Zweites Vatikanum

Abwegige Vorstellung

Abwegige Vorstellung on April 16, 2016

Pater Franz Schmidberger, ehemaliger Generaloberer der Priesterbruderschaft St. Pius X. von 1982 bis 1994 und heutiger Rektor des deutschen Priesterseminares der Bruderschaft im bayerischen Zaitzkofen, brachte vor kurzem seine Überlegungen zur Kirche und zur Stellung der Priesterbruderschaft in der Kirche in Umlauf. Auf drei Seiten befürwortet er auf kräftige Weise die Annahme der Personalprälatur von Papst Franziskus durch die Bruderschaft, wodurch sie zurück in die Amtskirche käme, und zeigt dabei ein ganz unangemessenes Verständnis für das Problem des konziliaren Roms, während er das Zweite Vatikanische Konzil kaum erwähnt.

Zu Beginn präsentiert der Pater die katholische Kirche, wie sie menschliche und fehlbare Elemente enthalte, wodurch Erzbischof Lefebvre im Jahre 1970 genötigt worden sei, die Priesterbruderschaft St. Pius X. zu gründen, um das Priesteramt, die Messe und die universelle Christkönigsherrschaft zu retten. Im Jahre 1975 sei die Bruderschaft von der Amtskirche verurteilt worden, florierte jedoch. Die Weihe von vier Bruderschaftsbischöfen im Jahre 1988 habe den Widerspruch zwischen Rom und der Priesterbruderschaft bekundet, doch habe der Erzbischof nach wie vor nach einer Lösung gestrebt. Vom Jahre 2000 an hätten dann auch – ehrliche oder unehrliche – Römer nach einer Lösung gesucht. Heute, im Jahre 2016, hätten sie ihre Bedingungen an die Bruderschaft – sowohl das Konzil als auch die Neumesse anzuerkennen – abgeschwächt.

Kommentar: Dies ist eine recht oberflächliche Sicht auf den äußerst radikalen Angriff, welchen freimaurerische Kirchenmänner während und nach dem Zweiten Vatikanum gegen den Glauben und die Wahrheit gestartet haben. Pater Schmidberger erkennt nur fehlgeleitete römische Kirchenmänner, welchen man ernsthaft helfen könne, zu einem katholischen Bewußtsein zu kommen, wenn nur die Bruderschaft offiziell anerkannt werde. Hat der Pater eine Vorstellung von dieser Leprakrankheit des modernistischen Geistes, welche die Priesterbruderschaft, wenn sie mit diesen Römern sich einließe, viel eher sich einfangen würde, denn diese Krankheit zu heilen?

Zweitens nennt P. Schmidberger ein halbes Dutzend Argumente für das Annehmen der Personalprälatur. Die Bruderschaft müsse die Normalität wiedererlangen. Sie dürfe nicht wegen ihrem jetzigen „Exil“ den Sinn für die Kirche verlieren. Türen würden sich in Rom öffnen. Die Bruderschaft brauche dringend Roms Erlaubnis, mehr Bischöfe zu weihen. Ein gutes Zeichen sei die Besorgnis einiger römischer Modernisten über die Aussicht auf eine Normalisierung der Priesterbruderschaft. Und schlußendlich, wie könne die jetzige Kirchenkrise anders gelöst werden, als daß die Bruderschaft aus ihrem „Exil“ käme und die Römer bekehre?

