Modernismus

Wie Unterscheiden? – I

Wie Unterscheiden? – I on November 18, 2017

Ein junger Mann mit rechtschaffenem Sinn hat uns eine gute Frage über die Krise innerhalb der Kirche und eine weitere gute Frage über die Krise innerhalb der Priesterbruderschaft St. Pius X gestellt. Seine erste Frage formuliert Josef wie folgt:

Einerseits war die Konzilskrise nur eine von vielen Krisen, welche die Kirche neulich heimsuchten, wie der Protestantismus, der Liberalismus und verschiedene Revolutionen, wozu noch zwei Weltkriege kamen; deshalb vermochten Irrtümer, die vor Vatikan II von der Kirche klar verurteilt worden waren, beim Konzil zu triumphieren. Und nach dem Konzil wurden dessen Neuerungen von klassischen Feinden der Kirche wie Freimaurern und Sozialisten mit Beifall aufgenommen, während der missionarische Geist der Kirche eindeutig erloschen ist.

Andererseits sind die Ideen des Konzils das Werk hochintelligenter und anscheinend katholischer Prälaten, und man kann nicht ständig geltend machen, der Papst sei gar nicht Papst, oder die meisten modernistischen Bischöfe seien ungültig geweiht. Kann man also sagen, dass die Konzilskrise auch Grauzonen umfasst, die es immer noch schwer machen, klar zu sehen? Und wenn wir noch keine gesicherten Schlüsse ziehen können, können wir dann ganz sicher sein, dass wir am wahren Glauben festhalten?

Die beste Antwort auf diese Frage erteilt Unser Herr selbst, der in der Bergpredigt (Matthäus VII, 15–20) sagt:”An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.” Offensichtlich wusste Unser Herr, dass Seine Kirche ständigen Angriffen ausgesetzt sein und dass der Teufel rastlos versuchen würde, im Geist Seiner Amtsbehörden Verwirrung zu stiften. Die Verwirrung, die auf Vatikan II folgte, unterscheidet sich ihrer Art nach nicht von früheren Krisen in der Kirchengeschichte, aber der grosse Abfall der Prälaten bei Vatikan II macht diese Verwirrung ihrem Umfang nach beispiellos – nie zuvor war die Masse der katholischen Hirten und deshalb auch die katholische Herde dermassen verloren gewesen.

Dennoch: Will man einen Ausweg aus der Verwirrung finden, gilt immer noch das unfehlbare Prinzip: Taten sprechen lautet als Worte, und die Früchte der Taten eines Menschen lassen am sichersten erkennen, wer er ist und was er wirklich beabsichtigt. Besonders im Fall des Modernismus kann ein Mensch sich selbst darüber belügen, was er will oder beabsichtigt, weil niemand der Realität dermassen entrückt ist wie ein Modernist.”Das Ende der Welt wird durch Menschen geprägt sein, die Böses tun, während sie wähnen, Gutes zu tun”, sagte Pater Frederick Faber im 19. Jahrhundert. Im 21. Jahrhundert befinden wir uns in der verhängnisvollen Endphase dieses jahrhundertelangen Prozesses, bei dem die Menschheit, die glaubt, Gottes nicht mehr zu bedürfen, sich selbst belügt. Würde Gott Seine Schafe denn wirklich schutzlos solch beispiellos gefährlichen Wölfen im Schafspelz ausliefern, wie es die Modernisten sind? Nein, weil jedermann dazu fähig ist, einen Menschen an den Früchten seiner Taten zu erkennen, sofern er über ein Minimum an gesundem Verstand und einen ehrlichen Willen verfügt.

Ziehen wir hieraus die sich aufdrängenden Schlüsse. Sie, Josef, stellen fest, dass die heutigen kirchlichen Autoritäten hochintelligente Männer und anscheinend katholisch sind, und folgern hieraus durchaus logisch, dass sie legitime Autoritäten der Kirche sind, denn obwohl Sie wissen, dass die Früchte ihrer Taten so wenig katholisch sind, dass gar mancher Katholik ihnen jede Legitimität abspricht, fragen Sie sich, wer denn sonst bevollmächtigt sei, für die Universale Kirche zu sprechen und zu handeln. Zugleich stellen Sie jedoch fest, dass die Ideen jener Männer mit schwerwiegenden antikatholischen Irrtümern früherer Zeiten übereinstimmen, und dass die klassischen Feinde der Kirche wie die Freimaurer ihnen jetzt Beifall spenden. Argumente finden sich auf der einen wie auf der anderen Seite. Zweifel und Schatten. Wie entrinnt man diese Konfusion?

