Eleison Kommentare

Madiran; die Bischöfe

Madiran; die Bischöfe on Oktober 31, 2020

Man wird sich daran erinnern, dass Jean Madiran im Prolog zu seinem Buch Die Häresie des 20. Jahrhunderts die Verantwortung für diese Häresie klipp und klar den katholischen Bischöfen zugeschrieben hat, die das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) in die Wege geleitet und dessen Kurs anschliessend in verschärfter Form weitergeführt haben. Dabei widmete er seine Aufmerksamkeit insbesondere den französischen Bischöfen, die er am besten kannte. In der Tradition der grossen Enzyklika Pascendi (1907) von St. Pius X. legte er dar, wie der Geist dieser Bischöfe zusehends unfähig geworden war, die Realität, und erst recht die katholische Doktrin, zu begreifen, weil sie vom Subjektivismus der Kant’schen Philosophie beeinflusst waren, die mittlerweile in den Philosophischen Abteilungen praktisch aller”Universitäten”unangefochten dominierte. In Kapitel II, das aus sechs lose miteinander verknüpften Kapiteln besteht, wendet sich Madiran den französischen Bischöfen selbst zu.

Erstens hält er fest, dass diese Bischöfe sich gezwungen sehen werden, unschätzbare katholische Schätze über Bord zu werfen, beispielsweise St. Pius X, den Gregorianischen Gesang, den Thomismus, das Kanonische Recht, Unsere Liebe Frau, den Patriotismus, unser griechisch-lateinisches Erbe, die Marienverehrung und nicht zuletzt die Frömmigkeit betender alter Frauen. Was uns betrifft, schreibt er, so lehnen wir es ab, irgendeines dieser wohlbekannten Wahrzeichen der katholischen Familie zu verwerfen. Hinter ihnen allen steht die Liebe Christi, während sich hinter all dem Gerede von  «Anpassung an die Erfordernisse der modernen Welt»,”Erneuerung”und”Reform”der Hass verbirgt. Denn hinter sämtlichen Errungenschaften der”abendländischen Zivilisation”steht Christus und nicht Indien oder Afrika oder China.

Zweitens hat die Neukirche der ganzen Welt ihre Apostasie gepredigt: Die Politik der Neubischöfe verfolgt nicht länger das Ziel, irgendjemanden zu bekehren. Doch bleibt das Grundgesetz von Leben und Tod unverändert das gleiche: Also möge die Kirche uns lehren, wie wir zu leben und zu sterben haben. Wir sind alle zu sehr erfüllt von der Welt. Lasst die Priester uns lehren, wie wir in den Himmel kommen!

Drittens sagen diese Bischöfe, dass”der Wandel der Zivilisation”ein”evangelischeres Konzept der Erlösung”erfordere, worunter sie, entgegen ihren Beteuerungen, nicht einfach”eine neue Form von Worten”verstehen, sondern einen neuen Inhalt der Worte, was auf eine neue Religion hinausläuft. Eure Exzellenzen, unsere Antwort ist NEIN! Ausserdem habe ich als getaufter Katholik das Recht, von Ihnen den wahren Glauben zu verlangen, denn Ihre”neue Form der Worte”auf der Suche nach einem”neuen Konzept der Erlösung”ist zwangsläufig häretisch – nicht nur grobschlächtig, sondern eine neue Religion, die im Widerspruch zum wahren Glauben steht.

Viertens waren diese Bischöfe bis 1966 noch nicht vom katholischen Glauben abgefallen, doch jetzt behaupten sie, ihr Christentum sei nun endlich das authentische, obwohl ihre”post-konziliäre Mentalität”in Wirklichkeit mit dem wahren Glauben bricht . Die Wahrheit ist, dass wir uns mitten in einem Krieg zwischen zwei verschiedenen Religionen befinden. Und alle Bischöfe unterstützen die neue Religion heute, aktiv oder passiv. Einige katholische Bischöfe müssen ihre Stimme erheben, weil Seelen verloren gehen! Erzbischof Lefebvre, hören Sie den Ruf?  Wir brauchen keine Bischöfe, die uns einreden, wir müssten modern sein. Wir sind allzu modern. Denn moderne Technologie und moderne Philosophie gehen katholische Bischöfe nichts an! Wir kennen die Bannerträger der Moderne, und wir sagen nein zu ihnen. Ihr kennt sie nicht und liebt sie doch. Marx, Nietzsche, Freud sind reine Trödler der Phantasie. Wacht auf!

