Eleison Kommentare

Eiserne Ration

Eiserne Ration on Oktober 22, 2016

In militärischen Angelegenheiten ist es normal, daß sowohl die Generäle als auch die Soldaten eher den letzten ausgefochtenen Krieg im Kopf haben als den jetzigen. Wer konnte vor dem Ersten Weltkrieg sich einen Stellungskrieg vorstellen? Aber bereits im Zweiten Weltkrieg wurden durch den Einsatz der zwischen den Kriegen entwickelten Panzer die Schützengräben schon wieder überflüssig. Ähnlich ist es auch in religiösen Angelegenheiten. Das 21. ist nicht mehr das 20. Jahrhundert. Und so ist es heute gewiß töricht von den Katholiken des „Widerstands,“ auf etwas ähnliches zu hoffen wie den Aufbau und die Ausbreitung der Priesterbruderschaft St. Pius X. im letzten Jahrhundert. As Beispiel dafür formulierten zwei bewundernswerte heutige Widerständler, der Erste eine generelle und der Zweite eine eher spezielle Klage, welche jedoch beide nicht gerade weise erscheinen dürfen.

Die allgemeine Klage lautet, daß der „Widerstand“ eher auseinanderfällt, anstatt Fortschritte zu machen. Diese „Kommentare“ setzen das Wort „Widerstand“ oft in Anführungszeichen, eben genau um anzudeuten, daß der katholische Widerstand gegen die Konziliarisierung der Priesterbruderschaft kaum eine Form von Organisation ist, sondern mehr eine unbestimmte Bewegung mit einem bestimmten Ziel – namentlich den katholischen Glauben zu retten –, bislang aber noch ohne viele Struktur, um bei diesem Ziel voranzukommen. Doch mögen die Widerständler frohen Mutes sein, denn der Mensch denkt, aber Gott lenkt. Somit braucht etwas, was für uns wie ein menschliches Versagen aussieht, in den Augen des lieben Gottes nicht unbedingt ein Versagen zu sein.

Entsprechend beabsichtigte Erzbischof Lefebvre in den 1970er-Jahren, ein halbes Dutzend katholischer Bischöfe um sich zu scharen, um den Konziliaristen eine große Blockade in den Weg zu stellen. Doch Gott plante etwas anderes. Und so scheiterte der Erzbischof mit diesem Vorsatz, hatte jedoch Erfolg in dem Bestreben, ein weltweites Schatzhaus zur Bewahrung der Kirchenschätze in der Doktrin, in der Messe und im Priestertum aufzubauen. Auf ähnliche Weise gibt es heute Widerständler, welche einen Ersatz für die gefährdete Priesterbruderschaft aufbauen möchten, doch könnte ihr offensichtliche Schwäche (zumindest bisher) darauf hindeuten, daß ein solcher Ersatz nicht im Plane des allmächtigen Gottes liegt. Dennoch gewährleisten (zumindest bisher) diese Widerständler durch ihren Versuch das Überleben des katholischen Glaubens, was gewiß der göttlichen Vorsehung entspricht.

Die spezielle Klage lautet, daß, wenn der „Widerstand“ doch nur Schulen hätte, viele Eltern aus der Bruderschaft die Reihen des „Widerstands“ anschwellen ließen, was sie jetzt nicht tun können, weil ihre Kinder sonst sofort aus den Bruderschaftsschulen hinausgeworfen werden, für welche aber momentan keine angemessene Alternative vorhanden ist. Ich kann nur wiederholen, daß wir nicht im 20., sondern im 21. Jahrhundert für den Glauben kämpfen. Damals in den 1980er-Jahren gab es noch genügend gleichgesinnte katholische Eltern, Lehrer und Priester, um jenen Dreiecksrahmen zu formen, in welchem die Kinder geradlinig heranwachsen müssen. Doch heutzutage? Heute hört man von einer Bruderschafts-Knabenschule, welche in ernsten Schwierigkeiten gewesen sei wegen eines in ihren Wänden erfolgten Ausbruchs jener naturwidrigen Sünde, welche nach Vergeltung zum Himmel schreit. Doch welche Wand könnte Heranwachsende davon abhalten, über die Verherrlichung dieser naturwidrigen Sünde seitens ihrer erwachsenen Landsmänner zu lernen, und über das neu erfundene Wort „Homophobie,“ welches die Verurteilung dieser Sünde als neues „Laster“ verurteilt? Und seit wann sollen Jugendliche nicht ihre Erwachsenen nachahmen? Kann genau genommen noch jemand eine Knabenschule führen seit der Erfindung des Weltnetzes, wo jeder Knabe direkten Zugang hat mit Geräten so klein wie eine Hosentasche? Man muß sogar fragen, sind katholische Einrichtungen überhaupt noch möglich?

