Konziliarismus

Bischof Huonder

Bischof Huonder on März 30, 2019

Es ist weithin bekannt, dass Bischof Huonder vom Bistum Chur, Schweiz, der sein Amt im April im Alter von 77 Jahren niederlegen wird, seinen Wohnsitz offiziell in eine Knabenschule der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Wangs, Schweiz, zu verlegen und dort seinen Lebensabend zu verbringen gedachte. Es kursierte sogar das – von einem engen Mitarbeiter der beiden früheren Generaloberen der Bruderschaft ausgehende – Gerücht, dass dieser Konzilsbischof mit voller Zustimmung von Papst Franziskus die Weihe zweier Priester leiten würde, wodurch, vielleicht nach Ostern, der Bruderschaft zwei neue Bischöfe geschenkt werden sollten. Dass ein dermassen bedeutendes Ereignis schon so bald stattfinden wird, mutet zwar unwahrscheinlich an, doch ist seine Logik unerbittlich, wenn man bedenkt, dass die Neubruderschaft seit 20 Jahren die Politik verfolgt, sich mit der Neukirche zu vermischen.

Dieselbe Logik stand hinter Bischof Huonders neulich zurückgezogenem Beschluss, nach seinem Rücktritt in die von der Bruderschaft geleitete Knabenschule in Wangs umzuziehen. Bereits als offizieller Bischof einer der grössten neukirchlichen Diözesen der Schweiz hat er dem Vernehmen nach diese Schule mehrmals besucht und sich bei den dort lebenden Priestern und Knaben der Neubruderschaft beliebt gemacht. Er hätte immerhin nicht alle Kontakte mit der Neukirche in Rom abgebrochen. Im Gegenteil – sein gegenwärtiger Bistumssprecher gab im Januar bekannt, dass die für April vorgesehene Umsiedlung des Bischofs nach Wangs „mit einer Mission verbunden ist, die ihm von der Kongregation für die Glaubenslehre anvertraut wurde, um den Kontakt mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. aufrechtzuerhalten.“ Offenbar plante Bischof Huonder, der als persönlicher Freund von Papst Franziskus gilt, als Bindeglied zwischen der Neukirche und der Neubruderschaft zu walten, in der Hoffnung, sie näher zusammenzubringen.

Diese Hoffnung war nicht notwendigerweise unehrlich. Gar mancher Vertreter der Neukirche kann (oder will) den Abgrund nicht sehen, der die katholische Religion Gottes von der Konzilsreligion des Menschen trennt. Auf beiden Seiten besteht der Wunsch, so zu tun, als gäbe es keinen solchen Abgrund. Auf der einen Seite empfinden es viele Katholiken als unerträglich, ausserhalb der Strukturen der sichtbaren Autorität der Kirche zu stehen, während auf der anderen Seite die Anhänger von Vatikan II die Versicherung brauchen, dass sie nicht mit der unveränderlichen Tradition der wahren Kirche gebrochen haben. Man mag es Bischof Huonder durchaus hoch anrechnen, dass er sich in einer katholischeren Umgebung niederlassen wollte, als es die offizielle Diözese ist, wo er vermutlich keine andere Wahl hat, als die Kommunion unziemlich gekleideten jungen Frauen zu erteilen und vollkommen gerechtfertigten Bemerkungen gegen die Homosexualität zurückzunehmen. Aber „Eine Tatsache ist stärker als der Oberbürgermeister,“ lautet ein englisches Sprichwort.

Tatsache ist, dass Vatikan II den grössten Bruch mit der katholischen Tradition in der gesamten Kirchengeschichte bedeutete. Ein Beispiel hierfür bietet die Neumesse, die sich zum Konzil so verhält wie die Praxis zur Theorie. Wollte man von Bischof Huonder verlangen, sie in der Schule in Wangs nie zu zelebrieren? Hätte er sich damit einverstanden erklären können, sie nie zu zelebrieren? Und selbst wenn er das kann, hätte er dann wirklich dazu fähig sein können, einzuräumen, dass die Theorie und Praxis seiner Amtszeit als Priester und Bischof zutiefst vom konziliären Ausverkauf der wahren Kirche Gottes an die gottlose moderne Welt geprägt war? Kann er über Nacht die Überzeugungen über Bord werfen, die er in seinen Jahrzehnten des Dienstes an der Konzilskirche vertreten hat? Kann er, der er 1971 mit den Riten des Revolutionärs Paul VI. zum Priester geweiht und 2007 zum Bischof ordiniert wurde, zugeben, dass er, um jeden Zweifel an der Gültigkeit der Neurituale auszuräumen, unter Bedingung neu geweiht und neu ordiniert werden soll?