Fünftens entleert Neukirche heutzutage jede Form von Ausbildung, Lehre und Erziehung ihres Sinnes. Indem ihr den jungen Menschen nur geben wollt, was modern ist – und was sie schon haben –, gebt ihr ihnen nichts, erweckt in ihnen jedoch die Illusion, sie wüssten alles. Sich so selbst überlassen, werden sie zu den Barbaren von morgen werden, so dass ihr nicht nur den Glauben, sondern alle Zivilisation verratet. Kehrt zur Tradition zurück! Gott, gib uns einige wahre Bischöfe!

Sechstens hat die Autorität der Bischöfe einzig auf Wahrheit, Legitimität und Gesetz zu beruhen. Hätten diese Neubischöfe recht, so bestünde die traditionelle Kirche nicht mehr. Doch ihre zentrale Aufgabe ist die Wahrheit, und deshalb sind sie nicht befugt, den Glauben zu verändern, und tun sie es dennoch, dürfen sie keinen Gehorsam beanspruchen, und wir werden ihnen laut widersprechen. Wir erwarten von ihnen die Gewissheit, Reinheit und Heiligkeit des unveränderlichen katholischen Glaubens.

(Im obigen Absatz 4 wird Erzbischof Lefebvre nicht namentlich genannt, aber Madiran dachte an ihn (er sagt es selber). Zwei Jahre später gründete der Erzbischof die Priesterbruderschaft St. Pius X., und der Rest ist Geschichte.)

Kyrie eleison.

Glückliche Familie

Glückliche Familie on Oktober 24, 2020

Wenn der Horizont, menschlich gesprochen, um uns herum überall so dunkel ist, und wenn dämonische Kräfte darauf versessen sind, die Familie zu zerstören, weil sie von Gott als Mittel geschaffen wurde, um die Menschen auf die Strasse zu Seinem Himmel zu führen, mag es ein günstiger Augenblick sein, zum Nutzen und Frommen der Leser dieser”Kommentare”ein e-mail zusammenzufassen, das deren Verfasser vom Vater einer achtköpfigen Familie in den USA erhalten hat, der weder die Hoffnung aufgegeben hat noch in Furcht lebt. Er wohnt an einem völlig abgelegenen Ort. Er kann die Messe nur einmal monatlich in einer traditionalistischen Gemeinde in der Nähe besuchen. Dennoch ist es ihm immer noch möglich, einen Lebenswandel zu führen, welcher der göttlich gewollten Ordnung entspricht. Hier die wichtigsten Teile seiner Botschaft:

Spirituell und in Bezug auf die Sakramente überleben wir auch weiterhin mit einer monatlichen Messe in unserer Kapelle des Widerstands, die wir so lange benötigen werden, als wir die Messe und die Sakramente brauchen. Und ich sehe nicht, dass dieser Bedarf (oder die Krise in der Kirche) irgendwann in naher Zukunft aufhören wird. Die Kapelle erfüllt ihre Funktion weiterhin gut, aber zu den letzten paar Messen fanden sich manchmal zu wenig Gläubige ein. Aus verschiedenen Gründen scheinen etliche traditionalistische Katholiken der von den Medien geschürten Panik zu erliegen.

Unserer Familie geht es gut; wir können uns nicht beklagen. Bald erwarten wir unser neuntes Kind. Kürzlich haben wir noch einen Knaben bekommen. Jedermann bemerkt, wie verschieden von den Mädchen er ist. Er erforscht alles, will alles genau wissen, interessiert sich mehr für”Dinge”, Maschinen, Ausrüstungsgegenstände etc. als für Menschen. Da wir mehrere Mädchen haben, fallen uns die angeborenen Unterschiede zwischen Knaben und Mädchen auf Schritt und Tritt auf. Alle unsere Kinder hören gerne Musik, denn ich lehre sie, Musik mit Melodie, Harmonie, Rhythmus und einem guten Text, zu lieben und zu schätzen. Wir hören Volksmusik, besonders irische, verschiedene Instrumental- musik, klassische Musik und Gesang. Alle Lieder, die den Geist der Angst, der Verzweiflung, der Depression, des Hasses etc. atmen, sind böse, hässlich und zu meiden.

