Sedivakantismus

Unvorstellbar Krank

Unvorstellbar Krank on März 7, 2015

Im Jahre 1976 erlebte die Priesterbruderschaft St. Pius X. ihren „heißen Sommer,“ als Papst Paul VI. Erzbischof Lefebvre „suspendierte,“ weil er 14 Priester für die Tradition geweiht hatte. Dieser Zusammenprall zwischen Rom und der katholischen Tradition war so heftig, daß der Erzbischof einen seiner wenigen Momente erlebte, in welchen er ernsthaft erwägte, ob der Stuhl Petri unbesetzt (vakant) sein konnte. Wie wir anhand von Tonaufnahmen seiner Worte hören, quälte ihn dieser Zusammenprall sehr, unter dem Motto: wie um Himmels Willen kann ein Stellvertreter Christi so die Kirche zerstören? Auf die sedisvakantistische Lösung legte der Erzbischof nie endgültig sich fest. Doch möchten wir jetzt betrachten, wie deutlich er das Problem erfaßte, und sodann noch einmal eine Lösungsmöglichkeit vorschlagen – für eine Situation, welche der Erzbischof vielleicht nicht sich vorstellen konnte, weil sein Verstand noch „zu“ gesund war. Zuerst die Zusammenfassung seiner Worte vom August 1976:—

Die Menschen fragen mich, was ich von Papst Paul VI. halte. Ihn umgibt ein unfaßbares Geheimnis. Der wahre Papst stellt die Einheit der Kirche sicher, inspiriert vom Hl. Geist und geschützt vom Versprechen unseres Herrn bezüglich der Aufrechterhaltung des Glaubens. Doch in der schweren Zeit nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil zerstört Paul VI. systematisch die Kirche. Nichts wird verschont: weder der Katechismus, noch die Universitäten, Seminare und Schulen. Alles Katholische wird zerstört. Man sucht eine Lösung.

Einige offensichtlich falsche Lösungen können wir gleich verwerfen, z.B. daß Paul VI. ein Gefangener oder Opfer seiner Untergebenen sei, unter Drogen stehe, usw. Als er die Charismatiker segnete oder den Fuß des orthodoxen Patriarchen küßte, wurde er da mit einem vorgehaltenen Revolver bedroht? Ich habe ihn bei öffentlichen Audienzen beobachtet, wie er gekonnt, geistesgegenwärtig, mit Angemessenheit und der Intelligenz eines Mannes sprach, welcher im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist. Kardinal Benelli sagte zu mir, daß der Papst selber diese Briefe an mich schrieb, wo er die Tradition zerschmettert, daß er voll informiert ist und genau weiß, was er tut, daß dies sein Wille ist und seine Entscheidungen sind. Der Kardinal sagte, daß er täglich dem Papst Meldung machte und auch direkt nach unserer Unterhaltung wieder Meldung machen würde.

Kann Paul VI. somit kein echter Papst sein? Das ist eine mögliche Hypothese. Theologen haben diese Frage studiert. Ich weiß es nicht, und man lege mir keine Worte in den Mund. Jedoch scheint die Frage theologisch unlösbar zu sein.

So sprach der Erzbischof über Paul VI., jedoch gilt grundsätzlich das gleiche Problem für alle sechs Konzilspäpste (vielleicht mit Ausnahme von Johannes Paul I.). Teilen wir das Problem in zwei Abschnitte auf: a) Wie kann der wahre Gott so eine Zerstörung seiner Kirche zulassen? b) Wie können seine wahren Stellvertreter oder Vikare die Hauptzerstörer sein?

Zu a) Erstens wird die Zerstörung am Ende der Welt noch größer sein (Lukas 18,8). Zweitens könnte Gott seine Kirche durchaus reinigen, um den Triumph des Unbefleckten Herzens seiner Mutter vorzubereiten. Drittens bewahrte Gott Paul VI. davor, die Kirche vollständig zu zerstören; beispielsweise als Paul VI. „zufällig“ den Plan zur Auflösung des Papstamtes im Konzilstext Lumen Gentium entdeckte und dann durch Hinzufügen des Textes Nota Praevia diesen Plan blockierte.

