Erzbischof Marcel Lefebvre

Menzingens Fehler – III

Menzingens Fehler – III on Juli 22, 2017

Ein weiterer Priester, welcher der Priesterbruderschaft St. Pius X. angehört (Pater PR, so wie Pater von den „Public Relations“), ist in die Arena hinabgestiegen, um die Bemühungen seiner Vorgesetzten, die offizielle Anerkennung der Bruderschaft durch Rom zu erkämpfen, zu verteidigen. Dies tut PR in geschickter Form, doch leidet seine Argumentation an demselben Kardinalfehler wie das von ihm verteidigte Streben nach Anerkennung – einem Mangel an Realismus. Prinzip und Praxis sind zwei verschiedene Dinge, selbst wenn sich letztere von Prinzipien leiten lassen muss. Ein Meister der Prinzipien ist noch lange kein Meister der Praxis, und umgekehrt. Bemerkenswerterweise beginnt PRs Verteidigung des Strebens seiner Vorgesetzten nach Anerkennung mit der Aussage, ihm, PR, gehe es bei seiner Verteidigung einzig um Prinzipien: Erstens darum, ob man Anerkennung seitens eines Modernisten im Prinzip akzeptieren darf, und zweitens, wie weit man im Prinzip mit einem Modernisten zusammenarbeiten darf.

Zum Beweis dafür, dass man Anerkennung seitens eines modernistischen Papstes akzeptieren darf, führt der Pater das Argument ins Feld, Erzbischof Lefebvre habe sich bis zum Tode Pauls VI. im Jahre 1978 um dessen Anerkennung bemüht, und anno 1988 habe er eine Zusammenarbeit mit Johannes Paul II. lediglich in der Praxis, nicht jedoch im Prinzip abgelehnt. Ebenso habe das Generalskapitel der Bruderschaft im Jahre 2012 kein Glaubensbekenntnis von Benedikt XVI. verlangt. Ausserdem hätte eine solche Forderung auf einen schismatischen Geist hingewiesen.

Darauf muss man antworten, dass der Konflikt zwischen dem Erzbischof und Paul VI. ab 1974 wohlbekannt ist, und hinter der praktischen Ablehnung des Protokolls von 1988 seitens des Erzbischofs haben die Prinzipien seines Glaubens gestanden. Anno 2012 ist die Bruderschaft dann von der Haltung des Erzbischofs abgerückt, indem sie seinen Standpunkt zur Glaubensfrage im Prinzip aufgegeben hat. Und was den schismatischen Geist betreffe, wer ist in Wahrheit Schismatiker gewesen, der Erzbischof oder die Modernisten?

In Bezug auf Papst Franziskus stellt sich PR auf den Standpunkt, Franziskus sei der Papst; die Kirche sei das, wozu nicht er, sondern Unser Herr sie gemacht habe; eine Zusammenarbeit mit Franziskus erfolge lediglich deshalb, weil er der katholische Papst sei. Doch hier drängt sich folgender Einwand auf: Im realen Leben hat es die Bruderschaft nicht allein mit der Katholischen Kirche oder einem katholischen Papst zu tun, sondern unmittelbar mit den verhängnisvollen konziliären Irrlehren.

Im zweiten Teil seiner Darlegungen, wirft PR die Frage auf, wie weit man mit einem Modernisten kooperieren darf. Hierauf antwortet er, man dürfe dies tun, sofern es zum Wohl der Kirche geschehe, wobei er hartnäckig die Augen vor der heutigen Realität verschliesst. Hier seine Argumente und die sich aufdrängenden Einwände dagegen:

* Die Kirche ist irrtumslos –

Freilich, aber die konziliären Prälate begehen laufend Irrtümer.

* Die Bruderschaft dient der Kirche, nicht Kirchenmännern. –

Freilich, aber um der Kirche zu dienen, muss sie heute über Kirchenmänner gehen, die dem wahren Glauben abtrünnig geworden sind.

* Eine katholische Prälatur dürfte nicht als Geschenk von Rom abgelehnt werden. –

Freilich, aber erst dann, wenn sie nicht von falschen Kirchenmännern verwaltet wird.

* Der Papst braucht sich nur an die Prälatur-Bedingungen zu halten. –

Freilich, doch wer schützt ein Stück Papier vor solchen Verwaltern?

* Die Autorität des Papstes kommt von Gott. –

Freilich, aber nicht, um die Kirche zu zerstören (2. Korinther XIII, 10).