Oder wird die Neukirche keines von beiden verlangen? Dies mutet angesichts ihres Verhaltens in jüngerer Vergangenheit sehr wahrscheinlich an, doch wie hätten die Schweizer Traditionalisten darauf reagiert? Allen Anzeichen nach dürfte Bischof Vitus Huonder ein ehrlicher und wohlmeinender Mann sein, aber bei all seiner Ehrlichkeit ist er doch ein Vertreter der Konzilskirche, was bedeutet, dass er sich gegenüber einer durch und durch unehrlichen Unterminierung des katholischen Glaubens und der Kirche gegenüber loyal verhält.

Leider bringt man die Traditionalisten der Bruderschaft in aller Welt dazu, sich daran zu gewöhnen, dass Erzbischof Lefebvres Bruderschaft durch die Neubruderschaft ersetzt wird. Bischof Fellay wollte die Priesterbruderschaft St. Pius X. innerhalb der Mauern des offiziellen Rom als Trojanisches Pferd aufstellen, um das konziliäre Rom zu bekehren. Doch sollte Bischof Huonder bei aller Anerkennung seines guten Willens nicht als Trojanisches Pferd innerhalb der Mauern der Bruderschaft existieren und handeln? Man darf hoffen, dass die Schule in Wangs ihn dazu befähigt hätte, die Kluft zwischen Tradition und Konzil zu erkennen, aber das ist eine kühne Hoffnung. Alice war im Wunderland. Die Neubruderschaft zieht um ins Huonderland.

Kyrie eleison.

Menzingens Verteidiger – II.

Menzingens Verteidiger – II. on März 3, 2018

Gewiß interessiert einige Leser dieser „Kommentare“ nicht so sehr, darüber zu lesen, was ihnen lediglich als inneren Zank unter relativ wenigen katholischen Priestern erscheint. Doch mögen solche Leser sich davor hüten, die Bedeutung dieses „Zankes“ zu unterschätzen. Denn die Religion lenkt die Welt, weil Gott existiert; und so wie die Menschen zu ihm stehen (Religion), stehen sie zu ihren Mitmenschen (Politik). Sodann lenkt die katholische Kirche die Religion, denn seit der Fleischwerdung Christi ist der Katholizismus die einzige Religion, welche von dem einen wahren Gott gegründet wurde. Die katholische Tradition schließlich lenkt die katholische Kirche, denn diese Kirche ist genauso unveränderlich wie unser Herr selbst. Seit 42 Jahren (1970–2012) nun stand die Priesterbruderschaft St. Pius X. an vorderster Front bei der Verteidigung der katholischen Tradition, weil sie die einzige weltweite katholische Organisation war, welche der treulosen Modernisierung der Kirche durch das Zweite Vatikanische Konzil effektiv widerstand. Daher sind alle lebenden Menschen, Atheisten wie Protestanten und Konziliaristen, besonders jedoch Priester und Anhänger der Bruderschaft, von dem Problem dieser Untreue gegen die katholische Tradition innerhalb der Priesterbruderschaft betroffen. Also weiterlesen, alle zusammen!

Ein weiterer Verfechter Menzingens namens Pater B. hat im offiziellen monatlichen Bruderschaftsmagazin der USA eine Lanze gebrochen zur Verteidigung der Politik des Wiedereintritts der Bruderschaft in das konziliare Rom. Nennen wir diese Gruppe die Versöhnler. Seit das Zweite Vatikanum die katholische Autorität von der katholischen Wahrheit trennte, wobei diese Autorität ausschließlich zur Verteidigung und Bewahrung ebendieser Wahrheit existiert, sind alle Katholiken notgedrungen mehr oder weniger gespalten: entweder folgen sie der Autorität und geben die Wahrheit preis, oder sie folgen der Wahrheit und geben die Autorität auf, oder sie wählen irgendeine der vielen Kombinationen dazwischen.

Der Gründer der Priesterbruderschaft, Erzbischof Lefebvre, wählte die Wahrheit; behielt jedoch so viel Respekt für die Träger der katholischen Autorität, wie noch vereinbar war mit der Treue zur Wahrheit. Infolgedessen litt er unter beträchtlicher Verfolgung und Verurteilung vonseiten all jener Katholiken, welche mehr oder weniger die Autorität bevorzugten. Im Gegensatz zu ihm wollen seine Nachfolger an der Spitze seiner Bruderschaft diese unter die konziliare Autorität zurückführen, so daß die Bruderschaft seit 2012 offiziell zur Gruppe der Versöhnler gehört. Durch diese Umstellung der Priesterbruderschaft von des Gründers Wahrheit auf die konziliäre Autorität haben sie die Bruderschaft gespalten, und eine „Widerstandsbewegung“ gegen ihren „Versöhnungsprozeß“ verursacht.