Zu b) Die folgende Lösung hatte Erzbischof Lefebvre nie in Betracht gezogen, was erklären könnte, warum im August 1976 selbst er beinahe von den Hörnern des Dilemmas Sediskvakantismus-oder-Liberalismus aufgespießt zu werden schien. Wenn der Liberalismus Jahr für Jahr erfolgreicher damit ist, den Verstand jedes Erdenmenschen stärker zu verwirren, warum sollten dann Päpste von dieser universellen Krankheit, „ehrlicherweise“ falschzuliegen, ausgespart bleiben? Weil die Päpste gebildete Männer sind? Dabei herrscht doch der Liberalismus gerade in den Schulen und Universitäten. Wenn also die irrig-gebildeten Päpste „ehrlicherweise“ davon überzeugt sind, daß die „Wahrheit“ sich entwickle, dann würden sie nicht einmal mit ihren schweren Irrtümern jene katholischen Wahrheiten hartnäckig leugnen, wovon sie wißen, daß sie definiert sind, weil selbst die definierte Wahrheit, wenn es sich nach ihrer Überzeugung denn um eine „Wahrheit“ handele, sich entwickeln muß, und zwar in Richtung Konzilspäpste.

Kyrie eleison.

Lebende Päpste

Lebende Päpste on November 29, 2014

Am 29. Januar 1949 sagte Pius XII. über die Wichtigkeit des Papstes: „Sollte rein hypothetisch gesprochen das materielle Rom eines Tages zusammenbrechen und die Vatikanische Basilika, Symbol der einen und einzigen siegreichen katholischen Kirche, mit ihren historischen Schätzen und heiligen Grabstätten unter seinen Trümmern begraben, so wäre die Kirche dennoch nicht niedergerissen oder geborsten. Denn das Versprechen Christi an Petrus, daß das Papstamt ewig dauern werde, gälte nach wie vor, und die eine, unzerstörbare Kirche würde auf dem dann lebenden Papst fußen.“

Weil diese Worte der klassischen Kirchenlehre entsprechen (nur die Unterstreichung wurde hinzugefügt) und auf den Worten unseres Heilandes basieren (Matthäus 16,16–18), überrascht es wenig, daß seit 1962, als die lebenden Päpste konziliar geworden sind, Millionen von Katholiken ebenfalls konziliar und liberalistisch wurden. Aus diesem Problem sehen die Sedisvakantisten als einzigen Ausweg, zu bestreiten, daß die Konzilspäpste überhaupt Päpste seien. Dieses Abstreiten mag scheinbar dem katholischen Hausverstand genügen, doch für die meisten Katholiken scheint jene Annahme noch stärker dem katholischen Hausverstand zu genügen, wonach die von Gott auf einem lebenden Papst gegründete Kirche das letzte halbe Jahrhundert (1962–2014) nicht ohne einen solchen hätte auskommen können.

Wir vermögen leicht nachzuvollziehen, wie nach dem Höhepunkt des Mittelalters der Niedergang der christlichen Zivilisation zur gegenwärtigen Verderbnis der lebenden Päpste geführt hat. Zudem erkennen wir ebenfalls leicht, wie Gott diese entsetzliche Verderbnis zulassen konnte als Strafe für den erwähnten erschreckenden Niedergang. Weniger verständlich ist, wie die Kirche überleben kann, wenn die lebenden Päpste, auf welchen die Kirche gegründet ist, die Überzeugung hegen, daß der Liberalismus – also Krieg gegen Gott – katholisch sei. Denn unser Heiland sagte: „ So kann ein guter Baum keine schlechten Früchte hervorbringen und ein schlechter Baum keine guten. “ (Matthäus 7, 18)