Die Antwort liegt in Ihrer weiteren Feststellung, dass seit Vatikan II der missionarische Geist in der Kirche erloschen ist. Dies sind die Früchte des Konzils. Es predigte die Ökumene ( Unitatis Redintegratio ) , die Glaubensfreiheit ( Dignitas Humanae ) sowie die relative Annehmbarkeit falscher Religionen wie des Hinduismus, des Islam und des Judentums ( Nostra Aetate ) – wie konnte der katholische missionarische Geist da nach dem Konzil nicht erlöschen? Und sind nach Vatikan II nicht zahllose Klöster, Seminare, Nonnenklöster, Diözesen und Gemeinden verödet, so dass sie geschlossen werden mussten? Wurden doch irgendwo neue Diözesen eröffnet? Ja, unter der Führung des weltweit einzigen Bischofs, der das Konzil und alle seine Werke von Anfang an offen zurückwies, Erzbischof Lefebvre. Dies waren eben jene Früchte eben jener katholischen Prinzipien, die Vatikan II zum Trotz getreulich in die Praxis umgesetzt worden sind. Nach weiteren Antworten auf Ihre Fragen brauchen Sie, Josef, nicht zu suchen.

Kyrie eleison.

Weihen Vollzogen

Weihen Vollzogen on Mai 20, 2017

Zweifellos haben die Gebete unserer Leser dazu beigetragen, dass die beiden Weihen, diejenige von Bischof Zendejas und diejenige Russlands, am 11. bzw. 12. Mai in Vienna, Virginia, USA, erfolgreich vollzogen werden konnten. Am 11. Mai war das Wetter nicht gut; es regnete in Strömen, doch das unter freiem Himmel aufgestellte Zelt war wasserdicht und konnte die rund 500 Menschen, die aus vielen Teilen der USA und in einigen Fällen sogar von noch weiter her eingetroffen waren, ohne weiteres aufnehmen. Etwas freundlicheres Wetter herrschte am 12. Mai, als der neue Bischof sein erstes Pontifikalamt zelebrierte und dabei Russland dem Unbefleckten Herzen Mariä weihte. Die Zahl der Teilnehmer war nur unwesentlich geringer als am Vortage.

Besonderer Dank wurde Pater Ronald Ringrose gezollt, dem tradtionalistischen Gemeindepriester von Vienna, im Garten von dessen Pfarrhaus die doppelte Weihe stattfand. Er hat die Gemeinde St. Athanasius, die nicht allzu weit von der Hauptstadt der USA entfernt liegt, mehr als 30 Jahre lang als Bastion der katholischen Tradition bewahrt – eine bemerkenswerte Leistung in dieser für die Katholische Kirche so schweren Zeit. „Ad multos annos“ sagt Mutter Kirche zu ihren ergebenen Dienern. Möge es Pater Ringrose vergönnt sein, noch viele Jahre lang wirken zu können!

Hinsichtlich des Zwecks und Ziels der beiden Weihen ist es erforderlich, Bescheidenheit zu wahren und sich zugleich mit der nötigen Klarheit auszudrücken. Seit Vatikan II (1962–1965), als die grosse Mehrheit der Kirchenmänner vor dem Liberalismus (dem Kult der Freiheit) und dem Modernismus (der Anpasung von Gottes Kirche an die gottlose moderne Welt) die Segel strich, befindet sich die Kirche in grosser Not. Anno 1970 begründete Erzbischof Lefebvre die Priesterbruderschaft St. Pius X., damit in der immer dunkler werdenden Amtskirche weiterhin ein Licht scheinen möge, aber seine Nachfolger an der Spitze der Bruderschaft tun, was sie können, um dieses Licht wieder erlöschen zu lassen. Vergleichen wir die

Weihe von Bischof Zendejas also mit einer Kerze, die in der immer tieferen Finsternis entzündet wird. Diese Kerze soll weder die Neukirche noch die Neubruderschaft retten oder bekehren können. Was kann sie dann erreichen? Sie kann zur Hilfe des immerwährenden Glaubens kommen, der das Herz der wahren Kirche und der wahren Bruderschaft ist.