Im überwiegenden Teil seines Artikels bleibt Pater B. in seinen Grundsätzen katholisch, ist jedoch am Ende durch ihre Anwendung ein Versöhnler. Vielleicht um dem gegenwärtigen Versöhnler-Generaloberen der Bruderschaft zu helfen, im Juli wiedergewählt zu werden, attackiert er die „Widerstandsbewegung“ nicht wegen ihrer Verbundenheit mit der Wahrheit, was ja ihre Stärke ist, sondern wegen ihrer Loslösung von der katholischen Autorität sowohl in Rom als auch in Menzingen. So schreibt Pater B., daß die „Widerstandsbewegung“ im Hinblick auf Rom wegen ihrer eigenen “Bequemlichkeit und Vorteil“ in Gefahr stehe, den Papst zu ignorieren und seine Autorität nicht anzuerkennen, während gegen Menzingen die Bewegung den richtigen Respekt und Gehorsam verweigere; und indem sie jedes Wort des Bruderschafts-Generaloberen kritisiere, säe sie Zweifel und blockiere den Gnadenfluß.

Doch, hochwürdiger Pater, in Ihren dargelegten katholischen Prinzipien erkennen Sie doch selber den Primat des Glaubens an. Nun war das Zweite Vatikanum eine einzige Katastrophe für den Glauben, indem es versuchte, den modernen Menschen an die Stelle Gottes zu setzen. Deshalb sind sowohl der Konziliarismus als auch der Versöhnungsprozeß mit ihm katastrophal, und sowohl die Amtsinhaber Roms als auch der gegenwärtige Bruderschafts-Generalobere sind entsprechend zu beurteilen. Dieser muss auch nicht durch einen anderen Versöhnler ersetzt werden. Das Problem ist nicht die „Widerstandsbewegung,“ welche auch den Papst nicht „ignoriert“ und gewiß nicht ihre eigene Bequemlichkeit sucht, denn für Katholiken ist es sehr unangenehm, aller erkennbarer Unterstützungen vonseiten der übergeordneten katholischen Amtsträger beraubt zu werden. Deshalb fällt die „Widerstandsbewegung“ weder in eine „für sich genommen schismatische Haltung,“ noch zerstört sie den Gnadenfluß. Das Problem ist vielmehr jenes Konzil, welches das Schisma verursacht, die Päpste vergiftet und den Gnadenfluß Jesu Christi erwürgt. Der momentane Generalobere darf nicht wiedergewählt werden, wenn etwas von der wahren Priesterbruderschaft St. Pius X. überleben soll.

Kyrie eleison.

“Offizielle Kirche”?

“Offizielle Kirche”? on Februar 3, 2018

Man muss beim Gebrauch von Wörtern sehr vorsichtig sein, denn Wörter sind der Griff, mit dem unser Geist die Dinge begreift, und die Dinge sind der Stoff unseres täglichen Lebens. Deshalb hängt unsere Lebensweise von Wörtern ab. In der Vorzeige-Gemeindekirche der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Paris, Frankreich, wirkt ein Priester, der für den richtigen Gebrauch der Wörter sorgt. Pater Gabriel Billecocq schrieb in der Dezemberausgabe 2017 (Nr. 333) von Le Chardonnet, der Monatszeitschrift der Gemeinde, einen Artikel mit dem Titel „Haben Sie ‚offizielle Kirche’ gesagt?.“ Darin erwähnt er mit keinem einzigen Wort das Hauptquartier der Piusbruderschaft in Menzingen, Schweiz, klagt jedoch über den von irgendwelchen – vermutlich hochgestellten – Leuten geäusserten „Wunsch,“ das Wort „Konzilskirche“ stets durch „offizielle Kirche“ zu ersetzen. Und seine Klage ist berechtigt, denn das Wort „Konzilskirche“ ist vollkommen klar, während „offizielle Kirche“ durchaus nicht klar, sondern zweideutig ist.