Im heutigen religiösen Krieg ist der Tagesbefehl gewiß die eiserne Ration, d.h. was dem Soldat unbedingt zum Überleben notwendig ist, in unserem Beispiel zum Bewahren des Glaubens. Dieser Krieg muß im familiären Heim gewonnen werden, sonst geht er verloren. Gott verleiht den Eltern zum Formen ihrer Kinder eine natürliche Macht, und diese Macht übersteigt – sagen wir, im Verhältnis 5:2 – jede Institution, welche die Kinder deformiert; allerdings wirkt das nur, wenn die Eltern ihre Macht auch ergreifen. Ein kleines Ruder vermag ein großes Schiff zu steuern – außer wenn der Steuermann das Ruder losläßt. Wenn also Eltern ihre Kinder loslassen, so brauchen sie doch kaum die Welt zu beschuldigen, daß sie ihre Kinder in die Hölle führe. Wenn Eltern erwarteten, daß die Bruderschaftsschulen ihre Kinder eher für die Welt denn für den Himmel qualifizieren, mag das dann nicht ein triftiger Grund sein, daß die Priesterbruderschaft ins Schleudern geraten ist?

Kyrie eleison.

Katholiken-Not

Katholiken-Not on Oktober 15, 2016

Eine Welt, welche immer stärker von Gott sich abwendet, zermürbt die Katholiken langsam aber sicher. Hier ein weiterer Aufschrei eines Lesers:

Ehrlich gesagt frage ich mich, wie angesichts der aktuellen Kirchensituation mit ihrem völligen Mangel an Hirten wir noch den Glauben hochhalten können. Einige Monate lang besuchten wir die Meßzentren der Priesterbruderschaft St. Pius X., und diese Monate führten den Wert der Tradition uns vor Augen. Wir untersuchten die Geschichte von Erzbischof Lefebvres Kampf und sahen, wie er gerade verraten wird. Über die Netzpräsenz „Non Possumus“ folgten wir dem sogenannten „Widerstand.“ Ein paar Monate lang wurden wir von Pater C. getäuscht, welcher von „Desistenz“ (Abstandnahme) anstatt „Resistenz“ spricht. Doch wurden wir aufgeklärt und verließen seine Gruppierung. Aber nun können wir nicht mehr zur Priesterbruderschaft gehen, weil sie darauf besteht, daß wir an bestimmten Ereignissen wie z.B. dem Ministrantentreffen usw. teilnehmen. Auch fordern sie Informationen über uns, und um an diese zu gelangen, schicken sie verheiratete und der Bruderschaft ganz ergebene Ehepaare zu uns. Dabei mußten wir uns anstrengen, nichts zu sagen, was uns vom Empfang der hl. Kommunion hätte ausschließen können, so wie es manchen Leuten bei der Bruderschaft widerfährt, weil sie gegen Papst Franziskus oder für den „Widerstand“ sind. Zur Zeit gehen wir zur katholischen Maronitischen Kirche, wo wenigstens die Wandlung gültig ist. Doch sind wir enttäuscht, beobachten zu müssen, wie sie das Zweite Vatikanische Konzil schlechthin annehmen und wie sie mich baten, meine Mädchen zum Altardienst gehen zu lassen. Als ich mich weigerte, sagten sie, „Wir sind alle Kinder Gottes“ und ähnliches, um der angeblichen Diskriminierung von Weibern im Altardienst vorzubeugen.

Nun weiß ich niemanden mehr, bei dem ich beichten könnte. Auch erlebe ich ein fortlaufendes Ringen am Arbeitsplatz, wo ich nie aufhöre, von Gott und von aktuellen Geschehnissen zu sprechen, obwohl die Schule, an welcher ich arbeite, säkular und säkularistisch ist, so daß alle Angestellten Staatsbeamte sind. Ihrem bischöflichen Rat folgend, wonach wir uns in den Schatten zurückziehen und auf den Abstieg in die Katakomben vorbereiten sollen, bin ich nun mit den sozialen Kontakten sehr vorsichtig, doch ist es schwer, alleine zu kämpfen. Wir sind jetzt in Kontakt getreten mit Leuten von T.F.P. (Tradition, Familie, Eigentum). Doch bin ich mir nicht sicher, wie es um deren Doktrin steht. Aber was können wir tun? Dieser ganze Kampf lastet schwer auf mir. In dieser Schule, wo ich arbeite, ist ein Professor nach meinem Wissen ein Freimaurer. Obwohl es eine Staatsschule ist, sind sie religiös, allerdings deistisch, d.h. ohne Christus. Was kann ich tun? In diesem Lande ist nichts mehr übrig, und wir sind mit unserer Weisheit am Ende.