Bischof Zendejas, der vor allem in den USA tätig ist, jedoch über keinerlei territoriale Jurisdiktion verfügt, wird sich doch um viele Seelen in den Vereinigten Staaten kümmern können, die den wahren Glauben besitzen und ihn behalten möchten. Falls die Flugzeuge in den nächsten trüben Jahren nicht mehr fliegen können, wird er doch überall in Nordamerika mit Auto oder Zug zugänglich sein. Als verhältnismässig junger Bischof, dessen Ordination mit Sicherheit gültig ist, wird er mit oder ohne Bedingungen konfirmieren und ordinieren können. Noch dazu, durch Gottes Gnade, ist er wenigstens heute noch vernünftig und geistig gesund. Lasst uns für ihn beten, dass er noch viele Jahre lang im Vollbesitz seiner geistigen Gesundheit bleiben möge, oder wenigstens bis ein wahrhaft katholischer Papst das Licht in der Kirche wieder entzünden wird. In diesem Augenblick wird Bischof Zendejas sein Bischofsamt dem katholischen Rom zurückgeben, damit der Papst nach freiem Ermessen darüber entscheiden kann. In der Zwischenzeit möge der neue Bischof eine Kerze in der Finsternis sein, ein Leuchtturm für jede Seele, welche die vollständige und unverfälschte Wahrheit sucht.

Was die Weihe Russlands betrifft, die von allen vier anwesenden Bischöfen am Vorabend des hundertsten Jahrestags der ersten der grossen Erscheinungen unserer Lieben Frau in Fatima zelebriert wurde, so wurde nicht im geringsten so getan, als könne ihre Weihe jene ersetzen, die der Papst und mit ihm alle Bischöfe der Welt dem Gebot unserer Lieben Frau zufolge zu vollziehen haben. Die vier Bischöfe vollzogen diesen Akt lediglich in der Hoffnung, wenn sie täten, was in ihren Kräften liegt, würden sie mit der Unterstützung aller Anwesenden dazu beitragen, vom Himmel die notwendige Gnade für den Papst zu erlangen, damit er die Weihe Russlands endlich vollzieht, wie es die Heilige Jungfrau schon vor so langer Zeit geboten hat. Diese Weihe wird letzten Endes stattfinden, weil Unser Herr dies im Jahre 1931 verkündet hat, und dann beginnt der Triumph des Unbefleckten Herzens, der so notwendig für das Heil der Welt ist und so lange verzögert wurde.

Kyrie eleison.

Langsamer Niedergang – II

Langsamer Niedergang – II on April 1, 2017

Wegen seiner Länge konnten wir den Brief des besorgten amerikanischen Katholiken in unserem letztwöchigen Eleison-Kommentar nicht vollumfänglich, sondern nur auszugsweise veröffentlichen und mussten viele interessante Dinge auslassen. Hier seien noch zwei weitere wertvolle Absätze nachgeliefert, in denen der Verfasser seine Gedanken zu der Traditionellen Schule und den Traditionellen Frauen äussert. Die zentrale Schlussfolgerung ist immer dieselbe: Wenn ich nicht so lebe, wie ich denke, werde ich zwangsläufig so denken, wie ich lebe. Nur Geduld! Gott verlangt von uns nicht das Unmögliche, aber andererseits erwartet er von uns, dass wir das Bestmögliche anstreben.

Vielleicht erzielt der Modernismus bei der Unterwanderung der Traditionalistischen Bewegung seine durchschlagendsten Erfolge auf dem Gebiet der Erziehung. Allerlei moderne Praktiken haben sich in ihre Schulen eingeschlichen, ohne dass sich jemand dessen gewahr zu werden scheint. Die modernistische pädagogische und psychologische Philosophie der fünfziger und sechziger Jahre wird in den Unterricht eingeschmuggelt, zusammen mit all den gängigen Schlagworten und Begleiterscheinungen. Altmodische Lehrer sind zum Problem geworden. Eine moderne Armee von Verwaltern, Spezialisten für Lehrpläne, Erziehungsexperten, Kinderpsychologen etc. hält jetzt das Heft in der Hand und verspricht wie üblich, alles besser zu machen, insbesondere in weltlichen Fragen wie Prüfungsergebnisse, Wahl des geeigneten College und lukrative Karrieren. Angeblich Traditionalistische Schulen werden staatlichen Schulen immer ähnlicher.