Einerseits ist mit „Konzilskirche“ eindeutig jener grosse Teil der heutigen Kirche gemeint, der in mehr oder weniger starkem Umfang durch die Irrtümer des Zweiten Vatikanischen Konzils vergiftet ist (diese Irrtümer bestehen im Wesentlichen darin, dass die Kirche, die auf Gott ausgerichtet sein sollte, neu auf den Menschen ausgerichtet wurde). Andererseits besitzt der Ausdruck „offizielle Kirche“ zwei mögliche Bedeutungen. Entweder kann er sich auf die Kirche beziehen, die offiziell von Christus begründet und uns offiziell all die Jahrhunderte hindurch von einer langen Reihe von Päpsten vermittelt wurde – und gegen eine so definierte „offizielle Kirche“ kann kein Katholik etwas einwenden, ganz im Gegenteil. Oder aber der Begriff „offizielle Kirche“ wird für die Masse der Vatikan II ergebenen kirchlichen Würdenträger verwendet, die seit einem halben Jahrhundert ihre offizielle Macht in Rom ausgenutzt haben, um den Katholiken die Irrtümer des Konzils aufzudrängen, und gegen diese „offizielle Kirche“ muss ein Katholik zwangsläufig Einwände erheben. Somit bedeutet „Konzilskirche“ etwas zwangsläufig Schlechtes, während „offizielle Kirche“ je nachdem, welche der beiden möglichen Bedeutungen man dem Begriff gibt, etwas Gutes oder etwas Schlechtes bedeuten kann. Den Begriff „Konzilskirche“ durch „offizielle Kirche“ zu ersetzen, heisst somit Klarheit durch Verwirrung zu ersetzen, und ausserdem hindert diese Wortwahl Katholiken daran, Vatikan II mit der gebotenen Deutlichkeit als Verhängnis zu bezeichnen.

Pater Billecocq behauptet mit keinem Wort, das Hauptquartier der Piusbruderschaft „wünsche“ die Einführung dieser neuen Bezeichnung, doch eine ganz bestimmte Tatsache sowie eine Spekulation weisen darauf hin. Die Tatsache besteht darin, dass der französische Distriktobere, Pater Christian Bouchacourt, als er zu Beginn dieses Monats in einem Interview nach der für kommenden Juli anberaumten Wahl des Generaloberen der Piusbruderschaft gefragt wurde, hierzu festhielt: „Sobald ein Generaloberer gewählt ist, wird der Vatikan unverzüglich über den Entscheid in Kenntnis gesetzt.“ In der Vergangenheit ist es niemals geschehen, dass der Vatikan von der Bruderschaft über Wahlen innerhalb derselben informiert wurde. Allem Anschein nach rechnen die gegenwärtigen Führer der Bruderschaft optimistisch damit, dass Rom nicht nur sofort über das Wahlergebnis ins Bild gesetzt werden, sondern diesem auch seine offizielle Zustimmung erteilen wird – denn weshalb sollte man Rom informieren, wenn nicht, um seine Billigung zu erlangen? Worum wird die Neubruderschaft die Neukirche wohl sonst noch betteln? Worum wird sie nicht betteln? Wie tief ist die Bruderschaft doch seit den Tagen gesunken, als Erzbischof Lefebvres Glaube Rom zwang, selbst als Bettler aufzutreten!

Was die Spekulation betrifft, so hören wir, dass Menzingen zwei Hauptkandidaten für das Amt des Generaloberen vorbereitet, zwischen denen sich die Wähler im Juli entscheiden können; die Position wird nämlich nicht mehr von einem Bischof bekleidet werden. Man darf vermuten, dass Rom bereits eine virtuelle Kontrolle über die zentralen Entscheidungen ausübt, die im Hauptquartier der Bruderschaft gefällt werden. In diesem Fall braucht Rom kaum zu befürchten, dass einer dieser beiden Kandidaten vom romfreundlichen Kurs Bischof Fellays abweichen wird; andererseits hat es vielleicht viel zu gewinnen, wenn an der Spitze der Bruderschaft zumindest dem Anschein nach ein Wechsel erfolgt. Und es wird ihm möglicherweise gelingen, Bischof Fellay in Rom vor seinen Karren zu spannen, indem es ihn zum Oberhaupt einer „erneuerten“ Ecclesia Dei -Kongregation ernennt, die sämtliche traditionalistischen Gemeinden einschliesst, darunter die Bruderschaft, die er einst führte.

Wer kann bezweifeln, dass die Römer geschickt genug sein werden, sämtliche Konstellationen zu ihrem Vorteil zu nutzen? Es sei denn . . . es sei denn, in der Bruderschaft blühen abermals jener Glaube und jene Wahrheit auf, welche die treibende Kraft Erzbischof Lefebvres waren, und ihm den Sieg über alle Liberalen und Modernisten in Rom verliehen. Diese Dämonen sind bestrebt, Gottes katholische Tradition ein für alle Male auszulöschen, weil sie das ernsthafteste potentielle Hindernis für ihre neue Einweltreligion darstellt. Und es mag sein, dass Gott nichts weniger als das Blut katholischer Märtyrer verlangen wird, um ihnen Einhalt zu gebieten. Die aus den Reihen der Piusbruderschaft als Märtyrer hervorgehenden Priester und Laien werden dann deren Ruhm sein.

Kyrie eleison.

