Zweites Vatikanum

Bewundernswerte Neuorientierung

Bewundernswerte Neuorientierung on Juni 20, 2020

Hier eine Zusammenfassung des öffentlichen Briefes, den Erzbischof Viganò am 9. Juni zum Thema des Zweiten Vatikanischen Konzils verfasst hat:

Bravo, Bischof Schneider, zu Ihrem kürzlichen Aufsatz über das Konzil und die falsche Religionsfreiheit. Man spricht vom „Geist des Konzils.“ Aber wann war je die Rede vom „Geist von Trient“ oder von irgendeinem anderen katholischen Konzil? Niemals, weil alle anderen Konzile einfach dem Geist der Kirche gefolgt sind. Der gute Bischof sollte sich allerdings davor hüten, „der Korrektur bedürftige Irrtümer“ in den früheren Lehren der Kirche zu übertreiben, denn was auch immer diese Irrtümer gewesen sein mögen, sie verblassen neben dem, was das Zweite Vatikanische Konzil angerichtet hat. Dieses war (selbst inhaltlich) mit dem Konzil von Pistoia (1786) vergleichbar, das später von der Kirche verurteilt wurde.

Durch Vatikan II liessen sich viele von uns in die Irre führen. In gutem Glauben zeigten wir viel zu grosse Nachsicht für die angeblich guten Absichten jener, welche eine Ökumene förderten, die später zu falschen Lehren über die Kirche ausartete. Heute glauben viele Katholiken nicht mehr, dass es kein Heil ausserhalb der katholischen Kirche gibt, und die Zweideutigkeiten, die den Weg zur Unterminierung des Glaubens bahnten, finden sich in den Texten von Vatikan II. Es hat mit interreligiösen Treffen begonnen, muss jedoch zwangsläufig in irgendeiner Universalreligion enden, in der es keinen Platz mehr für den wahren Gott geben wird. Dies war alles schon seit langer Zeit geplant. Zahlreiche heutige Irrtümer wurzeln in Vatikan II, auf dessen Texte sich der heutige tausendfache Verrat am wahren katholischen Glauben und den wahren katholischen Praktiken mit Leichtigkeit zurückführen lässt. Vatikan II wird heutzutage verwendet, um alle Verirrungen zu rechtfertigen, während seine Texte einzigartig schwer zu interpretieren sind und der früheren kirchlichen Tradition so klar widersprechen, wie dies zuvor bei keinem anderen Kirchenkonzil der Fall war.

Ich gestehe heute freimütig ein, dass ich damals den kirchlichen Autoritäten gegenüber allzu unbedingten Gehorsam an den Tag gelegt habe. Viele von uns konnten sich zu jener Zeit wohl einfach nicht vorstellen, dass die Hierarchie der Kirche gegenüber untreu werden könnte, was wir ganz besonders am gegenwärtigen Pontifikat beobachten können. Mit der Wahl von Papst Franziskus haben die Verschwörer die Maske endgültig fallen lassen. Sie hatten sich des philo-tridentinischen Benedikt XVI. endlich entledigt und waren frei, die Neukirche zu gründen, welche die alte Kirche durch ein freimaurerisches Surrogat für die Form und die Substanz des Katholizismus ersetzte. Demokratisierung, endlose Synoden, weibliche Priester, überbordende Ökumene, Dialog, Entmythologisierung des Papsttums, Political Correctness, Gendertheorie, Sodomie, gleichgeschlechtliche Ehe, Empfängnisverhütung, Förderung der Migration, Ökologismus – wenn wir nicht erkennen, dass all diese Übel in Vatikan II wurzeln, werden wir sie nicht ausmerzen können.

Eine solche Einsicht „erheischt ein grosses Mass an Demut, wobei wir zuerst erkennen müssen, dass wir uns in guten Treuen jahrzehntelang irreführen liessen, von Menschen, die ihre Positionen kraft der kirchlichen Autorität erhalten hatten, es jedoch nicht verstanden, über die Herde Christi zu wachen und sie zu behüten.“ Diese Hirten, welche die Kirche wider besseres Wissen, wenn nicht gar in arglistiger Absicht, verraten haben, müssen beim Namen genannt und exkommuniziert werden. In unseren Reihen gab und gibt es viel zu viele Söldner, die lieber den Feinden Christi gefallen als Seiner Kirche treu sein wollen.

