Eleison Kommentare

Echte Kanonisationen?

Echte Kanonisationen? on August 10, 2013

„Was halten Sie von der Absicht Papst Franziskus’, im nächsten Frühjahr Johannes Paul II. und Johannes XXIII. zu „kanonisieren,“ d.h. „heiligzusprechen“? Wird dadurch nicht auch das Zweite Vatikanische Konzil „heiliggesprochen“? Und wirft dies nicht auch die Frage nach der Autorität auf, wenn wir an die Lehren der vorkonziliaren Theologiebücher denken, wonach der Papst bei der Verkündung einer Heiligsprechung unfehlbar handelt?“ So lautet die ernsthafte Frage eines Journalisten von Rivarol (leicht verändert wiedergegeben). Ich antwortete dann ungefähr so:

Die Entschlossenheit der Obersten der Konzilskirche, die konziliaren Päpste heiligzusprechen, belegt den festen Willen der – wenigstens objektiven – Feinde Gottes, mit der wahren katholischen Religion abzuschließen und sie durch die neue Religion der Neuen Weltordnung zu ersetzen. Zu so einer Neukirche gehören dann auch Neuheilige, die durch einen Heiligsprechungsprozeß fabriziert werden, welcher zerlegt und „neu gemacht“ worden ist. Wie immer beim Modernismus bleiben die Worte die gleichen, während ihr Inhalt etwas ganz anderes meint. Daher brauchen rechtgläubige Katholiken sich nicht darum zu sorgen, ob diese Neuheiligsprechungen unfehlbar sind oder nicht, denn sie entstammen der Neukirche, welche lediglich eine Imitation der Katholischen Kirche ist.

Doch was ist diese Imitationskirche in Wirklichkeit? Eine heikle Frage, denn schnell wird man beschuldigt, ein „Sedisvakantist“ zu sein – ein Begriff, welcher die heutigen Traditionalisten ähnlich schnell erzittern läßt wie das Schlagwort „Antisemit.“ Richten wir uns lieber an der Wirklichkeit aus, gemäß dem Herrenwort: „Urteilt nicht nach dem Äußeren, sondern nach Gerechtigkeit fällt euer Urteil!“ (Johannes 7,24). Wir dürfen uns also nicht vom Äußeren, von Gefühlen oder von Worten täuschen lassen. Werden zum Beispiel heutzutage nicht immer mehr Schulen Orte des Verlernens, anstatt des Lernens; und Hospitäler Orte des Tötens, statt des Heilens; und die Polizei ein Instrument der Unterdrückung, statt des Schutzes, und so weiter?

Deswegen sprach Schwester Luzia aus Fatima von einem Vorgang der „diabolischen Desorientierung.“ Durch diesen Vorgang sind die Kirchenmänner schließlich Vermittler der Lüge geworden, anstatt Mittler der Wahrheit zu sein. Denn sie ließen zu, daß die Ideen und Ideale der Revolution ihren Verstand und ihr Herz übernahmen – jene Revolution des radikalen und universellen Aufstandes des modernen Menschen gegen seinen Gott und Schöpfer. Und doch sind diese objektiven Verräter (sie können in ihren Herzen immer noch glauben, Gott einen Dienst zu verrichten – siehe Johannes 16,2) noch immer Kirchenmänner in dem Sinne, daß nur sie auf „dem Stuhl des Moses sitzen,“ wie der Heiland sagt (Matthäus 23,2). Ein Papst sitzt schon dort, sogar zwei!