Ich arbeite von meinem Home-Office aus vollzeitlich für ein katholisches Werk, das mit jedem Jahr mehr zu erwachsen scheint, im Gegensatz zur Priesterbruderschaft St. Pius X., die einst die reine Wahrheit aussprach, jedoch Jahr für Jahr stärker von ihr abweicht. Wenn meine Arbeitgeber der Wahrheit auch weiterhin so treu ergeben sein werden wie bisher, werden sie schliesslich voll auf traditionalistische Linie einschwenken oder ihren Kurs ändern, d. h. verraten müssen. Es gibt keinen dritten Weg. Ich arbeite auch manuell in unseren Gärten, mit deren Ausbau wir eben erst fertig geworden sind, nachdem wir vor ein paar Jahren von der”Zurück nach Eden»-Gartenpflege erfahren haben. Unser Boden besteht aus reinem Lehm und ist sehr ärmlich, aber mit Mulch kann man Gottes Natur nachahmen, indem man dafür sorgt, dass sich fruchtbarer Boden aus verfaulendem organischem Material bildet. Mit einer unlängst entdeckten Quelle kostenloser Holzscheite kann ich jede Menge meines eigenen Mulchs herstellen. So helfen mir die Kinder alle bei der Nutzung dieser neuen Technologie, indem sie unsere Obstbäume mit Mulch nähren und Gartenbeete anlegen. Wir hoffen, hier schon bald eine ansehnliche Menge von Lebensmitteln anbauen zu können. Unsere beiden Gartenbeete messen vorderhand 1.500 Quadratfuss.

Mit besorgter Spannung erwarten wir die Ergebnisse der diesjährigen Wahl. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass das Jahr 2020 das Jahr 2016 wie ein Kinderspiel aussehen lassen wird. Dazu kommt der ganze COVID-Irrsinn sowie die landesweiten Ausschreitungen wegen eines schwarzen Mannes, der eine Überdosis Fentanyl zu sich genommen hat. Vielleicht spielt sich der Kampf lediglich zwischen den bösen Buben (dem Tiefen Staat) und einigen etwas weniger bösen und mit ersteren rivalisierenden Buben (Trump und seinen Mitstreitern) ab. Möglicherweise ist Trump nur weniger böse, d. h. er hat nicht an Kinderopfern, Kinderquälerei und anderen Teufeleien teilgenommen, an denen sich die anderen beteiligt haben? Meine Hoffnungen halten sich in Grenzen. Dennoch glaube ich nicht, dass Trump auf der Seite des Tiefen Staates steht. Ich werde ihn wegen seiner beispiellosen Massnahmen gegen die Abtreibung sowie allgemein für die Freiheit wählen.

Finanziell kommen wir dank Gottes vielfältigem Segen sehr gut über die Runden. Doch der grösste Segen war, dass ich schon als Jugendlicher von den Übeln des Wuchers erfuhr, den die Bankster betreiben. Ohne dieses Verständnis der Ökonomie könnte ich zwar untadelig und sündenfrei sein, aber trotzdem hohe Schulden und allerlei andere Probleme haben. Auch ist meine Frau von jeher genügsam gewesen, so dass wir stets entsprechend unseren Möglichkeiten gelebt, auf gar manchen Luxus verzichtet und hart gearbeitet haben, doch jetzt ernten wir die Früchte unserer Arbeit. Wir sind mittlerweile völlig schuldenfrei, auch mit acht Kindern und nur einem bescheidenen Einkommen. Ich weise meine Kinder immer wieder darauf hin, dass es hierfür Jahre der Sparsamkeit und harten Arbeit gebraucht hat, aber letzten Endes war es möglich.

Was unsere lokale Gemeinde betrifft, so kommen viele Seelen, kehren jedoch nicht alle zurück, aber heute suchen manche nach einer Tridentinischen Messe, wo sie die Heilige Kommunion auch weiterhin auf der Zunge empfangen können, was unsere offizielle Diözese wegen”Covid”verboten hat. So viel zur Traditionspflege durch die offizielle Kirche! Ich frage mich oft, warum Gott es zulässt, dass die Tradition so zahlreiche Rückschläge hinnehmen muss. Reinigt er hierdurch die verbliebenen Getreuen, zieht er die Qualität der Quantität vor? Doch unter Nichtkatholiken und in traditionellen katholischen Familien sehe ich nicht, dass ihre Kinder in der nächsten Generation”ihren Platz voll einnehmen”werden. Die Stürme der Welt peitschen sie rastlos und zermürben sie, die einen nur wenig, die anderen weit stärker, und einige brechen vollständig zusammen. Wahrhaftig, wenn diese Tage nicht verkürzt werden, werden selbst die Auserwählten nicht gerettet werden.


Kyrie eleison.

Madiran Die Philosophie

Madiran Die Philosophie on Oktober 17, 2020

Wie Papst Pius X. in seinem 1907 erschienenen grossen antimodernistischen Rundbrief Pascendi, beginnt auch Madiran in seinem Buch Die Häresie des 20. Jahrhundert mit der Philosophie, weil beide erkannt haben, dass das Problem, welches modernen Geistern das Verständnis des Katholizismus dermassen erschwert, eher philosophischer als theologischer Natur ist. Aus diesem Grund trägt der erste der sechs Teile, aus denen Madirans Buch besteht, den Titel”Philosophische Präambel».

