Erzbischof Marcel Lefebvre

Die Bosheit des Modernismus – I

Die Bosheit des Modernismus – I on März 7, 2020

Wenn die Priesterbruderschaft St. Pius X. nicht mehr jene hervorragende Speerspitze bei der Verteidigung des katholischen Glaubens ist, die sie unter Erzbischof Lefebvre (1905–1991) war, dann sicherlich darum, weil seine Nachfolger an der Spitze der Bruderschaft die ganze Bosheit des Irrtums, der die Kirche heute verwüstet – des Modernismus – niemals so gut verstanden haben wie er. Allerdings soll der Erzbischof gegen Ende seines Lebens gesagt haben, wenn er die Geschichte des liberalen Katholizismus in Frankreich 1870–1914 von Pater Emmanuel Barbier (1851–1925) zu einem früheren Zeitpunkt seiner Laufbahn gelesen hätte, hätte er seinen Seminaristen eine andere Richtung gewiesen. Sofern diese Bemerkung authentisch ist, deutet sie darauf hin, dass selbst der Erzbischof die Bosheit der Moderne anfangs nicht in ihrem vollen Umfang erkannt hat. Dasselbe gilt für den beherzten Begründer der Zeitschrift Si si no no in Italien, Don Francesco Putti (1909–1984), der seinem guten Freund, dem Erzbischof, gesagt haben soll: „Die Hälfte Ihrer Seminaristen sind Modernisten.“

Freilich lässt sich die Bosheit der Moderne leicht unterschätzen, weil sie sich im Westen während Jahrhunderte langsam entwickelt hat und alle Menschen des abendländischen Kulturkreises von der Wiege bis zum Grab mit ihr durchtränkt werden. Aus dieser Moderne drang der Modernismus in die Kirche ein, um sich an diese anzupassen, und dieselbe Moderne schuf den geistigen Hintergrund sämtlicher Konzilsväter in den sechziger Jahren sowie der Nachfolger des Erzbischofs ab 1982. Es lässt sich also nur durch eine besondere Gnade Gottes erklären, dass der Erzbischof das Problem so klar gesehen hat. Umreissen wir also kurz, wie das Unvermögen, den Modernismus zu verstehen, den meisten Irrtümern seiner Nachfolger zugrunde liegt:

1 95% der Texte von Vatikan II sind annehmbar. Ganz im Gegenteil: Erzbischof Lefebvre sagte, das Problem mit Vatikan II bestehe nicht einmal in erster Linie in seinen schwerwiegenden Irrtümern bezüglich Religionsfreiheit, Kollegialität und Ökumene, sondern in dem Subjektivismus, der all seine Texte prägt, wodurch die objektive Wahrheit, Gott und der katholische Glaube sich letzten Endes in nichts auflösen. Infolge der kopernikanischen Revolution, die Kant (1724–1804) in der Philosophie vollzogen und die Pius X. anno 1907 in Pascendi angeprangert hat, drehte sich das Subjekt nun nicht mehr um das Objekt, sondern das Objekt um das Subjekt. Dieser Irrsinn hat mittlerweise auf die ganze Welt übergegriffen.

2 Gewiss, das Konzil war schlecht, aber sein Griff um die Römer lockert sich heute. Tatsächlich? Und Pachamama? Seit wann sehen wir einen solchen öffentlichen Götzendienst in den Gärten des Vatikans und in den Kirchen von Rom selbst?

3 Es bringt der Bruderschaft nichts, zu warten, bis sich Rom von seinem Modernismus abwendet und wieder zum wahren Glauben findet, aber wenn Rom gewillt ist, uns „so, wie wir sind,“ zu akzeptieren, bedeutet dies, dass Rom den Weg der Bekehrung bereits beschritten hat, und deshalb sollten wir zu einer Übereinkunft gelangen. In der Tat ist es nutzlos, auf die Bekehrung der römischen Modernisten zu warten, denn sie sind Liberale. Um einen Liberalen zu bekehren, bedarf es eines Wunders (Pater Vallet), ist der Liberalismus doch eine bequeme und verführerische Falle, aus der man sich, menschlich gesprochen, so gut wie unmöglich ohne ein Wunder befreien kann, und dieses Wunder für Welt und Kirche wird die Weihung Russlands sein und nicht eine Bruderschaft, die sich zunehmend den Liberalen anpasst. Wenn diese die einst widerspenstige Piusbruderschaft so akzeptieren, „wie sie ist,“ dann nur, weil letztere nicht mehr wie früher antiliberal ist und das Salz der Bruderschaft seinen Geschmack verloren hat (vgl. Matthäus V, 13).