Anders gesagt ist die betreffende Imitationskirche die von Männern besetzte Kirche, welche jedoch nicht einfach keine Kirchenmänner mehr sind, sondern Kirchenmänner, deren Verstand und Herz mehr oder weniger von einer neuen Religion besetzt sind, die keinesfalls katholisch ist. Beachten wir den Einschub „mehr oder weniger.“ Denn so wie die Fäulnis einen Apfel nicht auf einmal übernimmt, so ist auch die Imitationskirche bzw. Neukirche zwar im Begriff, die katholische Kirche zu verdecken. Aber dennoch gibt es in der Imitationskirche noch einige Bischöfe, viele Priester und eine Vielzahl von Laien, welche den katholischen Glauben bis jetzt aufrechterhalten haben mögen. Sie stehen gewiß an einem schlüpfrigen Abhang, welcher höchst gefährlich für ihren Glauben ist. Doch wer wollte behaupten, daß sie außerhalb der wahren Kirche sind, wo allein Gott dies weiß.

Was die Autoritäten der Neukirche betrifft, so würde ich ihre Autorität auf dieselbe Art behandeln wie jene eines Familienvaters, welcher vorübergehend wahnsinnig geworden ist. Wir zollen diesem Wahnsinn nicht weiter Aufmerksamkeit, außer auf den Augenblick zu warten, wann der Wahn ein Ende nimmt. Bis dahin hören wir nicht auf, den Vater zu lieben und sogar die seiner Vaterschaft innewohnende Autorität zu respektieren – so wahr mir Gott helfe.

Kyrie eleison.

Andauernder Schaden – II.

Andauernder Schaden – II. on August 3, 2013

Gläubige, welche abstreiten, daß in der Priesterbruderschaft St. Pius X. signifikante Veränderung stattfanden, argumentieren oft in zwei Schritten. Erstens sagen sie, daß die Doktrinelle Deklaration von Mitte April letzten Jahres ja schließlich von Rom abgelehnt worden ist und daher nicht weiter von Bedeutung sei. Zweitens bedienen sie sich der jüngsten Erklärung der drei Bruderschaftsbischöfe vom 27. Juni 2013, welche offensichtlich konstruiert worden war, um den Gläubigen zu versichern, daß das Bruderschafts-Rettungsboot unbeschädigt und vollständig seetüchtig sei. Um allerdings nicht zu ertrinken, müssen geneigte Seelen schon genauer hinsehen.

Der elfte Absatz dieser bischöflichen Erklärung ist bereits berüchtigt geworden. Kurz gesagt erklären die drei Bischöfe darin, daß sie in Zukunft der Vorsehung folgen wollen: ob Rom nun bald zur Tradition zurückkehrt oder aber der Bruderschaft ausdrücklich das Recht und die Pflicht zuerkennt, öffentlich den konziliaren Irrtümern entgegentreten zu dürfen. Die „ob“-Klausel ist bereits ausgeschlossen, denn ohne ein göttliches Eingreifen werden die Feinde Gottes, welche im Vatikan sich fest eingenistet haben, niemals ihr Konzil fallenlassen. Somit bleibt nur noch die „oder“-Klausel übrig. Also was meinen die drei Bischöfe mit der Formulierung, daß Rom der Bruderschaft „ausdrücklich das Recht und die Pflicht zuerkenne,“ sich dem Konzil entgegenzustellen?

Die offensichtliche Aussageabsicht ist, daß Rom der Bruderschaft eine Art offiziellen Status innerhalb der Amtskirche verleihen oder eine Art von kanonischer Regelung durchführen könnte. Denn zu so einer Anerkennung streben die Bruderschaftsoberen offensichtlich, seit sie vor über zehn Jahren die Ideen der Pariser Denkfabrik „GREC“ übernommen haben. Doch als diese Oberen dann im April letzten Jahres Roms Bedingungen für eine solche Anerkennung weitgehend akzeptierten, erzeugten sie dadurch einen Sturm der Entrüstung in der Bruderschaft. So sahen sie sich gezwungen vorzugeben, daß sie keine solche Anerkennung auf Basis der Bedingungen von Mitte April 2012 mehr wünschen würden. Was bedeutet somit die „oder“-Klausel in der Erklärung vom 27. Juni 2013?

