Zweites Vatikanum

Langzeitprognose

Langzeitprognose on Juli 20, 2013

Vor fast 20 Jahren zeigte ein gewisser Bischof der Priesterbruderschaft St. Pius X. die grundsätzliche Möglichkeit auf, daß die Bruderschaft von Erzbischof Lefebvre jenen Verrat am Glauben begehen könnte, welcher dann im Jahre 2009 und 2012 auch um ein Haar geschehen ist und nach wie vor zu geschehen droht. Beunruhigt durch die Selbstbewunderung und den Mangel an Ernsthaftigkeit auf dem jüngsten wählenden Generalkapitel der Bruderschaft, wie der erwähnte Bischof beobachtet hatte, folgt nun eine Zusammenfassung (und einige direkte Zitate) dessen, was er am 17. Juli 1994 im Bruderschaftshaus des französischen Ortes Le Brémien sagte (eine Suche im Internet nach „Un évêque s’est levé le Brémien“ sollte zum französischen Originaltext führen):

Es wäre schön, wenn wir sagen könnten, daß die Bruderschaft überall neue Häuser eröffnet, erbaut und neue Länder betritt, daß wir Berufungen haben, daß jeder nett und goldig ist, jung und begeistert, daß wir vier Bischöfe haben, usw. „Doch warum sollte die Bruderschaft einen besonderen Schutz besitzen gegenüber jenen heute entfesselten Kräften, welche tausende hervorragende Bischöfe und Priester der Amtskirche einfach hinwegfegten? (.) Wo liegen die Qualitäten der Bruderschaft und was sind ihre Garantien?“ Jung zu sein, nun, die Jugendzeit ist gut, man ist gutaussehend und physisch stark, doch was ist mit dem Alter, mit der Erfahrung und der Weisheit der Jahre? Wie kann von den Jünglingen erwartet werden, weise zu sein?

In den 1950er- und 1960er-Jahren schien die Kirche bei guter Gesundheit zu sein und heldenmütig den gottlosen Einflüssen der Nachkriegswelt zu widerstehen. In England und in den USA fand jährlich eine große Zahl von Konversionen statt, und fast schien die Welt an einen Punkt zu gelangen, wo sie zum katholischen Glauben konvertiere. Doch was geschah stattdessen? Das genaue Gegenteil. Durch das Zweite Vatikanische Konzil hörte die Wahrheit zu kämpfen auf und die katholische Kirche kapitulierte vor der modernen Welt.

Daher möchte ich Ihnen nun ein entsprechendes Gedankenspiel für die Bruderschaft vorstellen. In den 1990er-Jahren widersteht diese liebenswürdige kleine Priesterbruderschaft mit all ihren wunderbaren kleinen Priestern noch heldenhaft dem Versagen und Verrat der offiziellen Amtskirche. Es gibt Konversionen und die Menschen begreifen, daß die neue Kirche falsch und nicht funktionstüchtig ist; doch was könnte geschehen, wenn die Amtskirche scheinbar den Punkt ihrer Kapitulation erreicht hat? Ich sage nicht, daß wir dies dann erleben werden, sondern könnten: die Kapitulation der Bruderschaft vor der Neuen Weltordnung und den Anschluß an die Amtskirche. Wenn schon die Universalkirche zusammenbrechen konnte, warum sollte dann eine winzige Priesterbruderschaft nicht zusammenbrechen können?

Noch eine weitere Überlegung möchte ich anstellen. Vor dem Konzil hatte jeder katholische Orden und jede religiöse Gesellschaft die Kongregationen der römischen Kurie über sich. In dem Falle, „wo in einer religiösen Gesellschaft eine Fehlentwicklung entstand – ein Versagen der Oberen nicht ausgeschlossen, was menschlich immer möglich ist –, konnte man stets an Rom appellieren und Rom hätte eingegriffen.“ In früheren Zeiten konnte man davon ausgehen, daß Rom immer zum Besten eingriff, während es heute generell zum Schlechtesten eingreift. Deswegen ist es jetzt „besser, nicht unter Rom zu stehen. Doch seien wir vorsichtig, denn dafür müssen wir einen Preis bezahlen; namentlich daß niemand mehr über uns ist. Somit sind unser Generalrat und unser kleiner Generaloberer die Obergrenze. Das ist sehr gefährlich!“ Somit ist die Bruderschaft ganz auf ihre eigenen Mittel angewiesen. Erzbischof Lefebvre war 65 Jahre alt, als er die Bruderschaft gegründet hatte. Doch über wieviele älteren Männer mit Langzeiterfahrung verfügt die Bruderschaft im Jahre 1994?