„So wie ich vor sechzig Jahren ehrlich und gelassen fragwürdigen Befehlen gehorchte, da ich glaubte, sie gäben die liebende Stimme der Kirche wieder, anerkenne ich heute ebenso gelassen und ehrlich, dass ich getäuscht worden bin.“ Ich kann jetzt nicht mehr in meinem Irrtum beharren. Ebenso wenig kann ich behaupten, alles von Anfang an durchschaut zu haben. Wir wussten zwar alle, dass das Konzil mehr oder weniger einer Revolution gleichkam, aber keiner von uns konnte sich vorstellen, wie verheerend diese sein würde.Wir könnten sagen, dass Benedikt XVI. sie verlangsamt hat, doch das Pontifikat von Franziskus hat jenseits jeden vernünftigen Zweifels bewiesen, dass unter den Hirten an der Spitze der Kirche pure Apostasie herrscht, während die Schafe verlassen, ja geradezu verachtet werden.

Die Erklärung von Abu Dhabi („Gott hat Wohlgefallen an allen Religionen“) war für einen Katholiken unverzeihlich. Wahre Barmherzigkeit lässt sich nicht auf Kompromisse mit dem Irrtum ein. Und falls sich Franziskus eines Tages weigert, das Spiel weiter mitzuspielen, wird man ihn wie Benedikt XVI. stürzen und durch einen anderen ersetzen. Doch die Wahrheit bleibt und wird sich durchsetzen: „Ausserhalb der katholischen Kirche gibt es kein Heil.“

Kyrie eleison.

Die Bosheit des Modernismus – IV

Die Bosheit des Modernismus – IV on Juni 6, 2020

Diese „Kommentare“ vom letzten 21en März behaupteten, sie hätten „die unglaubliche Perversität, Hochmut und Perfidie“ Kants hervorgehoben. Dies scheint eine sehr heftige Formulierung zu sein, wenn man bedenkt, dass sie von einem Katholiken stammt und sich auf einen berühmten und (angeblich) rein weltlichen Philosophen bezieht, aber so rein weltlich ist Kant in Wirklichkeit nicht. Wer, der die Revolution in der Kirche durch Vatikan II (1962–1965) kennt, sähe nicht ein, dass Perversität, Hochmut und Perfidie deren Kennzeichen sind? Abermals eine heftige Formulierung? Betrachten wir zunächst, wie jedes dieser drei Kennzeichen sich zu dem Grundsatz verhält, dass der Geist unfähig ist, sein eigenes Objekt, die Realität um den Menschen herum, zu erkennen, für den er von Gott geschaffen wurde (indem der Kantianismus, wie der grosse Theologe Pater Garrigou-Lagrange, 1877–1964, sagte, von Kant als Festung konzipiert wurde, und zwar eben mit dem Ziel, Gott auszuschliessen)? Und gehen wir als zweites der Frage nach, wie jedes dieser drei Kennzeichen für den Konziliarismus der 1960-er Jahre gilt.

Die PERVERSITÄT des Kantianismus. Wenn der Heilige Thomas von Aquin in seiner Summa Theologiae (2a2ae, 154, Absatz12) zu beweisen sucht, dass Homosexualität unter allen Sünden der Unreinheit die verworfenste ist, tut er dies, indem er sie mit der Leugnung der Prinzipien des Denkens vergleicht, die der Natur des Geistes inhärent sind. Doch Kant leugnet nicht nur ein oder zwei natürliche Prinzipien des Geistes, er leugnet die Anwendbarkeit jedes einzelnen dem Geist inhärenten Prinzips auf die äussere Realität. Der Kantianismus ist in höchstem Masse pervers – und wird diese Schlussfolgerung nicht dadurch bestätigt, wie verbreitet die Sünde gegen die Natur an unseren Kantianischen „Universitäten“ ist?

 . . . und des Konziliarismus. Eines der Konzilsdokumente, Dei Verbum, Abschnitt 8, Paragraph 2, liefert eine zweideutige Definition der lebendigen Tradition, unter Berufung auf welche Johannes Paul II. die unveränderliche katholische Tradition verurteilte, in deren Namen Erzbischof Lefebvre kurz zuvor, im Juni 1988, vier Bischöfe geweiht hatte. In anderen Worten, für die Konziliaristen ändert sich die katholische Wahrheit im Verlauf der Epochen so sehr, dass die Version des Erzbischofs von einer objektiven und unveränderlichen Tradition nicht mehr akzeptabel ist. So eine radikale Auflösung der katholischen Wahrheit ist vollkommen pervers.