Diese Frage stellte einige Tage nach dem 27. Juni auch der französische Distriktobere an die Bruderschaftsführung. Die Antwort lautete, daß die „oder“-Klausel nicht zwangsläufig eine offizielle Anerkennung nach sich ziehen müßte, sondern lediglich die Möglichkeit einschließe, daß ein schwacher, aber katholischer Papst einerseits katholisch genug wäre, um das „Recht und die Pflicht“ usw. der Bruderschaft anzuerkennen, andererseits aber zu schwach und in Rom zu isoliert wäre, um den Römern eine offizielle Anerkennung der Bruderschaft zu verordnen. Der französische Distriktobere schien zumindestens mit dieser Antwort zufrieden zu sein, denn er übermittelte sie sofort an seine Priester.

Jetzt sind wir verdutzt. Erstens: wer von denen, welche den Text vom 27. Juni gelesen haben, würde im Traum daran denken, daß die Bischöfe beim Abfassen ihres Textes so etwas im Sinn gehabt haben? Zweitens: welcher Part in diesem Text vom 27. Juni schließt diverse weitere Möglichkeiten aus, welche die drei Bischöfe im Namen von „der Vorsehung folgen“ akzeptieren würden? Erinnern wir uns kurz an die Tatsache, daß Bischof Fellay am 17. Juni 2012 an Benedikt XVI. schrieb, weiterhin jede Anstrengung zu unternehmen, um eine Versöhnung zwischen Rom und der Bruderschaft zu betreiben. Welcher Part im Text vom 27. Juni 2013 könnte also ausschließen, daß die listigen Römer den drei Bischöfen schließlich ein Angebot der Versöhnung unterbreiten würden, welches sie – immer im Namen der „Vorsehung“ natürlich – nicht verweigern könnten?

Hals und Beinbruch all jenen, welche die Auslegung der „oder“-Klausel akzeptieren, wie sie dem französischen Distriktoberen erklärt worden ist. Allerdings sind viele von uns nach wie vor nicht überzeugt, daß die Bruderschaftsführung ihren Wahn vom Versöhnen der Unversöhnbaren aufgegeben hat. Bis zum klaren Beweis des Gegenteils werden wir daher annehmen, daß diese Oberen immer noch vorhaben – vielleicht unbeabsichtigterweise –, das Bruderschafts-Rettungsboot in ein Ertrinkungsboot zu verwandeln. Wenn dann alle ertrinken, wird natürlich nur der Ozean schuld sein.

Kyrie eleison.

Andauernder Schaden – I.

Andauernder Schaden – I. on Juli 27, 2013

Mitte April des letzten Jahres übergab die Priesterbruderschaft St. Pius X. offiziell eine Doktrinelle Deklaration an die römischen Autoritäten, welche als Grundlage für eine praktische Vereinbarung zwischen Rom und der Bruderschaft dienen sollte. Doch diese Deklaration ist sehr schlecht, und deshalb argumentieren viele von ihren Verteidigern, daß Rom diese Deklaration schließlich abgelehnt hat, sie daher nicht weiter von Belang sei und sozusagen vergessen werden könne. Ein Gegenargument zu dieser Behauptung erschien in der aktuellen Ausgabe der englischen Monatszeitschrift „The Recusant“ (historischer Begriff für die Gegner der anglikanischen Glaubensgemeinschaft), dem neu entstandenen Magazin der Widerstandsbewegung in England. Dieses Gegenargument verdient sorgfältige Aufmerksamkeit und sei daher im folgenden wiedergegeben, teilweise in Form von direkten Zitaten, teilweise als Zusammenfassung:—