Jedoch kann ein zur Hälfte guter und zur Hälfte schlechter Baum durchaus zur Hälfte gute und zur Hälfte schlechte Früchte tragen. Zwar ist als Ganzes gesehen eine Mischung aus Gutem und Schlechtem stets schlecht. Doch bedeutet dies nicht, daß einzeln gesehen die guten Teile der Mischung so schlecht wären wie die schlechten Teile. Beispielsweise wird Krebs in der Leber mich zwar umbringen, aber nicht bedeuten, daß ich Lungenkrebs habe. Nun aber ist jeder Kirchenmann, wie überhaupt jeder Mensch, weder vollständig schlecht, noch vollständig gut. Wir alle sind eine schwankende Mischung bis zum Tage unseres Todes. Gibt es also einen Kirchenmann, dessen Früchte vollständig schlecht sind? Selbstverständlich nicht. Somit kann die katholische Kirche während der letzten 50 Jahre von den halb-guten Früchten der Konzilspäpste gelebt haben – wobei diese Halblebigkeit von Gott zugelassen wurde, um seine Kirche zu reinigen, während er gleichzeitig verhindert hat, daß die Halblebigkeit soweit reichte, um die Kirche zerstören zu können.

Beispielsweise weinte Papst Paul VI. über den Mangel an Berufungen, Benedikt XVI. sehnte sich nach der Tradition, und sogar Franziskus dürfte versuchen, die Menschen zu Gott zu führen, indem er Gott auf die Stufe von uns Menschen hinunterzerrt. Die Konzilspäpste irren fürchterlich mit ihren Vorstellungen und verhalten sich bei Fragen des Glaubens verheerend mehrdeutig, wo sie absolut eindeutig sein müßten. Die Kirche starb ab und stirbt weiterhin ab unter ihnen. Doch jene Teile in ihnen, welche noch gut gewesen sind, haben der Kirche das Fortdauern ermöglicht und diese Konzilspäpste sind nötig gewesen als lebende Häupter, um den Körper der lebenden Kirche fortdauern zu lassen, so wie Pius XII. sagte. Fürchten wir also nicht, daß sie die Kirche zerstören könnten, sondern kämpfen wir mit Zähnen und Klauen gegen ihren Liberalismus und beten wir für ihre Rückkehr zur katholischen Vernunft, weil wir sie für das Fortleben unserer Kirche brauchen.

Kyrie eleison.

Umgestürzte Umstände

Umgestürzte Umstände on September 20, 2014

Von den Argumenten ausgehend, wonach der Sedisvakantismus ein kurzsichtiger Irrtum in einer völlig abnormen Situation ist, wirft ein italienischer Freund (kurz „C.C.“) einen genaueren Blick auf diesen Sachverhalt. Ohne Priester oder Theologe zu sein, wagt er die These, daß der Sedisvakantismus nur einer von mehreren Versuchen in der Kirche ist, um die heutige Krise mit den Kategorien von gestern zu bewältigen. Es geht nicht um die Frage, ob die katholische Theologie sich verändert, sondern darum, daß die wirkliche Situation, auf welche diese Theologie angewendet werden muß, durch das Zweite Vatikanische Konzil eine Zeitenwende erfuhr. Hier des Freundes Schlüsselabsatz über die veränderte Wirklichkeit:—

„Wegen ihrer Ablehnung der objektiven Wirklichkeit von Gottes Existenz und der Notwendigkeit der Unterordnung unter sein Gesetz, ist die heutige Welt nicht mehr normal. Auch die momentane katholische Einheit, welche den Menschen statt Gott in den Mittelpunkt aller Dinge stellt, ist nicht normal. Daß die Kirche diesen abnormen Zustand der Dinge erreichte, liegt nicht an einem plötzlichen Schlenker, sondern am Folgen eines langen und verwickelten Vorgangs der Abkehr von Gott, deren zerstörerische Effekte erst auf dem Zweiten Vatikanum sich vollends zeigten. Seit hunderten von Jahren wurden die Keime der Auflösung innerhalb der Kirche gefördert, wie auch die diese Keime bergenden Menschen, und es wurde ihnen erlaubt, alle Ränke der Hierarchie zu besetzen, bis hinauf zum und einschließlich des Stuhles Petri.“