Kurz gesagt, warum sollte die Priesterbruderschaft von den Problemen der Universalkirche verschont bleiben? Keineswegs möchte ich, daß die Bruderschaft auseinanderbricht und ich bitte Gott, daß ich nichts unternehmen werde, um so etwas zu fördern. Dennoch muß ich sagen, daß ich nicht überrascht wäre, wenn sie zerbräche. Möge Gott dies verhindern. Jedoch könnte er zulassen, daß die Bruderschaft den Weg allen Fleisches geht, um uns in Erinnerung zu rufen, wie wenig wir aus uns allein vermögen. Wir brauchen Weisheit, und eine besondere Hilfe von Gott.

Kyrie eleison.

Lebhafte Debatte

Lebhafte Debatte on Juli 6, 2013

Das Problem der „Gelähmten Autorität“ (siehe „Kommentare“ vom 1. und 29. Juni 2013) führt zu einigen lebhaften Reaktionen unter den Lesern. Auf der einen Seite sagen tapfere Katholiken zu mir, daß, weil ich ein Bischof bin, ich auch wie ein Bischof handeln und somit das Kommando über die „Widerstandsbewegung“ ergreifen müsse. Auf der anderen Seite warnt ein tapferer Priester, welcher über langjährige Erfahrung mit dem „Sedisvakantismus“ verfügt, vor dem Errichten einer Parallelkirche durch die Weihe weiterer Bischöfe – ausgenommen im Falle von Weltkrieg, physischer Verfolgung oder lähmendem Alter (manche behaupten, daß dieser letztgenannte Fall bereits eingetreten sei . . . ).

Erwähntes Problem geht natürlich auf das Zweite Vatikanische Konzil zurück, wo als Folge eines 700jährigen Abgleitens die konziliaren Kirchenmänner die Lehre der Kirche aufgaben und dadurch die katholische Wahrheit von der katholischen Autorität trennten. Dadurch diskreditierten sie so sehr die amtliche Kirchenautorität, daß Gläubige, wie die eingangs erwähnten, heute keine Notwendigkeit mehr für diese Art von Autorität sehen. Jedoch ist wegen der naturgemäßen Verschiedenheit und der Erbsünde aller Menschen eine zentrale kirchliche Autorität absolut notwendig, um die kirchliche Einheit (und dadurch das Überleben der Kirche) gewähren zu können: nicht nur hinsichtlich der Wahrheit, sondern auch hinsichtlich der Sakramente und der Kirchenregierung.

Aus diesem Grund benötigt ein Bischof oder Priester nicht nur die sakramentale Kraft seiner Weihe, welche er in alle Ewigkeit unverlierbar besitzt. Sondern er benötigt auch die Amtsgewalt der Jurisdiktion, d.h. Zuständigkeit zu sagen (dictio) was recht ist (ius, iuris). Diese Amtsgewalt wird nicht mit der Weihe verliehen, und der Würdenträger kann sie nicht selber sich erteilen, sondern muß sie von oben erhalten, d.h. von einem Kirchenoberen und letztendlich vom Papst, welcher sie wiederum von Gott erhält. Wenn also tapfere Seelen zu mir sagen, daß ich (durch meine Weihe) ein Bischof bin und daher meine Pflicht vernachlässigen würde, wenn ich nicht wie ein Bischof handele und der „Widerstandsbewegung“ sage (dictio), was zu tun ist (ius), so verwechseln diese Seelen höchstwahrscheinlich die zwei verschiedenen Kräfte eines Bischofs.