4 Wir brauchen Geduld und Takt, um zu verstehen, wie die Römer denken, um sie nicht vor den Kopf zu stossen. Um zu verstehen, wie diese Modernisten in Rom denken, brauchen wir Demut und Realismus, und wir müssen von Pascendi unsere Köpfe zerschmettern lassen, bis wir das – gefährliche und hochgradig ansteckende – Virus ihres Modernismus richtig verstehen. Erst dann dürften wir uns auf irgendwelche Debatten mit ihnen einlassen. Was die Rümer am dringendsten bräuchten – kðnnten sie es nur ertragen – wäre eine scharfe Kritik, die sie in der Tat „vor den Kopf stossen“ und von ihrem Modernismus befreien würde, bis sie begreifen, was Pater Calmel meinte, als er sagte: „Ein Modernist ist Häretiker und Verräter zugleich.“

5 Es ist kein formelles Abkommen zwischen Rom und der Bruderschaft unterzeichnet worden, so dass noch kein Schaden angerichtet worden ist. Ungeheurer Schaden ist durch eine Reihe partieller Übereinkünfte angerichtet worden, beispielsweise in Bezug auf Beichten und Eheschliessungen; dies ist der Grund dafür, dass zahlreiche Angehörige der Bruderschaft – Priester und Laien – immer weniger begreifen, was deren Gründer meinte, als er in seinem letzten Buch schrieb, ein jeder Priester, der den Glauben zu behalten wünsche, tue gut daran, sich von diesen Römern fernzuhalten. Sie mögen „nette“ Männer sein. Sie mögen „es gut meinen.“ Doch objektiv gesehen, morden sie Mutter Kirche.

Kyrie eleison.

Des Erzbischofs Autorität – I

Des Erzbischofs Autorität – I on Februar 15, 2020

Veranschaulichen wir das Verhältnis zwischen der katholischen Wahrheit und der katholischen Autorität anhand des Athanasius der Neuzeit, den Gott uns schenkte, um uns den Weg durch unsere vorapokalyptische Krise zu weisen: Erzbischof Lefebvre (1905–1991). Während sich die grosse Mehrheit der Kirchenführer bei Vatikan II dazu verleite liess, die Natur des Glaubens zu ändern und einige Jahre später im Namen des Gehorsams gegenüber der Autorität den wahren Ritus der Messe aufzugeben, blieb der Erzbischof kraft seines Glaubens der unveränderlichen Wahrheit der Kirche treu und zeigte, dass diese das Herz und die Seele ihrer göttlichen Autorität darstellt. „Der Gehorsam ist nicht der Diener des Gehorsams,“ lautet ein spanisches Sprichwort.

Sicherlich glaubte der Erzbischof an die Autorität der Kirche, ihren Mitgliedern aller Stufen Weisungen zur Rettung ihrer Seelen zu erteilen. Deshalb war er während der ersten Jahre der Existenz der Priesterbruderschaft St. Pius X. (1970–1974) sorgfältig darauf bedacht, dem kanonischen Recht und dem Papst, Paul VI., zu gehorchen, soweit er hierzu in der Lage war. Doch als Kirchenvertreter, die von Rom entsandt worden waren, um sein Seminar in Écône zu inspizieren, sich in ihren Aussagen gegenüber Seminaristen weit von der katholischen Wahrheit entfernten, schrieb er seine berühmte Erklärung vom November 1974, in der er sich gegen Roms Abkehr vom katholischen Glauben zugunsten der neuen Konzilsreligion verwahrte. Diese Erklärung diente der traditionalistischen Bewegung, deren Geburtsstunde man auf die Messe von Lille vom Sommer 1976 datieren kann, gewissermassen als Charta.

Zwar hat der Erzbischof selbst stets resolut dementiert, der Führer der Tradition zu sein, weil die katholische Tradition bis zum heutigen Tage eine inoffizielle Bewegung ist und keinerlei offizielle Struktur besitzt. Zudem war er unter den Traditionalisten durchaus nicht die einzige Führungspersönlichkeit, und nicht alle von ihnen pflichteten ihm bei oder huldigten ihm. Nichtsdestoweniger sahen sehr viele Katholiken in ihm ihren Führer, vertrauten und folgten ihm. Warum? Weil sie in ihm die Fortsetzung des katholischen Glaubens sahen, durch den allein sie ihre Seelen retten konnten. In anderen Worten: Auch wenn der Erzbischof keine offizielle Autorität über sie hatte, weil die Jurisdiktion das Vorrecht regulär gewählter oder ernannter offizieller Kirchenvertreter ist, erwarb er dank seiner Treue gegenüber dem wahren Glauben bis zu seinem Tod eine enorme moralische Autorität. Anders gesagt: Seine Wahrheit legte den Grundstein für seine Autorität, die zwar inoffiziell, aber real war, während der Mangel an Wahrheit, an dem die offiziellen Kirchenvertreter krankten und kranken, ihre Autorität seither unablässig untergräbt. Dass die Autorität, zumindest die katholische Autorität, von der Wahrheit abhängt, lag klar zutage.