Überraschenderweise schreibt Madiran selbst, seine Leser könnten diese Präambel auslassen, wenn sie wollten, aber dies kann nur den Zweck verfolgen, manche zeitgenössische Leser zu schonen, die mit Recht allergisch gegen den von den heutigen sogenannten”Universitäten”produzierten kriminellen Unfug sind. Madirans Argumentation basiert nämlich ebenso stark auf wahrer Philosophie, wie sie frei von der gegenwärtigen”Philosophistrie», oder Pseudo-Philosophie, ist.

Doch wie kann der übernatürliche Glaube dermassen stark auf die Philosophie angewiesen sein, bei der es sich doch um die rationale Erforschung aller natürlichen Realität handelt, um den (wahren) gesunden Menschenverstand gewissermassen von einem Amateur-Niveau auf ein professionelles Niveau zu erheben? Steht das Übernatürliche denn nicht unendlich höher als das bloss Natürliche? Die Antwort lautet: Ein tüchtiger Weinproduzent ist nicht auf gute und unbeschädigte Glasflaschen angewiesen, um guten Wein herzustellen, aber er kann sein Weingeschäft ohne solche Flaschen nicht erfolgreich führen, denn wenn alle Flaschen innen schmutzig sind, wird kein Mensch seinen Wein kaufen, so trefflich er auch munden mag. Der Weinproduzent geht davon aus, dass er automatisch saubere Flaschen erhalten wird. Im Vergleich zum Wein ist die Glasflasche in leerem Zustand fast nichts wert, doch muss sie unter allen Umständen frei von Sprüngen und Schmutz sein, damit ihr Inhalt nicht ausläuft oder verunreinigt wird.

 

Mit dem menschlichen Verstand verhält es sich nun wie mit der Flasche. Er ist lediglich eine natürliche Fähigkeit, doch zum Zeitpunkt des Todes muss er, damit sein Besitzer der Gefahr der ewigen Verdammnis entgeht, den übernatürlichen Wein des Glaubens enthalten (Markus XVI, 16). Der Glaube ist eine köstliche Gabe Gottes, durch welche der Verstand eines Menschen auf übernatürliche Weise so erhoben wird, dass er glaubt; wird diese Fähigkeit jedoch durch menschliche Irrtümer und Unglauben beeinträchtigt, besteht Gefahr, dass sie Gottes Wein des Glaubens wie eine schmutzige Flasche verunreinigt, so göttlich jener Glaube an sich auch ist. Nun verdirbt bereits ein wenig Schmutz in der Flasche den Wein, den sie enthält, aber der Modernismus des Geistes ist ein dermassen radikaler Irrtum, dass er jede Wahrheit, und erst den Glauben, welcher in diesen Geist eingegossen wird, verdirbt oder unterminiert. Und so wie in eine schmutzige Flasche gegossener Wein zwangsläufig verunreinigt wird, wird auch ein katholischer Glaube, der in einen modernen Geist einfliesst, fast zwangsläufig untergraben. Dies lehren Pius X., de Corte, Calderón und Madiran ebenso wie alle anderen, welche die volle objektive Bosheit eines subjektivistischen Geistes begriffen haben.

Wie beweist nun insbesondere Madiran, dass die französischen Bischöfe in den sechziger Jahren des 20. Jahrhundert s ihren katholischen Verstand verloren hatten? Er beginnt mit einer offiziellen Erklärung, die sie im Dezember 1966 abgaben (S. 40) und in der sie behaupteten,”für einen philosophischen Geist”hätten die für die Christologie (katholische Theologie Christi) entscheidend wichtigen Wörter”Person”und”Natur”ihren Sinn seit der Zeit von Boethius (der die Definition von”Person”festlegte) und Thomas von Aquin (der den wahren Sinn von”Natur”festgestellt hat) geändert. In anderen Worten, für die französischen Bischöfe hat die moderne Philosophie die klassische Philosophie der Kirche, die eng in die unveränderliche Doktrin der Kirche eingewoben ist, hinter sich gelassen, so dass der Thomismus ihrer Ansicht nach”für einen philosophischen Geist”überholt ist und über Bord geworfen werden muss.

Doch in einer Kirche, deren Doktrin stets dem entsprach, was sich in einer ausserhalb des Geistes stehenden Realität niemals verändert, ist diese Perspektive der französischen Bischöfe absolut revolutionär. Sie kann, wie Madiran (S. 43) unterstreicht, lediglich bedeuten, dass sie die kopernikanische Revolution akzeptieren, die Immanuel Kant (1724–1804) in der Philosophie vollzog, indem er postulierte, die”Realität”liege nicht ausserhalb, sondern innerhalb des Geistes. Allerdings besteht ausserhalb der Kant’schen Philosophie keine Verpflichtung, diese Internalisierung der Realität zu akzeptieren (S. 45, 46). Nur wer von den Kant’schen Prämissen ausgeht, gelangt zu solch realitätsfremden Schlussfolgerungen. Indem sie Kant moralisch über Thomas von Aquin stellten, bewiesen die französischen Bischöfe de facto ihre implizite Apostasie (S. 50) und ihre antinatürliche Religion. Sie erklärten damit ihre Unabhängigkeit von Gottes Wahrheit, ihre Verwerfung von Gottes Realität und der Ordnung, die Er der Natur eingepflanzt hat (S. 60–63).