Mein Freund fährt mit dem Hinweis fort, daß ohne Berücksichtigung dieser völligen Abnormalität des jetzigen Kirchenzustandes – welcher zwar auf schier unglaubliche, jedoch wahrhaftige Weise schlimmer ist als jemals zuvor – wir Gefahr laufen, mit einer nicht mehr länger existierenden Wirklichkeit und mit fortfallenden Zielvorgaben umzugehen. So sagen beispielsweise die Sedisvakantisten, daß die heutigen Kirchenmänner wissen müßten, was sie tun, denn sie seien intelligente und gebildete Leute. Dem hält C.C. entgegen, daß ihre Verkündigung und ihre Glaubenspraxis durchaus nicht mehr katholisch sein mag, daß sie aber überzeugt sind, völlig rechtgläubig zu sein. Die ganze Welt ist verrückt geworden und diese Kirchenmänner mit ihr; nicht durch den Verlust ihres Verstandes, sondern durch den Verzicht auf seine Benutzung. In dem Maße, wie ihr katholischer Glaube immer schwächer wird, gibt es immer weniger Hindernisse, ihre Vernunft ganz zu verlieren.

Darauf könnte der Einwand folgen, daß dann Gott seine Kirche verlassen haben müsse. Zur Entgegnung greift C.C. auf drei Zitate in der Heiligen Schrift zurück. Erstens Lukas 18,8, wo unser Herr fragt, ob er noch Glauben auf Erden finden wird, wenn er wiederkommt. Offensichtlich wird also ein kleiner Rest an Priestern und Laien (vielleicht mit ein paar Bischöfen) ausreichen, um bis zum Ende der Welt die Unvergänglichkeit der Kirche zu gewährleisten (man denke nur an die gegenwärtigen Schwierigkeiten des sogenannten „Widerstands,“ Gestalt anzunehmen). Zweitens, und auf ähnliche Weise, Matthäus 24,11–14 mit der Voraussage, daß viele falsche Propheten viele Seelen täuschen werden und daß die Liebe erkalten wird. Drittens Lukas 22,31–32, wo unser Herr den Petrus anweist, seine Brüder im Glauben zu festigen, nachdem er bekehrt ist – was stark nahelegt, daß der Glaube des Petrus zunächst versagen wird. Somit kann die gesamte Hierarchie inklusive Petrus versagen, ohne daß die Kirche aufhört, unvergänglich zu sein; etwa wie damals, als alle Apostel aus dem Garten Gethsemane davonliefen (Matthäus 26,56).

Abschließend können wir sagen, daß die Vorstellung von C.C. für die Kirche von morgen oder übermorgen große Ähnlichkeit mit der Vision von Hw. Camel aufweist: ein jeder von uns möge seine Standespflichten erfüllen und beim Aufbau eines Netzwerks von kleinen Glaubensfestungen helfen – jede Festung mit einem Priester zur Gewährleistung der Sakramente, aber ohne forthin unanwendbare Theologie der Kirche, ohne unerreichbare kanonische Zustimmung, ohne irgendwelche veralteten Trennwände, über welche der Glaube geflossen sein mag. Diese Festungen werden durch die Wahrheit vereint sein und gegenseitige Kontakte der Nächstenliebe pflegen. Der Rest liegt in den Händen Gottes.

Kyrie eleison.

Fehlbare Päpste

Fehlbare Päpste on September 13, 2014

Weder Liberalisten noch Sedisvakantisten hören gerne, daß sie wie Kopf und Zahl von ein- und derselben Münze sind; und dennoch trifft es zu. Beispielsweise stellen sich beide keine dritte Alternative vor. Nehmen wir zum Beispiel den Brief an die drei Bischöfe von Bischof Fellay vom 14. April 2012, wo er zu seinem Liberalismus keine Alternative außer den Sedisvakantismus sah. Umgekehrt denken viele Sedisvakantisten, wer die Konzilspäpste für echte Päpste hält, könne nur ein Liberalist sein, und wer den Sedisvakantismus kritisiert, fördere den Liberalismus. Doch in Wirklichkeit ist dies überhaupt nicht so.

