesslich“ dem Ziel dienen solle, den Triumph des Unbefleckten Herzen durch die Weihung Russlands zu erreichen, doch später behauptete er, Rom wolle den Piusbrüdern helfen, wichtige Positionen in der Kirche zu besetzen, um ihr bei der Überwindung des Modernismus zu helfen. Der Widerspruch liegt auf der Hand, denn die Kirchenmänner, die gegenwärtig in Rom die führenden Positionen besetzt halten, sind mit Sicherheit gegen die von unserer Lieben Frau geforderte Weihung, und die Gründe hierfür wurzeln tief.

Schreiben Sie Pater Guy Castelain, wohnhaft an Le Moulin du Pin, F53290 Beaumont-Pied-de-Boeuf, Frankreich, und bitten Sie ihn um ein Exemplar des hervorragenden Leitartikels in der Oktobernummer seines Piusbruderschaft-Bulletins, in dem er zehn Gründe dafür darlegt, warum Vatikan II das Haupthindernis für die Weihung Russlands an unsere Liebe Frau ist. Um es kurz zu sagen: Die Weihung bedeutet politisches Engagement gegen politische Neutralität, die Herrschaft Christi gegen seine Entthronung, Katholizismus gegen Glaubensfreiheit, den Papst gegen die Kollegialität, die eine wahre Religion gegen den Ökumenismus, das Unbefleckte Herz gegen eine Verherrlichung der Menschenwürde, welche die Erbsünde vergisst; sie bedeutet die eine wahre Kirche gegen die Rettung dank anderen Religionen, Frieden durch den katholischen Papst gegen Frieden durch den „Geist von Assisi,“ usw. Kein Wunder, dass Papst Franziskus zu Putin, der bei seinem Besuch in Rom Interesse an dieser Weihung bekundete, sagte: „Wir sprechen nicht über Fatima“!

Nun können menschliche Politik und Politiker viele Konflikte zwischen Mensch und Mensch durch einen Kompromiss beilegen, doch Pater Castelains zehn Punkte beweisen, dass der Zusammenstoss zwischen Fatima und den Konzilsanhängern nichts Geringeres ist als ein Zusammenstoss zwischen der „alten“ Religion Roms, die so frisch wie die Ewigkeit ist, und der „neuen“ Religion von Vatikan II, die so schal ist wie die Sünde. Hier haben wir einen jener Konflikte zwischen Gott und dem Menschen vor uns, bei denen ein politischer Kompromiss nicht in Frage kommt. Hat unsere Liebe Frau 1973 in Akita, Japan, denn nicht gewarnt, die Kirche „werde von Agenten des Kompromisses“ voll sein? Die Frage bezüglich des GO lautet dann: Ist er sich bewusst, dass er ein „Agent des Kompromisses“ ist? Sieht er, dass er einen unversöhnlichen Widerspruch fördert, oder sieht er dies nicht? Wenn er es sieht, ist er ein Lügner, ob er nun für Fatima wirbt oder die Konzilsanhänger schützt oder beides tut. Sieht er es hingegen nicht, dann ist er blind.

Eine erhebliche Zahl von Katholiken ist mittlerweile überzeugt, dass sein jüngster Aufruf zu einem Rosenkranz-Kreuzzug nichts weiter als ein politischer Schachzug ist, um seine traditionalistischer gesinnten Anhänger zu täuschen. Gewiss, in seiner ersten Amtszeit als GO wiesen viele seiner Worte und Taten darauf hin, dass er den Zusammenstoss damals genau so klar sah wie Bischof Lefebvre. Doch muss ein Wendepunkt eingetreten sein, und seither wollte er, statt weiterhin Gott zu Gefallen zu sein, zugleich auch den Menschen gefällig zu sein. Dies ist nicht möglich (Mt.VI, 24; Galater 1, 10), aber wie viele von uns wollte er sowohl den Weggen als auch den Batzen haben, und die Natur versteht es gar trefflich, sich als Gnade zu verkleiden, heisst es in der Nachfolge Christi. So muss es eine Übergangsperiode gegeben haben, während der er bewusst blind war, doch wenn bewusste Blindheit allzu lange dauert, verwandelt sie sich in ständige Blindheit, was eine furchtbare Strafe Gottes ist. Anscheinend hat ihm unsere Liebe Frau zwischen 2006 und 2008 genügend viel Gnade widerfahren lassen, um zu sehen, was er tat, doch wie die Konzilsanhänger und Macbeth hat er vorgezogen, „weiter in Blut zu waten“ (Akt III, Szene 4) – jenem der Kirche. Wie die Konzilsanhänger in Rom bedarf er gewiss unseres Gebets.