Wie Unterscheiden? – II

Wie Unterscheiden? – II on November 25, 2017

Während Josefs erste Frage die in der Kirche herrschende Verwirrung im allgemeinen betraf (siehe die letztwöchige Ausgabe dieser”Kommentare”), bezog sich seine zweite Frage spezifisch auf die Priesterbruderschaft St. Pius XII. Sie lautete wie folgt:

Sie schrieben letzte Woche, seinen Früchten nach zu urteilen, sei Vatikan II nicht katholisch gewesen, während Erzbischof Lefebvre dies sehr wohl gewesen sei. In der Priesterbruderschaft St. Pius XII, die gegründet hat. scheint jedoch eine neue Denkweise entstanden zu sein, die man in einer Reihe von Thesen zusammenfassen könnte. Beispielsweise:

1. So anstössig das Verhalten des Papstes und der Bischöfe auch sein mag, sie sind auch weiterhin rechtmässige Autoritäten der Kirche.

2. Papst Franziskus mag ein Modernist sein, aber er besitzt immer noch die Macht, die Priesterbruderschaft in den Schoss der Kirche zurückzuführen.

3. Die Konzilsbischöfe sind durchaus nicht alle schlecht. Sie können christliche Reaktionen zeigen, ein Bewusstsein für die Krise der Kirche an den Tag legen, die katholische Moral öffentlich verteidigen, in der Liturgie zu Respekt vor Gott auffordern, der Heiligen Jungfrau Maria die gebührende Ehrfurcht zollen, usw.

4. Eine Übereinkunft mit Rom kann ins Auge gefasst werden, solange man uns”so akzeptiert, wie wir sind”.

5. Wir setzen uns selbst ins Unrecht, wenn wir jedwelche Übereinkunft mit Rom ablehnen.

6. Es ist nützlicher, von Erzbischof Lefebvres Frömmigkeit zu sprechen, als von seinem Widerstand gegen das Konzil.

7. Es ist besser, ein gutes Verhältnis zur Priesterbruderschaft zu pflegen, als die Beziehungen zu ihr um fehlbarer Ansichten willen zu verderben.

8. Die Konzilsanhänger sind undiszipliniert und ungehorsam. Die Anhänger der Bruderschaft müssen diszipliniert und gehorsam sein.

In Anbetracht all dessen und angesichts der Komplexität der Situation, in der sich Katholiken heute befinden: Kann man es Mitgliedern oder Anhängern der Bruderschaft verdenken, wenn sie im Sinne dieser Thesen denken?

Antwort: Es hängt alles davon ab, wie viel diese Mitglieder oder Anhänger wissen. Beispielsweise wissen ältere Angehörige und Unterstützer der Bruderschaft, dass das Konzil eine neue Religion darstellte und dass die Opposition des Erzbischofs ihm gegenüber folglich eine Glaubensfrage und ihrem Wesen nach wichtiger als Frömmigkeit war, denn wie kann es Frömmigkeit ohne Glauben geben? Diese Veteranen der Bruderschaft verdienen ein gerütteltes Mass an Tadel (ausser wenn und bis sie öffentlich ihre Stimme erheben), weil sie zulassen, dass das, was Josef als”neue Denkweise” bezeichnet, innerhalb der Bruderschaft die Oberhand gewinnt, so dass deren junge Mitglieder und Anhänger es desto viel schwieriger haben, zu begreifen, was an den oben angeführten acht Thesen faul ist. Eine neue Generation von Priestern, die der Bruderschaft angehören, ist so fromm, wie man es sich nur wünschen kann, steht jedoch (immer mit Ausnahmen) der Krise, welche die Kirche nun schon seit mehr als einem halben Jahrhundert plagt, hilflos gegenüber. Hiermit lauten die Antworten auf die obigen acht Thesen:

1. Gewiss, der Papst und die Bischöfe scheinen äusserlich rechtmässige Autoritäten der Kirche zu sein, doch um ihr Verhalten und ihren Glauben ist es so schlecht bestellt, dass viele ernsthafte Katholiken diese Rechtmässigkeit in Frage stellen.

2. In den Schoss welcher Kirche würde der Papst die Neubruderschaft führen? In den der Neukirche?”Sie haben mich aus der Neukirche ausgestossen?” sagte der”exkommunizierte” Erzbischof. ”Na und? Ich habe ihr niemals angehört. ”

3. Die Konzilsbischöfe sind in der Tat nicht alle schlecht, doch sind sie fast alle Modernisten, was bedeutet, dass viele von ihnen ihren katholischen Glauben verloren haben, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein. Der moderne Mensch ist so verdorben, dass er, wenn seine katholische Religion seiner Modernität angepasst wird, nicht einmal begreift, dass er kein Katholik mehr ist.