Warum? Weil beide die Unfehlbarkeit des Papstes übertreiben und damit denselben Irrtum begehen. Warum tun sie das? Vielleicht weil auf beiden Seiten moderne Menschen stehen, welche mehr an Personen als an Institutionen glauben? Doch warum sollte das ein Merkmal des modernen Menschen sein? Weil ab ungefähr dem Protestantismus immer weniger Institutionen wahrhaftig das Gemeinwohl suchen, sondern immer mehr Privatinteressen, wie z.B. das Geld („meine monetäre Forderung an Dich“), was natürlich unseren Respekt vor diesen Institutionen schmälert. Beispielsweise bewahrten einige gute Männer die verkommene Institution namens Modernes Bankwesen davor, all seine üblen Wirkungen sofort zu entfalten, aber die verkommenen „Bankster“ von heute zeigen doch, was die Institutionen der Mindestreserve-Banken und Zentralbanken in sich von Anfang an waren. Wegen der Feinde von Gott und Mensch steckt der Teufel in den modernen Strukturen.

Somit ist es verständlich, daß die modernen Katholiken dazu neigten und neigen, zu viel Vertrauen in den Papst und zu wenig Vertrauen in die Kirche zu setzen. Damit sind wir auch schon bei der Antwort an jenen Leser, welcher mich fragte, warum ich nicht in derselben Weise über die Unfehlbarkeit schreibe wie die klassischen katholischen Handbücher der Theologie. Gewiß sind diese Handbücher auf ihre Weise wunderbar, doch wurden sie alle vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil geschrieben und neigen dazu, dem Papst eine Unfehlbarkeit zuzugestehen, welche der Kirche gehört. In diesen Handbüchern wird beispielsweise die Krone der Unfehlbarkeit einzig als eine feierliche Definition durch den Papst oder durch den Papst auf einem Konzil, aber auf jeden Fall durch den Papst, präsentiert. Das heutige liberalistisch-sedisvakantistische Dilemma war die Folge, und als solche auch eine Bestrafung für die Neigung, die Person überzubewerten und die Institution unterzubewerten, denn schließlich ist die Kirche keine rein menschliche Institution.

Denn erstens ist auf dem Berg des Ordentlichen Lehramtes die Schneekappe des Ausserordentlichen Magisteriums nur in sehr beschränkter Weise der Gipfel – denn er ist völlig unterstützt vom Felsgipfel unterhalb des Schnees ab. Zweitens wissen wir vom maßgebenden Text über die Unfehlbarkeit, von der Definition des wahrlich katholischen ersten Vatikanischen Konzils (1870), daß die päpstliche Unfehlbarkeit von der Kirche kommt, und nicht umgekehrt. Nur wenn der Papst alle für eine ex cathedra Lehre notwendigen vier Bedingungen anwendet, dann, sagt die Definition, besitzt er „jene Unfehlbarkeit, mit welcher der göttliche Erlöser seine Kirche in der endgültigen Entscheidung über eine Glaubens- oder Sittenlehre ausstatten wollte”. Natürlich ist das so, denn von wem könnte die Unfehlbarkeit sonst stammen, außer von Gott? Die besten unter den Menschen, und einige Päpste waren wirklich gute Menschen, mögen sogut wie keine Fehler begangen haben, aber solange sie mit der Erbsünde behaftet sind, können sie nicht unfehlbar wie nur Gott allein sein. Wenn diese Menschen unfehlbar sind, dann kommt diese Unfehlbarkeit von außerhalb ihrer Menschheit ihnen zu, durch ihre Menschheit, aber von Gott her, welcher durch seine Kirche sie zu schenken gewählt hat. Diese Unfehlbarkeit darf dann nur ein momentanes Geschenk für die Dauer einer Definition sein.