Kommentar: Die Priesterbruderschaft könne diese Römer bekehren? O welche Illusion! Wieder zeigt Pater Schmidberger wenig bis gar keine Ahnung von der tiefgehenden Perversion des Modernismus, welchen er bekämpft. Es ist eben nicht „normal“ für Katholiken, den Modernisten sich zu unterwerfen. „Exil“ muß nicht heißen, daß man den Sinn der Kirche verliert. Keine wichtigen Türen würden in Rom sich öffnen. Der Glaube braucht keine Bischöfe, welche von Modernisten gutgeheissen wurden. Und jene besorgten Modernisten sind einfach naiv – denn die wirklichen Modernisten wissen sehr genau, daß, wenn sie die Falle erst zuschnappen lassen können, so wird sie die Bruderschaft konvertieren, und nicht umgekehrt. Und letztendlich wird die Kirchenkrise ganz sicher nicht von einer verblendeten Priesterbruderschaft gelöst werden, welche Rom sich anschließt, sondern nur von Gott, dessen Arm von der Schlechtigkeit der Menschen nicht verkürzt wird (siehe Jesaja 59, 1).

Am Schluß geht Pater Schmidberger auf einige Einwände ein: Papst Franziskus sei vielleicht kein guter Papst, doch habe er die Rechtsgewalt, die Priesterbruderschaft zu normalisieren. Die Meinung des katholischen „Widerstandes“ sei unwichtig, weil er keinen Sinn für die Kirche besitze und zudem gespalten sei. Der Bruderschaft werde auch kein Maulkorb verpaßt werden, weil Rom sie „so akzeptieren werde, wie sie ist“ (Illusion). Zudem verlöre sie auch ihre Identität nicht, denn Gott werde ihr helfen, Rom zu konvertieren (Illusion). Im Gegensatz zu anderen traditionellen Kongregationen, welche Rom sich anschlossen und dann versagt hätten, Rom zu widerstehen, werde die Bruderschaft dies schon schaffen, weil Rom der Bettelnde und die Bruderschaft der Auswählende sei (Illusion). Außerdem habe die Bruderschaft widerstandsfähige Bischöfe (Illusion) und bekäme eine Personalprälatur (um sie unter Kontrolle der Modernisten zu bringen).

Kommentar: Anders gesagt wird die römische Falle mit Kissen gesäumt sein. Welch eine beachtliche Reihe an Illusionen hintereinander. Arme Priesterbruderschaft! Beten wir, daß von ihr noch gerettet werden möge, was noch zu retten ist.

Kyrie eleison.

Erzbischöfliches Vermächtnis – II.

Erzbischöfliches Vermächtnis – II. on April 2, 2016

Die Nachfolger des Erzbischofs an der Spitze der Priesterbruderschaft St. Pius X. vermögen nicht zu verstehen, wie er den katholischen Glauben grundsätzlich vor die katholische Autorität stellte. Daher behaupteten sie im Jahre 2012 fälschlicherweise, daß sie des Erzbischofs Beispiel folgten, als sie beim Generalkapitel der Priesterbruderschaft in jenem Sommer alles einsetzten, um diesen Glauben zurück unter die Autorität zu stellen, indem sie das Tor zu einem politischen und nicht-doktrinalen Vertrag mit den Lügnern in Rom öffneten – denn was diese vertreten, „Katholizismus ist revolutionär,“ ist eine Riesenlüge. Diese Nachfolger verbreiteten jahrelang Gerüchte, wonach die Einigung bevorstünde, doch selbstverschuldet hat Rom sie in seiner Tasche, und das Risiko steigt, daß sie weitere Zugeständnisse machen, wie möglicherweise jenes katastrophale Gespräch vom 2. März 2016 in der Schweiz, welches der Generalobere einem professionellen Presse-Jäger gegeben hat. Das konziliare Rom vergißt nie, woran die Bruderschaft anscheinend sich nicht mehr erinnern will, daß die katholische Tradition und das Zweite Vatikanische Konzil absolut unvereinbar miteinander sind.