4. 1987 konnte die Priesterbruderschaft noch sagen:”Akzeptiert uns so, wie wir sind”. Doch heute, anno 2017, hat sich das”so wie wir sind” grundlegend geändert!

5. Würde Rom nur zum wahren Glauben zurückkehren, entfiele jede Notwendigkeit eines Übereinkommens.

6. Gott segne den Erzbischof auch wegen seiner Frömmigkeit, doch seine weitaus wichtigste Eigenschaft war sein Glaube.

7. ”Fehlbare Ansichten”? Es gibt so etwas wie die Wahrheit! Hat jemand, der in der Neubruderschaft eine auch nur halbwegs bedeutende Position bekleidet, die Dokumente von Vatikan II tatsächlich studiert? Bestreitet die Bruderschaft, dass das Konzil eine neue Religion begründet hat?

8. Die Mitglieder und Anhänger der Bruderschaft müssen diszipliniert und gehorsam sein – doch wem soll ihr Gehorsam gelten? Der neuen Konzilsreligion, die den Menschen ins Zentrum stellt?

Das Problem mit all diesen Thesen besteht darin, dass die Priesterbruderschaft St. Pius XII. im Getöse des grossen Krieges entstanden ist, den die moderne Welt gegen Gott führt, doch seit dem Tod des Erzbischofs im Jahre 1991 haben ihre Führer jedes tiefe Verständnis dafür verloren, wer diesen Krieg führt und wie und warum. Josef, lesen Sie”Pascendi” wieder und wieder, bis Sie es vollständig begriffen haben!

Kyrie eleison.

Menzingens Fehler – I

Menzingens Fehler – I on Juli 8, 2017

Manchen Lesern dieser „Kommentare“ mag es missfallen, dass deren Verfasser in regelmässigen Abständen auf eine Frage zurückkommt, die, oberflächlich gesehen, als blosser „Zank unter Priestern“ erscheinen mag. Doch solche Leser mögen sich in Erinnerung rufen – oder sich der Tatsache bewusst werden -, dass die Katholische Kirche die einzige sichere Kraft ist, um Seelen für den ewigen Himmel zu retten, während der Teufel sich meisterhaft darauf versteht, Seelen in die ewige Hölle zu schicken. Wenn Unser Herr also Priester als Vorkämpfer Seiner Kirche auserwählt, wird der Teufel sie angreifen, und eines der sichersten Mittel hierzu besteht darin, sie durch andere Priester angreifen zu lassen. Tatsache ist jedenfalls, dass die meisten Erzketzer der Kirche Priester waren; es sei hier nur an Bischof Nestorius oder Pater Martin Luther erinnert. „Zank unter Priestern“ ist nur dann unwichtig, wenn niemand mehr in den Himmel kommen will, aber dann hat der Teufel tatsächlich gewonnen!

Werfen wir also einen Blick auf das zwanzig Seiten starke Dokument, das die Priester in der Zentrale der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Menzingen, Schweiz, am 13. Juni dieses Jahres veröffentlicht haben, um sich dafür zu rechtfertigen, dass sie das am 4. April publizierte Dokument des konziliären Roms begrüsst haben, in dem angeregt wurde, Konzilspriester sollten sich in grösserem oder kleinerem Umfang an Eheschliessungen beteiligen, die unter der Obhut der Piusbruderschaft stattfinden. Menzingens Brief zurKlärung und Richtigstellungen von Fragen der Eheschliessung ist gut formuliert und wirkt recht überzeugend, wenn man die Einseitigkeit der darin enthaltenenArgumente nicht bemerkt, begeht jedoch denselben schwerwiegenden Fehler wie die gegenwärtigen Führer der Bruderschaft in Menzingen, indem er konziliären Schein mit katholischer Substanz verwechselt. Auf der Ebene der Worte verurteilt der Brief die Konzilsirrtümer im allgemeinen und diejenigen zur Frage der Ehe im besonderen, doch auf der Ebene der Taten behandelt er die Konzilsprälaten, als seien sie normale katholische Geistliche, während sie in Wirklichkeit doch ganz und gar anormale Geistliche sind – Modernisten nämlich. Bei seinen Ausführungen über die letzten Tage warnte der Heilige Paulus vor jenen, „die da haben den Schein eines gottesfürchtigen Wesens, aber seine Kraft verleugnen sie“ (2. Timotheus 3;5). Und er fügt hinzu: „Solche meide.“