Madiran schliesst seinen Teil I mit folgender Feststellung ab: Während der Thomismus der menschlichen Erfahrung aller Zeiten und Orte entspricht (S. 66), hat der Kantianismus den Geist der französischen Bischöfe in die Irre geführt, wie das moderne Zeitalter, um dessen Wohlgefallen die Bischöfe sich so sehr bemühen (S. 67).

Kyrie eleison.

Immer Noch Berufungen?

Immer Noch Berufungen? on Oktober 10, 2020

Können jüngere oder ältere Seelen inmitten all der Heimsuchungen, unter denen die katholische Kirche zu leiden hat, immer noch dazu berufen werden, Gott in einem Seminar, einer Abtei, einem Männer- oder Frauenkloster zu dienen? Die Antwort kann nur ja lauten, weil es eine Tatsache ist, dass Gott immer noch Seelen zum Dienst an Ihm aufruft, und”eineTatsache stärker ist als der Bürgermeister». Andererseits müssen die Vorsteher von Seminaren oder Gotteshäusern zwei Faktoren Rechnung tragen, die durch die heutige Lage der Kirche bedingt sind und sie dazu bewegen sollten, vorsichtiger denn je nachzuprüfen, wer wirklich berufen und es deshalb wert ist, unter ihrem Dach aufgenommen zu werden. Der erste Faktor ist die stetig zunehmende Unreife der Seelen, die in der modernen Welt aufwachsen, der zweite die ebenfalls unablässig wachsende Unzuverlässigkeit der Kirchenführer.

Rufen wir uns zu Beginn in Erinnerung, dass die katholische Kirche direkt von Jesus Christus kommt, der sie bis zum Ende der Welt bewahren wird (Matthäus XXVIII, 20), ja bis in alle Ewigkeit. Er verfügt mit dem Vater und dem Heiligen Geist über mehr als genügend Macht, um ihr alle Mittel zur Verfügung zu stellen, welche für ihr Überleben notwendig sind. Nun gehören zu diesen Mitteln zwangsläufig ein Klerus, Bischöfe und Priester, und zwar in einer bestimmten Hierarchie, um jene Sakramente zu gewährleisten, dank denen allein die Mitglieder der Kirche deren übernatürlicher Gnade teilhaftig werden. Deshalb wird Unser Herr den Menschen bis zum Ende der Welt stets genügend Berufungen schenken, um sicherzustellen, dass die Kirche die Männer bekommt, die sie als Geistliche braucht. Was die Frauen betrifft, deren natürliche, gottgegebene Bestimmung es ist, die”Helferinnen”des Mannes zu sein (Genesis II, 18), so sollen sie keine Priesterinnen werden; die Kirche benötigt sie auch nicht als solche, aber dank den Gaben, die Gott ihnen, und nicht den Männern, verleiht, können sie der Kirche dermassenun schätzbare Dienste erweisen, dass man sich die Kirche nicht ohne weibliche Berufungen vorstellen kann. Wo wäre das Apostolat der Kirche beispielsweise ohne die Gebete von Schwestern, Grossmüttern etc.?

Doch Gott ist Gott, und Seine Wege sind für die Menschen unerforschlich. Man lese den Schluss von Römer XI, das ganze Buch Hiob, insbesondere die Kapitel XXXVIII bis XLI. Gott reicht weit über das menschliche Fassungsvermögen hinaus, und mittels der Fehlbarkeit der letzten sechs Päpste einschliesslich des jetzigen auferlegt er katholischen Seelen bereit schwerere Prüfungen, als viele von ihnen ertragen können. Sie müssen das Buch Hiob lesen. Und der Allmächtige hält noch weitaus schwerere Prüfungen für uns bereit. Unsere Liebe Frau hat uns gesagt, dass Feuer vom Himmel fallen und einen grossen Teil der Menschheit vernichten wird, und wenn sie nicht weitaus weniger sündigen als zuvor, wird es keine Vergebung mehr für sie geben – eine Weissagung, die man seit kurzem leichter versteht, wenn man bedenkt, wie viele Prälaten aus Furcht vor dem Covid-Betrug ihre eigenen Beichtstühle geschlossen haben. Lasst uns beten und erwirken, dass Unser Herr Arbeiter in SeinenWeinberg senden möge, aber nehmen wir davon Abstand, Ihm sagen zu wollen, wie viele Er braucht. Nur Er weiss das.