Die soziale Revolution, die sich unter den Kindern unserer Schulen täglich abspielt, beeinflusst besonders die Mädchen sehr nachhaltig. Es existiert ein virulenter Erregerstamm eines Traditionalistischen Feminismus. Viele haben das moderne Gift der Gleichheit und des Konkurrenzkampfes zwischen Frau und Mann in sich aufgenommen. Von Kindsbeinen an werden sie gegen die Männer aufgehetzt. Sie wollen mit ihnen konkurrieren und denken, sie könnten fast alles, was Männer können. Dem, was die Tradition über die Rolle der Frau sagt, schenken sie nur geringe oder gar keine Aufmerksamkeit. Sie bilden sich ein, dass sie auf jedem beliebigen Feld eine höchst erfolgreiche berufliche Karriere absolvieren und dennoch zugleich eine gute katholische Ehefrau und Mutter sein können. Der alte Spruch „Der Platz der Frau ist zu Hause“ wird in Traditionalistischen Kreisen nicht mehr beherzigt, sondern im Gegenteil offen verspottet. Das Schlimmste ist jedoch, dass unsere Mädchen dies nicht von der Welt, sondern von unseren eigenen Leuten zu hören bekommen. In unseren Schulen bekleiden zu viele Frauen wichtige Positionen, und es gibt zu viele Lehrerinnen. Dies ist eine revolutionäre Erscheinung und bietet ein denkbar schlechtes Vorbild für unsere Mädchen, das auch durch noch so viele Predigten nicht überwunden werden kann. Doch was hilft es einer Frau, sich sittsam zu kleiden, wenn sie sich in jeder anderen Hinsicht wie ein Mann benimmt, insbesondere auf sozialem, wirtschaftlichem und politischem Gebiet? Noch vor einigen Jahren hätten nicht nur Traditionalisten dies gewusst, aber heute wird es als Traditionell propagiert.

Was ist denn so falsch an der modernen Erziehung und ihren modernen Methoden? Antwort: Das Herz und die Seele wahrer Erziehung ist der katholische Glaube, was bedeutet, dass Erwachsene mit der Unterstützung der (wahren) Kirche ihre Autorität nutzen, um jungen Menschen durch direkten menschlichen Kontakt erstens beizubringen, wie man das Himmelreich erwirbt, und zweitens, wie man als Erwachsener ein gesundes Leben führt, das mit dem Wunsch, das Himmelreich zu erwerben, in Übereinstimmung steht. Wie viele „Verwalter, Spezialisten für Lehrpläne, Erziehungsexperten und Kinderpsychologen“ besitzen eigentlich praktische Erfahrung als Lehrer in unseren heutigen Klassenzimmern, geschweige denn den Glauben? Aufgrund des Mangels an Glauben sind die heutigen Klassenzimmer zu Dschungeln voll wilder Tiere geworden. Kein Wunder, dass die „Experten“ sie ängstlich meiden. Sie sind mit ihrem Latein am Ende und wissen nicht, wie sie es anstellen sollen, um die Kinder richtig zu erziehen.

Und was ist das Problem mit den modernen Frauen? Moderne Männer, die sie ausser Kontrolle geraten liessen. Gott schuf die Frau dem Manne untertan, noch vor dem Sündenfall. Was soll ein Mädchen also tun? Zum heiligen Josef und zur heiligen Anna – die beide wundervolle Ehepartner waren – beten, damit es einen Ehemann findet, den es achten kann. Gottes Arm wird durch die Verworfenheit der Menschen nicht verkürzt (siehe Jesaja LIX, 1). Und die Männer? Eure Frauen werden es sehr viel leichter finden, euch zu gehorchen, wenn ihr selbst Gott gehorcht (1. Korinther XI, 3).

Kyrie eleison.

Langsamer Niedergang – I

Langsamer Niedergang – I on März 25, 2017

Das hier angeführte Zeugnis eines gläubigen Katholiken aus den USA trifft gar manchen Nagel auf den Kopf:

Die Priesterbruderschaft St. Pius X. hat sich „ein neues Image verpasst“ und ist nicht mehr, was sie einst war. So wie die ursprüngliche Priesterbruderschaft zur Katholischen Kirche gehörte, gehört die Neubruderschaft zur Neukirche. Wer alt genug ist, um sich zu erinnern, dem kommt alles so vor wie eine Neuauflage von Vatikan II, nur noch schlimmer, weil es diesmal keine direkte Attacke auf die Doktrin und kein grosses Konzil gibt; stattdessen verbreitet sich die Revolution mittels eines langsamen, fast unmerklichen gesellschaftlichen Wandels.