Allerdings gibt es Nachfolger des Erzbischof, welche diese Wahrheit nicht vergessen haben. Sie sind unter dem Namen „Widerstand“ firmiert, welcher logischerweise eher eine Bewegung denn eine Organisation ist. Denn durch das Festhalten an der Wahrheit entgegen der falschen Autorität sowohl von der Priesterbruderschaft als auch von Rom kann eine irgendwie geartete interne Autorität in dieser Bewegung bestenfalls ergänzter Natur sein, d.h. eine abnorme Autorität, welche von der Kirche wegen eines Notstandes zur Rettung der Seelen auf unsichtbare Weise ergänzt wird. Eine solche Autorität ist gerade durch ihre unsichtbare Übertragung (im Gegensatz zu den sichtbaren Zeremonien, bei welchen viele Formen von Autorität unter den Menschen übertragen werden) entsprechend schwächer und leichter anfechtbar als eine normale Autorität in der Kirche, welche letztlich immer vom Papst herkommt. Daher besitzt der „Widerstand“ zwar die Stärke der Wahrheit, hat aber gleichzeitig eine Schwäche vonseiten der Autorität, welche normalerweise für den Schutz des katholischen Glaubens unentbehrlich ist.

Ob glaubenstreue Katholiken nun innerhalb und außerhalb der „Tradition“ sich befinden, so müssen sie doch alle die vielen Konsequenzen in Betracht ziehen, welche diese vom Zweiten Vatikanischen Konzil der gesamtem Kirche auferlegte Trennung von Wahrheit und Autorität nach sich zieht. Wenn Gottes oberster Hirte mit der konziliaren Torheit geschlagen ist, wie können dann Gottes Schafe anders, als umfassend zerstreut zu sein (vgl. Zacharias 13,7; Matthäus 26, 31)? Um diesem Leiden zu entgehen, müßten die Katholiken nicht mehr zur katholischen Kirche gehören. Ist es das, was sie wollen? Jedenfalls dürfen die Katholiken momentan weder vom Verrat zu überrascht, noch von Spaltungen („diabolein“ auf griechisch) zu enttäuscht sein; denn wenn die Katholiken alle für die ewige Erlösung kämpfen, so sind die Spaltungen oft sehr bitter. Haben wir Geduld.

Weiterhin kann von den konziliaren Päpsten nicht mehr länger das Lebenselexier der wahren katholischen Autorität in die katholischen Institutionen fließen, womit auch die katholischen Personen nicht mehr länger auf die katholischen Einrichtungen sich verlassen können, was sie im Normalfall machen würden. Vielmehr muß jede solche Institution auf die Wahrheit durch eine Person sich verlassen, wie wir mit der Bruderschaft es gesehen haben, welche auf dem Erzbischof ruhte. Doch Personen ohne institutionelle Unterstützung oder Kontrolle sind immer von ihrer angeborenen Fehlbarkeit behaftet. Daher wäre die Erwartung töricht, daß irgendeine katholische Wahrheits-Gruppierung heute eine große Anzahl von Menschen anzöge. Die Katholiken mögen natürlicherweise nach Struktur, Hierarchie, Autorität und Gehorsam sich sehnen, aber diese Einrichtungen kommen nicht aus dem heiteren Himmel. So sind also Restbestände gewiß an der Tagesordnung. Haben wir Geduld.

Kurz gesagt müssen jene Katholiken, welche nach der Glaubensbewahrung streben, ihre wohlverdiente Strafe annehmen, allen menschlichen Illusionen und Fabrikationen abschwören, und im Gebet den allmächtigen Gott um sein Einschreiten anflehen. Wenn genügend Seelen ihm sich zuwenden, um seine Lösung anstatt ihrer eigenen zu erhalten, so werden sie erkennen, daß seine Vorsehung diese Lösung bereitgestellt hat in der Form der Aufopferung der ersten Samstage des Monats, um seiner Mutter Wiedergutmachung zu leisten. Sobald genügend Wiedergutmachung geleistet worden ist, wird Gott seinem Stellvertreter auf Erden die Gnade schenken, Rußland dem unbefleckten Herzen Mariens zu weihen, und dann wird die Ordnung anfangen, wiederhergestellt zu werden, so wie Gott versprochen hat. Um über die Praxis dieser Aufopferung zu lesen, verpassen Sie nicht die „Kommentare“ der nächsten Woche.