* Die Bruderschaft tat gut daran, die Jurisdiktion der Konzilskirche für Beichten und Eheschliessungen zu akzeptieren. –

Pater PR., sind Sie sich dessen ganz sicher? Und wenn das nur der Käse in einer Mausefalle war?

* Eine solche Frage der Praxiswie diese letzte lasse sich”in einem Artikel wie diesem über die Prinzipien nicht verbindlich beantworten”, entgegnet PR, doch allein schon die Möglichkeit, dass es sich nicht um eine Falle handeln könnte, beweist für ihn, dass man die Frage, ob man Roms kanonische Anerkennung akzeptieren dürfe oder nicht, „nicht ausschliesslich auf der Grundlage des wahren oder falschen Glaubens des Papstes beurteilen darf.” Deshalb folgert er, dass „die kanonische Anerkennung akzeptiert werden sollte, wenn sie für das Wohl der Kirche wirkt, und abgelehnt werden sollte, wenn dies nicht der Fall ist, unabhängig vom Glauben des Papstes.”

Doch stellen Sie sich folgende Frage, Pater: Da klar zu Tage liegt, worum es sich beim „Glauben” dieses Papstes handelt, würde eine kanonische Anerkennung die Bruderschaft dann nicht der Kontrolle von der Amtskirche angehörenden, d. h. modernistischen Vorgesetzten bringen? Ja oder nein? Glauben Sie, dass dieser Papst im realen Leben eine Prälatur garantieren würde, welche die Bruderschaft nicht der Kontrolle Roms unterstellen würde? In anderen Worten, der Kontrolle von Leuten, die nicht mehr an eine objektive Wahrheit glauben? Katholischen Prinzipien wohnt viele Schönheit inne, doch sie müssen im realen – oft allzu realen – Leben in die Praxis umgesetzt werden.

Kyrie eleison.

Desintegration

Desintegration on Oktober 29, 2016

Die Welt zerfällt, die Mitte hält nicht mehr
Und losgelassen nackte Anarchie.
Und losgelassen blutgetrübte Flut
Das Spiel der Unschuld überall ertränkt.
Die Besten sind des Zweifels voll, die Ärgsten
Sind von der Kraft der Leidenschaft erfüllt.

Diese berühmten Zeilen aus The Second Coming („Das Zweite Kommen“), einem Gedicht, das 1919, also kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, von dem englisch-irischen Poeten W. B. Yeats (1865–1939) verfasst wurde, bieten sich als mögliche Erklärung dafür an, dass die Widerstandsbewegung gegen den 2012 verübten Verrat an Erzbischof Lefebvres Priesterbruderschaft St. Pius X. zwar kraftvoll das Banner der Wahrheit schwenkt, aber dennoch so uneinig und zahlenmässig so schwach ist. Seit dem Jahr 1919 ist mittlerweile fast ein Jahrhundert vergangen, und Yeats war weder Katholik, noch machte er sich sonderliche Sorgen um den Zustand der Katholischen Kirche, die damals in voller Blüte zu stehen schien. Doch Dichter können Visionäre sein, und Yeats hielt in diesen Zeilen eine grundlegende Wahrheit über die abendländische Zivilisation nach einem Kriege fest, der „in ganz Europa die Lichter ausgehen liess“ (Earl Grey); die abendländischen Nationen verfielen in einen Zustand der geistigen Auflösung, der seither ununterbrochen seinen Fortgang nimmt.

Nichtsdestoweniger empfinden heute viele Katholiken, die wünschen, dass der Glaube überlebt, Bestürzung über die anscheinende Schwäche des „Widerstandes,“ den insbesondere Erzbischof Lefebvres eigene Priester gegen den offenkundigen Verrat ihrer gegenwärtigen Führer an seinen Prinzipien leisten, und diese Katholiken suchen nach einer Erklärung. Manche sind der Ansicht, die Priester der Piusbruderschaft unterliessen eine öffentliche Stellungnahme gegen die falsche Versöhnung der Tradition mit Vatikan II aus Furcht davor, aus der Bruderschaft ausgeschlossen und hierdurch um Brot und Obdach gebracht zu werden. Die Priester müssen jedoch wissen, dass es Laien gibt, die gerne bereit wären, sie zu unterstützen. Eine tiefschürfende Erklärung könnte darin bestehen, dass die Priester davor zurückschrecken, sich selbst aus jener Bruderschaft auszuschliessen, die sowohl ihre menschliche Familie als auch der Rahmen ist, innerhalb dessen sie der strukturellen Kirche angehören. Doch abermals gilt: Wäre ihr Glaube stark genug, so wüssten sie sehr wohl, dass die Vorsehung beide Bedürfnisse stillen kann.