Leser, wenn Sie klar zu sehen wünschen, beten Sie den Rosenkranz, und wenn Sie in unserer dunklen Zeit nie aufhören wollen, klar zu sehen, beten Sie jeden Tag alle 15 Geheimnisse des Rosenkranzes. Die Muttergottes kann Sie nicht im Stich lassen.

Kyrie eleison.

Bischof Fellay – III

Bischof Fellay – III on August 20, 2016

Ein guter Freund las die beiden jüngsten Ausgaben dieser „Kommentare“ über die Denkweise des Generaloberen der Priesterbruderschaft St. Pius X., und wie sie jenen Oberen antreibt, unerbittlich sein Ziel einer lediglich praktischen Einigung mit den römischen Kirchenautoritäten zu verfolgen. Der Freund erinnerte nun daran, daß diese den Bischof antreibenden Vorstellungen bereits vor vier Jahren in seinem Brief vom 14. April 2012 dargestellt wurden, in welchem der Generalobere den drei übrigen Bruderschafts-Bischöfen antwortete, die ihn ernsthaft vor einer bloß praktischen Einigung mit Rom gewarnt hatten. Viele Leser dieser „Kommentare“ werden diese Warnung und die Antwort Bischof Fellays darauf entweder heute vergessen oder aber nie gekannt haben. Tatsächlich können wir aus diesem Briefaustausch viel herausziehen, woran zu erinnern es sich lohnt. Hier sind die beiden Briefe, wie gewöhnlich sehr grob zusammengefaßt und mit kurzen Kommentaren versehen:

Der Haupteinwand der drei Bischöfe gegen ein praktisches Übereinkommen mit Rom ohne gleichzeitige doktrinäre Einigung, war die Tiefe der lehrmäßigen Kluft zwischen dem konziliaren Rom und der traditionskatholischen Bruderschaft. Erzbischof Lefebvre sagte ein halbes Jahr vor seinem Tod, daß je mehr man die Dokumente und die Auswirkungen des Zweiten Vatikanischen Konzils untersucht, umso stärker man realisieren wird, daß das Problem nicht so sehr aus klassischen Irrtümern im speziellen bestehe, wie z.B. die Religionsfreiheit, die Kollegialität und der Ökumenismus, sondern aus einer „totalen Perversion des Verstandes“ im allgemeinen, welche den speziellen Irrtümern zugrundeliegt und von „einer ganz neuen auf dem Subjektivismus basierenden Philosophie“ ausgeht. Außerdem begegneten die drei Bischöfe dem Schlüsselargument Bischof Fellays, wonach die Römer der Priesterbruderschaft nicht mehr feindlich, sondern wohlwollend gesinnt seien, mit einem weiteren Zitat des Erzbischofs: ein solches Wohlwollen ist nur ein „Manöver,“ und nichts ist für „unsere Traditionalisten“ gefährlicher, als „in die Hände der konziliaren Bischöfe und des modernistischen Roms uns zu begeben.“ Die drei Bischöfe schlossen damit, daß ein lediglich praktisches Abkommen die Bruderschaft auseinanderreißen und zerstören werde.

Auf diesen tiefgründigen Einwand – so tief wie die Kluft zwischen dem Subjektivismus und der objektiven Wahrheit – antwortete Bischof Fellay (einfach im Weltnetz suchen nach Bischof Fellay 14. April 2012): 1) Die drei Bischöfe seien „zu menschlich und fatalistisch.“ 2) Die Kirche werde vom Heiligen Geist geleitet. 3) Hinter Roms echtem Wohlwollen gegenüber der Bruderschaft stehe Gottes Vorsehung. 4) Die Irrtümer des Konzils zu einer „Super-Häresie“ zu machen, sei eine unangemessene Übertreibung, 5) welche die Traditionalisten logischerweise in das Schisma führe. 6) Nicht alle Römer seien Modernisten, denn immer weniger von ihnen würden an das Zweite Vatikanum glauben, 7) bis zu dem Punkt, daß wenn der Erzbischof heute noch lebe, er nicht zögern würde zu akzeptieren, was der Priesterbruderschaft angeboten wird. 8) Es werde in der Kirche immer Weizen und Spreu geben, also sei die konziliare Spreu kein Grund, Abstand zu nehmen. 9) „O wie ich doch gewünscht hätte, mich bei meiner Suche nach Rat an Sie drei mich wenden zu können, doch jeder von Ihnen hat auf verschiedene Art und Weise es »fest und leidenschaftlich nicht geschafft, mich zu verstehen,« und Sie haben mir sogar öffentlich gedroht.“ 10) Den Glauben der Autorität entgegenzustellen sei „widersprüchlich zum priesterlichen Geist.“