Hinsichtlich der anno 1970 vom Erzbischof gegründeten Priesterbruderschaft St. Pius X. standen die Dinge jedoch etwas anders, weil ihm die offizielle Kirche eine gewisse Jurisdiktion auf dem Gebiet der – Bischof Charrière unterstehenden – Diözese Genf/Lausanne/Freiburg gewährte. Diese Jurisdiktion bedeutete ihm sehr viel, bewies sie doch, dass er mit seinem Wirken keine imaginären Probleme beschwor, sondern das Werk der Kirche verrichtete. So tat er sein Bestes, um die Bruderschaft zu leiten, als sei er das normale Oberhaupt einer normalen katholischen Kongregation unter Rom, wozu ihm seine Verteidigung des wahren Glaubens alles Recht gab. Allerdings machten die öffentlichen und offiziellen Römer weidlich von ihrer Jurisdiktion Gebrauch, um ihn als Scharlatan anzuprangern und so die katholischen Massen, die ihm sonst gefolgt wären, gegen ihn aufzubringen.

Doch nicht genug damit – die Neukirche, welche die Konzilsrömer um ihn herum aufbauten, bedeutete, dass seine Autorität selbst innerhalb der Bruderschaft ernstlich geschwächt wurde. Wenn beispielsweise vor dem Konzil ein mit dem Bischof seiner Diözese unzufriedener Priester seine Versetzung in eine andere Diözese beantragte, erkundigte sich der Bischof letzterer selbstverständlich beim Bischof ersterer nach dem betreffenden Geistlichen, und wenn der erste Bischof dem zweite riet, sich nicht mit diesem inzulassen, war der Antrag chancenlos. Stellte hingegen ein Priester, der zwar der Bruderschaft angehörte, aber mit dieser unzufrieden war, den Antrag, in eine Diözese der Neukirche versetzt zu werden, durfte er damit rechnen, dass ihn diese als Flüchtling vor dem „Lefebvre-Schisma“ mit offenen Armen in der offiziellen Gemeinde willkommen liess. Der Erzbischof erhielt von den anderen Bischöfen also keine Unterstützung und konnte seine Priester innerhalb der Bruderschaft folglich nicht gebührend disziplinieren. Seine Autorität war in höchstem Masse verwundbar, weil ihm keinerlei Sanktionen zur Verfügung standen, mit denen er wankelmütige Priester im Zaun halten konnte. Der Mangel an Wahrheit in der Neukirche hat die Wahrheit in die Bruderschaft verbannt, doch ohne jene katholische Autorität, die zu ihrem Schutze erforderlich ist.

Kyrie eleison.

Professor Drexel – III

Professor Drexel – III on Januar 18, 2020

Im dritten und letzten Auszug aus dem in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts in Österreich erschienenen, bewundernswerten Buch Professor Drexlers „Der Glaube ist mehr als Gehorsam‟, den wir in diesen Kommentaren wiedergeben, dürfen wir mit Fug und Recht annehmen, dass Unser Herr spricht, weil die Botschaft für sich selbst in jeder Hinsicht dem wahren Glauben entspricht und im Zusammenhang mit der Verwirrung, die sich nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) in der Kirche breitmachte, ein klares Zeichen dafür darstellt, dass die offizielle Kirche einen Irrweg eingeschlagen hat und auch heute, wo wir schon tief im 21. Jahrhundert stecken, weiterhin einschlägt. Für den katholischen Klerus ist die Botschaft eine klare Warnung: Wenn ihr darauf beharrt, den neuen, von Menschen vorgezeichneten Weg zu beschreiten und hierdurch Gottes wahre Religion aufzugeben, droht euch nach dem Tod eine furchterregende Verdammnis in der Hölle. Für die katholischen Laien ist das Buch eine nicht minder klare Ermutigung: Wenn ihr der wahren Kirche mit Glauben und Mut die Treue haltet, erwartet euch im Himmel reicher Lohn. Für Klerus und Laien zugleich ist die Botschaft im Jahre 2020 von höchster Aktualität.