Betrachten wir aber die anno 2012 erfolgte Kapitulation der Bruderschaft vor dem Hintergrund der zweifachen Desintegration durch die beiden Weltkriege, auf welche die noch weitaus verhängnisvollere Desintegration der Katholischen Kirche durch Vatikan II (1962–1965) folgte, müssen wir zwar Bewunderung für die heroische Tat Erzbischof Lefebvres empfinden, der die umherschwirrenden Fragmente dieser beispiellosen Explosion sammelte, können aber kaum überrascht sein, wenn die Priesterbruderschaft St. Pius X. ihrerseits von innen explodiert, oder wenn Menschen, die vor ihrer Desintegration flüchten, Schwierigkeiten haben, sich ausserhalb ihrer neu zu sammeln. Die Dinge sind zerfallen, und die Seelen und Herzen mit ihnen. Meiner Meinung nach gibt es nicht mehr genügend Integrität und Integration in unseren Herzen und Seelen, als dass wir uns anheischig machen könnten, die Heldentat des Erzbischofs zu wiederholen. Seit dem Jahre 1970, als der Erzbischof die Piusbruderschaft aus der Taufe hob, ist fast ein halbes Jahrhundert verstrichen, und die Zerfallserscheinungen haben sich seither drastisch verschärft.

Dies bedeutet keinesfalls, dass es nichts mehr zu tun gäbe, sondern dass das, was es zu tun gilt, mehr aus der Sicht Gottes und weniger aus der Sicht des Menschen getan werden muss. Ganz am Ende der Welt wird Gott es zulassen, dass der Glaube fast vollständig verschwindet (Lukas XVIII, 8), doch wird es immer noch einige wenige Seelen geben, die glauben, hoffen und lieben werden. Im Jahre 2016 vermittelt er uns einen Vorgeschmack auf dieses Verschwinden, doch die Seelen sollten fähig sein zu erkennen, dass sie immer noch ein erhebliches Mass an Freiheit besitzen, um zu glauben, zu hoffen und zu lieben. Und sie sollten in der Lage sein zu begreifen, dass nicht einmal der mächtigste aller Polizeistaaten die Macht haben wird, sie daran zu hindern. Ausserdem gilt: Je drückender die Umstände diese Freiheit einschränken, desto mehr Freude wird im Himmelreich sein über die unbeirrbare Hingabe einer Seele an Gott, seinen göttlichen Sohn und die Muttergottes, und desto grösser werden die Verdienste dieser Seele sein. Vor allem jedoch: Desto grösser wird ihr untilgbarer Beitrag an das Wohlergehen der Kirche sein. Es ist mitnichten alles verloren, und es kann auch niemals alles verloren gehen. Gottes Kirche ist keine bloss menschliche Angelegenheit.

Kyrie eleison.

Bischof Fellay – III

Bischof Fellay – III on August 20, 2016

Ein guter Freund las die beiden jüngsten Ausgaben dieser „Kommentare“ über die Denkweise des Generaloberen der Priesterbruderschaft St. Pius X., und wie sie jenen Oberen antreibt, unerbittlich sein Ziel einer lediglich praktischen Einigung mit den römischen Kirchenautoritäten zu verfolgen. Der Freund erinnerte nun daran, daß diese den Bischof antreibenden Vorstellungen bereits vor vier Jahren in seinem Brief vom 14. April 2012 dargestellt wurden, in welchem der Generalobere den drei übrigen Bruderschafts-Bischöfen antwortete, die ihn ernsthaft vor einer bloß praktischen Einigung mit Rom gewarnt hatten. Viele Leser dieser „Kommentare“ werden diese Warnung und die Antwort Bischof Fellays darauf entweder heute vergessen oder aber nie gekannt haben. Tatsächlich können wir aus diesem Briefaustausch viel herausziehen, woran zu erinnern es sich lohnt. Hier sind die beiden Briefe, wie gewöhnlich sehr grob zusammengefaßt und mit kurzen Kommentaren versehen:

Der Haupteinwand der drei Bischöfe gegen ein praktisches Übereinkommen mit Rom ohne gleichzeitige doktrinäre Einigung, war die Tiefe der lehrmäßigen Kluft zwischen dem konziliaren Rom und der traditionskatholischen Bruderschaft. Erzbischof Lefebvre sagte ein halbes Jahr vor seinem Tod, daß je mehr man die Dokumente und die Auswirkungen des Zweiten Vatikanischen Konzils untersucht, umso stärker man realisieren wird, daß das Problem nicht so sehr aus klassischen Irrtümern im speziellen bestehe, wie z.B. die Religionsfreiheit, die Kollegialität und der Ökumenismus, sondern aus einer „totalen Perversion des Verstandes“ im allgemeinen, welche den speziellen Irrtümern zugrundeliegt und von „einer ganz neuen auf dem Subjektivismus basierenden Philosophie“ ausgeht. Außerdem begegneten die drei Bischöfe dem Schlüsselargument Bischof Fellays, wonach die Römer der Priesterbruderschaft nicht mehr feindlich, sondern wohlwollend gesinnt seien, mit einem weiteren Zitat des Erzbischofs: ein solches Wohlwollen ist nur ein „Manöver,“ und nichts ist für „unsere Traditionalisten“ gefährlicher, als „in die Hände der konziliaren Bischöfe und des modernistischen Roms uns zu begeben.“ Die drei Bischöfe schlossen damit, daß ein lediglich praktisches Abkommen die Bruderschaft auseinanderreißen und zerstören werde.

Auf diesen tiefgründigen Einwand – so tief wie die Kluft zwischen dem Subjektivismus und der objektiven Wahrheit – antwortete Bischof Fellay (einfach im Weltnetz suchen nach Bischof Fellay 14. April 2012): 1) Die drei Bischöfe seien „zu menschlich und fatalistisch.“ 2) Die Kirche werde vom Heiligen Geist geleitet. 3) Hinter Roms echtem Wohlwollen gegenüber der Bruderschaft stehe Gottes Vorsehung. 4) Die Irrtümer des Konzils zu einer „Super-Häresie“ zu machen, sei eine unangemessene Übertreibung, 5) welche die Traditionalisten logischerweise in das Schisma führe. 6) Nicht alle Römer seien Modernisten, denn immer weniger von ihnen würden an das Zweite Vatikanum glauben, 7) bis zu dem Punkt, daß wenn der Erzbischof heute noch lebe, er nicht zögern würde zu akzeptieren, was der Priesterbruderschaft angeboten wird. 8) Es werde in der Kirche immer Weizen und Spreu geben, also sei die konziliare Spreu kein Grund, Abstand zu nehmen. 9) „O wie ich doch gewünscht hätte, mich bei meiner Suche nach Rat an Sie drei mich wenden zu können, doch jeder von Ihnen hat auf verschiedene Art und Weise es »fest und leidenschaftlich nicht geschafft, mich zu verstehen,« und Sie haben mir sogar öffentlich gedroht.“ 10) Den Glauben der Autorität entgegenzustellen sei „widersprüchlich zum priesterlichen Geist.“

Und schlußendlich sehr kurze Kommentare zu den Argumenten Bischof Fellays:

1) „Zu menschlich“? Wie der Erzbischof schon sagte, ist die fragliche Kluft eher philosophischer (natürlicher) denn theologischer (übernatürlicher) Art. „Zu fatalistisch“? Die drei Bischöfe waren eher realistisch als fatalistisch. 2) Werden die konziliaren Kirchenmänner beim Zerstören der Kirche vom Heiligen Geist geleitet? 3) Hinter Roms wirklichem Übelwollen steht sein fester Entschluß, den Widerstand der Priesterbruderschaft gegen die neue konziliare Religion aufzulösen – so wie bei so vielen traditionellen Kongregationen vor ihr! 4) Nur Subjektivisten ihrerseits können die Tiefe der Kluft zwischen dem Subjektivismus und der Wahrheit nicht ermessen. 5) An die Wahrheit sich klammernde, objektivistische Katholiken sind weit vom Schisma entfernt. 6) Die Freimaurer beherrschen Rom. Jegliche Nicht-Modernisten haben dort keine nennenswerte Macht. 7) Zu glauben, daß der Erzbischof die jetzigen Angebote Roms angenommen hätte, heißt, ihn komplett mißzuverstehen. Das Grundproblem ist seit seiner Zeit nur noch schlimmer geworden. 8) Bischof Fellays Löffel ist viel zu kurz, um mit den römischen – objektiv gesehen – Teufeln zu speisen. 9) Die drei Bischöfe verstanden Bischof Fellay nur allzu gut, doch wollte er nicht hören, was alle drei zu sagen hatten. Hält er sich für unfehlbar? 10) Der hl. Paulus hat gewiß sich vorstellen können, daß die Autorität dem Glauben entgegenstehen könnte – siehe Galater 1,8–9 sowie Galater 2,11. Fehlte dem hl. Paulus etwa auch der „priesterliche Geist“?