Wahrscheinlich stießen diese Seelen instinktiv doch auf eine Lehre sowohl der Kirche als auch des gesunden Menschenverstandes; namentlich die ergänzende Jurisdiktion. Diese besagt, daß im Notfall, wenn aus irgendwelchen Gründen die Kirchenoberen die zur Seelenrettung benötigte Jurisdiktion nicht erteilen, die Kirche diese Jurisdiktion ergänzend erteilt. Nehmen wir als Beispiel einen Priester, welcher die normalerweise benötigte Jurisdiktion, die Beichte zu hören, nicht besitze. Sollte allerdings ein Beichtling diesen Priester um die Beichte ersuchen, so darf er im Bedarfsfall die Beichte hören, und das Sakrament wird gültig sein. Nun ist der große, vom Zweiten Vatikanum geschaffene Kirchennotstand gewiß noch verstärkt worden durch die berüchtigte doktrinelle Erklärung des Bruderschaftsgeneralhauses vom Mitte April des letzten Jahres. Diese Erklärung ist der schriftliche Beweis für den Zerfall der letzten noch vorhandenen Festung des wahren Glaubens.

Die ergänzende Jurisdiktion besitzt allerdings eine Schwäche. Denn weil sie nicht amtlich ist, unterliegt sie stärker dem Streit. Beispielsweise leugnet das Konzilrom den vom Zweiten Vatikanum geschaffenen Kirchennotstand und übt entsprechend großen – und allzu erfolgreichen – Druck auf die Priesterbruderschaft St. Pius X. aus, der konziliaren Autorität sich unterzuordnen. So sehr strebt die Autorität nach Amtlichkeit. Selbst Erzbischof Lefebvre verlor ungefähr ein Viertel der von ihm geweihten Priester, weil er keine Amtsgewalt besaß, sie am Weggehen zu hindern. Das sind Auswirkungen dieser unglaublichen Kirchenkrise. Wenn also ein Priester oder Laie mich ersucht, ihm Befehle zu erteilen, so könnte er sie bereits wenige Monate später wieder verwerfen, oder jedenfalls dann, wenn er gewisse Befehle nicht als befolgenswert erachtet.

Dennoch bleibt die Krise bestehen und wird sogar stets schlimmer, bis zu dem Punkt, wo Gott eingreifen wird, um den Papst zu – seiner katholischen – Vernunft zu bringen. Und Gott wird das gewiß tun, wenn nur genügend Katholiken ihn bitten, doch die Augen des Papstes zu öffnen. Bis dahin wird der sich verschlimmernde Notstand dazu beitragen, die nichtamtliche Autorität noch zu bestärken. Möge doch der Allmächtige Gott uns helfen, jede unnötige Anarchie zu vermeiden.

Kyrie eleison.

Gelähmte Autorität – II.

Gelähmte Autorität – II. on Juni 29, 2013

Wieder drängt ein wackerer Teilnehmer der heutigen katholischen „Widerstandsbewegung“ mich, doch ihre Führung zu übernehmen. Seine angegebene Begründung lautet nach wie vor, daß ich der einzige Bischof mit einem Part in dieser Bewegung sei, welche dem inneren Zerfall der Priesterbruderschaft St. Pius X. sich entgegenstellt. Doch Gott gab den letzten Atemzug der echten Kirchenautorität an Erzbischof Lefebvre, dessen Nachfolger diesen Atemzug allerdings grausam mißbrauchten. Warum sollte ihn Gott noch einmal geben? Zwischen den 1970er- und 2010er-Jahren ist die Kirchenkrise nur noch viel schlimmer geworden. Auf die Gefahr hin, viele von Ihnen zu verärgern, bringe ich im folgenden die Hauptargumente des wackeren Teilnehmers und dann meine Antworten, die ich niemandem aufzwingen, jedoch allen vorschlagen möchte:—

1) „Die große Meinungsvielfalt unter den Priestern der Widerstandsbewegung verwirrt die Laien.“

* Um allerdings Meinungen leiten zu können, bedarf es der Autorität (siehe oben). Vielleicht verdienen die Katholiken aber auch, mit Verwirrung geschlagen zu sein, nachdem so viele von ihnen blindlings dem Zweiten Vatikanischen Konzil gefolgt sind und heute der Bruderschaft blind folgen. Vielleicht hat Gott genug vom blinden Gehorsam der Katholiken. Vielleicht will er, daß die Katholiken ihre eigenen Köpfe benutzen und selber denken, anstatt ihr blindes „Gehorchen“ als faulenzerischen Weg in den Himmel zu verwenden.