MAI 1974.

Laßt euch nicht niederdrücken von den Wirren und den Irrlehren untreuer und abfallender Priester, denen der Leib und die Sinnenlust höher stehen als der Glaube und die Liebe zu Meiner Kirche und zu den unsterblichen Seelen. Alle wahrhaft Gläubigen mögen wissen, daß die inneren und äußeren Feinde der Kirche ihrem Untergang geweiht sind – unentrinnbar, wenn sie nicht in ihrem Inneren reuig zur Einheit der Lehre zurückkehren!

Ich sage: es werden Priester aufstehen, die sich jetzt im Stillen, im Verborgenen, für die Zukunft heranbilden und zur Zeit, ja schon bald, im apostolischen Geist und auf den Spuren der Heiligen für die von Mir gewollte Ordnung und Einheit Meiner, der Katholischen Kirche, eintreten in heiliger Ehrfurcht vor dem Geheimnis und Wunder der heiligen Eucharistie. (Dies ist sicherlich eine Prophezeiung der jungen Priester der Tradition, die 1976 in kleiner, aber nicht unbedeutender Zahl auftreten sollten.)

JULI 1975.

Meine Kirche lebt inmitten eines Abfalls und der Zerstörung. Sie lebt in ungezählten Gläubigen und Getreuen. In der Geschichte dieser Meiner Kirche hat es immer wieder zufolge schlechter Priester und lauer Hirten Zeiten des Niederganges, des Abfalls und der Verwüstung gegeben. Doch der Geist Gottes ist stärker und er hat über den Trümmern und Gräbern der Untreue und des Verrates die kleingewordene Kirche sich erheben und neu erblühen lassen. Das Werk von Ecône Meines Dieners Marcel geht nicht unter! (Der hier erwähnte „Marcel‟ ist selbstverständlich Erzbischof Lefebvre, der im Jahre 1970 das traditionalistische Seminar von Ecône gegründet hatte.)

MÄRZ 1976.

Mein getreuer Sohn Marcel, der für den Glauben viel zu leiden hat, schlägt den richtigen Weg ein. Er ist wie ein Licht und ein Pfeiler der Wahrheit, die viele Meiner geweihten Priester verraten. Der Glaube ist mehr als Gehorsam. Deshalb ist es Mein Wille, dass das Werk der theologischen Ausbildung der Priester im Geist und Willen Meines Sohnes Marcel weitergeführt werde, zur Rettung und grossen Hilfe meiner einzigen und wahren Kirche. (Wer Ohren hat zu hören, erkennt hier die klarste Unterstützung der Bewegung der katholischen Tradition.)

DEZEMBER 1976.

Jene aber, die sich auf das Priestertum vorbereiten an den bischöflichen Seminarien, treten ohne den ganzen und tiefen und warmen Glauben an die heilige Wandlung in das Priestertum ein, und nicht wenige der Priestertumskandidaten liebäugeln mit dem Gedanken, einmal eine Ehe schließen zu können. Darum ist die Zeit nicht mehr ferne, in der an vielen Orten das Volk ohne Priester sein wird.

Jene Priester aber, die im sakramentalen Opfer noch wahrhaft das Heiligste sehen und in heiliger Gesinnung das Geheimnis Meines Fleisches und Blutes vollziehen, wie Mein würdiger Diener Marcel, werden verfolgt, verachtet und geächtet.

Kyrie eleison.

Sprecht Klartext!

Sprecht Klartext! on Dezember 28, 2019

Kennzeichnend für die grossen Geister der Vergangenheit ist, dass sie über grosse Dinge nachdachten, worunter – explizit oder implizit – Dinge zu verstehen sind, die mit Gott in Verbindung stehen, und wenn sie tatsächlich grosse Geister waren, kann ihr Denken nicht rein destruktiv gewesen sein. Ein solcher Geist war sicherlich Englands Shakespeare. Als Katholik empfand er Schmerz darüber, dass der Abfall seines Landes vom katholischen Glauben gerade zu dem Zeitpunkt, wo er seinen schöpferischen Höhepunkt erreichte, um das Jahr 1600 herum, endgültig vollzogen war. Doch diese Zuwendung Englands zum Protestantismus bedeutete, dass er, wenn er nicht gehängt, ausgeweidet und gevierteilt werden wollte, seine katholische Botschaft in verklausulierter Form verbreiten musste, wie Clare Asquith in ihrem anno 2005 erschienenen Buch „Shadowplay“ bewiesen hat, in dem sie sich mit Shakespeares Schaffen auf unvergleichlich höherem Niveau auseinandersetzt als englische „Patrioten“ und die Zwerge der Literaturkritik es tun.