Kyrie eleison.

P.S. Weil unser deutscher Übersetzer wachsende Verpflichtungen hat, suchen wir jemanden, der ihn gerne ablösen möchte. Es ist eine spannende, oft aber auch anstrengende Arbeit.

Bischof Fellay – I.

Bischof Fellay – I. on August 6, 2016

Nach dem Treffen der Oberen der Priesterbruderschaft St. Pius X. vom 26.-28. Juni in der Schweiz gab der Generalobere nicht nur eine für die Allgemeinheit bestimmte Verlautbarung vom 29. Juni heraus, welche in diesen „Kommentaren“ bereits vor drei Wochen untersucht worden ist, sondern am 28. Juni auch eine Stellungnahme zum Wohl der Bruderschaftsmitglieder, d.h. vorrangig für die Priester. Diese letztgenannte Erklärung ist hintersinnig, doch einmal entschlüsselt (mithilfe von P. Giroaurd), kommt ihr eine große Bedeutung zu für die Zukunft der katholischen Tradition. Zuerst folgt ein grober Abriß der ersten sechs Absätze dieser Erklärung, danach der siebte Absatz in voller Länge:

(1–4) Kirche und Welt sind in einer Krise, denn anstatt um das Kreuz Christi sich zu drehen, dreht alles sich nur um den Menschen. Die Bruderschaft tritt diesem „Abbau“ der Kirche und der menschlichen Gesellschaft entgegen.

(5) Gottes eigenes Gegenmittel gegen dieses Chaos war, einen Erzbischof anzuleiten, damit er eine hierarchische katholische Kongregation gründe, welche um das Weihesakrament sich dreht – und Jesus Christus, sein Kreuz, seine Königsherrschaft, das Opfer und das Priestertum, die Quelle aller Ordnung und Gnaden, sind die Dinge, worum es der vom Erzbischof gegründeten Bruderschaft geht.

(6) Also ist die Priesterbruderschaft weder konziliar (Christus steht im Mittelpunkt) noch rebellisch (sie ist hierarchisch).

(7) „Ist der Zeitpunkt für die allgemeine Wiederherstellung der Kirche gekommen? Gottes Vorsehung gibt Gottes Kirche nicht auf, deren Haupt der Papst ist als Vikar Christi. Deswegen wird ein eindeutiges Zeichen für den Beginn der Wiederherstellung sein, wenn der Papst ein Zeichen seines Wollens gibt und die Mittel für die Wiederherstellung der Ordnung in der Priesterschaft, im Glauben und in der Tradition gewährt. Dieses Zeichen wird zusätzlich die nötige katholische Einheit für die Familie der Tradition sicherstellen.“

Die ersten sechs Absätze führen ohne Frage zum siebten hin. Es ist nicht unangemessen, diesen siebten Absatz so zu verstehen, daß, wenn Papst Franziskus die Bruderschaft offiziell anerkennen sollte, der Beweis erbracht sei, daß der Zeitpunkt für die Gesamtheit der Kirche gekommen ist, wieder auf die Füße zu kommen, die katholische Priesterschaft, den katholischen Glauben und die katholische Tradition wiederherzustellen, und daß alle Traditionalisten sich der Bruderschaft unter ihrem Generaloberen anschließen. Damit scheint Bischof Fellay zum Wohl aller Bruderschaftspriester seine Vision von der glorreichen Rolle der Bruderschaft zu wiederholen – denn, wie wir hören, haben beim Treffen in der Schweiz wenigstens einige Obere infrage gestellt, ob diese Glorie die Form einer Wiedervereinigung mit dem amtlichen Rom haben kann. In der Tat hatten diese widerstehenden Oberen recht, denn Bischof Fellay gibt hier einem Traum nach – einem edlen, aber tödlichen Traum.