Unterdessen müssen wir Menschenkinder bekennen, dass wir – wie oben betont – Ihm wenigstens zwei ernsthafte Hindernisse in den Weg legen, wenn Er Seelen dazu beruft, Ihm zu dienen. Das erste Hindernis ist die Unreife von Seelen, die ein modernes Leben führen. Wenn es etwas gibt, was einen Jungen oder ein Mädchen so aufwachsen lässt, dass er oder sie fähig ist, die Disziplin des religiösen Lebens oder die Härten des Ehelebens zu ertragen, dann ist es das Leiden, doch ist heute nicht die Illusion allgegenwärtig, dass für das Leiden irgendein anderer verantwortlich gemacht werden kann, oder dass es sich vermeiden lässt, oder dass man es nicht zu erdulden braucht? Auch wird der Charakter von Kindern nicht geformt, wenn die Eltern immer weniger wissen, wie sie sie erziehen sollen. Die Verantwortlichkeit kann auch Jugendliche reifer machen, aber ist es nicht so, dass sie immer weniger verantworten müssen? Man dürfte sagen, heute in Städten oder Vororten zu wohnen ist kaum für Berufungen günstig.

Das zweite Hindernis besteht darin, dass die Unordnung in der Kirche Berufungen ebenfalls behindert.Solange die Kirche trotz aller menschlichen Fehler ein Felsen war, so dass durch all die Jahrhunderte kein Feind ihre Lehre oder ihre Struktur zu erschüttern vermochte, konnte ihr ein junger Mensch sein Leben bedenkenlos anvertrauen, indem er gewiss war, dass mehrere Stufen von Vorgesetzten ihres Amtes auf der Grundlage der objektiven Wahrheit und der allgemeinen Gerechtigkeit walten würden. Doch wie kann man, seitdem Vatikan II die Doktrin der Kirche und die Grundlage, auf der sie operiert, geändert hat, noch sicher sein, dass ein objektiver und stabiler Rahmen existiert, innerhalb dessen man den Rest seines Lebens führen kann? Eine wichtige Lehre aus der Kirchenkrise lautet, dass die katholische Kirche ohne den Papst kaum mehr ausrichten kann als eine Handpuppe ohne den Puppenspieler – sie wird zu einem losen Haufen von Fäden und zu Stücken von buntem Holz. Natürlich kann und wird Gott für das Wohl Seiner Kirche sorgen, aber wir dürfen kaum erwarten, dass morgen noch so viele Berufungen erfolgen werden wie vorgestern.

Kyrie eleison.

Madirans Vorwort

Madirans Vorwort on Oktober 3, 2020

Jean Madiran leitet das Vorwort zu seinem Buch über die Häresie des 20. Jahrhunderts mit der kühnen Aussage ein, dass die Verantwortung für diese Häresie eindeutig bei den katholischen Bischöfen liege (S. 17 in der Neuauflage des Buchs, via.romana@yahoo.fr). Da er sich bewusst war, dass man ihm als Laien die Befugnis absprechen würde, sich zu diesem Thema zu äussern, hielt er trotzig fest, als getaufter Katholik brauche er nicht um ein Mandat zur Verteidigung des Glaubens zu bitten und kein solches zu erhalten, wenn die Hirten – oder Bischöfe – zu Wölfen geworden waren oder zu Häretikern, die den Glauben zerstörten (S. 28).

Madiran nimmt (auf S. 26) eine entscheidend wichtige Unterscheidung vor, welche die These seines gesamten Buchs in sich birgt. Im engen Sinn des Wortes bedeutet”Häresie” die bewusste Leugnung dessen, von dem man weiss, dass es ein klar festgelegter Grundsatz des Glaubens ist. Doch im weiteren Sinn bedeutet sie die Annahme einer allgemeinen Denkweise, die dem Glauben radikal fremd ist. Jene Art von Häresie, die er in seinem Werk anprangern wird, gehört der zweiten Kategorie an und geht weit über den Widerspruch gegenüber dem einen oder anderen Glaubensgrundsatz hinaus.”Die Häresie des 20. Jahrhunderts», meint er, finde sich vielmehr”in der Nacht, in der Leere, im Nichts». 