Kyrie eleison.

Zurückgekommenes Chaos

Zurückgekommenes Chaos on März 14, 2015

Der von Erzbischof Lefebvre sehr geschätzte italienische Laie Romano Amerio hatte das Buch Iota Unum geschrieben, woraus diese „Kommentare“ bereits einen faszinierenden Absatz zitierten. Auf meisterhafte Weise zerlegt Amerio in seinem Buch all die doktrinären Irrtümer des Zweiten Vatikanischen Konzils. Im Abschnitt Nr. #319 schreibt er: Wenn (1) die gegenwärtige Krise dazu tendiert, die Natur der Kirche zu stürzen, und wenn (2) diese Tendenz im Innern der Kirche stattfindet im Gegensatz zu früheren externen Angriffen, dann (3) steuern wir auf eine formlose Dunkelheit zu, welche künftig eine Analyse und Prognose unmöglich machen wird, und (4) angesichts derer wir nur noch werden schweigen können.

Genau betrachtet sind das starke Worte. Amerio sagt, daß wir am Rande zum Chaos stehen, denn natürlich (1) neigt die gegenwärtige Krise dazu, die Natur der Kirche zu stürzen und (2) findet sie im Innern der Kirche statt, wenn sogar der Papst Aussagen macht wie „Es gibt keinen katholischen Gott“ oder „Homosexuelle müssen neu bewertet werden“ – alles Aussagen, deren bewußte Mehrdeutigkeit die Tür weit öffnet für den Umsturz des gesamten katholischen Dogmas und der Moral. Doch warum sollte (3) die katholische Analyse und Prognose unmöglich werden, und warum (4) kann dann als Mittel bloß noch das Schweigen übrigbleiben? Wieso zieht Amerio eine solche düstere Schlußfolgerung?

Weil unser Herr sagt, „Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, wird nicht im Finsteren gehen, sondern das Licht des Lebens haben“ (Johannes 8,12), und das stark darauf hindeutet, daß die Masse der Weltbevölkerung, welche ihm nicht folgt, bereits in der Dunkelheit steht. Zudem sagt unser Herr zu seinen Nachfolgern: „Ihr seid das Licht der Welt“ (Matthäus 5,14), was wiederum stark darauf hinweist, daß das tägliche Schrumpfen der Zahl von überzeugten Katholiken zu einer Zunahme der Dunkelheit in Kirche und Welt führt. Manche werden sagen, daß das Wort Dunkelheit nur ein Gleichnis sei. Warum also sollte die katholische Analyse und Prognose unmöglich werden?

Weil (3) heutzutage immer mehr Menschen zum Denken unfähig sind. Seit unser Herr durch seine Fleischwerdung die übernatürliche Gnade in die Welt brachte zur Rettung der verwundeten und strauchelnden Natur, kann diese nicht mehr ohne seine Gnade selbstständig aufrecht stehen. Wenn also immer mehr Menschen unserem Herrn Jesus Christus und damit Gott den Rücken kehren, untergraben sie ihre eigene Natur und weisen jenen gesunden Menschenverstand zurück, mit welchem sie von Natur aus begabt werden, um in Übereinstimmung mit der Wirklichkeit inhaltlich, und in Übereinstimmung mit der Logik verfahrensmäßig, zu denken. Die Menschen wollen Freiheit von der Wirklichkeit und von der Logik, um Gott zu trotzen und entsprechend ihrem Größenwahn die Welt neu zu gestalten.

Daraus folgt, wenn Jesus Christus der Menschheit und der menschlichen Natur zuhilfe kam durch Gründung seiner katholischen Kirche, und wenn auf dem Zweiten Vatikanum auch die Nicht-Juden schließlich diese Kirche ablehnten, dann hat das Sich-Selber-Zerreißen des Menschen, seiner Natur und seines Denkens auf dem Zweiten Vatikanum einen solch großen Schritt vorwärts gemacht, daß dieser Prozeß praktisch unumkehrbar ist. Deswegen kann Amerio implizit im Zweiten Vatikanum eine „formlose Dunkelheit“ voraussehen, wovon das kampfeslustige Chaos an stolzen Meinungen, welche heute im Internetz herumtänzeln, als Beispiel und Vorgeschmack dienen mag.