Der HOCHMUT des Kantianismus Wenn, wie der Kantianismus behauptet, das von Gott geschaffene „Ding an sich“ für mich unerkennbar ist, weil es sich jenseits der Erscheinungen befindet, wohin mein Geist nicht reichen darf, und wenn ich das Ding in Übereinstimmung mit den eingeborenen Gesetzen meines eigenen Geistes anhand der sinnlichen Eindrücke rekonstruiere, werde ich zum Schöpfer der Dinge; sie werden von mir fabriziert, und ich nehme die Stelle Gottes ein. Denn Gott macht Sich in der Tat nur sehr selten für die menschlichen Sinne erkennbar – selbst nachdem Er sich dem Heiligen Thomas gezeigt und dieser seine Wundmale berührt hatte, benötigte der Apostel noch einen Glaubensakt, um diesen Menschen als Gott anzuerkennen (Johannes XX, 28) – somit steht Gott wahrlich hinter den Sinneserscheinungen, und ist deshalb für Kant meinem Geist unzugänglich. Er hängt von meinem Willen, an Ihn zu glauben, ab; also gilt: Nicht was ich weiss, sondern was ich will, ist wirklich. Nun will ich Gott, somit ist Gott wirklich. Wenn dies die Grundlage von Gottes Existenz ist, könnte sie dann zerbrechlicher sein? Diesem Denken zufolge ist Gott, um zu existieren, also darauf angewiesen, dass ich Ihn will. Könnte des Menschen Hochmut noch wahnsinniger sein?

 . . . und des Konziliarismus. Wie Pater Calderón in seiner Studie über Vatikan II, Prometheus, hinreichend klar macht, ist der Schlüssel für den modernen Menschen, an den Gottes Religion gemäss der Absicht des Konzils angepasst werden soll, die Freiheit. Der moderne Mensch wird keine objektive Wahrheit akzeptieren, die seinem Geist Fesseln anlegt; kein objektives Gesetz, das seinem Willen befiehlt, keine Gnade, die seine Natur zu irgendeinem anderen Zweck heilt als der Freiheit der Natur selbst. Kurzum, der moderne Mensch will nichts und niemanden haben, der ihm überlegen ist. Er ist dank seiner Freiheit das höchste aller Geschöpfe. Zudem ist er freier als der Schöpfer, weil er frei ist, das Böse zu wählen, was Gott nicht ist. Abermals gilt: Könnte Hochmut noch wahnsinniger sein?

Die PERFIDIE des Kantianismus. Zu leugnen, wie es der Kantianismus tut, dass der Geist über die Sinneswahrnehmungen hinaus irgendetwas erkennen kann, bedeutet nicht zu leugnen, dass die Dinge sind, was sie sind; es bedeutet lediglich, die vollkommen absurde Behauptung aufzustellen, dass sie von meinem Geist abhängen, um das zu sein, was sie sind. Um leben, ja auch nur überleben zu können, muss mein hervorragender Geist also Mahlzeiten auf der Erscheinung meines Küchentisches fabrizieren, sonst werde ich ziemlich hungrig werden. Dementsprechend werde ich alle Dinge fabrizieren, die für meine tägliche Existenz nötig sind. Somit kann ich mich im Alltag anscheinend so benehmen wie ein normaler Nicht-Kantianer, und bei den Menschen den trügerischen Eindruck erwecken, ich sei durchaus nicht verrückt. Erst wenn ich ihnen sage, mein Geist habe das Frühstück fabriziert, werden sie begreifen, dass sie es mit einem Irren zu tun haben. Anders gesagt, ich kann meinen radikalen inneren Verrat an der äusseren Realität vor Aussenstehenden verbergen. Dies ist potentiell perfid.

 . . . und des Konziliarismus. Vatikan II ist nicht nur potentiell, sondern tatsächlich perfid, weil – wie Pater Calderón abermals hinreichend klarstellt – sein eigentlicher Wesenskern darin bestand, einen neuen, auf den Menschen zentrierten Humanismus zu schaffen, der in der Lage sein würde, sich als weiterhin auf Gott zentrierten Katholizismus auszugeben. Objektive Verstellung und Täuschung waren von Anfang an in der Charta des Konzils festgeschrieben.

Kyrie eleison.