Und schlußendlich sehr kurze Kommentare zu den Argumenten Bischof Fellays:

1) „Zu menschlich“? Wie der Erzbischof schon sagte, ist die fragliche Kluft eher philosophischer (natürlicher) denn theologischer (übernatürlicher) Art. „Zu fatalistisch“? Die drei Bischöfe waren eher realistisch als fatalistisch. 2) Werden die konziliaren Kirchenmänner beim Zerstören der Kirche vom Heiligen Geist geleitet? 3) Hinter Roms wirklichem Übelwollen steht sein fester Entschluß, den Widerstand der Priesterbruderschaft gegen die neue konziliare Religion aufzulösen – so wie bei so vielen traditionellen Kongregationen vor ihr! 4) Nur Subjektivisten ihrerseits können die Tiefe der Kluft zwischen dem Subjektivismus und der Wahrheit nicht ermessen. 5) An die Wahrheit sich klammernde, objektivistische Katholiken sind weit vom Schisma entfernt. 6) Die Freimaurer beherrschen Rom. Jegliche Nicht-Modernisten haben dort keine nennenswerte Macht. 7) Zu glauben, daß der Erzbischof die jetzigen Angebote Roms angenommen hätte, heißt, ihn komplett mißzuverstehen. Das Grundproblem ist seit seiner Zeit nur noch schlimmer geworden. 8) Bischof Fellays Löffel ist viel zu kurz, um mit den römischen – objektiv gesehen – Teufeln zu speisen. 9) Die drei Bischöfe verstanden Bischof Fellay nur allzu gut, doch wollte er nicht hören, was alle drei zu sagen hatten. Hält er sich für unfehlbar? 10) Der hl. Paulus hat gewiß sich vorstellen können, daß die Autorität dem Glauben entgegenstehen könnte – siehe Galater 1,8–9 sowie Galater 2,11. Fehlte dem hl. Paulus etwa auch der „priesterliche Geist“?

Kyrie eleison.

P.S. Weil unser deutscher Übersetzer wachsende Verpflichtungen hat, suchen wir jemanden, der ihn gerne ablösen möchte. Es ist eine spannende, oft aber auch anstrengende Arbeit.

Bischof Fellay – II

Bischof Fellay – II on August 13, 2016

Ein Fehler ist solange nicht vollständig widerlegt, bis er entwurzelt ist. Anders ausgedrückt: Um einen Fehler tatsächlich zu überwinden, müssen wir nicht nur beweisen, daß es ein Fehler ist, sondern warum es einer ist. Der „Kommentar“ von letzter Woche behandelte die Stellungnahme des Generaloberen der Priesterbruderschaft vom 28. Juni 2016. Nehmen wir erstens an, daß diese Stellungnahme, indem sie die Glaubenskrise der Kirche durch die frommen Bruderschaftspriester lösen möchte, den Irrtum begeht, den Karren des Priestertums vor das Pferd des Glaubens zu spannen. Zeigen wir dann zweitens, daß dieser Irrtum seine Wurzeln in der heutzutage fast durchgängigen Unterschätzung des Verstandes mit gleichzeitiger Überschätzung des Willens hat, was unbewußt sogar in einer Verhöhnung der Doktrin endet (außer natürlich der Doktrin der Beatles: „Du brauchst nur Liebe, Liebe, Liebe“ – „All you need is luv“).

Bereits zu Beginn der Stellungnahme kommt ein Hinweis auf diesen Irrtum, wenn die Stellungnahme davon spricht, daß im Lehrschreiben Pascendi, dem mächtigen Hammer von Pius X. gegen den Modernismus, der zentrale Grundsatz die „Unabhängigkeit“ sei. Nein. Der Grundsatz, welchen Pius X. durchgehend als die Wurzel des Modernismus verurteilt, ist vielmehr der Agnostizismus, also die Irrlehre, wonach der Verstand nichts davon wissen könne, was jenseits des durch die Sinne Erfaßbaren liegt. Diesem Unwissen folgt die Unabhängigkeit des Verstandes von seinem eigentlichen Objekt, worauf wiederum die Erklärung des Willens folgt, von allem anderen unabhängig zu sein, wovon er nicht abhängig sein wolle. Es liegt an der Natur der Dinge, daß zuerst der Verstand Selbstmord begehen muß, bevor der Wille seine Unabhängigkeit erklären kann. Wenn also die Stellungnahme als Herzstück von Pascendi die Unabhängigkeit vor dem Agnostizismus erklärt, so weist dies darauf hin, daß jene Stellungnahme mehr ein Teil des Problems der Kirche denn seiner Lösung ist.