Dies sei anhand eines Beispiels veranschaulicht. Im Anhang des Buchs findet sich eine Analyse von Shakespeares Sonnet 152, in dem Frau Asquith aufzeigt, wie sich hinter dem vordergründigen Hinweis auf eine Frau, die der Dichter kannte, von der ersten bis zur letzten Zeile eine zweite, vollständig verschiedene Bedeutung verbirgt, die für ihn als Schriftsteller, der seine Landsleute hätte warnen müssen, dies jedoch nicht tat, weitaus schwerer ins Gewicht fällt. Hier die 14 Zeilen des Sonnets; es schliesst sich eine Deutung seiner hintergründigen Botschaft an:

Daß ich dich lieb’ ist Meineid; weißt du: doch
Zwiefach meineidig du, mir Liebe schwörend,
Brachst mit der Tat dein Bettgelübde, noch
Den neuen Liebesbund in neuem Haß zerstörend!
Doch ich, der zwanzig Eide bricht, wie könnt’ ich
Dir zwei verübeln? Lüg’ ich doch weit mehr;
Und was ich schwören mag, mißhandelt dich beständig:
Mein bestes Wort machst du bedeutungsleer.
Denn ich beschwur mit teuern Seelenschwüren
Dein teures Lieben, deine Güt’ und Treu;
Ich lieh der Blindheit Augen, dich zu zieren:
Verleugnen mußten sie, daß wahr ihr Zeugnis sei:
    Denn ich schwur, du sei’st schön: o grober Trug,
    Natur zu lästern mit so schnödem Lug!

Du weisst, ich breche ein Versprechen, indem ich dich liebe, doch indem du schwörst, dass du mich liebst, brichst du zwei Versprechen: Du hast dem Bett deines Gatten entsagt, bist dann zu ihm zurückgekehrt („neuer Liebesbund“), nur um ihn abermals zu verraten („neuer Hass“). Doch warum zeihe ich dich, zwei Eide gebrochen zu haben, wenn ich zwanzig Eide breche? Der grössere Meineidige bin ich, denn zu deinem eigenen Schaden habe ich Eid um Eid auf deine Güte („teures Lieben, Güte und Treu“) geschworen, während ich doch genau wusste, dass du nicht gut bist. Somit habe ich geschworen, dass du sehr freundlich bist, sehr liebevoll, sehr wahrheitsliebend, sehr beständig, und um dich in ein gutes Licht zu stellen, gab ich vor zu sehen, was ich nicht sah; oder ich schwur, nicht zu sehen, was mein Auge erblickte. Denn ich schwur, du seist gut. Welch furchtbarer Meineid meinerseits, wo das doch so unwahr ist!

Interessanterweise ergibt der Text des Sonnets in seiner verborgenen Bedeutung – als Anspielung auf das seinem Glauben untreu gewordene England – mehr Sinn als in seiner vordergründigen, der sich auf Shakespeares untreue Geliebte bezieht. Das „Fröhliche England“ war der katholischen Kirche 900 Jahre lang treu gewesen. Durch die 1534 erlassene Suprematsakte Heinrichs VIII. („mit der Tat ) brach England die Ehe („Bettgelübde“) gegenüber der katholischen Kirche und erkor den Protestantismus zu seinem Buhlen. Unter Mary Tudor wandte es sich 1553 wieder dem Katholizismus zu („neuer Liebesbund“), beging jedoch 1558 unter Elisabeth I. erneut Ehebruch („neuer Hass“ [auf die katholische Kirche] ). Doch Shakespeare (1564–1616) zeiht sich selbst einer noch viel schlimmeren Untreue, denn all diese Jahre hindurch hat er England mit seinen abtrünnigen Tudor-Königen immer wieder verherrlicht („dich zu zieren“), beispielsweise in seinen historischen Dramen, und zwar zu Englands Schaden („misshandelt dich beständig“), denn als Katholik wusste er sehr wohl, dass der Protestantismus den Untergang des „Fröhlichen Englands bedeuten würde. So kam es denn auch!