Doch (4) warum nicht in diese Dunkelheit hineinrufen? Warum sollten wir angesichts von ihr nur noch schweigen können? Weil in dem chaotischen Getöse die Wahrheit schlicht nicht mehr gehört wird, außer von ein paar von Gott zum Hören auserkorene Seelen (cf. Apostelgeschichte XIII, 48). Diese Seelen sind Auserwählte Gottes und können aus den überraschendsten Hintergründen kommen. Sie mögen eine wichtige Hilfe der Kirche und eine Hoffnung der Welt darstellen.

Kyrie eleison.

Erzbischof Kommentiert – II.

Erzbischof Kommentiert – II. on Januar 10, 2015

Bevor wir mit den wirklichkeitsnahen Anmerkungen Erzbischof Lefebvres aus dem Jahre 1991 abschließen, möchten wir sie noch einmal kommentieren in der Hoffnung, damit den Katholiken das Gleichgewicht halten zu helfen zwischen einerseits der Verachtung der Kirchenautoritäten im Namen der Wahrheit, und andererseits der Herabsetzung der Wahrheit im Interesse der Kirchenautoritäten. Denn seit die Kirchenmänner auf dem Zweiten Vatikanum (1962–1965) ihre ganze Autorität für die Revolution in der Kirche eingesetzt haben (Kult freiheit, kollegiale Gleichheit, ökumenische Brüderlichkeit), sind die Katholiken aus diesem Gleichgewicht geraten: in der Tat, wenn die kirchlichen Autoritäten auf der Wahrheit herumtrampeln, wie kann man weiterhin beide Seiten respektieren?

Nun aber wer hat während den Nachwehen des Zweiten Vatikanum vergleichbare Früchte hervorgebracht wie die Erhaltung der katholischen Lehre, der hl. Messe und der Sakramente, für welche der Erzbischof hauptsächlich (wenn auch nicht ausschließlich) verantwortlich war? Somit verdient sein Gleichgewichthalten zwischen Wahrheit und Autorität unser besonderes Augenmerk.

Betrachten wir zunächst die einfache Beobachtung des Erzbischofs zur Autorität: „Jetzt herrscht die Tyrannei der Behörde, weil es kein Gesetz aus der Vergangenheit mehr gibt.“ Unter den Menschen mit ihrer Erbsünde bedarf die Wahrheit der sie stärkenden Autorität; denn Jeffersons Behauptung ist eine Illusion, wonach die Wahrheit einfach auf den Marktplatz geworfen zu werden bedürfe, um sich selbst durchzusetzen, anstatt mithilfe einer Katastrophe, welche erst wieder die Wirklichkeit vor Augen führt. Die Autorität verhält sich zur Wahrheit so wie das Mittel zum Zweck, also nicht wie der Zweck zum Mittel. Der katholische Glaube rettet die Seelen, und dieser Glaube besteht direkt aus einer Anzahl von Wahrheiten, und erst indirekt aus der Autorität. Diese Wahrheiten sind solchermaßen die Substanz und der Zweck der katholischen Autorität, daß ihr Loslösen von den Wahrheiten – wie beim Zweiten Vatikanum geschehen – die Autorität abdriften läßt, bis dann der erstbeste Tyrann sie ergreift und nach seinem Willen verbiegt. Auf natürliche Weise folgte also die Tyrannei Pauls VI. dem Konzil, so wie in den letzten Jahren die Führung der Priesterbruderschaft St. Pius X. in die Tyrannei verfallen ist durch ihr Trachten nach Anerkennung durch die Konzilsherren. Im Gegensatz dazu, baute nicht der Erzbischof seine Autorität über die Tradition durch seine Treue der Wahrheit auf?