Daniels Gebet

Daniels Gebet on April 18, 2020

Das Internet ist in diesen Tagen voller Kommentare und Analysen – eine interessanter als die andere – zum Thema des Corona-Virus und des turbulenten Zustands der Finanzen in aller Welt, doch nur wenige dieser Kommentatoren berühren den allerwichtigsten Punkt dieser zwei Katastrophen (die man auch als eine einzige betrachten kann, weil ihre beiden Komponenten engstens miteinander verflochten sind). Dieser Punkt ist folgender: Das Desaster zeigt die Beziehungen zwischen der ganzen Menschheit und ihrem Gott, und diese lassen sich in einem Wort zusammenfassen – Apostasie. Diese ist ein gewaltiges Verbrechen, für die das Corona-Virus eine Strafe ist, welche allerdings auch nicht im entferntesten so hart ist wie die Heimsuchungen, die noch folgen werden, wenn die Menschen nicht zu Gott zurückkehren. Doch so wie die Dinge stehen, folgt die Masse Seines eigenen durch den Glauben auserwählten Volkes, der Katholiken, frohgemut Vatikan II, weil dieser die alte Disziplin untergraben und es den Menschen ermöglicht hat, sich selbst anstelle Gottes anzubeten. Wir sollten Gott alle auf den Knien um Verzeihung bitten, wie es Daniel im Alten Testament getan hat. Hier sein mächtiges Gebet, Daniel IX, 3–19, das sich mit nur geringfügigen Änderungen auch auf das Neue Testament anwenden lässt. Nimmt man solche Änderungen vor, lautet das Gebet wie folgt:

3 Und ich wandte mein Angesicht zu Gott, dem Herrn, um ihn zu suchen mit Gebet und Flehen, mit Fasten im Sacktuch und in der Asche.

4 Ich betete aber zu dem Herrn, meinem Gott, und ich bekannte und sprach: Ach, Herr, du großer und furchtgebietender Gott, der den Bund und die Gnade [2] denen bewahrt, die ihn lieben und seine Gebote bewahren! 5 Wir haben gesündigt und haben unrecht getan und gesetzlos gehandelt; wir haben uns aufgelehnt und sind von deinen Geboten und deinen Rechtsordnungen abgewichen! 6 Wir haben auch nicht auf deine Päpste vor Vatikan II. gehört, die in deinem Namen zu unseren Königen, unseren Präsidenten und unseren Vätern und zu dem ganzen Volk des Landes geredet haben.

7 Du, Herr, bist im Recht, uns aber treibt es heute die Schamröte ins Gesicht, wie es jetzt zutage liegt, den Männern von der Kirche und den Bürgern von Rom und allen Katholiken, seien sie nah oder fern in allen Ländern, wo du sie erhoben hast, wegen ihrer Untreue, die sie gegen dich verübt haben. 8 Uns, Herr, treibt es die Schamröte ins Gesicht, unseren Königen, unseren Präsidenten und unseren Vätern, weil wir gegen dich gesündigt haben! 9 Aber bei dem Herrn, unserem Gott, ist Barmherzigkeit und Vergebung; denn gegen ihn haben wir uns aufgelehnt, 10 und wir haben nicht gehört auf die Stimme des Herrn, unseres Gottes, um in seinem Gesetz zu wandeln, das er uns durch seine treue Diener, vorgelegt hat; 11 sondern die ganze Kirche hat dein Gesetz übertreten und ist abgewichen, so daß es auf deine Stimme gar nicht hören wollte. Darum hat sich auch über uns ergossen, was als Fluch und Schwur im Gesetz Moses, des Knechtes Gottes, geschrieben steht, weil wir gegen Ihn gesündigt haben.

12 Und so hat er seine Worte ausgeführt, die er gegen uns und unsere Herrscher, die über uns regierten, ausgesprochen hat, daß er großes Unheil über uns bringen wolle, wie es unter dem ganzen Himmel noch nirgends vorgekommen und wie es nun wirklich an Rom geschehen ist. 13 Genauso, wie es im Gesetz Moses geschrieben steht, ist all dies Unheil über uns gekommen; wir aber suchten das Angesicht des Herrn nicht dadurch zu besänftigen, daß wir uns von unseren Sünden abgewandt und auf deine Wahrheit geachtet hätten. 14 Darum hat auch der Herr darüber gewacht, das Unheil über uns zu bringen; denn der Herr, unser Gott, ist gerecht in allen seinen Werken, die er getan hat, da wir nicht auf seine Stimme gehört haben.

15 Nun aber, Herr, unser Gott, der du deine Kirche durch zweitausend Jahre geführt hast und dir einen Namen gemacht hast bis zum heutigen Tag: wir haben gesündigt, wir haben gottlos gehandelt. 16 O Herr, laß doch um all deiner Gerechtigkeit willen deinen Zorn und Grimm sich abwenden von deiner Stadt Rom, von deinem heiligen Berg! Denn wegen unserer Sünden und der Missetaten unserer Väter ist Rom und dein Volk allen seinen Nachbarn zum Gespött geworden.