Denn während der Anschein der Tradition noch aufrechterhalten wird, wird die traditionalistische Bewegung langsam von innen her verändert. Äusserlich und materiell scheint es um die Priesterbruderschaft besser bestellt zu sein denn je zuvor; es stehen ihr immer mehr Geld und immer mehr Gebäude zur Verfügung, doch innerlich und spirituell befindet sich die Bruderschaft in einem Prozess des langsamen Niedergangs, weil die Krankheit des Modernismus ihre Anhänger unmerklich infiziert. Eine Reihe von Symptomen weist darauf hin, dass sich der Modernismus innerhalb der Bruderschaft in gleicher Form offenbart wie früher in der Kirche; hiervon zeugen beispielsweise ihre jungen, glücksselig strahlenden Priester, die den „Friedenspriestern“ der sechziger und siebziger Jahre, wie der grosse Kardinal Mindszenty sie nannte, aufs Haar gleichen. Viele von ihnen leiden an Verweichlichung – im Gegensatz zu den früheren Generationen von Priestern, jedoch genau wie manche der führenden Laien, die in Schulen der Neubruderschaft lehren.

Und so ist die Messe immer noch traditionell, doch die ganze Kultur um sie herum ist die des Novus Ordo. Die Traditionalisten wollen die alte Messe und die Sakramente bewahren und auch einen Teil der Moral aus dem Katechismus, aber zugleich wollen sie alles andere, was die moderne Welt anzubieten hat. Dies führt dazu, dass viele sogenannte traditionalistische Katholiken sich ausserhalb der Messe und der Sakramente kaum noch von ihren Mitmenschen unterscheiden, die sich der modernen Welt mit Haut und Haaren verschrieben haben. Wenn es um Scheidung, Ehenichtigkeitserklärung, „alleinstehende“ Mütter usf. geht, sind die Statistiken ein und dieselben. Falls die Traditionalisten mit der modernen Welt gehen wollen, können sie der wahren Religion nicht treu bleiben. Hier heisst es: Entweder – oder.

Tatsache ist, dass die traditionalistische Bewegung nun für die Welt geöffnet wird, damit sie gesellschaftlich akzeptabel und normal wird, und dass der Prozess der Modernisierung in vollem Gange ist, langsam, aber unerbittlich. Eine neue, junge Generation hält das Steuer in der Hand und ändert den Kurs. Die alten, verschrobenen, peinlich wirkenden Hardliner sind von der Bühne abgetreten, und die Tradition hat ein neues Image, ein neues, glückliches, freundliches Gesicht. Die Mainstream-Kirche hat vor fünfzig Jahren ihr „Aggiornamento,“ also ihre Anpassung an die heutigen Verhältnisse, vollzogen, und die Bruderschaft holt diesen Prozess in unseren Tagen nach. Die alte Generation, die so viele Schlachten ausfocht, um den Glauben unverfälscht zu bewahren, wird nun von einer neuen Generation abgelöst, die den Novus Ordo sowie die Geschichte seiner Entstehung niemals gekannt hat und nie für etwas kämpfen musste. Die heutigen jungen Traditionalisten sind in aller Regel in einer traditionalistischen Blase aufgewachsen und wissen viel zu wenig von dem gestrigen Krieg, vor dessen Hintergrund der heutige zu sehen ist. Vor dem Konzil bezeugte Bella Dodd, dass die Kirche von den Kommunisten unterwandert wurde. Sind wir ganz sicher, dass der traditionalistischen Bewegung gegenwärtig nicht dasselbe widerfährt?

Es war alles nur allzu leicht voraussehbar. Da die Bruderschaft nicht unfehlbar ist, macht sie nun dasselbe durch wie die Kirche vor fünfzig Jahren – Infiltration, Kompromisse, Zerfall und derselbe Prozess der Selbstzerstörung. Erzbischof Lefebvre hätte diesen radikalen Wandel sofort entdeckt, doch allzu viele Frösche im Topf der Bruderschaft haben noch nicht einmal gemerkt, wie heiss das Wasser inzwischen geworden ist. Der Erzbischof „reichte weiter, was er empfangen hatte,“ doch wie kann die neue Generation weiterreichen, was sie niemals empfangen hat? Deshalb hören wir jetzt, dass die „unvermeidliche Versöhnung“ bevorsteht. Die Priesterbruderschaft St. Pius X. wird als Teil der Neukirche akzeptiert werden und im Gegenzug die Neukirche akzeptieren müssen. Sie wird fortan nur noch eine der vielen Seitenkapellen im Pantheon der Neuen Weltordnung bilden. Und was die „Versöhnung“ betrifft – welche Seite hat der anderen nachgegeben? Ist die Konzilskirche etwa katholisch geworden? Mitnichten!