Woher rührt nun diese Herabstufung des Verstandes und damit auch der Doktrin? In erster Linie von Luther, welcher die menschliche Vernunft eine „Prostituierte“ nannte, und welcher mehr als alle anderen das Christentum auf diesen sentimentalen Pfad brachte, welcher heute schließlich zur Selbstzerstörung des Christentums führt. Und das hat ganze 500 Jahre gedauert? Ja, denn es gab einen natürlichen und katholischen Widerstand während dieses Vorgangs. Doch hatte Luther Recht, als er dem Papst voraussagte, daß er (Luther) ihn am Ende zerstören würde: „Pestis eram vivus, functus tua mors ero, Papa“ – Eine Plage war ich für dich, solange ich atmete, doch wenn ich gestorben bin, so werde ich, o Papst, dein Tod sein.

Von diesem radikalen Riesenirrtum der Herabstufung des Verstandes und der Doktrin dürfen wir im Falle der Stellungnahme vom 28. Juni zwei sekundäre Irrtümer von Bischof Fellay herleiten: Erstens sein Mißverstehen Erzbischof Lefebvres, und zweitens sein zu großes Verständnis für Frau Cornaz (Pseudonym Rossinière).

Als der Erzbischof selber noch den Vorsitz in Econe innehielt, war auch Bernard Fellay, so wie viele von uns dortigen Seminaristen, regelrecht entzückt und bezaubert von dem hervorragenden Beispiel direkt vor unseren Augen, was denn ein katholischer Priester sein kann und soll. Allerdings war das Rückgrat der erzbischöflichen Priesterschaft und seines heldenhaften Kampfes für den Glauben nicht die Frömmigkeit – auch viele Modernisten sind „fromm“ –, sondern seine Doktrin, also die Lehre des ewigen Priestertums, welche zutiefst allergisch gegen den Liberalismus und Modernismus ist. Auch hat der Erzbischof niemals gesagt, daß seine Bruderschaft die Kirche retten werde, sondern vielmehr, daß die Bruderschaftspriester die unschätzbaren Kirchenschätze sichern werden, bis bessere Zeiten kommen.

Wie P. Ortiz uns erinnerte, war die Person, welche behauptete, daß die Bruderschaftspriester die Kirche retten würden, Frau Cornaz. Sie war eine Mutter aus dem schweizerischen Lausanne, lebte während des Großteils des 20. Jahrhunderts und soll zwischen 1928 und 1969 angeblich Botschaften vom Himmel empfangen haben darüber, wie verheiratete Paare das Priestertum (!) heiligen sollten. Diese Botschaften begannen erneut im Jahre 1995 (!), als sie einen Bruderschaftspriester traf, welchen sie davon überzeugte, und über ihn auch Bischof Fellay, daß die Priester der Bruderschaft durch die Vorsehung dazu bestimmt seien, die Kirche zu retten durch ihre „Heime Christi, des Hohepriesters.“ Der Generalobere unterstützte ihr Vorhaben mit all seiner Autorität, doch ließ der starke Gegenwind der Bruderschaftspriester ihn schnell öffentlich sich davon distanzieren. Doch blieb die mystische Vision von Frau Cornaz über die erhabene Zukunft der Bruderschaft bei ihm innerlich bestehen? Das scheint gut möglich zu sein. Wie Martin Luther King hat auch der Generalobere „einen Traum.“

Kyrie eleison.

P.S. Weil unser deutscher Übersetzer wachsende Verpflichtungen hat, suchen wir jemanden, der ihn gerne ablösen möchte. Es ist eine spannende, oft aber auch anstrengende Arbeit.

Bischof Fellay – I.

Bischof Fellay – I. on August 6, 2016

Nach dem Treffen der Oberen der Priesterbruderschaft St. Pius X. vom 26.-28. Juni in der Schweiz gab der Generalobere nicht nur eine für die Allgemeinheit bestimmte Verlautbarung vom 29. Juni heraus, welche in diesen „Kommentaren“ bereits vor drei Wochen untersucht worden ist, sondern am 28. Juni auch eine Stellungnahme zum Wohl der Bruderschaftsmitglieder, d.h. vorrangig für die Priester. Diese letztgenannte Erklärung ist hintersinnig, doch einmal entschlüsselt (mithilfe von P. Giroaurd), kommt ihr eine große Bedeutung zu für die Zukunft der katholischen Tradition. Zuerst folgt ein grober Abriß der ersten sechs Absätze dieser Erklärung, danach der siebte Absatz in voller Länge:

(1–4) Kirche und Welt sind in einer Krise, denn anstatt um das Kreuz Christi sich zu drehen, dreht alles sich nur um den Menschen. Die Bruderschaft tritt diesem „Abbau“ der Kirche und der menschlichen Gesellschaft entgegen.