Somit präsentiert der ganze erste Teil des Briefs die Beteiligung des Diözesebischofs oder Gemeindepriesters bzw. ihres Stellvertreters an katholischen Eheschliessungen, deren Gültigkeit sie durch ihre Anwesenheit bekräftigen, als klassische Praxis der Kirche und als Bestandteil ihres Rechtes seit dem Konzil von Trent. Wer bestreitet dies denn? Doch die Anwendung dieses Rechtes liegt seit Vatikan II in den Händen von Kirchenmännern, die eine zunehmend anormale Sicht der katholischen Ehe besitzen. Die Kirche lebt heute nicht mehr in normalen Zeiten! Hat Menzingen das denn nicht bemerkt? Oder hat es etwa beschlossen, es nicht mehr zu bemerken? Der Protestantismus brauchte einige Jahrhunderte, um die universale Vorherrschaft der Katholischen Kirche zu brechen. Anschliessend brauchte der Liberalismus noch ein paar Jahrhunderte mehr, um sich in der Hierarchie der Kirche den Weg nach oben zu bahnen, doch nachdem Gott es als gerechte Strafe zugelassen hatte, dass Johannes XXIII. und Paul VI. zu Nachfolgern Petri gewählt wurden, wurde die höchste katholische Autorität liberal, und seither ist es für alle ihrer Autorität unterstehenden Katholiken nie leichter gewesen, sich selber – oft subjektiv ehrlich – davon zu überzeugen, dass sie immer noch Katholiken sind, selbst wenn sie die Kirche zerstören.

Als Erzbischof Lefebvre im Jahre 1987 die Konzilsprälaten als „Antichristen“ bezeichnete ( Brief an vier künftige Bischöfe ), ging er nicht auf die Frage ihrer möglichen subjektiven Ehrlichkeit ein und konzentrierte sich stattdessen voll und ganz auf den objektiv eindeutig zerstörerischen Charakter ihres Wirkens. Wenn Menzingen anno 2017 die Normalität einer Beteiligung Geistlicher der Amtskirche an katholischen Eheschliessungen betont, geht es axiomatisch von der Ehrlichkeit dieser Geistlichen aus und verschweigt ihren zerstörerischen Liberalismus. Doch sind und bleiben sie Liberale, denn zu ihrem Konzept der Ehe gehören allzu leichte Nichtigkeitserklärungen usw. Gelingt es ihnen erst, bei traditionalistischen Eheschliessungen ständig ein Wort mitreden zu dürfen, was wird sie dann morgen oder übermorgen daran hindern, selbst das traditionelle Recht der Kirche in Übereinklang mit ihrer „modernisierten“ Vorstellung von der Ehe zu interpretieren? In der Tat: Wiewerden sie morgen oder übermorgen überhaupt darauf verzichten können, ihre eigenen aufrichtigen Überzeugungen in die Praxis umzusetzen?

In den Jahrzehnten, die seit Vatikan II vergangen sind, haben zahlreiche Katholiken erkannt, was mit der Kirche geschah, und sind zu „Traditionalisten“ geworden, was bedeutete, dass sie sich nachdrücklich von den offiziellen Autoritäten der Kirche distanziert haben. Ohne es ihnen gegenüber an Höflichkeit und Respekt fehlen zu lassen, sind sie von ihnen abgerückt, um den katholischen Glauben und die katholische Moral zu schützen. Und nun kommt Menzingen diesen Autoritäten einen riesigen Schritt entgegen und erwartet von allen Traditionalisten, dass sie ihm dabei folgen! Menzingen hat offenbar das berühmte Zitat aus Vergils Äneis vergessen: „Was dies auch sei, ich fürchte die Griechen, trotz ihrer Geschenke.“ Menzingen vertraut den Griechen!

Kyrie eleison.

Weissagungen über die Kirche

Weissagungen über die Kirche on April 22, 2017

Wie nicht anders zu erwarten war, haben nicht wenige Leser auf das Porträt der in einem „langsamem Niedergang” befindlichen Priesterbruderschaft St. Pius X. reagiert, das wir in zwei unserer kürzlich erschienenen „Kommentare” gezeichnet haben. Diese Reaktionen zeigen, dass beileibe nicht alle Katholiken blind oder gedankenlos sind. Wir geben hier zwei Wortmeldungen von Lesern wieder, von denen sich der erste Gedanken über die nahe Zukunft der Bruderschaft und der zweite über die etwas fernere Zukunft der Kirche macht. Zunächst die Bemerkungen des ersten Lesers, der in deutscher Sprache folgendes schrieb:

„Die Verunsicherung, Verwirrung und weitere Aufweichung der FSSPX-Priester und –Gläubigen wird [ . . . ] leider weiter und für viele noch leidvoller als bisher zunehmen, weil die aktuelle FSSPX-Führung ihr politisches, mit den Halb-Konservativen abgesprochenes Programm beharrlich und gradlinig fortsetzen wird. Von’dringend notwendigen’ Bischofsweihen werden sie nicht sprechen. Und für Juli 2018 (ordentliches Generalkapitel) wird die aktuelle FSSPX-Führung alles darauf setzen, die alsdann unvermeidlichen Personalentscheidungen so zu steuern, um die Rom-orientierte Kontinuität sicherzustellen.“