Unter anderem habe ich ihm zurückgeschrieben, daß in einer Zeit wie heute, wo die Kirche zur Kreuzigung geschleppt wird, wir erst dann keine Splitter dieses Kreuzes mehr tragen müssen, wenn wir aufhören, katholisch zu sein. Doch offensichtlich will dieser Leser katholisch bleiben, um sich und seine Familie in den Himmel zu bringen, also sollte er nicht überrascht sein, an den Splittern des Kreuzes unseres Herrn zu leiden. Vielmehr braucht er erst dann unruhig zu werden, wenn er in der Welt um ihn herum sich behaglich fühlt.

Seinen Arbeitsplatz betreffend kann er nicht viel tun. Soziale Kontakte sollten mit Gebet, Nächstenliebe und gutem Beispiel gepflegt werden, weil wir menschliche Wesen „gesellige Tiere“ sind, doch sollten wir unsere begrenzte Energie und Mittel nicht verschwenden, z.B. Perlen vor die Säue werfen. Unser Herr sagt uns, nicht zu verurteilen, wenn wir nicht selbst verurteilt werden wollen, aber er lehrt uns auch, zwischen Wölfen und wahren Schafhirten zu unterscheiden (Mt. 7,15). Also ist der Katholik verpflichtet, sein bestmögliches Urteil zu fällen bezüglich der Auswahl an Priestern und Laienvolk, welche er im Chaos der heutigen Kirche trifft. Und in jedem Fall muß ein Familienvater heutzutage seine eigene Familie jeden Abend (oder besser morgens) mit den fünf Gesätzchen des Familienrosenkranzes führen. Dann ist der Schutz seiner Familie durch Unsere Liebe Frau sicher, so wie sie alleine diesen gewährleisten kann angesichts der vor uns liegenden schwerwiegenden Ereignisse.

Kyrie eleison.

Nochmals Sedisvakantismus – II

Nochmals Sedisvakantismus – II on Oktober 8, 2016

Für jede katholische Seele, die sich heutzutage der Schwere der Krise, in der die Kirche steckt, bewusst ist und darüber tiefen Schmerz empfindet, kann die Einfachheit des Sedisvakantismus, der die Kirche und die Päpste des Zweiten Vatikanischen Konzils als ungültig abstempelt, zu einer ernsthaften Versuchung werden. Schlimmer noch – die scheinbare Logik der ecclesiavakantistischen und sedisvakantistischen Argumente kann diese Versuchung in eine geistige Falle verwandeln, die bei einem Katholiken im ärgsten Fall zu einem völligen Verlust seines Glaubens führen kann. Aus diesem Grund greifen unsere”Kommentare“ aus dem Wust von Argumenten, die BpS in seinem letzte Woche hier erwähnten Artikel aus dem Jahre 1991 ins Feld führt, nun das Hauptargument heraus, um es einer eingehenderen Prüfung zu unterziehen. Fassen wir dieses Argument nochmals zusammen:

Obersatz: Die Katholische Kirche kann nicht scheitern (Gott selbst hat ihr verheissen, dass sie bis zum Ende der Zeiten Bestand haben wird; siehe Matthäus XXVIII, 20). Untersatz: Die Konzilskirche, oder Kirche des Novus Ordo, die sich dem Neomodernismus und dem Liberalismus vollständig unterworfen hat, ist doch gescheitert. Schlussfolgerung: Die Kirche des Novus Ordo ist in keiner Hinsicht katholisch, und ihre Päpste sind in keiner Hinsicht Päpste. In anderen Worten: Die Kirche ist blütenweiss, während die Neukirche tiefschwarz ist; somit sind Kirche und Neukirche grundverschieden. Auf Geister, die gerne in den Kategorien von schwarz und weiss denken und keine Zwischentöne kennen, wirkt dieses Argument sehr anziehend. Doch für Geister, die anerkennen, dass die Dinge im realen Leben oft grau oder eine Mischung von schwarz und weiss sind (ohne dass schwarz deswegen aufhört, schwarz zu sein, und ohne dass weiss aufhört, weiss zu sein), ist dieses Argument zu absolut, um wahr zu sein. Somit beinhaltet der Obersatz eine Übertreibung der Unmöglichkeit des Scheiterns der Kirche und der Untersatz eine Übertreibung des Scheiterns der Neukirche. Eine Theorie mag absolut sein, aber ihre Verkörperung in der Wirklichkeit ist selten absolut. Betrachten wir näher die Unmöglichkeit eines Abfalls der Kirche sowie den Abfall der Konzilskirche nun so, wie sie in Wirklichkeit sind.