„Die Doktrinelle Deklaration ist, wie ihr Name und Inhalt deutlich machen, eine Erklärung, welche besagt, daß eine Reihe von lehrmäßigen Positionen mit allergrößter Bedeutung für die gegenwärtige Kirchenkrise vonseiten der Bruderschaft annehmbar sind. Das Problem ist nun, daß mehrere dieser in der Deklaration ausgedrückten Positionen jedoch nicht akzeptabel sind.“ Beispielsweise sagte ein führender Bruderschaftstheologe dem Generalkapitel der Bruderschaft im Juli des letzten Jahres: „Diese Deklaration ist ( . . . ) zutiefst mehrdeutig und sündigt somit durch Unterlassung gegen die Pflicht, deutlich eine Verurteilung jener grundsätzlichen Irrtümer auszusprechen, welche nach wie vor in der Kirche wüten und den Glauben der Katholiken zerstören. Nach Lage der Dinge gibt diese Deklaration den Eindruck, daß wir die »Hermeneutik der Kontinuität« annähmen.“

„Der von der Doktrinellen Deklaration verursachte Schaden entspricht somit dem einer öffentlichen, lehrmäßig zweifelhaften Erklärung. Auch wurde die Deklaration als solche weder „zurückgezogen“ noch wurde ihr „abgeschworen.“ Vielmehr weigert Bischof Fellay sich konsequent, zuzugeben, daß diese Deklaration lehrmäßig zweifelhaft ist. Allerhöchstens gesteht er ein, daß er versucht habe, „zu feinsinnig“ zu sein. Doch er gibt nicht zu, daß eine solche Feinsinnigkeit in Angelegenheiten der Glaubensverteidigung höchst fragwürdig ist. Vielmehr denkt der Bischof, das ganze Problem bestehe nur darin, daß „er nicht richtig verstanden worden“ sei, selbst von theologisch sehr kompetenten Bruderschaftspriestern nicht. Unter anderem erlaubt er Hw. Themann, diese Deklaration auf öffentlichen Konferenzen in den USA zu verteidigen, welche aufgenommen und dann unter den Gläubigen verteilt werden.“

Zwar mag es stimmen, daß eine Annahme der Deklaration durch Rom die Sache noch verschlimmert hätte. Doch verringert dies keineswegs den andauernden Schaden, welcher durch die Deklaration entsteht, wenn sie darlegt, was der Bruderschaft lehrmäßig annehmbar ist. Sollte Bischof Fellay nun sagen, daß er die Deklaration „zurückzieht“ oder „ihr abschwört,“ so meint er damit höchstwahrscheinlich nur, daß ihre Veröffentlichung zum gegenwärtigen Zeitpunkt ungelegen war, weil sie Spaltungen in der Bruderschaft verursacht hätte. „Bischof Fellay hat die ganze Zeit über nicht einmal angedeutet, daß die Doktrinelle Deklaration lehrmäßig zweifelhaft und somit unannehmbar ist. Doch hier steckt von Anfang an das Kernproblem, und wir sind weit von einer Lösung entfernt: Der Generalobere scheint sich zu weigern, ein unzweideutiges Bekenntnis von der Einstellung der Bruderschaft abzugeben.“

Schlußendlich ist der von dieser Deklaration verursachte Skandal nach wie vor nicht saniert worden. „Der Versuch, die Ernsthaftigkeit des Themas herunterzuspielen, damit Friede und Ruhe unter den Gläubigen bewahrt oder zurückgewonnen werde, riskiert jene Denkart zu fördern, wonach die Glaubenslehre keine allzu große Rolle spielt, solange nur alles rund läuft und wir die wahre Messe bewahren können, usw.“ In Wahrheit macht dieses Herunterspielen den Skandal nur noch schlimmer. (Ende des „Recusant“-Artikels.)

Dieser Artikel bringt auf sehr gemäßigte Weise das Problem auf den Punkt, daß Bischof Fellay die Doktrinelle Deklaration weder öffentlich widerrufen noch zurückgezogen hat. Wie kann eine katholische Kongregation die Wahrheit aufrechterhalten und ihr dienen, wenn sie von einem Oberen geführt wird, welcher mit der Wahrheit herumspielt? Wenn die Bruderschaft ein Rettungsboot ist, dann muß sie entweder ihren verblendeten Kapitän loswerden, welcher ständig danach strebt, Löcher in den Rumpf des Rettungsbootes zu bohren, oder aber die Bruderschaft verwandelt sich in ein „Ertrinkungsboot.“ Möge Gott in seiner Barmherzigkeit die Priesterbruderschaft aufwecken.