(5) Gottes eigenes Gegenmittel gegen dieses Chaos war, einen Erzbischof anzuleiten, damit er eine hierarchische katholische Kongregation gründe, welche um das Weihesakrament sich dreht – und Jesus Christus, sein Kreuz, seine Königsherrschaft, das Opfer und das Priestertum, die Quelle aller Ordnung und Gnaden, sind die Dinge, worum es der vom Erzbischof gegründeten Bruderschaft geht.

(6) Also ist die Priesterbruderschaft weder konziliar (Christus steht im Mittelpunkt) noch rebellisch (sie ist hierarchisch).

(7) „Ist der Zeitpunkt für die allgemeine Wiederherstellung der Kirche gekommen? Gottes Vorsehung gibt Gottes Kirche nicht auf, deren Haupt der Papst ist als Vikar Christi. Deswegen wird ein eindeutiges Zeichen für den Beginn der Wiederherstellung sein, wenn der Papst ein Zeichen seines Wollens gibt und die Mittel für die Wiederherstellung der Ordnung in der Priesterschaft, im Glauben und in der Tradition gewährt. Dieses Zeichen wird zusätzlich die nötige katholische Einheit für die Familie der Tradition sicherstellen.“

Die ersten sechs Absätze führen ohne Frage zum siebten hin. Es ist nicht unangemessen, diesen siebten Absatz so zu verstehen, daß, wenn Papst Franziskus die Bruderschaft offiziell anerkennen sollte, der Beweis erbracht sei, daß der Zeitpunkt für die Gesamtheit der Kirche gekommen ist, wieder auf die Füße zu kommen, die katholische Priesterschaft, den katholischen Glauben und die katholische Tradition wiederherzustellen, und daß alle Traditionalisten sich der Bruderschaft unter ihrem Generaloberen anschließen. Damit scheint Bischof Fellay zum Wohl aller Bruderschaftspriester seine Vision von der glorreichen Rolle der Bruderschaft zu wiederholen – denn, wie wir hören, haben beim Treffen in der Schweiz wenigstens einige Obere infrage gestellt, ob diese Glorie die Form einer Wiedervereinigung mit dem amtlichen Rom haben kann. In der Tat hatten diese widerstehenden Oberen recht, denn Bischof Fellay gibt hier einem Traum nach – einem edlen, aber tödlichen Traum.

Edel ist der Traum, weil er ganz der Ehre unseres Herrn Jesus Christus, seiner Kirche, seines Opfers, Erzbischof Lefebvres, des katholischen Priestertums, usw. gewidmet ist. Tödlich ist der Traum jedoch, weil er eher auf dem Priestertum als auf dem Glauben beruht, und, obgleich er richtigerweise Papst Franziskus und die Römer als Halter der kirchlichen Autorität benennt, nicht bedenkt, wie weit diese Halter davon entfernt sind, den wahren katholischen Glauben innezuhaben. Wenn Erzbischof Lefebvre das katholische Priestertum und die Messe gerettet hat, so war dies für ihn nur ein Mittel, um den Glauben zu retten. Denn der Glaube steht zum Priestertum wie der Zweck zum Mittel und nicht wie das Mittel zum Zweck. Was wäre schließlich das Priestertum ohne den Glauben? Wer würde denn an die Sakramente glauben? Wer bräuchte noch Priester?

Und was diesen Glauben betrifft, so haben der gegenwärtige Papst und die ihn umgebenden römischen Amtsträger ihren Halt an jener Wahrheit verloren, welche eins, objektiv, unwidersprüchlich und ausschließlich ist. Und damit haben sie ihren Halt am Glauben verloren, um nicht zu sagen, den wahren Glauben verloren. Das bedeutet, daß, wenn Papst Franziskus die Bruderschaft wirklich offiziell anerkennen würde, dies keinesfalls ein Zeichen dafür sein wird, daß die Bruderschaft wieder die Gesundheit der Kirche wiederherstellt, sondern eher, daß die Bruderschaft von der offiziellen Kirche in deren Wahnsinn absorbiert wird.

Kyrie eleison.

P.S. Weil unser deutscher Übersetzer wachsende Verpflichtungen hat, suchen wir jemanden, der ihn gerne ablösen möchte. Es ist eine spannende, oft aber auch anstrengende Arbeit.