Eine zweite Anmerkung vom Erzbischof aus dem Jahre 1991 verdient unsere Beachtung, als er durch sein Protokoll vom 5. Mai 1988 eine Übereinkunft mit Rom anstrebte, jedoch später feststellte: „Ich glaube sagen zu dürfen, daß ich damals sogar weiter gegangen bin, als ich hätte gehen sollen.“ Das Protokoll verdient in wichtigen Punkten durchaus Kritik, und mit seinem zitierten Satz gesteht der Erzbischof ein, daß er für einen Augenblick das Gleichgewicht verloren hatte, indem er auf Kosten der Wahrheit kurzzeitig zu den römischen Autoritäten sich neigte. Doch dauerte dieses Neigen nur kurz, denn bekannterweise zog er bereits am nächsten Morgen das Protokoll zurück und wankte dann nie mehr bis zum Ende seines Lebens. Daher kann seither niemand mehr behaupten, daß einerseits der Erzbischof nicht alles unternommen habe, um mit der Autorität ein Übereinkommen zu finden, und andererseits, daß es einfach sei, zwischen der Wahrheit und der Autorität das Gleichgewicht einwandfrei einzuhalten.

Eine dritte Anmerkung des Erzbischofs beleuchtet die Gründe, woraus er in den Jahren von 1975 bis 1988 eine gewisse Übereinkunft mit der römischen Autorität suchte. Seine Nachfolger an der Bruderschaftsspitze, welche seine Motive eigen deuten, tun so, als ob der Erzbischof stets die kanonische Regularisierung der Bruderschaft angestrebt hätte. Doch über das Protokoll erklärte er später: „Ich hoffte bis zur letzten Minute, Rom würde ein kleines bißchen Loyalität bezeugen.“ Anders gesagt, verfolgte er stets das Gute des Glaubens und erwies der Autorität nur um der Wahrheit willen Ehre. Kann dasselbe von seinen Nachfolgern auch gesagt werden?

Kyrie eleison.

Vierzigster Jahrestag

Vierzigster Jahrestag on November 22, 2014

Gestern war der 40. Jahrestag der historischen Grundsatzerklärung Erzbischof Lefebvres vom 21. November 1974. Sie definierte die Richtlinien, nach welchen er und die ihm folgenden Priester und Laien Stellung bezogen gegen die völlige Veränderung der katholischen Kirche und Religion infolge des Zweiten Vatikanischen Konzils. Die Erklärung ist heute noch so frisch wie damals beim Abfassen, weil die wahre katholische Religion Gottes unveränderlich wahr ist, während die konziliare Religion des Menschen entschieden falsch ist und Rom mehr besetzt hält denn je.

Die Grundsatzerklärung besteht aus zehn kurzen Absätzen mit kaum mehr als 50 Zeilen: 1) Wir hängen am katholischen Rom, dem ewigen Rom. 2) Wir lehnen das neo-modernistische und protestantische Konzilrom ab. 3) Die konziliare Reform zerstört die katholische Kirche und vermindert unseren katholischen Glauben. 4) Dazu hat nicht einmal ein Engel vom Himmel das Recht (vergleiche Gal 1,8). 5) Wir wählen die Überlieferung und verweigern die Neuerungen. 6) Alles in der Kirche wird auf eine Weise erneuert, welche der uralten katholischen Glaubenslehre entgegengesetzt ist. 7) Die konziliare Reform stammt aus der Häresie, führt zu ihr und ist für Katholiken unannehmbar. 8) Wir setzen unser Werk der priesterlichen Ausbildung fort. 9) Und wir halten an allem fest, was von der Kirche zu allen Zeiten gelehrt und praktiziert wurde. 10) Wir sind überzeugt, durch dieses Handeln wahrhaft treue Katholiken zu bleiben.