2) „Vor allem herrscht Verwirrung über die Frage, ob das sinkende Schiff nun zu verlassen ist, d.h. ob man aufhören soll, Bruderschaftsmessen zu besuchen.“

* Soll eine Ansicht wirklich allen Fällen genügen? Die Frage des Verlassens hängt von vielen verschiedenen Umständen ab. Zugegebenermaßen geraten jene, welche beim gegenwärtigen falschen Kurs der Bruderschaft bleiben, tatsächlich in die Gefahr eines langsamen Abgleitens. Dennoch benötigen Seelen die Hl. Sakramente, und keinesfalls sind alle Bruderschaftspriester bereits Verräter. Beispielsweise war in Frankreich die erste Auflage eines kürzlich erschienenes Buches, welches auf 350 Seiten rund 90% Zitate von Erzbischof Lefebvre bringt, schon nach zwei Wochen vergriffen. Herausgegeben vom Bruderschaftspriester Hw. François Pivert. Das ist ein Zeichen der Hoffnung; möge Gott ihn dafür segnen.

3) „Die Reibereien zwischen Priestern der Widerstandsbewegung könnten zur Selbstzerstörung der ganzen Bewegung führen.“

* Persönliche Reibereien hat es unter Priestern immer gegeben und wird es auch immer geben. Doktrinelle, d.h. lehrmäßige, Reibereien sind hingegen deutlich schwerwiegender. Besonders die doktrinelle Treue hat die Bruderschaft zusammengehalten, während jetzt die lehrmäßige Untreue sie zerstört. Nur diese doktrinelle Treue stellt unseren einen und einzigen Glauben sicher, welcher die Grundlage dessen ist, was überhaupt vom Katholizismus in der Kirche, in der Bruderschaft oder in der „Widerstandsbewegung“ überleben wird.

4) „Ohne Haupt und Hierarchie kann die Kirche nicht auskommen. Gott will, daß wir geordnet sind.“

* Normalerweise kann die Kirche tatsächlich nicht ohne Haupt und Hierarchie sein, doch hat der moderne Mensch eine abnorme Situation geschaffen. Während der heidnische Hauptmann in den Evangelien (Matthäus 8,6–10) ein natürliches Gespür für das Befehligen und das Gehorchen hatte (beides gehört zusammen), so hat der „demokratische“ Mensch im Namen der Freiheit willentlich beides verlernt. Daher zerstören willkürliches Befehlen und unmäßiges Gehorchen jetzt die Bruderschaft, so wie sie auch die Amtskirche weitgehend zerstört haben. Der Grund ist, daß heute sowohl den Herrschern als auch den Beherrschten das Gespür und die Liebe zur objektiven Wahrheit fehlt, welche über diesen beiden Gruppen steht und welche bei Beachtung Autorität und Gehorsam der beiden Gruppen mühelos miteinander in Einklang bringt. Vielleicht will Gott, daß wir stärker die Doktrin verfolgen als die Organisation.

Abschließend können wir sagen, daß diese außergewöhnliche Kirchenprüfung so lange andauern wird, wie Gott sie für die Reinigung seiner Kirche als notwendig erachtet. Inzwischen sind wir im 21. Jahrhundert angelangt und mir dünkt, daß nicht mehr genug katholisches Stroh vorhanden ist, um einen katholischen Ziegel zu formen im Stile der Bruderschaft des späten 20. Jahrhunderts. Geduld; denn Gottes Wille wird erfüllt werden. Es ist seine Kirche und er wacht über sie. Üben wir uns in Geduld.

Kyrie eleison.

Grauenhafter Niedergang – II.