Nächste Woche wird derselbe Zeuge abermals zu Worte kommen.

Kyrie eleison.

Ein Märchen?

Ein Märchen? on Februar 4, 2017

Es war einmal ein junges Mädchen (die Priesterbruderschaft St. Pius X.), das von seinem Vater (Erzbischof Lefebvre) geradezu vorbildlich erzogen worden war. Er hatte seine Tochter eindringlich vor Don Juan (neomodernistischen Päpsten) gewarnt. Etliche Jahre lang war das Mädchen ernsthaft und verständig und zeigte Don Juan, der ihm den Hof machte, hartnäckig die kalte Schulter. Doch leider Gottes starb sein geliebter Vater eines Tages, und das Mädchen erbte sein Vermögen. Eine Zeitlang beherzigte es die Mahnungen seines verstorbenen Erzeugers. Von anderen verständigen Mädchen (den Antiliberalen von der Piusbruderschaft) umgeben, verwaltete es sein Vermögen auch weiterhin, indem es sich auf dem Landgut seines Vaters um Waisenkinder (traditionalistische Katholiken) kümmerte.

Doch die Zeit verging. Aus dem Mädchen war längs eine Frau geworden, und diese war bereits nicht mehr ganz jung und empfand wachsende Torschlusspanik. Sie befürchtete, beim Kratzen der Wolle und beim Stricken schon bald allein zu sein. Die arme Frau! Sie empfand solche Sehnsucht danach, geliebt zu werden und ihre eigenen, ehelichen Kinder zu haben (Traditionalisten, die von Rom anerkannt würden). Sie wollte mehr erreichen als nur karitative Tätigkeiten für Waisen zu verrichten. Ihr Leben langweilte sie. Sie wurde von ihren Nachbarn (Konservative und Traditionalisten, die zu Rom übergegangen sind) verlacht und beleidigt, die sie endlich unter der Haube sehen wollten.

In der Zwischenzeit hatte Don Juan seine bodenlose Niedertracht ständig neu unter Beweis gestellt; er hatte gar manches anständige Mädchen (Gemeinden, die zu Rom übergelaufen sind) in den Ruin getrieben und seiner Ehre beraubt, doch war er der Erbe der grössten Familie im Königreich und schmückte sich mit dem Titel des Vizekönigs (Stellvertreter Christi). Nachdem er den Charakter und die Tugend der Frau lange Zeit gründlich erforscht hatte, ersann er eine besonders perfide List, um sie zu verführen – er würde an ihre erhabensten Gefühle appellieren. So gab er jetzt zu, dass er durchaus nicht vollkommen war und sogar Fehler begangen hatte. Er fragte die Frau sogar, ob sie sich vielleicht treffen könnten, um in Ruhe über alle strittigen Fragen zu diskutieren. Sie nutzte diese Gelegenheit, um ihm ins Gesicht zu sagen, was sie von ihm und seinen Freunden hielt (Diskussionen der Jahre 2009–2011). Und während dieser gesamten Zeit (2006–2012) wiederholte sie, mitunter sogar in aller Öffentlichkeit, dass eine Heirat überhaupt nicht in Frage komme, falls er sein wüstes Treiben nicht aufrichtig bereue.

Und dann hatte Don Juan eine Glanzidee! Er sagte der Frau, sie sei ganz anders als alle anderen Mädchen, die er gekannt habe; ihr hartnäckiger Widerstand habe ihm die Augen geöffnet. Sie allein könne seine Wunden (die postkonziliären Katastrophen) heilen und ihn wieder auf den Pfad der Tugend zurückführen – für immer! Die Frau beschloss, ihre Freundinnen um Rat zu bitten, und lud sie alle auf das Landgut ihres Vaters ein (Écône, 2012). Zu ihrem Unglück hatte sie in der Zwischenzeit den aufgeweckten Mädchen, die ihr Vater ihr als Gefährtinnen ausgesucht hatte (einen Bischof und Priester des Widerstands) den Laufpass gegeben. Die von ihr selbst gewählten Freundinnen waren törichte Mädchen, die sich beim Gedanken, ihre Freundin werde sich vom Vizekönig in den Ehehafen führen lassen, vor Freude förmlich überschlugen. So taten sie ihr Bestes, um sie davon zu überzeugen, dass sie ihren künftigen Mann so gründlich bekehren konnte wie einst die Heilige Chlothide den Frankenkönig Chlodwig (Generalkapitel von 2012 und danach). Sie sagten ihr auch, Don Juans Wunsch nach ihrer Hilfe zeige, dass er bereits auf dem Weg zur Läuterung sei!