Kyrie eleison.

Langzeitprognose

Langzeitprognose on Juli 20, 2013

Vor fast 20 Jahren zeigte ein gewisser Bischof der Priesterbruderschaft St. Pius X. die grundsätzliche Möglichkeit auf, daß die Bruderschaft von Erzbischof Lefebvre jenen Verrat am Glauben begehen könnte, welcher dann im Jahre 2009 und 2012 auch um ein Haar geschehen ist und nach wie vor zu geschehen droht. Beunruhigt durch die Selbstbewunderung und den Mangel an Ernsthaftigkeit auf dem jüngsten wählenden Generalkapitel der Bruderschaft, wie der erwähnte Bischof beobachtet hatte, folgt nun eine Zusammenfassung (und einige direkte Zitate) dessen, was er am 17. Juli 1994 im Bruderschaftshaus des französischen Ortes Le Brémien sagte (eine Suche im Internet nach „Un évêque s’est levé le Brémien“ sollte zum französischen Originaltext führen):

Es wäre schön, wenn wir sagen könnten, daß die Bruderschaft überall neue Häuser eröffnet, erbaut und neue Länder betritt, daß wir Berufungen haben, daß jeder nett und goldig ist, jung und begeistert, daß wir vier Bischöfe haben, usw. „Doch warum sollte die Bruderschaft einen besonderen Schutz besitzen gegenüber jenen heute entfesselten Kräften, welche tausende hervorragende Bischöfe und Priester der Amtskirche einfach hinwegfegten? (.) Wo liegen die Qualitäten der Bruderschaft und was sind ihre Garantien?“ Jung zu sein, nun, die Jugendzeit ist gut, man ist gutaussehend und physisch stark, doch was ist mit dem Alter, mit der Erfahrung und der Weisheit der Jahre? Wie kann von den Jünglingen erwartet werden, weise zu sein?

In den 1950er- und 1960er-Jahren schien die Kirche bei guter Gesundheit zu sein und heldenmütig den gottlosen Einflüssen der Nachkriegswelt zu widerstehen. In England und in den USA fand jährlich eine große Zahl von Konversionen statt, und fast schien die Welt an einen Punkt zu gelangen, wo sie zum katholischen Glauben konvertiere. Doch was geschah stattdessen? Das genaue Gegenteil. Durch das Zweite Vatikanische Konzil hörte die Wahrheit zu kämpfen auf und die katholische Kirche kapitulierte vor der modernen Welt.

Daher möchte ich Ihnen nun ein entsprechendes Gedankenspiel für die Bruderschaft vorstellen. In den 1990er-Jahren widersteht diese liebenswürdige kleine Priesterbruderschaft mit all ihren wunderbaren kleinen Priestern noch heldenhaft dem Versagen und Verrat der offiziellen Amtskirche. Es gibt Konversionen und die Menschen begreifen, daß die neue Kirche falsch und nicht funktionstüchtig ist; doch was könnte geschehen, wenn die Amtskirche scheinbar den Punkt ihrer Kapitulation erreicht hat? Ich sage nicht, daß wir dies dann erleben werden, sondern könnten: die Kapitulation der Bruderschaft vor der Neuen Weltordnung und den Anschluß an die Amtskirche. Wenn schon die Universalkirche zusammenbrechen konnte, warum sollte dann eine winzige Priesterbruderschaft nicht zusammenbrechen können?