Edel ist der Traum, weil er ganz der Ehre unseres Herrn Jesus Christus, seiner Kirche, seines Opfers, Erzbischof Lefebvres, des katholischen Priestertums, usw. gewidmet ist. Tödlich ist der Traum jedoch, weil er eher auf dem Priestertum als auf dem Glauben beruht, und, obgleich er richtigerweise Papst Franziskus und die Römer als Halter der kirchlichen Autorität benennt, nicht bedenkt, wie weit diese Halter davon entfernt sind, den wahren katholischen Glauben innezuhaben. Wenn Erzbischof Lefebvre das katholische Priestertum und die Messe gerettet hat, so war dies für ihn nur ein Mittel, um den Glauben zu retten. Denn der Glaube steht zum Priestertum wie der Zweck zum Mittel und nicht wie das Mittel zum Zweck. Was wäre schließlich das Priestertum ohne den Glauben? Wer würde denn an die Sakramente glauben? Wer bräuchte noch Priester?

Und was diesen Glauben betrifft, so haben der gegenwärtige Papst und die ihn umgebenden römischen Amtsträger ihren Halt an jener Wahrheit verloren, welche eins, objektiv, unwidersprüchlich und ausschließlich ist. Und damit haben sie ihren Halt am Glauben verloren, um nicht zu sagen, den wahren Glauben verloren. Das bedeutet, daß, wenn Papst Franziskus die Bruderschaft wirklich offiziell anerkennen würde, dies keinesfalls ein Zeichen dafür sein wird, daß die Bruderschaft wieder die Gesundheit der Kirche wiederherstellt, sondern eher, daß die Bruderschaft von der offiziellen Kirche in deren Wahnsinn absorbiert wird.

Kyrie eleison.

P.S. Weil unser deutscher Übersetzer wachsende Verpflichtungen hat, suchen wir jemanden, der ihn gerne ablösen möchte. Es ist eine spannende, oft aber auch anstrengende Arbeit.

Erzbischöfliches Vermächtnis – II.

Erzbischöfliches Vermächtnis – II. on April 2, 2016

Die Nachfolger des Erzbischofs an der Spitze der Priesterbruderschaft St. Pius X. vermögen nicht zu verstehen, wie er den katholischen Glauben grundsätzlich vor die katholische Autorität stellte. Daher behaupteten sie im Jahre 2012 fälschlicherweise, daß sie des Erzbischofs Beispiel folgten, als sie beim Generalkapitel der Priesterbruderschaft in jenem Sommer alles einsetzten, um diesen Glauben zurück unter die Autorität zu stellen, indem sie das Tor zu einem politischen und nicht-doktrinalen Vertrag mit den Lügnern in Rom öffneten – denn was diese vertreten, „Katholizismus ist revolutionär,“ ist eine Riesenlüge. Diese Nachfolger verbreiteten jahrelang Gerüchte, wonach die Einigung bevorstünde, doch selbstverschuldet hat Rom sie in seiner Tasche, und das Risiko steigt, daß sie weitere Zugeständnisse machen, wie möglicherweise jenes katastrophale Gespräch vom 2. März 2016 in der Schweiz, welches der Generalobere einem professionellen Presse-Jäger gegeben hat. Das konziliare Rom vergißt nie, woran die Bruderschaft anscheinend sich nicht mehr erinnern will, daß die katholische Tradition und das Zweite Vatikanische Konzil absolut unvereinbar miteinander sind.

Allerdings gibt es Nachfolger des Erzbischof, welche diese Wahrheit nicht vergessen haben. Sie sind unter dem Namen „Widerstand“ firmiert, welcher logischerweise eher eine Bewegung denn eine Organisation ist. Denn durch das Festhalten an der Wahrheit entgegen der falschen Autorität sowohl von der Priesterbruderschaft als auch von Rom kann eine irgendwie geartete interne Autorität in dieser Bewegung bestenfalls ergänzter Natur sein, d.h. eine abnorme Autorität, welche von der Kirche wegen eines Notstandes zur Rettung der Seelen auf unsichtbare Weise ergänzt wird. Eine solche Autorität ist gerade durch ihre unsichtbare Übertragung (im Gegensatz zu den sichtbaren Zeremonien, bei welchen viele Formen von Autorität unter den Menschen übertragen werden) entsprechend schwächer und leichter anfechtbar als eine normale Autorität in der Kirche, welche letztlich immer vom Papst herkommt. Daher besitzt der „Widerstand“ zwar die Stärke der Wahrheit, hat aber gleichzeitig eine Schwäche vonseiten der Autorität, welche normalerweise für den Schutz des katholischen Glaubens unentbehrlich ist.