Das bedeutet, daß außerhalb der ex cathedra Momente nichts einen Papst davon abhält, Unsinn zu reden, wie die neue Religion des Zweiten Vatikanischen Konzils. Daher benötigen weder Liberalisten noch Sedisvakantisten diesen Unsinn ernstzunehmen, und sollten ihn auch nicht beachten, weil, wie schon Erzbischof Lefebvre sagte, wir 2000 Jahre an unfehlbarer Kirchenlehre durch das Ordentliche Magisterium besitzen, durch welches wir beurteilen können, daß Unsinn vorliegt.

Kyrie eleison.

Kirchliche Unfehlbarkeit – V

Kirchliche Unfehlbarkeit – V on Mai 31, 2014

Liberalismus bedeutet Krieg gegen Gott und Auflösung der Wahrheit. Innerhalb der heute durch den Liberalismus verkrüppelten Kirche mag Sedisvakantismus eine verständliche Reaktion sein, aber sie billigt der Autorität zu viel Macht über die Wahrheit zu. Die moderne Welt ist der natürlichen Wahrheit verlustig gegangen, ganz zu schweigen von der übernatürlichen Wahrheit; und hier liegt der Kern des Problems.

Für unsere erklärenden Zwecke teilen wir die päpstlichen Lehren einmal in drei Abschnitte ein. Erstens: lehrt der Papst als Papst, in Fragen des Glaubens oder der Moral, endgültig, und für alle Katholiken bindend, so liegt sein „Außerordentliches Magisterium“ vor, welches notwendigerweise unfehlbar ist. Zweitens: nimmt er zwar nicht alle vier genannten Bedingungen in Anspruch, lehrt allerdings in Übereinstimmung mit dem, was die Kirche immer und überall und für alle Katholiken zu glauben gelehrt hat, so ist er Teil des sogenannten „Ordentlichen Universellen Magisteriums“ der Kirche, welches ebenfalls unfehlbar ist. Drittens: jede andere Lehre des Papstes, welche dann fehlbar und, falls gegen die Tradition stehend, sogar falsch ist.

Inzwischen dürfte klar sein, daß das Verhältnis des Außerordentlichen Lehramtes zum Ordentlichen Universellen Lehramt wie das einer Schneekappe zum Berg ist. Die Schneekappe stellt nicht den Berggipfel dar, sondern macht ihn nur deutlicher sichtbar. Anders formuliert ist das Verhältnis also wie der Diener zum Meister. Das Außerordentliche Lehramt existiert also, um dem Ordentlichen Universellen Lehramt zu dienen, indem es ein für allemal klarstellt, was zu diesem Ordentlichen Lehramt gehört und was nicht. Der Rest des Berges, sozusagen, wird sichtbar gemacht durch seine Nachvollziehbarkeit bis zu Unserem Herrn Jesus Christus und seinen Aposteln zurück, kurz gesagt, durch die Tradition. Aus diesem Grunde ist jede Definition durch das Außerordentliche Lehramt peinlichst genau zu zeigen bemüht, daß das zu Definierende schon immer Teil der Tradition war. Der Berg war Berg, bevor er mit Schne e bedeckt wurde.