Und wie haben die französischen Bischöfe diese Leere geschaffen? Madiran schreibt (S. 20), sie hätten schon seit mehr als hundert Jahren, bis zurück in die Mitte des 19. Jahrhunderts, die Lehre Roms – welches damals das wahrhaft katholische Rom Pius’ IX. und des Syllabus war – nicht mehr in reiner Form vertreten, weil ihre ganze Mentalität sich Schritt für Schritt von Rom entfernt habe (S. 21). Sie wachten zwar über die katholische Disziplin, aber ohne Überzeugung; sie pflegten katholischen Gehorsam, ohne den Grund dieses Gehorsams zu begreifen. 

Madiran stellt hier die Essenz der präkonziliaren Kirche mit einigen wenigen Worten bloss: Sie untersteht dem Einfluss der modernen Welt und verliert den katholischen Glauben nach und nach, mit dem Ergebnis, dass eine Kirche entsteht, wo der Schein immer noch gewahrt wird, die Substanz hinter dem Schein jedoch zusehends schwindet. Wie die wahre Kirche dieser neuen Revolution Widerstand zu leisten hatte, legten antiliberale Päpste – insbesondere Pius IX., Leo XIII. und Pius X. – in ihrer Soziallehre dar, doch von ihren sozialen Rundbriefen, meint Madiran, hätten die Bischöfe in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts so gut wie nichts mehr gewusst (S. 23).

Noch schwerwiegender war für Madiran ein Punkt, der Teil VI seines Buchs prägen wird: Die Häresie des 20. Jahrhunderts, derer sich diese Bischöfe schuldig machten, bestand in ihrer allumfassenden glaubenslosen Mentalität, die in Abrede stellte, dass es so etwas wie das Naturrecht überhaupt gibt (S. 24). Von der modernen Welt magnetisch angezogen, vom Liberalismus infiziert, waren sie dem guten Rom schon seit langem geistig entfremdet und verwarfen seine Soziallehre, aber in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts wiederholten sie immer noch mechanisch gewisse Formeln des alten Katechismus. Nichtsdestoweniger war in ihren Herzen jeder Sinn für das Naturrecht verloren gegangen, und dies bedeutete, dass sie in den Jahren unmittelbar nach dem Konzil bereit waren, den Katechismus und die Dogmen anzutasten, die sie bis dahin äusserlich intakt gelassen hatten. Somit lief ihre Meinungsverschiedenheit mit Rom bezüglich der Soziallehre auf eine völlige Umgestaltung der christlichen Religion hinaus, unter der die ganze Kirche nach dem Konzil zu leiden hatte (S. 25).

Wenn es nämlich kein Naturrecht oder keine rationale Ordnung gibt, die von Gott in die ganze Schöpfung um uns herum eingebettet ist, muss jede Form von Vernunft und Glauben Schiffbruch erleiden, und auch wenn die Formeln des Evangeliums und die dogmatischen Definitionen noch eine Zeitlang korrekt rezitiert und wiederholt werden mögen, ist ihre Substanz bereits verloren gegangen, und die ganze Religion ist völlig untergraben worden. Bischöfe, die nichts vom Naturrecht wissen oder wissen wollen, haben keinen Zugang zum Evangelium oder dogmatischen Definitionen mehr. Sie können nichts mehr bewahren oder weitergeben (S. 26). Sie sind reif für einen massiven Linksrutsch, für die Ersatzreligion der Moderne, bei der es sich um den Kommunismus handelt (S. 26).

Zum Abschluss seines Vorworts verweist Madiran auf einen Landsmann, der diese Dekadenz des Klerus schon vor dem Ersten Weltkrieg voraussah. Charles Péguy (1873–1914) schrieb anno 1909, der Klerus zerstöre das Christentum nachhaltig, indem er von ihm verlange, mit dem Zeitgeist Schritt zu halten (S. 30). Weil sie ihren Glauben selbst verloren hatten, nahmen diese Kleriker sein Verschwinden als etwas Natürliches hin (S. 32).

Kyrie eleison.                                                                                                                                        

Die Umbettung Des Erzbischofs

Die Umbettung Des Erzbischofs on September 26, 2020

Am 24. September, also vor zwei Tagen, wurden die sterblichen Überreste von Erzbischof Lefebvre aus dem Grabgewölbe beim Seminar von Écône, wo sie seit seinem Tod im Jahre 1991 bestattet gewesen waren, in einen grossartigen Sarkophag in der Krypta unter der Seminarkapelle überführt, die eigens als ihre letzte Ruhestätte vorbereitet worden war. Dem Erzbischof, diesem grössten Gottesmann und grössten katholischen Glaubenshelden der Neuzeit, ein so majestätisches Grab zu errichten, war nur recht und billig. Schliesslich hat er fast allein die katholische Doktrin, die katholischen Sakramente und die katholische Priesterschaft von ihrer Korruption und Zerstörung durch moderne Menschen gerettet, die an sie nicht mehr so glaubten, wenigstens so, wie sie von der treuen katholischen Kirche fast zweitausend Jahre lang bewahrt und weitergegeben worden waren.