Je nachdem, wie viele Gebete für die Rettung der von Erzbischof Lefebvre erbauten Festung des wahren Glaubens gesprochen werden, mag der Allmächtige Gott mit einem Wunder eingreifen, um sie zu erretten, aber von menschlichem Standpunkt aus gesehen spricht alles dafür, dass der Fäulnisprozess zu weit fortgeschritten ist, als dass noch Hoffnung auf Rettung bestünde. Unter diesen Umständen bedarf das weltweite Apostolat dringend einiger neuer und jüngerer Bischöfe, doch wie können diese gewählt werden, um dem wahren, antikonziliären Glauben zu dienen, ohne die Konzilsrömer vor den Kopf zu stossen, die allein in der Lage sind, der Bruderschaft die von ihrem Hauptquartier in Menzingen so sehnlich angestrebte Anerkennung zu gewähren? Erzbischof Lefebvre sagte anno 1988, ein solches Streben nach Anerkennung käme für die Bruderschaft einer „Operation Selbstmord” gleich, aber wann haben militante Liberale denn je zum Rückzug geblasen? Der Feldzug für ihre Schöne Neue Weltordnung ist ihre wahre Religion, mögen sie sich auch arglistig als Katholiken ausgeben.

Der zweite Leser geht davon aus, dass der Selbstmord der Bruderschaft bereits beschlossene Sache ist, und wirft einen Blick in die Zukunft des Glaubens ohne Priesterbruderschaft St. Pius X., wobei er von einer eher göttlichen Warte aus spricht:

„Das Schweigen aus Econe bezüglich der’Regularisierung’ ist gegenwärtig ohrenbetäubend. Es macht ganz den Anschein, als sei der Kuhhandel in Wahrheit ein’fait accompli’. In diesem Fall dürfen wir unsere Aufmerksamkeit jetzt dem langen Weg der Genesung und Fürsorge zuwenden, welche die katholisch-traditionalistischen Flüchtlinge sicherlich benötigen werden. Eine Wiederherstellung von Ordnung aus dem Chaos heraus und ein rettendes Floss, an das man sich klammern kann, während das sinkende Schiff Roms den schwachen Glauben mit sich in die Tiefe des Meeres reisst. Schrumpft der Glaube, oder reinigt er sich bloss von denen, die ihm untreu geworden sind? Gott helfe uns!

Wenn wir heute an die Zukunft der Kirche denken, sollten wir uns stets folgendes vor Augen halten: Die Lage ist so dramatisch, dass „niemand auch nur einen Pfifferling auf ihre Rettung wetten wird”. In anderen Worten: Da die Piusbruderschaft, die 40 Jahre lang ein Leuchtturm des wahren Glaubens war, in der Tat immer tiefer sinkt, was hindert das konziliäre Rom noch daran, jene, die schwach im Glauben sind, mit sich in die Abgründe der See zu reissen? Doch Gott ist Gott, und Er kann jederzeit und auf vielfältige Weise eingreifen, um der Fahrt Seiner Kirche in den Abgrund Einhalt zu gebieten. Nichtsdestoweniger scheint der menschliche Pessimismus dieses Lesers zum gegenwärtigen Zeitpunkt wohlbegründet.

Weniger leicht zu begreifen ist – sofern die Päpste in den Irrtümern des Konzils verharren – der Optimismus, den derselbe Leser hinsichtlich einer Wiederherstellung der Ordnung und des Erscheinens eines lebensrettenden Flosses an den Tag legt. Denn wenn wir aus der Geschichte des „Widerstands“ seit 2012 irgendeine Lehre ziehen können, dann die, dass es unerhört schwierig ist, ohne Billigung seitens dessen, was wenigstens äusserlich die offizielle Katholische Kirche zu sein scheint, ein katholisches Werk zu verrichten. Die katholische Wahrheit ist an und für sich von imposanter Stärke, aber ohne Unterstützung und Rückendeckung seitens der katholischen Autorität, welche die Autorität Unseres Herrn ist, bleibt die Wahrheit äusserst verletzlich. Beispielsweise kann ein Priester im Rahmen einer Autorität ohne weiteres einer These beipflichten, die er privat ablehnt, doch ausserhalb eines solchen Rahmens kann er selbst die Weisheit der weisesten aller Thesen mit grosser Leichtigkeit anfechten.

Nur Geduld! Das Problem ist für uns Menschen unlösbar. Lasst uns beten und abwarten, bis der Allmächtige Gott uns alle mit Seiner Lösung in sprachloses Erstaunen versetzt!

Kyrie eleison.