Noch eine weitere Überlegung möchte ich anstellen. Vor dem Konzil hatte jeder katholische Orden und jede religiöse Gesellschaft die Kongregationen der römischen Kurie über sich. In dem Falle, „wo in einer religiösen Gesellschaft eine Fehlentwicklung entstand – ein Versagen der Oberen nicht ausgeschlossen, was menschlich immer möglich ist –, konnte man stets an Rom appellieren und Rom hätte eingegriffen.“ In früheren Zeiten konnte man davon ausgehen, daß Rom immer zum Besten eingriff, während es heute generell zum Schlechtesten eingreift. Deswegen ist es jetzt „besser, nicht unter Rom zu stehen. Doch seien wir vorsichtig, denn dafür müssen wir einen Preis bezahlen; namentlich daß niemand mehr über uns ist. Somit sind unser Generalrat und unser kleiner Generaloberer die Obergrenze. Das ist sehr gefährlich!“ Somit ist die Bruderschaft ganz auf ihre eigenen Mittel angewiesen. Erzbischof Lefebvre war 65 Jahre alt, als er die Bruderschaft gegründet hatte. Doch über wieviele älteren Männer mit Langzeiterfahrung verfügt die Bruderschaft im Jahre 1994?

Kurz gesagt, warum sollte die Priesterbruderschaft von den Problemen der Universalkirche verschont bleiben? Keineswegs möchte ich, daß die Bruderschaft auseinanderbricht und ich bitte Gott, daß ich nichts unternehmen werde, um so etwas zu fördern. Dennoch muß ich sagen, daß ich nicht überrascht wäre, wenn sie zerbräche. Möge Gott dies verhindern. Jedoch könnte er zulassen, daß die Bruderschaft den Weg allen Fleisches geht, um uns in Erinnerung zu rufen, wie wenig wir aus uns allein vermögen. Wir brauchen Weisheit, und eine besondere Hilfe von Gott.

Kyrie eleison.

Vorrückender Widerstand

Vorrückender Widerstand on Juli 13, 2013

Die Feierlichkeiten in den USA zum silbernen Jubiläum der Bischofsweihen des Jahres 1988 waren ein großer Erfolg. Ein Dutzend Priester und ein Bischof zelebrierten am 29. und 30. Juni 2013 zwei Pontifikalmessen im Pfarrgarten von Hw. Ronald Ringrose in Vienna in Virginia, und ca. 250 bis 300 Gläubige besuchten jeweils die hl. Messe. Die Zeremonien mögen liturgisch gesehen etwas zu wünschen übrig gelassen haben, weil eine einzelne Gemeinde nicht über die Mittel eines voll ausgerüsteten Priesterseminars verfügt. Viel wichtiger ist jedoch, daß die Meßbesucher ruhig und beschaulich gestimmt waren, weder mit Bitterkeit noch Wut, sondern mit einem klaren Verständnis für die Tatsache ausgestattet, daß die Priesterbruderschaft St. Pius X. auf Abwege geraten ist und die Gläubigen daher etwas unternehmen müssen, um den Glauben zu bewahren. Viele Besucher kamen von weither in den USA angereist, einige sogar aus dem Ausland.

Tags zuvor war Hw. Ringrose mit seiner Pfarrei bereits Gastgeber eines Tagestreffens für das Dutzend Priester, welches aus Brasilien, Kanada, Kolumbien, England, Frankreich, Mexiko und den Vereinigten Staaten kam. Es wurde keine neue Organisation und auch kein zusätzliches Verwaltungsinstrument gebildet, sondern eine weitere Erklärung abgegeben, welche abschloß mit einem langen Zitat von Erzbischof Lefebvre über den Wiederaufbau des Christentums von Grund auf. Die Stimmungslage der Priester war jener der Meßbesucher ähnlich: ruhig und beschaulich, entschlossen und in einer Zweckeinheit verbunden mit dem schlichten Ziel, möglichst viel zu retten von dem, was die Bruderschaftsführung jetzt verrät.