Und heute? Das Muster wiederholt sich: Mehr als 1900 Jahre lang waren die Katholiken treue Ehepartner der wahren Kirche, doch mit Vatikan II (1962–1965) folgte die grosse Masse von ihnen schlechten Führern, die sie zu offener oder versteckter Buhlerei mit der modernen Welt verleiteten („brachst mit der Tat dein Bettgelübde“). Dann führte Erzbischof Lefebvre (1905–1991) viele von ihnen wieder in den Schoss der wahren katholischen Kirche zurück („neuer Liebesbund“ bzw. Erneuerung des alten Glaubens und der alten Liebe), aber seine Nachfolge an der Spitze der von ihm 1979 gegründeten Priesterbruderschaft St. Pius XII. verfielen, von „neuem Hass“ auf die vorkonziliäre Wahrheit erfüllt, abermals ehebrecherischen Gelüsten nach einer Wiedervereinigung mit Konzilsrom.

Und die Moral von der Geschicht? Alle Shakespeare-Bewunderer und alle Katholiken unter uns müssen Klartext sprechen und mit aller Deutlichkeit festhalten, dass es in Pachamama-Rom einen Greuel gibt, den wir verabscheuen müssen.

Kyrie eleison. „In Rom,“ so sprach der Erzbischof, „wird bald der Glaube ganz verschwinden.

Drum müssen Katholiken eine neue geistige Heimat finden.“

Makkabäer? Wo?

Makkabäer? Wo? on Januar 26, 2019

Was bedeutet die Wiedervereinigung der Priesterbruderschaft St. Pius X. mit Rom für die grosse Masse der Weltbevölkerung, ja selbst für die übergrosse Mehrheit ihrer Katholiken? Die Antwort kann nur lauten: Sehr wenig. Um einen Vergleich anzustellen: Als einige Passagiere auf der Titanic eine Gruppe von Ingenieuren erblickten, die sich unter Deck begaben, um das eine oder andere zu untersuchen, wird sie das herzlich wenig interessiert haben, doch sobald sie erfuhren, dass ihr gigantisches Schiff zum Untergang verurteilt war, muss ihr Interesse schlagartig gestiegen sein. Die katholische Kirche ist vor mehr als 50 Jahren von einem Eisberg namens Vatikan II gerammt worden. Ein grosser Ingenieur der Kirche wies deren Kapitän warnend darauf hin, was geschehen war und wohin das führen musste, und er zeigte ihm, was es zu tun galt, um die Kirche vor dem Versinken zu bewahren. Leider stiessen die Mahnungen Erzbischof Lefebvres beim damaligen Kapitän und seinen Nachfolgern auf taube Ohren, und die eingeschüchterten Erben des Erzbischofs ziehen es heute vor, den irregeleiteten Kapitänen Gehör zu schenken, für die man, wenn die Bruderschaft den wahren Ausweg nicht mehr weist, nur Mitleid empfinden kann. Rufen wir uns die letzten sechs Jahre des Wiedervereinigungsprozesses in Erinnerung, und untersuchen wir, wie weit er heute bereits gediehen ist.

Der entscheidende Schritt bei diesem Prozess war das Generalkapitel der Bruderschaft im Jahre 2012, bei dem sie von dem fundamentalen Prinzip des Erzbischofs abrückte, dass ohne eine Übereinkunft zwischen der Bruderschaft und Rom bezüglich der Doktrin kein lediglich praktisches Abkommen der Kirche nützen könne. Der Grund dafür ist, dass ein Katholik sich zuallererst dadurch als Katholik erweist, dass er seine subjektive Tugend des Glaubens der objektiven Lehre des kirchlichen Glaubens unterwirft. Der Irrtum des Subjektivismus besteht darin, dass er den objektiven Glauben subjektiv macht, mit dem Ergebnis, dass es dem Menschen frei steht, was er glauben will, und dass er sich folglich verhalten darf, wie es ihm beliebt. Man darf also glauben, dass zwei und zwei vier ergeben, ODER fünf, ODER sechs Millionen. Dieser Abfall vom Glauben, dessen sich Vatikan II schuldig gemacht hat, wurde anno 2012 von der Bruderschaft weitgehend nachvollzogen, aber dennoch begannen deren Führer sofort, ihren Priestern und Laien einzureden, dass sich in der Bruderschaft nichts Wesentliches geändert habe. ABER:

Im Jahre 2013 setzte eine Reihe von öffentlich bekanntgegebenen Gesprächen mit den römischen Behörden in Rom ein, um einen stufenweisen Prozess der vollständigen Anerkennung in die Wege zu leiten. Dieser Prozess vollzog sich dann Schritt für Schritt:

2014 besuchten römische Würdenträger Seminare der Bruderschaft, und die Bruderschaft erhielt offiziell die dank dem Jubiläum erteilte zeitweilige „Genehmigung,“ Beichten abzunehmen und die letzte Ölung zu erteilen.