Beachten wir erstens die klare und scharfe Unterscheidung (1 und 2) zwischen dem katholischen Rom und dem Konzilrom. Gewiß besetzt das Konzilrom die Strukturen des katholischen Roms, aber deswegen zu behaupten, daß die Konzilskirche der katholischen Kirche entspräche, ist so einfältig wie die Behauptung, daß ein Kuckuck eine Nachtigall sei, nur weil der Kuckuck ein Nachtigallennest besetzt. (Nun zu sagen, daß der Erzbischof ja nicht von der konziliaren und der katholischen „Kirche,“ sondern nur vom konziliaren und vom katholischen „Rom“ gesprochen habe, ist Wortklauberei.)

Wie aber unterscheidet der Erzbischof zwischen dem konziliaren Kuckuck und der katholischen Nachtigall? Anhand der Glaubenslehre, der Doktrin. Konziliarismus ist Neo- Protestantismus und Neo- Modernismus (2). Unser Glaube wird vermindert (3) und dadurch der katholischen Lehre entgegengesetzt (6). Konziliarismus ist Häresie (7). Wir halten an der katholischen Lehre fest (9). Die obige Kurzzusammenfassung gibt nur einen Ausschnitt wieder von den Verweisen des Erzbischofs auf die Glaubenslehre, welche der Leitstern seines Denkens und Handelns war. Weil der moderne Mensch Freiheit für seinen Verstand und sein Handeln will, möchte er im Endeffekt, daß sein Verstand zu Brei werde und die Glaubenslehre nur noch als Dekor fungiere. Die Doktrin wirkt nicht mehr auf das Handeln des Menschen – außer jene katastrophale Doktrin, wonach die Doktrin unwichtig sei. Diese widersinnige Doktrin wirkt heute allerdings voll und ganz. Deswegen reduziert die Priesterbruderschaft St. Pius X. auch den Erzbischof, der sie ja gegründet hat, auf ein dekorierendes Maskottchen.

Wir fühlen uns genötigt zu fragen: Was wird es bedürfen, damit die Wirkung der Glaubenslehre, der Sinn für die Wirklichkeit und die Liebe zur Wahrheit wieder zurückkehre in der Priesterbruderschaft, in der Kirche und in der Welt? Sicherlich nichts geringeres als Leiden. Solschenizyn sagte einmal, daß nur noch die Eisenstange der Geschehnisse in der Lage sei, den Betonmantel zu zerbersten, welchen der moderne Mensch um seine sündige Lebensweise herum gebaut hat. Wahrlich gilt: Herr, erbarme Dich.

Kyrie eleison.

Umgestürzte Umstände

Umgestürzte Umstände on September 20, 2014

Von den Argumenten ausgehend, wonach der Sedisvakantismus ein kurzsichtiger Irrtum in einer völlig abnormen Situation ist, wirft ein italienischer Freund (kurz „C.C.“) einen genaueren Blick auf diesen Sachverhalt. Ohne Priester oder Theologe zu sein, wagt er die These, daß der Sedisvakantismus nur einer von mehreren Versuchen in der Kirche ist, um die heutige Krise mit den Kategorien von gestern zu bewältigen. Es geht nicht um die Frage, ob die katholische Theologie sich verändert, sondern darum, daß die wirkliche Situation, auf welche diese Theologie angewendet werden muß, durch das Zweite Vatikanische Konzil eine Zeitenwende erfuhr. Hier des Freundes Schlüsselabsatz über die veränderte Wirklichkeit:—