Bezüglich des Obersatzes übertreiben die Sedisvakantisten oft die Unmöglichkeit eines Abfalls der Kirche genau so, wie sie die Unfehlbarkeit der Päpste häufig übertreiben, weil sie diese Übertreibungen zur Rationalisierung des gefühlsmässigen Abscheus darüber benötigen, was seit dem Konzil aus der Katholischen Kirche geworden ist. Doch so wie diese Unfehlbarkeit in Wirklichkeit nicht ausschliesst, dass manche Päpste der Kirchengeschichte schwerwiegende Irrtümer begangen haben, und nur dann Gültigkeit besitzt, wenn der Papst entweder – Gewöhnlich – sagt, was die Kirche stets gesagt hat, oder – Aussergewöhnlich – alle vier Bedingungen der Definition von 1870 erfüllt, schliesst auch die Unmöglichkeit eines Scheiterns der Kirche nicht aus, dass es in manchen Perioden der Kirchengeschichte äusserst schwerwiegende Formen des Abfalls gegeben hat, wie beispielsweise die Triumphe des Islam oder des Protestantismus oder derjenige des Antichrist (Lukas XVIII, 8). Somit ist die Unmöglichkeit eines Abfalls der Kirche durchaus nicht so absolut, wie BpS behauptet.

Was den Untersatz betrifft, so trifft es zwar zu, dass der Abfall der Konzilskirche wesentlich gravierender ist als jener des Islam oder des Protestantismus, weil er auf das Haupt und das Herz der Kirche in Rom zielt, was die beiden früheren Häresien nicht taten. Nichtsdestoweniger hat es ein halbes Jahrhundert Konzilskirche (1965–2016) nicht vermocht, die Kirche zu einem vollständigen Abfall zu veranlassen oder zu bewirken, dass sie in jeder Hinsicht versagte. Beispielsweise hat Erzbischof Lefebvre – und er stand nicht allein – von 1970 bis 1991 das Banner des wahren Glaubens geschwenkt; seine Nachfolger taten von 1991 bis 2012 mehr oder weniger dasselbe, und der von Feinden umzingelte „Widerstand“ bleibt dieser Linie bis heute treu. Und bevor die Kirche in einer nicht allzu fernen Zukunft auf menschlicher Ebene zusammenbricht, wird ihr vollständiges Scheitern zweifellos durch göttlichen Beistand verhindert werden, so wie kurz vor dem Ende der Welt (Matthäus XXIV, 21–22). Deshalb ist sogar das Konzil als Abfall der Kirche nicht dermassen absolut, wie BpS vorgibt.

Somit muss sein Syllogismus umformuliert werden. Obersatz: Die Tatsache, dass die Kirche ewig Bestand haben wird, schliesst zahlreiche schwerwiegende Beispiele von Abfall keineswegs aus, sondern lediglich einen totalen Abfall. Untersatz: Vatikan II war ein äusserst gravierender, jedoch nicht totaler Abfall der Kirche (auch wenn Katholiken, die sich seiner Gefahren bewusst sind, ihn zur Verhütung einer Ansteckung sorgsam meiden müssen). Schlussfolgerung: Die Unfehlbarkeit der Kirche schliesst Vatikan II nicht aus. Kurz gesagt, Gottes eigene Kirche ist grösser als alle Bosheit des Teufels oder des Menschen, selbst Vatikan II. Der Abfall der Konzilskirche mag in der gesamten Kirchengeschichte wohl beispiellos schwerwiegend sein, doch das ewige Bestehen der Kirche und die Unfehlbarkeit der Päpste kommen von Gott und nicht von den Menschen. Wie die Liberalen denken auch die Sedisvakantisten, menschlich, allzu menschlich.