Somit wird deutlich, daß die Tradition dem Papst vorgibt, was er zu lehren hat, und nicht umgekehrt. Auf dieser Grundlage gründete Erzbischof Lefebvre auch die Traditionsbewegung. Doch, mit Verlaub, begreifen die Sedisvakantisten und Liberalisten diese Grundlage nicht. Dabei genügt doch schon ein Blick auf das Johannes-Evangelium, um zu sehen, wie oft Unser Herr betont, daß, was er lehrt, nicht von ihm, sondern von seinem Vater stammt; z.B.: „Meine Lehre ist nicht meine, sondern von dem, der mich gesandt hat“ (7,16), oder: „Denn nicht aus mir selbst habe ich verkündet, sondern der Vater, der mich sandte, er selbst hat mir Auftrag gegeben, was ich sagen und was ich verkünden soll“ (12,49). Gewiß ist auf Erden niemand so autorisiert wie der Papst, um der Kirche und Welt zu sagen, was zur Tradition gehört; doch gleichzeitig darf er nicht behaupten, etwas sei in der Tradition enthalten, was kein Teil von ihr i st. Das zur Tradition Gehörende ist etwas objektives und inzwischen 2000 Jahre altes; es steht über dem Papst und setzt ihm Grenzen bezüglich seiner Lehre – so wie der Auftrag des Vaters Grenzen setzte, was Jesus Christus als Menschensohn lehren würde.

Warum behaupten dann Liberalisten wie Sedisvakantisten gleichermaßen, daß im Endeffekt der Papst unfehlbar sei, selbst wenn er außerhalb des Außerordentlichen Lehramtes und des Ordentlichen Universellen Lehramtes lehrt? Weil beide Lager die Autorität in ihrem Verhältnis zur Wahrheit überbewerten, so daß beide die Kirchenautorität nicht länger als Diener, sondern als Meister der Wahrheit betrachten. Aus welchem Grund tun sie das? Weil beide Kinder der modernen Welt sind, wo der Protestantismus der katholischen Wahrheit trotzte und der Liberalismus seit der Französischen Revolution versucht, die totale objektive Wahrheit aufzulösen. Und wenn erst einmal keine objektive Wahrheit mehr bekannt ist, so kann eine Autorität freilich alles sagen, was man ihr durchgehen läßt. Dies beobachten wir doch allenthalben um uns herum, und kein Mensch kann einen Paul VI. oder Bischof Fellay dann noch davon abha lten, bei diesem Vorgang immer willkürlicher und tyrannischer zu werden.

Heilige Muttergottes, erwirke mir, die vom Vater kommende natürliche und übernatürliche Wahrheit und Ordnung zu lieben, zu erkennen und zu verteidigen, so wie Dein eigener Sohn als Mensch ihnen untertan war „bis zum Tode, sogar bis zum Kreuzestode.“

Kyrie eleison.

Kirchliche Unfehlbarkeit – III

Kirchliche Unfehlbarkeit – III on Mai 17, 2014

Die verrückten Worte und Taten des Papst Franziskus treiben derzeit viele gläubige Katholiken in die Hände des Sedisvakantismus, welcher jedoch gefährlich ist. Die Vorstellung, daß die konziliaren Päpste keine Päpste waren und sind, mag als bloße Meinung beginnen; doch allzu oft müssen wir bestätigen, wie diese Meinung erst zu einem Dogma und dann zu einem mentalen Fangeisen wird. Meines Erachtens macht der Verstand vieler Sedisvakantisten die Schotten dicht, weil die beispiellose Kirchenkrise durch das Zweite Vatikanische Konzil ihrem katholischen Verstand und Herzen solche Qualen verursacht hat, daß sie im Sedisvakantismus eine einfache Lösung gefunden zu haben glauben. Danach sind sie nicht mehr willens, die Qualen erneut auf sich zu nehmen, indem sie die grundlegenden Fragen erneut stellen. Sodann unternehmen sie einen regelrechten Kreuzzug, um für ihre einfache Lösung auch andere Katholiken zu gewinnen. Doch bei diesem Unternehmen zeigen viele – nicht alle – Sedisvakantisten am Ende einen Hochmut und eine Bitterkeit, welche keine Zeichen bzw. Früchte eines wahren Katholiken mehr sind.