2015 wurde die „Genehmigung“ zur Abnahme der Beichte und zur Erteilung der letzten Ölung für permanent erklärt.

2016 wurden von der Bruderschaft vorgenommene Priesterweihen nicht länger mit Suspension „a divinis“ geahndet.

2017 wurden unter der Ägide der Bruderschaft geschlossene Ehen durch die Teilnahme von Neukirche-Priestern als Zeugen”legitimiert”.

2018 wählte das Generalkapitel der Priesterbruderschaft St. Pius X. als Mitglieder ihres Generalrats drei Männer, die sich nicht unbedingt als Ritter des Glaubens profiliert hatten, und schuf zwei neue Stellen (Generalberater), um es Bischof Fellay sowie Pater Schmidberger zu ermöglichen, ihre Macht als die beiden führenden Trommler für die Wiedervereinigung beizubehalten.

Und 2019? – Es besteht kein Zweifel daran, dass Rom die Wiedereingliederung der Kommission Ecclesia Dei (ED) in die Kongregation für die Glaubenslehre (KG) plant und wahrscheinlich auch vollziehen wird. Die ED war 1988 als Unterkommission der ED gegründet worden, um römischen Katholiken, die nach den Priesterweihen der Bruderschaft erwogen, dem Erzbischof statt Rom zu folgen, für Rom zurückzugewinnen. An und für sich sollte die ED den Traditionalisten relativ freundlich begegnen. Doch Papst Franziskus hat keine Zeit für die Tradition. Da sich also die Neubruderschaft jetzt mit Rom darüber einig ist, dass sich die beiden Seiten längst nicht mehr so unversöhnlich gegenüberstehen wie im Jahre 1988, wird Franziskus die ED auflösen. Allerdings war die ED gegenüber der Tradition wohlwollend eingestellt, während die GDF aus Bannerträgern der Neukirche besteht. So wie sich Rotkäppchen dem bösen Wolf überantwortete, wirft sich die Neubruderschaft heute Rom in den Rachen – „Oh süsses grosses böses Rom, was für wunderschöne Zähne du doch hast!“ „Sie dienen mir gar trefflich dazu, dich zu fressen, du dummes Kindlein!“

Und die Bruderschaft? So wie sie glücklich ist, dass Rom die ED aufgelöst hat, weil die KG sie dann als vollwertigen Bestandteil der Kirche behandeln wird, läuft sie Gefahr, glücklich zu sein, wenn Rom der Bruderschaft zwei verhältnismässig anständige Neubischöfe zuweist, die sich um Priesterweihen und Konfirmationen kümmern, jedoch von ausserhalb der Bruderschaft und stets unter Roms eigener Kontrolle. Seitens der Römer wäre dies ein kluger Schritt, und die Falle würde sich noch enger um das schliessen, was von der Bruderschaft des Erzbischofs noch übrig geblieben ist. Und wie viele Priester der Neubruderschaft würden auch nur erkennen, dass es ein „Meer der Unruhe“ gibt, geschweige denn „zu den Waffen greifen, um ihm eine Ende zu bereiten?“ Es ist zu befürchten, dass es nicht viele sein werden.

Kyrie eleison.

Aktiver Widerstand?

Aktiver Widerstand? on Oktober 20, 2018

Dieses Mal schreibt eine Großmutter die”Eleison-Kommentare” an. Ihr vorgebrachtes Anliegen findet unter all jenen Lesern und Freunden weite Verbreitung, die den Zielen der „Widerstands“bewegung zwar grundsätzlich Sympathie entgegenbringen, sich aber andererseits fragen, was selbige gegenwärtig an Hilfestellung anlässlich ihrer Situation einbringe. Hier nun ihr leicht zusammengefasstes Plädoyer:

Wegen des in der Bruderschaft wie im Widerstand an den Tag gelegten Führungsmangels bin ich tief enttäuscht. Wir unterstützen den Widerstand, aber wir vernehmen nichts darüber, was er tut. Sie haben kürzlich drei Bischöfe geweiht. Doch welche ist deren Aufgabe? Was tun diese, um den Gläubigen etwas Trost zu spenden und Hoffnung zu geben? Auch über sie hören wir nichts. Können sie nicht eine Art Widerpart gegen die Bruderschaft zu Wege bringen, zusammen mit einigen sehr gestandenen Priestern, welche die Priesterbruderschaft verlassen haben? Könnten diese nicht eine „Gegenbruderschaft“ ins Leben rufen? Denn sicherlich sucht Gott nach mehr als nur Betern und Gebeten. Vor Jahren erhob Er den Erzbischof, um Seine Kirche in Schutz zu nehmen. Wird Er uns Glaubenstreue nunmehr im Stich lassen? Ich mutmaße, viele Katholiken der Tradition warten heute verzweifelt auf eine starke Führung: möge diese in der Bruderschaft, möge sie im Widerstand gründen.