Kyrie eleison.

Nochmals Der Sedisvakantismus (I)

Nochmals Der Sedisvakantismus (I) on Oktober 1, 2016

Etliche Leser dieser „Kommentare“ mögen Unmut darüber empfinden, dass sie sich abermals mit der These auseinandersetzen müssen, wonach die Konzilspäpste überhaupt keine Päpste seien, doch die unlängst erfolgte Übersetzung ins Französische eines 1991 in englischer Sprache erschienenen Artikels zeigt, wie notwendig ist es, ein weiteres Mal nachzuweisen, dass die Argumente für den Sedisvakantismus nicht so stichhaltig sind, wie es scheinen mag. Für die Liberalen ist diese Beweisführung unnötig, weil der Sedisvakantismus für sie keine Versuchung darstellt. Andererseits gibt es erwählte katholische Seelen, die sich durch Gottes Gnade vom Liberalismus abgewandt und der katholischen Tradition zugewandt haben und für die der Sedisvakantismus durchaus gefährlich ist. Den Teufel kümmert es wenig, ob wir, wenn wir unser Gleichgewicht verloren haben, nach rechts oder nach links straucheln – für ihn zählt einzig, dass wir straucheln.

Denn in der Theorie mag der Irrtum des Sedisvakantismus tatsächlich kein so tiefer oder schwerwiegender Irrtum sein wie die allgegenwärtige geistige Fäulnis des Liberalismus, aber wie oft beobachtet man in der Praxis, dass das Denken eines Menschen durch den Sedisvakantismus gänzlich blockiert wird und, was als vertretbare Meinung begann (welcher Katholik könnte behaupten, die Worte und Taten von Papst Franziskus seien katholisch?) zu einer unannehmbaren dogmatischen Gewissheit wird (welcher Katholik könnte in einer solchen Frage mit Sicherheit richtig urteilen?) und sich dann als das Dogma der Dogmen durchsetzt, als ob der katholische Glaube eines Menschen danach zu beurteilen wäre, ob er glaubt oder nicht glaubt, dass wir seit, sagen wir, Pius XII. keinen echten Papst mehr hatten.

Ein in früheren”Kommentaren” angeführter Grund für diese oft zu beobachtende innere Dynamik des Sedisvakantismus mag darin liegen, dass er sich anheischig macht, ein quälendes, für den Glauben bedrohliches Problem auf ganz einfache Weise zu lösen und somit den Gordischen Knoten gewissermassen zu durchhauen: „Wie können diese Zerstörer der Kirche wahre katholische Päpste sein?“ Antwort: Sie sind gar keine Päpste. „Oh, welch eine Erleichterung! Nun bin ich diese quälende Ungewissheit los.“ Das Denken ist damit blockiert, und der Sedisvakantismus wird, als sei er das Evangelium, jedem gepredigt, der hören (oder auch nicht hören) will. Im schlimmsten Fall kann die Infragestellung ihrer Legitimität von den Päpsten auf sämtliche Kardinäle, Bischöfe und Priester ausgedehnt werden, so dass ein einst gläubiger Katholik zu einem „home aloner“ wird, der überhaupt nicht mehr zur Messe geht. Wird es ihm gelingen, den Glauben zu wahren? Und seinen Kindern? Hier liegt die Gefahr.

Um unbeirrt auf dem Wege unseres katholischen Glaubens fortzuschreiten und nicht in die Fallen zu tappen, die zu einer Rechten ebenso lauern wie zu seiner Linken, wollen wir die Argumente von BpS in dem zuvor erwähnten Artikel prüfen. („BpS“ ist eine Abkürzung, die viele Leser sofort verstehen werden, die hier jedoch nicht ausgeschrieben zu werden braucht, weil es uns mehr um die Argumente als um die Person geht.) In seinem Artikel macht er immerhin von seiner Denkfähigkeit Gebrauch, und er hat einen katholischen Glauben an das Papsttum, denn sonst wären die Konzilspäpste ja kein Problem für ihn. Diese Logik und dieser Glaube sind an den Sedisvakantisten das Beste, doch weder BpS noch seine Gesinnungsgenossen behalten das vollständige Bild vor Augen: Gott kann nicht zulassen, dass seine Kirche vom rechten Pfade abkommt, doch dass viele ihrer Vertreter vom rechten Pfade abkommen, kann er sehr wohl zulassen.