Nun haben diese „Eleison-Kommentare“ zwar immer davon abgesehen, mit letztendlicher Sicherheit zu verkünden, daß die konziliaren Päpste auch gewiß Päpste seien. Doch gleichzeitig wiesen die „Kommentare“ darauf hin, daß die üblichen Argumente der Sedisvakantisten weder schlüssig noch für Katholiken verbindlich sind, so wie manche Sedisvakantisten uns glauben machen wollen. Kommen wir daher auf eines ihrer Hauptargumente zurück, jenes von der päpstlichen Unfehlbarkeit, welches sie so erklären: die Päpste sind unfehlbar; die Liberalisten jedoch sind fehlbar, und konziliare Päpste sind Liberalisten; daher sind sie keine Päpste.

Dagegen können wir einwenden, daß ein Papst nur dann mit Sicherheit unfehlbar ist, wenn er alle vier Bedingungen des Außerordentlichen Magisteriums der Kirche dadurch in Anspruch nimmt, daß er auf die folgenden vier Weisen lehrt: 1) als Papst, 2) bezüglich des Glaubens oder der Moral, 3) auf endgültige Weise und 4) für alle Katholiken bindend. Darauf antworten die Sedisvakantisten wie die Liberalisten gleichermaßen: weil nach der Lehre der Kirche das Ordentliche Magisterium unfehlbar ist, so müsse – und nun kommt der Schwachpunkt in der Argumentation – der Papst, selbst wenn er außerhalb seines Außerordentlichen Magisteriums feierlich lehrt, ebenfalls unfehlbar sein. Nun stelle aber das Lehren der konziliaren Päpste sich feierlich dar; daher müßten wir also entweder Liberalisten oder Sedisvakantisten werden, je nachdem, welche der beiden Seiten dieses Argument anführt.

Doch das Kennzeichen des Lehrens, welches zum ordentlichen universellen Magisterium der Kirche gehört, ist nicht die Feierlichkeit, mit welcher ein Papst außerhalb des Außerordentlichen Magisterium gelehrt hat, sondern ob sein Lehren dem entspricht bzw. nicht entspricht, was Unser Herr, seine Apostel und praktisch alle ihre Nachfolger, d.h. die Bischöfe der Weltkirche, zu allen Zeiten und an allen Orten gelehrt haben. Kurz gesagt zählt, ob die Lehre eines Papstes der Tradition entspricht. Nun stellt allerdings die konziliare Lehre (z.B. über die Kultfreiheit und den Ökumenismus) einen Bruch mit der Tradition dar, weswegen die heutigen Katholiken nicht verpflichtet sind, Liberalisten oder Sedisvakantisten zu werden.

Beide Seiten, die Liberalisten wie die Sedisvakantisten, klammern sich an ihre Übertreibung von der päpstlichen Unfehlbarkeit; und zwar aus durchaus interessanten Gründen, welche allerdings wieder eine andere Geschichte sind. Jedenfalls geben beide Seiten nicht einfach auf und bringen daher einen weiteren Einwand, welcher eine Antwort verdient. Beide Seiten behaupten, daß die Argumentation, wonach die Tradition das Kennzeichen des Ordentlichen Magisteriums sei, in einen Teufelskreis führe. Denn wenn die Lehrautorität der Kirche, das Magisterium, existiert um festzustellen, was die kirchliche Doktrin ist (was sie ja tut), wie könne dann gleichzeitig die traditionelle Lehre feststellen, was das Magisterium ist? Entweder müsse der Lehrer autorisieren, was gelehrt wird, oder das Gelehrte autorisiere den Lehrer, aber sie könnten nicht beide zur selben Zeit sich gegenseitig autorisieren. Somit sei die Argumentation falsch, wonach die gelehrte Tradition das lehrende Ordentliche Magisterium autorisiere, und deswegen sei der Papst nicht nur in seinem Außerordentlichen Magisterium unfehlbar. Also würden wir entweder Liberalisten oder Sedisvakantisten werden müssen.

Nächste Woche erklären wir, warum hier kein Teufelskreis vorliegt. Außerdem ist die Frage interessant, warum beide Seiten, also Liberalisten und Sedisvakantisten, denselben Irrtum bezüglich der Unfehlbarkeit begehen.

Kyrie eleison.