„Wegen ihrer Ablehnung der objektiven Wirklichkeit von Gottes Existenz und der Notwendigkeit der Unterordnung unter sein Gesetz, ist die heutige Welt nicht mehr normal. Auch die momentane katholische Einheit, welche den Menschen statt Gott in den Mittelpunkt aller Dinge stellt, ist nicht normal. Daß die Kirche diesen abnormen Zustand der Dinge erreichte, liegt nicht an einem plötzlichen Schlenker, sondern am Folgen eines langen und verwickelten Vorgangs der Abkehr von Gott, deren zerstörerische Effekte erst auf dem Zweiten Vatikanum sich vollends zeigten. Seit hunderten von Jahren wurden die Keime der Auflösung innerhalb der Kirche gefördert, wie auch die diese Keime bergenden Menschen, und es wurde ihnen erlaubt, alle Ränke der Hierarchie zu besetzen, bis hinauf zum und einschließlich des Stuhles Petri.“

Mein Freund fährt mit dem Hinweis fort, daß ohne Berücksichtigung dieser völligen Abnormalität des jetzigen Kirchenzustandes – welcher zwar auf schier unglaubliche, jedoch wahrhaftige Weise schlimmer ist als jemals zuvor – wir Gefahr laufen, mit einer nicht mehr länger existierenden Wirklichkeit und mit fortfallenden Zielvorgaben umzugehen. So sagen beispielsweise die Sedisvakantisten, daß die heutigen Kirchenmänner wissen müßten, was sie tun, denn sie seien intelligente und gebildete Leute. Dem hält C.C. entgegen, daß ihre Verkündigung und ihre Glaubenspraxis durchaus nicht mehr katholisch sein mag, daß sie aber überzeugt sind, völlig rechtgläubig zu sein. Die ganze Welt ist verrückt geworden und diese Kirchenmänner mit ihr; nicht durch den Verlust ihres Verstandes, sondern durch den Verzicht auf seine Benutzung. In dem Maße, wie ihr katholischer Glaube immer schwächer wird, gibt es immer weniger Hindernisse, ihre Vernunft ganz zu verlieren.

Darauf könnte der Einwand folgen, daß dann Gott seine Kirche verlassen haben müsse. Zur Entgegnung greift C.C. auf drei Zitate in der Heiligen Schrift zurück. Erstens Lukas 18,8, wo unser Herr fragt, ob er noch Glauben auf Erden finden wird, wenn er wiederkommt. Offensichtlich wird also ein kleiner Rest an Priestern und Laien (vielleicht mit ein paar Bischöfen) ausreichen, um bis zum Ende der Welt die Unvergänglichkeit der Kirche zu gewährleisten (man denke nur an die gegenwärtigen Schwierigkeiten des sogenannten „Widerstands,“ Gestalt anzunehmen). Zweitens, und auf ähnliche Weise, Matthäus 24,11–14 mit der Voraussage, daß viele falsche Propheten viele Seelen täuschen werden und daß die Liebe erkalten wird. Drittens Lukas 22,31–32, wo unser Herr den Petrus anweist, seine Brüder im Glauben zu festigen, nachdem er bekehrt ist – was stark nahelegt, daß der Glaube des Petrus zunächst versagen wird. Somit kann die gesamte Hierarchie inklusive Petrus versagen, ohne daß die Kirche aufhört, unvergänglich zu sein; etwa wie damals, als alle Apostel aus dem Garten Gethsemane davonliefen (Matthäus 26,56).

Abschließend können wir sagen, daß die Vorstellung von C.C. für die Kirche von morgen oder übermorgen große Ähnlichkeit mit der Vision von Hw. Camel aufweist: ein jeder von uns möge seine Standespflichten erfüllen und beim Aufbau eines Netzwerks von kleinen Glaubensfestungen helfen – jede Festung mit einem Priester zur Gewährleistung der Sakramente, aber ohne forthin unanwendbare Theologie der Kirche, ohne unerreichbare kanonische Zustimmung, ohne irgendwelche veralteten Trennwände, über welche der Glaube geflossen sein mag. Diese Festungen werden durch die Wahrheit vereint sein und gegenseitige Kontakte der Nächstenliebe pflegen. Der Rest liegt in den Händen Gottes.

Kyrie eleison.