Verehrte Großmutter,

Lassen Sie mich meine Antwort mit einer berühmten vorchristlichen Episode aus der Römischen Geschichte beginnen. Im Jahre 216 v. Chr. schloss das gemeinhin als unschlagbar geltende Römische Heer seine Reihen zum Abwehrkampf gegen die Karthager unter der Führung Hannibals. Dieser war in Italien einmarschiert und bedrohte geradewegs selbst Rom. Allein in der Schlacht von Cannae in Süditalien wurden die alsbald ausmanövrierten Römer von Hannibal umzingelt und von den Karthagern schließlich niedergemetzelt. In Rom machte sich helle Bestürzung breit. Wie galt es, zu reagieren? Einige Römer wollten eine andere Armee ausheben, Hannibal nachsetzen und ihn ein weiteres Mal stellen. Hingegen zielte der von Konsul Fabius unterbreitete Ratschlag darauf ab, eine weitere Entscheidungsschlacht – wenn immer möglich – zu vermeiden und stattdessen bei engmaschiger Überwachung des Feindes einfach nur abzuwarten, bis dieser von selbst nach Hause abzöge. Der Ratschlag war gut, und er wurde befolgt. Schließlich rückten die Karthager in ihre Heimat ab, wo deren Heer vierzehn Jahre später von den Römern vernichtend aufgerieben wurde. Senator und Feldherr Quintus Fabius Maximus Verrucosus, genannt Cunctator, „der Zögerer,“ hatte gewonnen.

Kein Vergleich ohne Haken. Hätte im Rückblick auf die vernichtende Niederlage der Kirche im II. Vatikanischen Konzil (1962–1965) irgendjemand Erzbischof Lefebvre mit Recht vorgeworfen, eine Handvoll Jahre später diejenige Streitkraft auszuheben, welche ihm vergönnt war, um den Kampf gegen die Modernisten fortzusetzen? Mitnichten. Allein das II. Vatikanische Konzil kam einer Entscheidungsschlacht gleich. Ob seiner Dimension hinterließ es dem Erzbischof in ausreichendem Maße versprengte, in jedem Fall aber kriegsverwendungsfähige Soldaten, um diese in den Siebzigern in einem kleinen Heer zu bündeln. Im Gegenzug dazu war die Niederlage dieser selben kleinen Armee auf dem Zwischenkapitel der Bruderschaft im Jahre 2012 und in Folge fortgeschrieben eine im numerischen Vergleich weit abgeschlagene Niederwerfung. Sie hinterließ nicht im Ansatz die Anzahl der am Ende des II. Vatikanischen Konzils auseinanderstiebenden kampfestauglichen Krieger. Könnte die Strategie noch einmal mit derjenigen der Siebziger und Achtziger in Gleichklang gebracht werden? Weit gefehlt. Denn im Gegensatz zu den zerstreuten Katholiken von dazumal waren die Kämpfer diesmal des Öfteren Kinder der revolutionären Sechziger oder später, und als solche in weit geringerem Maße für Gehorsamsstimmung oder Sinn nach einer geordneten Kirche respektive Welt disponiert. Wer mag schon leugnen, das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts sei weitaus ungeordneter und disziplinloser als selbst die Siebziger? Man kann darüber rätseln, ob der Erzbischof mit all seinen Talenten heutzutage eine „Gegenbruderschaft“ hätte zusammenbringen können oder wollen. Vielleicht, vielleicht auch nicht . . .

Unter diesen gegebenen Umständen verrichten die vier Bischöfe der „Widerstands-bewegung“ (nicht „Widerstands-organisation“), was in ihrer Macht steht: ein jeder in seinem Part der Welt – um die Katholiken in deren Bestreben nach Glaubenserhalt mit Eiserner Ration gesunder Glaubenslehre und erhältlicher Anleitung in Verbindung mit den bischöflichen Sakramenten zu versorgen. Dies ist eine minimale Errungenschaft, weder glamourös noch sensationell, aber sie mag etwas Wesentliches sein, was notwendig ist. Wenn dem so ist, möge Gott uns im rechten Glauben bewahren.

Kyrie eleison.