Ob glaubenstreue Katholiken nun innerhalb und außerhalb der „Tradition“ sich befinden, so müssen sie doch alle die vielen Konsequenzen in Betracht ziehen, welche diese vom Zweiten Vatikanischen Konzil der gesamtem Kirche auferlegte Trennung von Wahrheit und Autorität nach sich zieht. Wenn Gottes oberster Hirte mit der konziliaren Torheit geschlagen ist, wie können dann Gottes Schafe anders, als umfassend zerstreut zu sein (vgl. Zacharias 13,7; Matthäus 26, 31)? Um diesem Leiden zu entgehen, müßten die Katholiken nicht mehr zur katholischen Kirche gehören. Ist es das, was sie wollen? Jedenfalls dürfen die Katholiken momentan weder vom Verrat zu überrascht, noch von Spaltungen („diabolein“ auf griechisch) zu enttäuscht sein; denn wenn die Katholiken alle für die ewige Erlösung kämpfen, so sind die Spaltungen oft sehr bitter. Haben wir Geduld.

Weiterhin kann von den konziliaren Päpsten nicht mehr länger das Lebenselexier der wahren katholischen Autorität in die katholischen Institutionen fließen, womit auch die katholischen Personen nicht mehr länger auf die katholischen Einrichtungen sich verlassen können, was sie im Normalfall machen würden. Vielmehr muß jede solche Institution auf die Wahrheit durch eine Person sich verlassen, wie wir mit der Bruderschaft es gesehen haben, welche auf dem Erzbischof ruhte. Doch Personen ohne institutionelle Unterstützung oder Kontrolle sind immer von ihrer angeborenen Fehlbarkeit behaftet. Daher wäre die Erwartung töricht, daß irgendeine katholische Wahrheits-Gruppierung heute eine große Anzahl von Menschen anzöge. Die Katholiken mögen natürlicherweise nach Struktur, Hierarchie, Autorität und Gehorsam sich sehnen, aber diese Einrichtungen kommen nicht aus dem heiteren Himmel. So sind also Restbestände gewiß an der Tagesordnung. Haben wir Geduld.

Kurz gesagt müssen jene Katholiken, welche nach der Glaubensbewahrung streben, ihre wohlverdiente Strafe annehmen, allen menschlichen Illusionen und Fabrikationen abschwören, und im Gebet den allmächtigen Gott um sein Einschreiten anflehen. Wenn genügend Seelen ihm sich zuwenden, um seine Lösung anstatt ihrer eigenen zu erhalten, so werden sie erkennen, daß seine Vorsehung diese Lösung bereitgestellt hat in der Form der Aufopferung der ersten Samstage des Monats, um seiner Mutter Wiedergutmachung zu leisten. Sobald genügend Wiedergutmachung geleistet worden ist, wird Gott seinem Stellvertreter auf Erden die Gnade schenken, Rußland dem unbefleckten Herzen Mariens zu weihen, und dann wird die Ordnung anfangen, wiederhergestellt zu werden, so wie Gott versprochen hat. Um über die Praxis dieser Aufopferung zu lesen, verpassen Sie nicht die „Kommentare“ der nächsten Woche.

Kyrie eleison.

Unvorstellbar Krank

Unvorstellbar Krank on März 7, 2015

Im Jahre 1976 erlebte die Priesterbruderschaft St. Pius X. ihren „heißen Sommer,“ als Papst Paul VI. Erzbischof Lefebvre „suspendierte,“ weil er 14 Priester für die Tradition geweiht hatte. Dieser Zusammenprall zwischen Rom und der katholischen Tradition war so heftig, daß der Erzbischof einen seiner wenigen Momente erlebte, in welchen er ernsthaft erwägte, ob der Stuhl Petri unbesetzt (vakant) sein konnte. Wie wir anhand von Tonaufnahmen seiner Worte hören, quälte ihn dieser Zusammenprall sehr, unter dem Motto: wie um Himmels Willen kann ein Stellvertreter Christi so die Kirche zerstören? Auf die sedisvakantistische Lösung legte der Erzbischof nie endgültig sich fest. Doch möchten wir jetzt betrachten, wie deutlich er das Problem erfaßte, und sodann noch einmal eine Lösungsmöglichkeit vorschlagen – für eine Situation, welche der Erzbischof vielleicht nicht sich vorstellen konnte, weil sein Verstand noch „zu“ gesund war. Zuerst die Zusammenfassung seiner Worte vom August 1976:—