Unterdessen setzte Don Juan sein Verführungswerk fort, in dem er weiter Kontakte mit der Frau und ihren engsten Freundinnen pflegte und mit ihnen diskutierte. So kam es, dass sie den Tadel und die wiederholten Warnungen der klugen Mädchen, die nun in den Wäldern um das stattliche Landgut ihres Vaters hausten, in den Wind schlug; sie hatte sich endgültig entschieden! Sie glaubte, was Don Juan ihr weismachte! Sie schenkte den Argumenten der törichten Mädchen Gehör! Jawohl, sie, und nur sie allein, würde Don Juan vor sich selbst retten können! Wie hätte ihr lieber alter Vater ihr da seine Zustimmung verweigern können!

Die arme Frau! Sie vermochte die Wirklichkeit nicht mehr zu erkennen! Sie konnte nicht mehr sehen, dass der Vizekönig seinem Wesen nach zutiefst verdorben war und dass er deshalb sie selbst, alle ihre künftigen Kinder und sämtliche Waisen auf dem Landgut ihres Vaters unweigerlich mit sich ins Verderben reissen würde. Und die klugen Mädchen, die in den Wäldern rund um das Landgut, aus dem sie vertrieben worden waren, vor Kälte zitterten, weinten um den guten alten Vater, und ihr Schluchzen brach einem schier das Herz. Wenn er nur zurückkehren könnte! Oh Gott! Wehe uns! Doch die einzige Antwort auf ihre herzzerreissende Klage war das Rauschen des Winterwindes in den Bäumen. Es war Nacht . . .

Kyrie eleison.

Bischof Fellay – III

Bischof Fellay – III on August 20, 2016

Ein guter Freund las die beiden jüngsten Ausgaben dieser „Kommentare“ über die Denkweise des Generaloberen der Priesterbruderschaft St. Pius X., und wie sie jenen Oberen antreibt, unerbittlich sein Ziel einer lediglich praktischen Einigung mit den römischen Kirchenautoritäten zu verfolgen. Der Freund erinnerte nun daran, daß diese den Bischof antreibenden Vorstellungen bereits vor vier Jahren in seinem Brief vom 14. April 2012 dargestellt wurden, in welchem der Generalobere den drei übrigen Bruderschafts-Bischöfen antwortete, die ihn ernsthaft vor einer bloß praktischen Einigung mit Rom gewarnt hatten. Viele Leser dieser „Kommentare“ werden diese Warnung und die Antwort Bischof Fellays darauf entweder heute vergessen oder aber nie gekannt haben. Tatsächlich können wir aus diesem Briefaustausch viel herausziehen, woran zu erinnern es sich lohnt. Hier sind die beiden Briefe, wie gewöhnlich sehr grob zusammengefaßt und mit kurzen Kommentaren versehen:

Der Haupteinwand der drei Bischöfe gegen ein praktisches Übereinkommen mit Rom ohne gleichzeitige doktrinäre Einigung, war die Tiefe der lehrmäßigen Kluft zwischen dem konziliaren Rom und der traditionskatholischen Bruderschaft. Erzbischof Lefebvre sagte ein halbes Jahr vor seinem Tod, daß je mehr man die Dokumente und die Auswirkungen des Zweiten Vatikanischen Konzils untersucht, umso stärker man realisieren wird, daß das Problem nicht so sehr aus klassischen Irrtümern im speziellen bestehe, wie z.B. die Religionsfreiheit, die Kollegialität und der Ökumenismus, sondern aus einer „totalen Perversion des Verstandes“ im allgemeinen, welche den speziellen Irrtümern zugrundeliegt und von „einer ganz neuen auf dem Subjektivismus basierenden Philosophie“ ausgeht. Außerdem begegneten die drei Bischöfe dem Schlüsselargument Bischof Fellays, wonach die Römer der Priesterbruderschaft nicht mehr feindlich, sondern wohlwollend gesinnt seien, mit einem weiteren Zitat des Erzbischofs: ein solches Wohlwollen ist nur ein „Manöver,“ und nichts ist für „unsere Traditionalisten“ gefährlicher, als „in die Hände der konziliaren Bischöfe und des modernistischen Roms uns zu begeben.“ Die drei Bischöfe schlossen damit, daß ein lediglich praktisches Abkommen die Bruderschaft auseinanderreißen und zerstören werde.