Grauenhafter Niedergang – II. on Juni 22, 2013

Das Wort „Grauen“ mag vielleicht zu stark anmuten, den Richtungswechsel in der Priesterbruderschaft St. Pius X. zu beschreiben, welcher spätestens vor einem Jahr deutlich geworden ist. Wenn allerdings die Hölle grauenhaft ist; wenn man ohne Glauben in sie hineinfällt; wenn der Glaube in große Gefahr geriet, weil die Kirche durch das Zweite Vatikanische Konzil schwer gelähmt worden ist, jedoch auf wunderbare Weise ein Bollwerk des wahren Glaubens innerhalb dieser Kirche errichtet wurde; und wenn schlußendlich dieses Bollwerk nun ebenfalls kampfunfähig gemacht wird, dann dürfte das Wort „Grauen“ doch gerechtfertigt und eben nicht zu stark sein.

Zwar ist die Bruderschaft noch nicht ganz gefallen, doch fiel sie bereits ein gutes Stück und könnte bald vollständig fallen. Denn ihre Führung, welche während den letzten 15 Jahren diesen Fall gekonnt gefördert hat, ist nach wie vor an der Macht. Zwar folgte sie Erzbischof Lefebvre zu seinen Lebzeiten, doch verstand sie entweder nicht, oder hörte willentlich zu verstehen auf, warum der Erzbischof die Bruderschaft in erster Linie gegründet hatte: um dem Fall der konziliaren Kirchenmänner zu widerstehen, welche die Kirche in Einklang mit der glanzvollen aber verderbten Welt zu bringen suchten. Als der Erzbischof dann nicht mehr unter uns weilte, wurden die Bruderschaftsoberen sehr bald erneut von diesem Glanz, durch GREC usf., erfaßt.

Diese Oberen ziehen momentan eine Reihe älterer Bruderschaftspriester mit sich hinunter, und verformen die jüngeren. Für die älteren Priester gilt nun eine ähnliche Situation wie damals nach dem Zweiten Vatikanum: die Priester, welche von Erzbischof Lefebvre geformt worden waren, können nun wegen dem Verbogenwerden durch die Neubruderschaft gewisse Qualen erleiden. Diese Qual hört auf, sobald diese älteren Priester sich entscheiden, mit dem Strom zu schwimmen – wozu sie allerdings erst ihr Gewissen einschläfern müssen. Auch für die jüngeren Bruderschaftspriester gilt eine ähnliche Situation wie damals nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil: weil sie normalerweise bereits in die neue Richtung deformiert werden, können nur sie selber die alte Ausrichtung finden. Denn ihnen wird im wesentlichen nicht mehr gelehrt, worum es Erzbischof Lefebvre wirklich ging. Praktisch werden die Bruderschaftsseminare langsam aber sicher in „Neuseminare“ umgewandelt. Wer diese Seminare noch an Berufene empfehlen möchte, muß also große Vorsicht walten lassen.

Und wie sieht es mit der Spitze der Bruderschaft aus? Dazu möchte ich das jüngste Denken eines Bruderschaftsmitgliedes nahe an der Spitze vorstellen, welcher ganz und gar mit der lehrmäßigen Position von Erzbischof Lefebvre vertraut ist. Er verteidigte diese Position auch lange Zeit. Doch nachdem die Glaubensgespräche in den Jahren 2009 bis 2011 bewiesen, daß Rom an seinen lehrmäßigen Irrtümern festhält, billigt im Jahre 2013 nun auch er den Prinzipienzusammenbruch der Bruderschaft auf ihrem Generalkapitel 2012, wo sie von der früheren Forderung nach einer lehrmäßigen Übereinkunft sich lossagte, und nurmehr Bedingungen für ein rein praktisches Abkommen aufstellte. Und trotzdem ist er froh, daß dieser Zusammenbruch in der Praxis folgenlos blieb. Die Folgenlosigkeit liegt aber gewiß nur daran, daß den Römern dieser Zusammenbruch nicht vollständig genug war. Dennoch begrüßt dieser Kleriker, wenn die Bruderschaftsoberen die Beziehungen mit dem neuen Papst wiederaufnehmen – als ob die Bruderschaft nicht schon halb zusammengebrochen wäre und somit nicht die Gefahr eines vollständigen Zusammenbruchs bestünde, wenn die Priesterbruderschaft nach Rom zurückkriecht, um eine kanonische Anerkennung zu erreichen.