17 So höre nun, unser Gott, auf das Gebet deiner Diener und auf ihr Flehen und laß dein Angesicht leuchten über dein verwüstetes Heiligtum, um des Herrn willen! 18 Neige dein Ohr, mein Gott, und höre; tue deine Augen auf und sieh unsere Verwüstung und die Kirche, die nach deinem Namen genannt ist! Denn nicht um unserer eigenen Gerechtigkeit willen bringen wir unsere Bitten vor dich, [3] sondern um deiner großen Barmherzigkeit willen! 19 Herr, höre! Herr, vergib! Herr, achte darauf und handle und zögere nicht, um deiner selbst willen, mein Gott! Denn nach deinem Namen ist deine Stadt und dein Volk genannt!

Kyrie eleison.

Der Unverzichtbare Papst – I

Der Unverzichtbare Papst – I on Februar 1, 2020

Während ein Jahr nach dem anderen vergeht, ohne dass sich die absurde Situation der Kirche zu verbessern scheint, fragen sich immer wieder Katholiken, die der Tradition treu geblieben sind, warum sich nicht wenigstens die traditionalistischen Priester zusammentun und ihre Grabenkämpfe beenden können. Sie glauben alle an ein und dieselbe kirchliche Tradition; sie sind sich alle darüber einig, dass das Zweite Vatikanische Konzil für die Kirche ein Desaster war. Sie wissen alle, dass Streitigkeiten unter Priestern für die Anhänger der Tradition höchst unerbaulich und entmutigend sind. Warum können sie ihre Meinungsverschiedenheiten eigentlich nicht begraben und sich auf das konzentrieren, was sie alle vereint, nämlich was die Kirche lehrt und tut, und immer gelehrt und getan hat, nämlich Seelen zu retten? Auf diese Frage gibt es sehr wohl eine Antwort, und diese gilt es regelmässig in Erinnerung zu rufen, damit es den Katholiken leichter fällt, den Glauben zu bewahren.

Wenn man davon ausgeht, dass diese Krise der Kirche in der Kirchengeschichte nichts Normales ist, sondern einen integralen Bestandteil der einen und einzigen Ereigniskette bildet, die zum Ende der Welt führen wird, sind die beiden Wörter, die in diesen „Kommentaren“ am häufigsten verwendet werden, um die Struktur der Krise zu kennzeichnen, „Wahrheit“ und „Autorität.“ Der Ursprung dieser Krise ist sehr viel älter als Vatikan II und reicht weit in die Vergangenheit zurück, besonders in die Periode der von Luther (1483–1546) entfesselten „Reformation,“ doch während die katholische Kirche bis Vatikan II gegen das Einsickern des protestantischen Gifts kämpfte, gaben die höchsten katholischen Autoritäten, zwei Päpste und 2.000 Bischöfe, mit Vatikan II den Kampf auf und liessen das Gift in die Kirche eindringen. Aus diesem Grund sind die Konzilstexte zweideutig formuliert, denn einerseits musste der katholische Schein gewahrt werden, doch wenn man sich von diesem Schein nicht blenden lässt, bemerkt man andererseits ihre wahre Stossrichtung, den „Geist des Konzils,“ der Liberalismus und Modernismus – die Nachfolger des Protestantismus – absorbieren will und alle noch verbliebenen Reste des Katholizismus verdrängen wird, sobald ihm keine Hindernisse mehr im Wege stehen.

Dies heisst, dass die katholische Autorität beim Konzil die katholische Wahrheit im Grunde genommen fallen liess und eine Doktrin entwickelte, die besser zu den modernen Zeiten passt. Und da die katholische Autorität und die katholische Wahrheit von jenem Zeitpunkt an verschiedene Wege einschlugen, sahen sich die Katholiken, um Katholiken zu bleiben, nun vor eine furchtbare Wahl gestellt, vor der sie heute noch stehen: Entweder scharen sie sich um die kirchlichen Autoritäten, vom Papst bis hin zu den Prälaten der unteren Ränge, und werfen die katholische Doktrin über Bord, oder sie bleiben der Doktrin treu und kündigen der katholischen Autorität hierdurch die Gefolgschaft, oder sie entscheiden sich für einen der zahlreichen Kompromisse zwischen diesen beiden Polen. Auf jeden Fall sind die Schafe zerstreut; allerdings ist ihre eigene Schuld hieran kaum der Rede wert, wenn man sie mit der Schuld der zwei grossen und 2.000 kleinen Hirten vergleicht, welche dafür verantwortlich waren, dass die kirchliche Autorität die kirchliche Wahrheit beim Konzil verriet. In dieser Spaltung zwischen Wahrheit und Autorität liegt der Kern der heutigen, mittlerweile ein halbes Jahrhundert alten Krise.