Auf diesen tiefgründigen Einwand – so tief wie die Kluft zwischen dem Subjektivismus und der objektiven Wahrheit – antwortete Bischof Fellay (einfach im Weltnetz suchen nach Bischof Fellay 14. April 2012): 1) Die drei Bischöfe seien „zu menschlich und fatalistisch.“ 2) Die Kirche werde vom Heiligen Geist geleitet. 3) Hinter Roms echtem Wohlwollen gegenüber der Bruderschaft stehe Gottes Vorsehung. 4) Die Irrtümer des Konzils zu einer „Super-Häresie“ zu machen, sei eine unangemessene Übertreibung, 5) welche die Traditionalisten logischerweise in das Schisma führe. 6) Nicht alle Römer seien Modernisten, denn immer weniger von ihnen würden an das Zweite Vatikanum glauben, 7) bis zu dem Punkt, daß wenn der Erzbischof heute noch lebe, er nicht zögern würde zu akzeptieren, was der Priesterbruderschaft angeboten wird. 8) Es werde in der Kirche immer Weizen und Spreu geben, also sei die konziliare Spreu kein Grund, Abstand zu nehmen. 9) „O wie ich doch gewünscht hätte, mich bei meiner Suche nach Rat an Sie drei mich wenden zu können, doch jeder von Ihnen hat auf verschiedene Art und Weise es »fest und leidenschaftlich nicht geschafft, mich zu verstehen,« und Sie haben mir sogar öffentlich gedroht.“ 10) Den Glauben der Autorität entgegenzustellen sei „widersprüchlich zum priesterlichen Geist.“

Und schlußendlich sehr kurze Kommentare zu den Argumenten Bischof Fellays:

1) „Zu menschlich“? Wie der Erzbischof schon sagte, ist die fragliche Kluft eher philosophischer (natürlicher) denn theologischer (übernatürlicher) Art. „Zu fatalistisch“? Die drei Bischöfe waren eher realistisch als fatalistisch. 2) Werden die konziliaren Kirchenmänner beim Zerstören der Kirche vom Heiligen Geist geleitet? 3) Hinter Roms wirklichem Übelwollen steht sein fester Entschluß, den Widerstand der Priesterbruderschaft gegen die neue konziliare Religion aufzulösen – so wie bei so vielen traditionellen Kongregationen vor ihr! 4) Nur Subjektivisten ihrerseits können die Tiefe der Kluft zwischen dem Subjektivismus und der Wahrheit nicht ermessen. 5) An die Wahrheit sich klammernde, objektivistische Katholiken sind weit vom Schisma entfernt. 6) Die Freimaurer beherrschen Rom. Jegliche Nicht-Modernisten haben dort keine nennenswerte Macht. 7) Zu glauben, daß der Erzbischof die jetzigen Angebote Roms angenommen hätte, heißt, ihn komplett mißzuverstehen. Das Grundproblem ist seit seiner Zeit nur noch schlimmer geworden. 8) Bischof Fellays Löffel ist viel zu kurz, um mit den römischen – objektiv gesehen – Teufeln zu speisen. 9) Die drei Bischöfe verstanden Bischof Fellay nur allzu gut, doch wollte er nicht hören, was alle drei zu sagen hatten. Hält er sich für unfehlbar? 10) Der hl. Paulus hat gewiß sich vorstellen können, daß die Autorität dem Glauben entgegenstehen könnte – siehe Galater 1,8–9 sowie Galater 2,11. Fehlte dem hl. Paulus etwa auch der „priesterliche Geist“?

Kyrie eleison.

P.S. Weil unser deutscher Übersetzer wachsende Verpflichtungen hat, suchen wir jemanden, der ihn gerne ablösen möchte. Es ist eine spannende, oft aber auch anstrengende Arbeit.