Die Menschen fragen mich, was ich von Papst Paul VI. halte. Ihn umgibt ein unfaßbares Geheimnis. Der wahre Papst stellt die Einheit der Kirche sicher, inspiriert vom Hl. Geist und geschützt vom Versprechen unseres Herrn bezüglich der Aufrechterhaltung des Glaubens. Doch in der schweren Zeit nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil zerstört Paul VI. systematisch die Kirche. Nichts wird verschont: weder der Katechismus, noch die Universitäten, Seminare und Schulen. Alles Katholische wird zerstört. Man sucht eine Lösung.

Einige offensichtlich falsche Lösungen können wir gleich verwerfen, z.B. daß Paul VI. ein Gefangener oder Opfer seiner Untergebenen sei, unter Drogen stehe, usw. Als er die Charismatiker segnete oder den Fuß des orthodoxen Patriarchen küßte, wurde er da mit einem vorgehaltenen Revolver bedroht? Ich habe ihn bei öffentlichen Audienzen beobachtet, wie er gekonnt, geistesgegenwärtig, mit Angemessenheit und der Intelligenz eines Mannes sprach, welcher im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist. Kardinal Benelli sagte zu mir, daß der Papst selber diese Briefe an mich schrieb, wo er die Tradition zerschmettert, daß er voll informiert ist und genau weiß, was er tut, daß dies sein Wille ist und seine Entscheidungen sind. Der Kardinal sagte, daß er täglich dem Papst Meldung machte und auch direkt nach unserer Unterhaltung wieder Meldung machen würde.

Kann Paul VI. somit kein echter Papst sein? Das ist eine mögliche Hypothese. Theologen haben diese Frage studiert. Ich weiß es nicht, und man lege mir keine Worte in den Mund. Jedoch scheint die Frage theologisch unlösbar zu sein.

So sprach der Erzbischof über Paul VI., jedoch gilt grundsätzlich das gleiche Problem für alle sechs Konzilspäpste (vielleicht mit Ausnahme von Johannes Paul I.). Teilen wir das Problem in zwei Abschnitte auf: a) Wie kann der wahre Gott so eine Zerstörung seiner Kirche zulassen? b) Wie können seine wahren Stellvertreter oder Vikare die Hauptzerstörer sein?

Zu a) Erstens wird die Zerstörung am Ende der Welt noch größer sein (Lukas 18,8). Zweitens könnte Gott seine Kirche durchaus reinigen, um den Triumph des Unbefleckten Herzens seiner Mutter vorzubereiten. Drittens bewahrte Gott Paul VI. davor, die Kirche vollständig zu zerstören; beispielsweise als Paul VI. „zufällig“ den Plan zur Auflösung des Papstamtes im Konzilstext Lumen Gentium entdeckte und dann durch Hinzufügen des Textes Nota Praevia diesen Plan blockierte.

Zu b) Die folgende Lösung hatte Erzbischof Lefebvre nie in Betracht gezogen, was erklären könnte, warum im August 1976 selbst er beinahe von den Hörnern des Dilemmas Sediskvakantismus-oder-Liberalismus aufgespießt zu werden schien. Wenn der Liberalismus Jahr für Jahr erfolgreicher damit ist, den Verstand jedes Erdenmenschen stärker zu verwirren, warum sollten dann Päpste von dieser universellen Krankheit, „ehrlicherweise“ falschzuliegen, ausgespart bleiben? Weil die Päpste gebildete Männer sind? Dabei herrscht doch der Liberalismus gerade in den Schulen und Universitäten. Wenn also die irrig-gebildeten Päpste „ehrlicherweise“ davon überzeugt sind, daß die „Wahrheit“ sich entwickle, dann würden sie nicht einmal mit ihren schweren Irrtümern jene katholischen Wahrheiten hartnäckig leugnen, wovon sie wißen, daß sie definiert sind, weil selbst die definierte Wahrheit, wenn es sich nach ihrer Überzeugung denn um eine „Wahrheit“ handele, sich entwickeln muß, und zwar in Richtung Konzilspäpste.

Kyrie eleison.