Wie kann er so widerspruchsvoll geworden sein? So wie es vielen Priestern nach dem Zweiten Vatikanum unter dem tyrannischen Paul VI. erging, hat auch er seinen Verstand von der göttlichen Glaubenslehre gelöst und läßt ihn nun mit dem Strom der Menschen schwimmen. Gewiß nicht leichten Gewissens, legt sein Wille nun offenbar Wert darauf, das angeblich Gute der Bruderschaft dem tatsächlichen Guten des Glaubens vorzuziehen, welcher aber grundsätzlich keine Unterordnung unter seine mächtigen Feinde duldet. Wenn dieser Kleriker seinen Zusammenhalt mit den Bruderschaftsoberen bekundet, welche genau eine solche Unterordnung wollen, so mag er zwar vielleicht nicht selber den Glauben verlieren, doch durch seine neue Weichheit den römischen Apostaten gegenüber riskiert er wenigstens, daß einer ganzen Reihe von anderen Seelen der Verlust des wahren Glaubens vereinfacht wird.

Und die Bruderschaftsoberen? Sie stecken tief im Sumpf der Doppelzüngigkeit, weil sie sich und anderen weiterhin vorgaukeln müssen, daß sie selber der alten Religion von Gott und dem Erzbischof treu sein würden, während sie in Wirklichkeit zur Amtskirche gehören wollen, welche der neuen Menschenreligion verschrieben ist. Der Verlust von Seelen und die Doppelzüngigkeit sind ein zweifaches Grauen.

Kyrie eleison.

Doktrinelle Erklärung – II.

Doktrinelle Erklärung – II. on Mai 4, 2013

Liebe Leser, erlauben Sie mir, auf den siebten Absatz der Doktrinellen Erklärung vom 15. April 2012 zurückzukommen. Zweck dieser Erklärung war ja nicht weniger als die Schaffung der Grundlage für alle künftigen Beziehungen zwischen der Priesterbruderschaft St. Pius X. und Rom. Nun nahm zwar am 13. (nicht am 11.) Juni 2013 Rom diese Erklärung nicht an, und inzwischen mag auch das Bruderschafts-Generalhaus sich von ihr distanziert haben, doch belegt die Erklärung nach wie vor, was dem Generalhaus alles zuzutrauen ist. Und dieser siebte Absatz der Erklärung ist ein kleines Meisterstück an Verwirrung. Vor vier Wochen erläuterte der „Eleison-Kommentar“ (Ausgabe ? 300 vom 13. April) diesen Absatz anhand einer zweifachen Unterscheidung. Genaugenommen wird ihm jedoch nur eine vierfache Unterscheidung gerecht. Hier ist nun der komplette siebte Absatz:

Erklärung III, 5: „Über die Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils und des nachkonziliaren Lehramtes bezüglich des Verhältnisses zwischen der Katholischen Kirche und den nichtkatholischen Bekenntnissen, und bezüglich der gesellschaftlichen Pflicht der Religion und dem Recht auf Religionsfreiheit, ist folgendes zu sagen: (1) Jene konziliaren Formulierungen, welche nur schwerlich mit den früheren Aussagen des kirchlichen Lehramtes zu vereinbaren sind, (2) müssen im Lichte der vollständigen und ununterbrochenen Tradition verstanden werden, (3) und zwar auf eine Weise, daß die Formulierungen stimmig mit den vom früheren Lehramt verkündeten Wahrheiten sind, (4) doch ist hierbei keine Deutung dieser Aussagen erlaubt, welche die (konziliare) katholische Lehre in einen Gegensatz zu, oder in einen Bruch mit der Tradition und jenem alten Lehramt bringen könnte.“

Die Numerierungen und Unterstreichungen stammen von mir, um die Hinterlist in diesem Absatz zu verdeutlichen. Beachten wir, wie (1) nicht mehr von problematischen tatsächlichen Konzilsaussagen spricht, sondern nur noch von problematischen „Formulierungen.“ Damit sind wir bereits von der objektiven Aussage von Worten abgekommen. Worte schweben sozusagen im Raum, je nach dem, wie sie subjektiv „verstanden“ (2) und „gedeutet“ (3) werden. Unser Verstand soll davon losgelöst werden, eine Sache beim Namen zu nennen. Es wird vorgespielt, es sei keine objektive Unmöglichkeit mehr, den konziliaren Unsinn mit dem katholischen Denken zu vereinbaren, sondern es sei lediglich subjektiv „schwierig,“ beide Seiten miteinander zu vereinbaren (sprich: schwierig nur für die verdunkelten Gehirne der rückwärtsgewandten Traditionskatholiken).