Und da die Wahrheit für die eine wahre Religion des einen wahren Gottes von entscheidender Bedeutung und Seine eigene Autorität entscheidend wichtig für den Schutz dieser einen Wahrheit vor allen Auswirkungen der Erbsünde auf die Menschen ist, liegt die einzige mögliche Lösung der Krise, die dieser Schizophrenie und der Zerstreuung der Schafe ein Ende bereiten wird, in einer Rückkehr des grossen und der kleinen Hirten, des Papstes und der Bischöfe, zur katholischen Wahrheit. Hiervon kann im Moment gewiss nicht die Rede sein, weder in der Kirche noch in der Priesterbruderschaft St. Pius X., die – allem Anschein nach – immer noch bestrebt ist, sich der Autorität der Konzilsprälaten zu unterstellen. (Und Erzbischof Lefebvre? „Er ist tot,“ werden einige antworten!)

Deswegen gilt: Ehe der Allmächtige Gott – kein anderer kann das tun – den Papst, und dieser nach seiner Bekehrung seine Untergebenen zur Besinnung ruft („Und wenn du dann umkehrst, stärke deine Brüder“; Lukas XXII, 32), in anderen Worten, ehe der Papst die Bischöfe der Welt auf den rechten Pfad zurückführt, kann sich die Krise nur noch verschärfen – bis wir unsere Lektion gelernt haben und Gott sich unser erbarmt. Bis dann gilt das englische Sprichwort: „Was nicht geheilt werden kann, muss ertragen werden.“

Kyrie eleison.

Professor Drexel – I

Professor Drexel – I on Januar 4, 2020

Während die Krise der Kirche und der Welt von Jahr zu Jahr mit unverminderter Schärfe ihren Fortgang nimmt, mag es zu Beginn eines weiteren neuen Jahres angebracht sein, sich auf Botschaften unseres Herrn aus den frühen siebziger Jahren zurückzubesinnen. Damals begannen viele gute Katholiken zusehends unter der Verwirrung und dem Kummer zu leiden, in die die neue Religion, welche das 1965 zu Ende gegangene Zweite Vatikanische Konzil ihnen aufgenötigt hatte, sie gestürzt hatten. Zu diesen Opfern von Vatikan II zählte Pater Albert Drexel (1889–1977), ein angesehener Philologieprofessor aus dem österreichischen Voralberg und zugleich ein zutiefst gläubiger katholischer Priester, dem unser Herr seit 1922 am ersten Freitag jedes Monates mit einer Botschaft erschien, um seinen Glauben zu leiten.

Allerdings hielt Prof. Drexel die Botschaften erst ab 1970 schriftlich fest und sammelte sie bis zu seinem Tode, nach dem sie in einem noch heute erhältlichen kleinen Buch mit dem Titel „Der Glaube ist mehr als Gehorsam“ veröffentlicht wurden. Kein Katholik ist verpflichtet zu glauben, dass dies die Worte unseres Herrn selbst sind, aber die vom ersten Freitag jedes Jahres stammenden Botschaften aus den Jahren 1970–1977 sind für viele Schafe, die in ihnen die Stimme ihres Herrn und Meisters erkennen, für sich schon ein hinreichender Beweis für ihre Richtigkeit. Als Beispiel sei hier die Botschaft vom 5. März 1976 angeführt, in welcher der Satz „Der Glaube ist mehr als Gehorsam“ steht, nach dem Prof. Drexlers Buch benannt wurde. Gerade zu jenem Zeitpunkt erreichte seinen Gipfel der Streit zwischen dem Glauben an die wahre Kirche und dem Gehorsam gegenüber der falschen Kirche:—

„Dunkel erscheint dir die Zukunft. Dein innerstes Ringen um die wahre Erkenntnis und den Weg in der Verwirrung ist Mir nicht unbekannt geblieben. So will Ich dir Licht geben. Mein treuer Sohn Marcel (Erzbischof Marcel Lefebvre), der so sehr um des Glaubens willen leidet, befindet sich auf dem wahren Wege. Er ist ein Licht und eine Säule der Wahrheit, die von vielen Mir geweihten Priestern verraten wird. Der Glaube ist mehr als Gehorsam. Darum ist es Mein Wille, dass das Werk der Erziehung von Theologen zu Priestern im Geiste und nach dem Willen Meines Sohnes Marcel bestehen bleibt und zur Rettung Meiner einen und wahren Kirche eine starke Hilfe wird.

