Notwendige Unterscheidung
Notwendige Unterscheidung on Dezember 13, 2014
Wenn ich Leberkrebs habe, so wird er mich zwar umbringen, allerdings muß ich dann nicht notwendigerweise auch Lungenkrebs haben (vergleiche EC-Ausgabe vom 29. November). Dieser Grundsatz ist auf gewisse Weise ärgerlich, denn er verlangt von uns zu unterscheiden, anstatt in bloße Verurteilungen uns zu stürzen. Doch dieses Unterscheidungsvermögen entspricht dem gesunden Menschenverstand und der Wirklichkeit. Also sollten wir in der heutigen Zeit der universellen Verwirrung, um Bodenhaftung zu bewahren, zu gegebener Zeit beachten, daß eine Mischung aus Gutem und Schlechtem zwar als Ganzes gesehen schlecht ist, dies jedoch weder bedeutet, daß die guten Anteile einzeln betrachtet schlecht seien, noch daß das Gute der guten Anteile auch gleich das Ganze gut machte.
Nehmen wir beispielsweise die Neue Messe (Novus Ordo Missae). Dieser neue Meßritus als Ganzes genommen verringert den Ausdruck wesentlicher katholischer Wahrheiten (die Realpräsenz, das Meßopfer, das opfernde Priestertum, uam.) so sehr, daß er als Ganzes sehr schlecht ist und somit kein Priester ihn benutzen und kein Katholik ihm beiwohnen sollte. Doch bedeutet dies nicht, daß jener Teil der Messe, welcher die sakramentale Form der Konsekration des Brotes und des Weines ist, auch schlecht oder ungültig sei. Die Form „Dies ist mein Leib“ ist gewiß gültig, und „Dies ist der Kelch meines Blutes“ ist wahrscheinlich gültig, und wenn sie nicht hinreicht, so ist das sicherlich nicht, weil der neue Ritus als Ganzes so unkatholisch ist. Wenn ich also sage, daß die neue Messe stets gemieden werden muß, so sage ich die Wahrheit; sage ich hingegen, daß sie stets ungültig ist, so sage ich nicht die Wahrheit und muß für diese Übertreibung früher oder später bezahlen.
Ähnlich ist es mit dem neuen Ritus der Priesterweihe. Der neue Weiheritus als Ganzes vermindert massiv wesentliche Wahrheiten des katholischen Priestertums, insbesondere seinen Opfercharakter. Doch jener Teil des neuen Weiheritus, welcher die sakramentale Form ist, ist eher sogar stärker – jedenfalls in der neuen lateinischen Fassung (durch das „et“ anstatt des „ut“) – als die alte lateinische Fassung. Unter der Voraussetzung, daß der weihende Bischof ein echter Bischof ist und die echte sakramentale Intention hat, können wir daher nicht sagen, daß jeder im neuen Weiheritus geweihte Priester überhaupt kein echter Priester sein könne. Wer so etwas behauptet, wird unter seiner Abkehr von der Wahrheit früher oder später leiden müssen.
Nun können wir also wegen der Ent-Katholisierung dieser zwei neuen Riten als Ganzes gesehen nicht argumentieren, daß ihre sakramentalen Formen ungültig seien, doch können wir wohl behaupten, daß sie schlußendlich die sakramentale Intention des Priesters bzw. Bischofs unterwandern und somit ungültig machen werden. Doch ist das ein anderes Argument, welches nicht mehr schwarz und weiß, sondern leider grau daherkommt. Denn die dauerhafte Benutzung von ent-katholisierenden Riten wird langsam aber sicher die Vorstellung des Priesters bzw. Bischofs ändern im Hinblick darauf, was die Kirche mit diesen Riten tut, so daß er schlußendlich nicht mehr länger die katholische Intention besitzt, das zu tun, was die Kirche tut – Intention, die doch notwendig ist für die Gültigkeit der Sakramente. Anders formuliert wandelt das Weiß nur stufenweise über Grau sich ins Schwarze. Aber wer außer Gott kann wissen, wann genau das Grau zu Schwarz wird? Wir Menschen müssen aufpassen, um die Wahrheit zu erkennen und zu wissen.
Dieses Spiel zwischen Schwarz und Weiß, diese Doppeldeutigkeit, in der konziliaren Reform der sakramentalen Riten ist wahrhaft teuflisch. Wenn wir die Wahrheit sagen wollen, so können wir also noch nicht behaupten, daß diese neuen Riten die katholischen Sakramente vollständig zerstört haben, doch sie unterlaufen sie mit Sicherheit; und wenn ich also den katholischen Glauben bewahren möchte, so werde ich diese Riten als Ganzes gewiß meiden.
Kyrie eleison.