Beachten wir besonders das raffinierte, jedoch entscheidende Abgleiten des Ausdrucks (2) „im Lichte von“ hin zum Ausdruck (3) „auf eine Weise . . . stimmig mit.“ Denn wer die konziliaren Neuerungen wirklich „im Lichte der Tradition“ versteht, sieht, daß sie vollständig unvereinbar sind. Wer hingegen die Neuerungen „auf eine Weise . . . stimmig mit“ der Tradition versteht, gibt vor, daß diese Neuerungen doch auf irgendeine Weise in Einklang mit der Überlieferung gebracht werden könnten. Dadurch soll unser Verstand wieder zum Abgleiten gebracht werden, weil „im Lichte von“ und „auf eine Weise. stimmig mit“ eben nicht dieselbe Sache meinen. Freilich versichert dann Satzteil (4), daß jedes subjektive Verständnis der Neuerungen, welches sie mit der Tradition und dem uralten Lehramt zusammenprallen läßt, absolut abzulehnen sei.

Der Satzteil (2) mag also noch der „vollständigen und ununterbrochenen Tradition“ Anerkennung zollen, womit dieser Teil mit dem katholischen Denken vereinbar ist. Satzteil (3) hingegen bringt modernistischen Unsinn vor, und Teil (4) hämmert diesen Unsinn dann ein. Somit stellt der ganze Absatz eine höchst raffinierte und schrittweise Bewegung dar, welche von einem Schatten der Wahrheit ausgehend direkt in den Irrtum namens „Hermeneutik der Kontinuität“ mündet. Diese entspricht genau dem Wahn von Alice im Wunderland, wo Humpty Dumpty hinausposaunt: „Was Worte meinen oder nicht, bestimme ich.“

Gott allein weiß, wer diesen siebten Absatz verfaßt hat. Vielleicht war es nicht der Generalobere der Bruderschaft. Doch wenn wir den Absatz, so wie er lautet, genau untersuchen, so müssen wir sagen, daß er so konstruiert ist, die Seelen von der katholischen Wahrheit zum konziliaren Irrtum hinüberzuführen. Der Absatz läßt sozusagen die Worte tanzen – so wie Häretiker sie tanzen lassen. Doch Häretiker, welche Worte tanzen lassen, verführen die Seelen dazu, den wahren Glauben zu verlieren und in die Hölle zu rutschen. Wer immer diesen siebten Absatz der Doktrinellen Erklärung zu verantworten hat, den soll der Kirchenbann treffen!

Kyrie eleison.

GREC – IV.

GREC – IV. on April 27, 2013

Eine Leserin des ersten „Eleison Kommentars“ über GREC (Ausgabe EC 294 vom 2. März) beklagte sich brieflich bei mir, daß ich GREC mißverstanden hätte. Zu Erinnerung: GREC ist jene Pariser Gruppe von Katholiken, welche in den späten 1990iger-Jahren gegründet worden war mit dem Ziel, Traditionalisten und Amtskirchen-Katholiken zusammenzubringen, damit diese zum Wohle der Mutter Kirche friedlich miteinander nachdenken und sprechen könnten. Gerne korrigiere ich sachliche Fehler, auf welche die Leserin mich hinwies. Auch gebe ich gerne meine von dieser Leserin herausgestellten persönlichen Mängel zu. Allerdings muß ich ihr in einem wesentlichen Punkt widersprechen.