„Der Geist der Welt ist in die Kirche eingebrochen, und der Geist Gottes ist aus den Herzen vieler gewichen, die berufen waren, diesen Geist zu verkünden. Nun reden sie von anderen Dingen und verlieren sich in die Schliche und Schlingen Satans ( . . . ) Dieser Geist ist auch in die Orden und in die Klöster eingedrungen; denn ihre Bewohner, Mönche und Nonnen, haben den Geist ihres Gründers verloren und verlassen. Sie sind dem Volk und der Welt zum Ärgernis geworden. Sie haben nicht nur die Liebe zu Meiner heiligsten Mutter, sondern auch die Ehrfurcht vor Meiner Sakramentalen Gegenwart verloren. Stattdessen predigen Mönche von den Dingen der Welt und dem Wohlleben, und Ordensschwestern reden nimmermehr von den heiligen Engeln, viele auch nicht mehr von der heiligsten Jungfrau und Mutter Maria. Es gibt Orte der Stille und des Gebetes, besondere Heiligtümer, an denen Maria, Meine Mutter und Mutter der Gnade, verehrt wird.“

Vielleicht mutet diese Botschaft aus dem Jahre 1976 ein wenig überholt an, weil der Unterschied zwischen den Früchten von Vatikan II und jenen Erzbischof Lefebvres angesichts der seither verflossenen Zeit vielen Seelen klargemacht hat, wo der wahre Geist Gottes zu finden ist. Nichtsdestoweniger wird Gottes wahre Kirche auch weiterhin von modernistischen Wölfen im Schafspelz zerrissen, und viele Seelen sind nach wie vor der Versuchung ausgesetzt, vom wahren Glauben und der wahren Kirche abzufallen. Mögen sie folgende Mahnung vom Neujahrstag 1971 – die in einer der vielen Botschaften an Pater Drexel steht – beherzigen:

„Eine dunkle Wolke liegt über Meiner heiligen Kirche. Immer mehr wächst die Verwirrung; immer mehr Priester werden ihrer Berufung, ihrer Sendung und ihrer Gnade untreu ( . . . ) Während die Saat der Bösen und der Gottlosen in Verderbnis enden wird, wird die Saat der Gläubigen zu einer reineren und schöneren Kirche erblühen. Wohl denen, die die Stunde verstehen, in Meiner Liebe bleiben, Meine Mutter bekennen, den Spuren der Heiligen folgen und der Führung durch die Engel vertrauen: sie werden im Dunkel leuchten, im Sturm nicht wanken und in der Prüfung nicht zerbrechen! . . .”

Kyrie eleison.

Sprecht Klartext!

Sprecht Klartext! on Dezember 28, 2019

Kennzeichnend für die grossen Geister der Vergangenheit ist, dass sie über grosse Dinge nachdachten, worunter – explizit oder implizit – Dinge zu verstehen sind, die mit Gott in Verbindung stehen, und wenn sie tatsächlich grosse Geister waren, kann ihr Denken nicht rein destruktiv gewesen sein. Ein solcher Geist war sicherlich Englands Shakespeare. Als Katholik empfand er Schmerz darüber, dass der Abfall seines Landes vom katholischen Glauben gerade zu dem Zeitpunkt, wo er seinen schöpferischen Höhepunkt erreichte, um das Jahr 1600 herum, endgültig vollzogen war. Doch diese Zuwendung Englands zum Protestantismus bedeutete, dass er, wenn er nicht gehängt, ausgeweidet und gevierteilt werden wollte, seine katholische Botschaft in verklausulierter Form verbreiten musste, wie Clare Asquith in ihrem anno 2005 erschienenen Buch „Shadowplay“ bewiesen hat, in dem sie sich mit Shakespeares Schaffen auf unvergleichlich höherem Niveau auseinandersetzt als englische „Patrioten“ und die Zwerge der Literaturkritik es tun.

Dies sei anhand eines Beispiels veranschaulicht. Im Anhang des Buchs findet sich eine Analyse von Shakespeares Sonnet 152, in dem Frau Asquith aufzeigt, wie sich hinter dem vordergründigen Hinweis auf eine Frau, die der Dichter kannte, von der ersten bis zur letzten Zeile eine zweite, vollständig verschiedene Bedeutung verbirgt, die für ihn als Schriftsteller, der seine Landsleute hätte warnen müssen, dies jedoch nicht tat, weitaus schwerer ins Gewicht fällt. Hier die 14 Zeilen des Sonnets; es schliesst sich eine Deutung seiner hintergründigen Botschaft an:

Daß ich dich lieb’ ist Meineid; weißt du: doch
Zwiefach meineidig du, mir Liebe schwörend,
Brachst mit der Tat dein Bettgelübde, noch
Den neuen Liebesbund in neuem Haß zerstörend!
Doch ich, der zwanzig Eide bricht, wie könnt’ ich
Dir zwei verübeln? Lüg’ ich doch weit mehr;
Und was ich schwören mag, mißhandelt dich beständig:
Mein bestes Wort machst du bedeutungsleer.
Denn ich beschwur mit teuern Seelenschwüren
Dein teures Lieben, deine Güt’ und Treu;
Ich lieh der Blindheit Augen, dich zu zieren:
Verleugnen mußten sie, daß wahr ihr Zeugnis sei:
    Denn ich schwur, du sei’st schön: o grober Trug,
    Natur zu lästern mit so schnödem Lug!

Du weisst, ich breche ein Versprechen, indem ich dich liebe, doch indem du schwörst, dass du mich liebst, brichst du zwei Versprechen: Du hast dem Bett deines Gatten entsagt, bist dann zu ihm zurückgekehrt („neuer Liebesbund“), nur um ihn abermals zu verraten („neuer Hass“). Doch warum zeihe ich dich, zwei Eide gebrochen zu haben, wenn ich zwanzig Eide breche? Der grössere Meineidige bin ich, denn zu deinem eigenen Schaden habe ich Eid um Eid auf deine Güte („teures Lieben, Güte und Treu“) geschworen, während ich doch genau wusste, dass du nicht gut bist. Somit habe ich geschworen, dass du sehr freundlich bist, sehr liebevoll, sehr wahrheitsliebend, sehr beständig, und um dich in ein gutes Licht zu stellen, gab ich vor zu sehen, was ich nicht sah; oder ich schwur, nicht zu sehen, was mein Auge erblickte. Denn ich schwur, du seist gut. Welch furchtbarer Meineid meinerseits, wo das doch so unwahr ist!

Interessanterweise ergibt der Text des Sonnets in seiner verborgenen Bedeutung – als Anspielung auf das seinem Glauben untreu gewordene England – mehr Sinn als in seiner vordergründigen, der sich auf Shakespeares untreue Geliebte bezieht. Das „Fröhliche England“ war der katholischen Kirche 900 Jahre lang treu gewesen. Durch die 1534 erlassene Suprematsakte Heinrichs VIII. („mit der Tat ) brach England die Ehe („Bettgelübde“) gegenüber der katholischen Kirche und erkor den Protestantismus zu seinem Buhlen. Unter Mary Tudor wandte es sich 1553 wieder dem Katholizismus zu („neuer Liebesbund“), beging jedoch 1558 unter Elisabeth I. erneut Ehebruch („neuer Hass“ [auf die katholische Kirche] ). Doch Shakespeare (1564–1616) zeiht sich selbst einer noch viel schlimmeren Untreue, denn all diese Jahre hindurch hat er England mit seinen abtrünnigen Tudor-Königen immer wieder verherrlicht („dich zu zieren“), beispielsweise in seinen historischen Dramen, und zwar zu Englands Schaden („misshandelt dich beständig“), denn als Katholik wusste er sehr wohl, dass der Protestantismus den Untergang des „Fröhlichen Englands bedeuten würde. So kam es denn auch!

Und heute? Das Muster wiederholt sich: Mehr als 1900 Jahre lang waren die Katholiken treue Ehepartner der wahren Kirche, doch mit Vatikan II (1962–1965) folgte die grosse Masse von ihnen schlechten Führern, die sie zu offener oder versteckter Buhlerei mit der modernen Welt verleiteten („brachst mit der Tat dein Bettgelübde“). Dann führte Erzbischof Lefebvre (1905–1991) viele von ihnen wieder in den Schoss der wahren katholischen Kirche zurück („neuer Liebesbund“ bzw. Erneuerung des alten Glaubens und der alten Liebe), aber seine Nachfolge an der Spitze der von ihm 1979 gegründeten Priesterbruderschaft St. Pius XII. verfielen, von „neuem Hass“ auf die vorkonziliäre Wahrheit erfüllt, abermals ehebrecherischen Gelüsten nach einer Wiedervereinigung mit Konzilsrom.

Und die Moral von der Geschicht? Alle Shakespeare-Bewunderer und alle Katholiken unter uns müssen Klartext sprechen und mit aller Deutlichkeit festhalten, dass es in Pachamama-Rom einen Greuel gibt, den wir verabscheuen müssen.

Kyrie eleison. „In Rom,“ so sprach der Erzbischof, „wird bald der Glaube ganz verschwinden.

Drum müssen Katholiken eine neue geistige Heimat finden.“