Im Kern lautet das Argument von BpS wie folgt: Obersatz: Die Kirche kann nicht scheitern. Untersatz: Anlässlich von Vatikan II wurde die Kirche liberal, d.h. hat gescheitert. Schlussfolgerung: Die Konzilskirche ist nicht die wahre Kirche, was bedeutet, dass die Konzilspäpste, die Vatikan II leiteten oder ihm folgten, keine wahren Päpste gewesen sein können.

Dieses Argument wirkt überzeugend. Doch aus dem genau gleichen zwei Prämissen lässt sich auch eine liberale Schlussfolgerung ableiten: Die Kirche kann nicht scheitern, die Kirche wurde liberal, also muss auch ich als Katholik liberal werden. Dass der Sedisvakantismus dieselben Wurzeln hat wie der Liberalismus, sollte jeden Sedisvakantisten zur Überprüfung seiner Position veranlassen. BpS bemerkt die gemeinsamen Wurzeln zwar und nennt sie „ironisch,“ aber sie sind weit mehr als das. Sie weisen darauf hin, dass Liberale und Sedisvakantisten denselben Irrtum begehen, der in dem Obersatz liegen muss. In der Tat missverstehen beide, wie weit die Kirche doch scheitern kann, so wie sie auch die Unfehlbarkeit der Päpste übertreiben. Nächste Woche wird das Argument von BpS in diesen Kommentaren einer eingehenderen Analyse unterzogen.

Kyrie eleison.

Schöner Käse

Schöner Käse on September 24, 2016

In Australien hat der Generalobere der Priesterbruderschaft St. Pius X. erst vor einem Monat ein idyllisches Bild der – wie er hofft – unmittelbar bevorstehenden Unterwerfung der Bruderschaft unter die konziliären Amtsträger Roms gezeichnet. Aus seiner langen Ansprache seien hier einige wichtige Bemerkungen zitiert, die wir teils zusammenfassend, teils wortwörtlich (in Kursivschrift) wiedergeben:

[ . . . ] Rom bietet uns eine neue Struktur . Ihr Oberhaupt wird ein Bischof sein, gewählt vom Papst anhand einer Liste von drei Angehörigen der Bruderschaft, die von der Bruderschaft bestimmt worden sind. Er wird Autorität über die Priester, über sämtliche Ordensmitglieder, die der neuen Struktur beizutreten wünschen, sowie über die derselben angehörenden Katholiken besitzen. Letzteren wird das absolute Recht zustehen, von Priestern, die Mitglieder der Bruderschaft sind, alle Sakramente einschliesslich der Heirat zu erhalten. Dieser Bischof wird befugt sein, Schulen und Seminare zu gründen, ( Priester) zu weihen, neue religiöse Kongregationen zu errichten. Die Struktur wird wie eine Superdiözese sein, unabhängig von allen Ortsbischöfen . In anderen Worten, für euch Gläubige wird es keine Veränderung dessen geben , was ihr als Mitglieder der Bruderschaft bereits geniesst. Der einzige Unterschied wird darin bestehen, dass ihr offiziell als Katholiken anerkannt sein werdet .

Ihr könnt euch leicht vorstellen, dass es zu Konflikten mit den lokalen Bischöfen kommen wird. Deshalb müssen wir vorsichtig sein, doch so, wie die Dinge stehen, kann man sich nichts Besseres vorstellen als dieses Angebot, welches solcher Art ist, dass man es nicht für eine Falle halten kann. Es ist keine Falle, und wenn uns jemand ein solches Angebot unterbreitet, kann der Grund dafür einzig und allein darin liegen, dass er uns Gutes wünscht. Er will, dass die Tradition innerhalb der Kirche gedeihe und blühe. Ein solches Angebot könnte unmöglich von unseren Feinden kommen. Sie können uns mit vielen anderen Mitteln vernichten, aber nicht auf diese Weise [ . . . ].

Die hier in Fettdruck hervorgehobenen Bemerkungen erfordern einen Kommentar.

Eine”neue Struktur” bedeutet vermutlich, dass Erzbischof Lefebvres Struktur der Priesterbruderschaft im Wesentlichen aufgegeben werden wird. Rom schafft eine vollkommen neue Kongregation. Lebe wohl, liebe Priesterbruderschaft St. Pius X.