Zuerst zu den sachlichen Fehlern: Herr Gilbert Pérol war nicht, wie ich schrieb, französischer Botschafter im Vatikan, sondern in Italien. Außerdem war er kein „Laienmitarbeiter“ von Hw. Michel Lelong vom Orden der Weißen Väter, sondern sein Freund. Und zu guter Letzt wurde GREC nicht in „den Salonen von Paris“ gegründet, sondern in der Wohnung der Botschafterwitwe Frau Huguette Pérol. Wie mir mitgeteilt wurde, übernimmt Frau Pérol die volle Verantwortung für die Gründung von GREC, die nur erfolgt sei, um der Kirche zu helfen, und die mithilfe von Personen stattgefunden habe, welche „fähig sind und denen daran liegt, treu zum Evangelium und der Tradition zu stehen.“

Bezüglich meiner Mängel schrieb sie mir, daß ich „völlig eingebildet“ und „ignorant“ sei, daß mir Bescheidenheit und Diplomatie abgehe, daß ich ungenügenden Respekt vor Toten zeigen würde und daß ich meinen Kommentar in einem sarkastischen Ton abgefaßt hätte, welcher weder einer gebildeten Person noch eines Priesters würdig wäre. Gnädige Frau, wie froh wäre ich doch, wenn dies meine schlimmsten Fehler wären, für welche ich vor Gottes Richterstuhl mich werde verantworten müssen. Bitte beten Sie für mein persönliches Gericht.

Meinen Sarkasmus betreffend möchte ich jedoch geltend machen, daß ich nicht Herrn Pérol im Blick hatte, als ich über die Nostalgie der heutigen Katholiken bezüglich des Katholizismus der 1950iger-Jahre spottete. Vielmehr hatte ich die Menge an heutigen Katholiken vor Augen, welche nicht erkennen, warum Gott in erster Linie zuließ, daß das Zweite Vatikanum die Amtskirche von der katholischen Tradition trennte, und trotzdem will diese Menge zum vorkonziliaren Rührseligkeitsglauben zurückkehren, welcher ja erst schnurstracks zum Vatikanum II geführt hat! Gnädige Frau, dieser entscheidende Punkt hat nichts mit subjektiven Personen, aber alles mit objektiver Doktrin zu tun.

Aus diesem Grund muß ich Ihnen widersprechen hinsichtlich der angeblichen Fähigkeit und Glaubenstreue jener Personen, welche der Frau Pérol beim Gründen von GREC halfen. Daß ein Berufsdiplomat auf die Mittel der Diplomatie zurückgreift, um Grundsatzprobleme doktrineller Art zu lösen, ist verfehlt, aber immerhin verständlich. Daß ein Konzilspriester wie Hw. Lelong ein solcherart diplomatisches Unterfangen förderte, ist auf noch ernstere Weise verfehlt, aber immer noch verständlich vor dem Hintergrund, daß das Zweite Vatikanum die gesamte Doktrin untergrub, indem es den Subjektivismus in der Kirche amtlich machte. Kaum annehmbar ist hingegen, von einer „Fähigkeit und einem Anliegen für das Evangelium und die Tradition“ bei jenen Priestern zu sprechen, die unter Erzbischof Lefebvre ausgebildet worden waren, um die doktrinelle Katastrophe des Zweiten Vatikanums überhaupt erst zu verstehen. So wohlmeinend deren Absichten auch gewesen sein mögen, so hätten diese Priester doch niemals eine grundsätzlich diplomatische Bestrebung fördern, geschweige denn einen aktiven Anteil daran haben dürfen, um eine grundsätzlich doktrinelle Katastrophe zu lösen.

Dennoch trifft auch im Falle dieser Priester teilweise das französische Sprichwort zu: „Alles zu verstehen, heißt alles zu verzeihen.“ Der Erzbischof entstammte einer früheren und gesünderen Generation. Die genannten Priester aber entspringen einer Welt, welche von zwei Weltkriegen erschüttert ist. Es ehrt diese Priester, daß sie für ihre Ausbildung auf die Person des Erzbischofs zurückgriffen. Und während er noch lebte, erhob er uns alle. Doch nahmen diese Priester leider nie seine Doktrin in sich auf. Als er dann starb, fingen sie innerhalb weniger Jahre an zurückzufallen. Und doch lag der Erzbischof richtig, während diese Priester und GREC – verzeihen Sie mir, gnädige Frau – falsch liegen. Gebe Gott, daß sie auf die rechte Spur zurückkommen.

Kyrie eleison.