Und man darf sagen, dass nach Erzbischof Lefebvres Tod seine Nachfolger sein Werk mehr oder weniger getreulich weitere 20 Jahre lang weitergeführt haben, doch dass die Priesterbruderschaft St. Pius X. anno 2012 einen Kurswechsel vollzog, der viele Seelen dazu bewog, von einer Neubruderschaft zu reden, ungefähr so wie die Veränderungen in der Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) zahlreiche Katholiken dazu bewogen haben, von einer Neukirche zu sprechen, so radikal waren diese Veränderungen. Leider spiegelte die Zeremonie der Umbettung der sterblichen Überreste des Erzbischofs diese Übergabe seines Werks von der Bruderschaft ab die Neubruderschaft wider, weil sie nicht vom gegenwärtigen Generaloberen Pater David Pagliarini vollzogen wurde, sondern von seinem Vorgänger, jenem Mann also, der die Hauptverantwortung für den Übergang von der Bruderschaft zur Neubruderschaft trägt. Dass Pater Pagliarinis Vorgänger die Aufgabe anvertraut wurde, eine dermassen herausragende Zeremonie zu Ehren des Gründers der Bruderschaft zu leiten, ist weder ein gutes Omen noch ein Zufall. Es erinnert uns an folgenden Ausspruch unseres Herrn (Matthäus 23; 29–30)):

Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr den Propheten Grabmäler baut und schmückt die Gräber der Gerechten und sprecht: Hätten wir zu Zeiten unserer Väter gelebt, so wären wir nicht mit ihnen schuldig geworden am Blut der Propheten!

Es mag sehr wohl so sein, dass die weltweite Heuchelei einer Welt, die Unseren Herrn von sich weist, heute dermassen tief verwurzelt ist, dass viele Seelen, die vor zwei Tagen an der Zeremonie teilnahmen, durchaus keine bewussten Heuchler waren – Gott allein weiss es – und nicht so hart zu verurteilen sind wie Unser Herr jene verurteilte, von denen Er wusste, dass sie drauf und dran waren, Ihn zu kreuzigen. Denn des Erzbischofs Nachfolger, welche seine Bruderschaft auf Abwege führten, waren wahrhaft sehr geschickt bei der Täuschung vieler Katholiken, die dem Erzbischof in seinem”Ungehorsam”gegenüber den herrschenden Führern der Kirche getreulich gefolgt waren. Nichtsdestoweniger ist die Parallele, objektiv gesprochen, eindeutig. 

Die Pharisäer errichteten Denkmäler zu Ehren der Propheten, die sie, wären sie deren Zeitgenossen gewesen, getötet hätten. Die Neubruderschaft errichtete einen Sarkophag zu Ehren ihres Begründers, während sie selbst Freundschaft mit den Pachamama-Verehrern schloss, die er selber schon damals verabscheute. 

Den Pharisäern versprach Unser Herr, Boten zu entsenden, um ihre Untreue anzuprangern, doch diese töteten die Boten gleichfalls. Der Neukirche und der Neubruderschaft sendet er einen Erzbischof Viganò, um sie an ihre Untreue zu erinnern. Die Neukirche würde ihn am liebsten töten. Die Neubruderschaft ignoriert ihn nach Kräften. 

Die Pharisäer wurden von Unserem Herrn vor den schwerwiegenden Folgen ihrer Untreue gewarnt. In der Tat wurde Jerusalem im Jahre 70 in Grund und Boden zerstört. Was die Neubruderschaft betrifft, so hat diese des Erzbischofs Werk so nachhaltig untergraben, dass es seine Wirkung nicht mehr entfalten kann: Schliesslich kann das von ihm geflochtene weltweite Netzwerk des Glaubens kaum ohne neue Bischöfe überleben, um diesen Glauben aufrechtzuerhalten, aber mit ihrer Weigerung, neue Bischöfe ohne die Genehmigung der Pachamamisten zu weihen, blockiert die Neubruderschaft die Weihung von Bischöfen, die den Glauben Erzbischof Lefevbres am Leben halten und weitergeben würden, denn solche Bischöfe werden bei den Pachamamisten nie und nimmer Gnade finden.

Kurzum, die Mitglieder der Neubruderschaft haben es zugelassen, dass Pater Pagliarinis Vorgänger die Verherrlichung des Begründers der Bruderschaft leitete, obwohl sich dieser Vorgänger schlauer denn jeder andere bemüht hat, das Werk des Erzbischofs zu begraben. Sind sich diese Prieter bewusst, dass sie riskieren, der Wandlung eines Werks für Helden in ein Laufgitter für Neupharisäer beizutragen?