Ein”vom Papst gewählter Bischof” ist ausserordentlich wichtig. Und das Oberhaupt der „neuen Struktur“ wird mit aller Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft vom Papst ernannt werden. Fragen Sie die Petrusbruderschaft, was das bedeutet. In den neunziger Jahren bedeutete es, dass der von ihr selbst gewählte Generalobere von Rom abgelehnt und Roms eigener Wunschkandidat (Pater A.D.) der Petrusbruderschaft aufgezwungen wurde, um sie auf Vordermann zu bringen.

Man beachte auch, dass es diesem Bischof zwar erlaubt sein wird, „(Priester) zu weihen,“ nicht jedoch Bischöfe. Rom wird die neue Organisation also an der Kandare halten können.

“Es wird keine Veränderung geben”? Aber sicher wird es eine solche geben! Rom wird fortan das Sagen haben.

“Ihr werden offiziell anerkannt sein” – doch welcher Katholik braucht irgendwelche Anerkennung seitens solcher Zerstörer der Kirche, wie es deren gegenwärtige neomodernistischen Beamten sind? Eine jegliche solche Anerkennung kann nur ein schlechtes Zeichen sein.

“Keine Falle . . . ”? Dieser ganze Absatz ist fürwahr bemerkenswert. Der Autor dieser”Kommentare” sieht sich genötigt, hier eine Anleihe bei Mickey Mouse und dessen geliebter Minnie Mouse vorzunehmen:

Mickey: Liebling, kannst du den köstlichen Käse auch riechen, den ich riechen kann? Oh schau, da ist er!

Minnie: Aber Mickey, das ist eine Mäusefalle, die der Besitzer des Hauses aufgestellt hat, um uns loszuwerden. Kannst du das denn nicht sehen?

Mickey: Es kann keine Falle sein! Ich sage dir, wenn uns jemand einen so guten Käse anbietet, kann der Grund dafür einzig und allein darin liegen, dass er uns Gutes wünscht. Es ist klar, dass er uns Mäuse in seinem Haus gedeihen und blühen sehen will.

Minnie: (Flehentlich) Oh Mickey, hast du denn wirklich vergessen, wie viele von uns Mäusen auf diese Weise gestorben sind?

Mickey: Ich sage dir zum letzten Mal – und ich irre mich nie –, dass ein solch köstlicher Käse ganz unmöglich von unseren Feinden kommen kann! Sie könnten uns niemals auf diese Weise vernichten.

Minnie: (Mit einem tiefen Seufzer) Es gibt keine klügere Weise, uns zu vernichten! Und wie viele unserer Freunde und Verwandten werden dir noch folgen? Ach, dieser männliche Stolz!

Bitte, liebe Leser, sehen Sie mir diesen Spass nach. Ich fürchte, wir haben es mit einem echten Disneyland zu tun.

Kyrie eleison.

Der Kirche Unfehlbarkeit

Der <u>Kirche</u> Unfehlbarkeit on September 17, 2016

Von der Erde steigen Probleme zum Himmel empor. Vom Himmel kommen Lösungen auf die Erde herab. Gar manches katholische Problem muss lediglich auf einer höheren Stufe behandelt werden, und schon erscheint es uns durchaus nicht mehr so verzwickt wie zuvor. Ein klassisches Beispiel könnte das Problem der Konzilspäpste sein, mit dem wir seit 2013 mit zuvor unbekannter Schärfe konfrontiert sind. Hier haben wir es auf jeden Fall mit einem Mysterium zu tun, aber wenn uns wir nicht hoch genug emporschwingen, können wir nur allzu leicht zum Opfer eines der beiden klassischen Trugschlüsse werden: Entweder ist er der Papst, und dann muss ich ihm gehorchen, oder ich kann ihm nicht gehorchen, also kann er nicht der Papst sein. Doch wenn ich über das Menschsein des Papstes hinaus zur Göttlichkeit der Kirche emporsteige, erkenne ich, dass die sogenannte päpstliche Unfehlbarkeit in Wahrheit die Unfehlbarkeit der Kirche ist, die sehr viel mehr Spielraum dafür lässt, dass dieser oder jener Papst, oder gar eine ganze Reihe von Päpsten, durchaus nicht den Erwartungen entsprechen, die man kraft ihres Amtes in sie setzen müsste. Wenden wir uns also ohne Umschweife der – selbst unfehlbaren – Definition der Unfehlbarkeit aus dem Jahre 1870 zu. Hier ist der Text, wobei wir zwei Wörter hervorgehoben und Zahlen eingeschoben haben:

Wir lehren und erklären endgültig als von Gott geoffenbarten Glaubenssatz: Wenn der Papst in höchster Lehrgewalt (ex cathedra) spricht, das heisst: wenn er seines Amtes als Hirt und Lehrer aller Christen waltend 1 in höchster apostolischer Amtsgewalt 2 endgültig entscheidet, 3 eine Lehre über Glauben oder Sitten 4 sei von der ganzen Kirche festzuhalten, so besitzt er aufgrund des göttlichen Beistandes, der ihm im heiligen Petrus verheissen ist, jene Unfehlbarkeit, mit der der göttliche Erlöser seine Kirche bei endgültigen Entscheidungen in Glaubens- und Sittenlehren ausgestattet haben wollte. Diese endgültigen Entscheidungen des römischen Papstes sind daher aus sich und nicht aufgrund der Zustimmung der Kirche unabänderlich. – Vatikanisches Konzil, Sitzung IV, Const. De Ecclesiâ Christi, Kapitel IV.

In diesem Text erkennen wir eindeutig die vier berühmten Bedingungen dafür, dass die Erklärungen eines Papstes unfehlbar sind, sehen aber gleich danach die – hier hervorgehobenen – Worte, die anscheinend allzu oft übersehen werden, jedoch völlig klar machen, welcher Quelle die Unfehlbarkeit des Papstes entspringt: Sie entspringt nicht ihm selbst, sondern der Kirche. Führen wir einen wohlbekannten Vergleich aus dem modernen Leben an: Eine Hausfrau schliesst ihr Bügeleisen an einen Steckschalter in der Wand an. Dies muss sie tun, damit das Eisen heiss wird, aber die Elektrizität, die dieses bewirkt, stammt natürlich nicht von ihr selbst, sondern vom örtlichen Kraftwerk.

Damit die Entscheidung eines Papstes unfehlbar ist, muss der Papst gewissermassen die vier Bedingungen „an die Kirche anschliessen,“ und er ist der eine und einzige Mensch auf Erden, der hierzu befugt ist; aus diesem Grund spricht man von der „päpstlichen Unfehlbarkeit,“ doch der unfehlbare Schutz vor dem Irrtum, der ihm dann zuteil wird, kommt nicht von ihm selbst, sondern – auf dem Weg über die Kirche – vom Heiligen Geist, genau wie die Elektrizität nicht von der Hausfrau, sondern auf dem Weg über den Steckschalter vom Kraftwerk kommt. Und wie die betreffende Hausfrau persönlich allerlei gute oder schlechte Eigenschaften aufweisen mag, diese jedoch keinen Einfluss darauf haben, ob ihr Bügeleisen, wenn sie es an den Steckschalter anschliesst, heiss wird, mag auch der Papst ein Heiliger oder ein krimineller Schwachkopf sein, doch wenn er ein rechtmässig ernannter oder gewählter Papst ist, wird seine Entscheidung – immer vorausgesetzt, er erfüllt die vier Bedingungen – zwangsläufig irrtumsfrei sein.

Dies bedeutet Folgendes: Wann immer der Papst diese vier Bedingungen nicht erfüllt, kann er streng genommen wie jeder von uns Unsinn von sich geben, ohne dass die Kirche deswegen aufhört, unfehlbar zu sein. In der Tat ist ihre Gewöhnliche Unfehlbarkeit weitaus wichtiger als die Aussergewöhnliche Unfehlbarkeit päpstlicher Erklärungen; dies haben wir in früheren Ausgaben dieser „Kommentare“ mit einem anderen wohlbekannten Vergleich zu veranschaulichen versucht, demjenigen zwischen einem Berg und seinem schneebedeckten Gipfel (siehe Eleison-Kommentare 343 und 344, 8. und 15. Februar 2014). Der schneebedeckte Gipfel mag den Berg sichtbarer machen, doch dass er gesehen werden kann, setzt die ganze Masse des Berges unter ihm voraus. Sobald wir das Problem also auf einer höheren Stufe behandeln, ist es für die Kirche nicht von entscheidender Bedeutung, ob die Konzilspäpste von Sinnen sind. Wir hier auf Erden mögen unter fehlbaren Päpsten leiden, die ihren Verstand verloren haben, aber Mutter Kirche bleibt in ihrer Unfehlbarkeit heiter und gelassen.

Kyrie eleison.