Sagte ich Verrat? Aber haben die anderen drei Bruderschaftsbischöfe Tissier, Fellay und de Galarreta am 27. Juni 2013 nicht ebenfalls eine Erklärung abgegeben, welche in weiten Teilen zu dem zurückzukehren schien, wofür die Priesterbruderschaft immer stand? Seien wir vorsichtig. Wie die Lateiner am Beispiele des Skorpion sagen: „In cauda venenum,“ d.h. im Schwanz befindet sich das Gift. Denn der elfte der zwölf Absätze dieser Erklärung besagt, daß diese drei Bischöfe der Vorsehung folgen wollen, „wenn entweder Rom zur Tradition zurückkehrt . . . oder wenn Rom ausdrücklich unser Recht anerkennt, ganz den Glauben zu bekennen und die ihm entgegenstehenden Irrtümer zurückzuweisen.“

Hw. Ringrose war nun etwa 30 Jahre lang ein Mitstreiter im US-Distrikt der Bruderschaft, doch auf ihrem neuen und selbstmörderischen Pfad leistet er ihr nicht länger Gesellschaft. In seinem Gemeindeblatt schrieb er über den Gemütszustand, welcher hinter dem erwähnten elften Paragraphen steht, folgendes:

„Das heißt also: ‚Selbst wenn Rom modernistisch bleibt, so nehmt uns trotzdem auf. Wir werden damit zufrieden sein, einfach eine weitere Gruppe in der konziliaren Ruhmeshalle zu sein – neben den Ketzern, Ökumenisten, Pantheisten oder wen es sonst noch gibt.’ Die Erklärung klingt so, als ob eine Verschiebung stattfände zurück zu dem, wofür die Priesterbruderschaft immer stand, doch die Tür zum Abkommen (zwischen der Bruderschaft und Rom) bleibt offen. In Wirklichkeit hat sich also nichts geändert, sondern es klingt nur anders. Der Inhalt des Behälters ist genau der gleiche, lediglich das Etikett auf seiner Außenseite sieht ein bißchen mehr nach Erzbischof Lefebvre aus.“

Die Gläubigen allerdings scheinen mit den Füßen abzustimmen. Auf der eigenen kleinen Silberjubiläumsfeier der Bruderschaft in Ecône sollen nur zwischen 200 und 300 Menschen gewesen sein, und bei der jährlichen Priesterweihe in Ecône soll diesmal fast die Hälfte der Stühle leer geblieben sein. Es sieht gewiß so aus, als ob der Verrat die Bruderschaft konstant schwächt, während Priester und Laien immer mehr erkennen, was vor sich geht, und somit die Widerstandsbewegung immer stärker wird.

Kyrie eleison.

Lebhafte Debatte

Lebhafte Debatte on Juli 6, 2013

Das Problem der „Gelähmten Autorität“ (siehe „Kommentare“ vom 1. und 29. Juni 2013) führt zu einigen lebhaften Reaktionen unter den Lesern. Auf der einen Seite sagen tapfere Katholiken zu mir, daß, weil ich ein Bischof bin, ich auch wie ein Bischof handeln und somit das Kommando über die „Widerstandsbewegung“ ergreifen müsse. Auf der anderen Seite warnt ein tapferer Priester, welcher über langjährige Erfahrung mit dem „Sedisvakantismus“ verfügt, vor dem Errichten einer Parallelkirche durch die Weihe weiterer Bischöfe – ausgenommen im Falle von Weltkrieg, physischer Verfolgung oder lähmendem Alter (manche behaupten, daß dieser letztgenannte Fall bereits eingetreten sei . . . ).

Erwähntes Problem geht natürlich auf das Zweite Vatikanische Konzil zurück, wo als Folge eines 700jährigen Abgleitens die konziliaren Kirchenmänner die Lehre der Kirche aufgaben und dadurch die katholische Wahrheit von der katholischen Autorität trennten. Dadurch diskreditierten sie so sehr die amtliche Kirchenautorität, daß Gläubige, wie die eingangs erwähnten, heute keine Notwendigkeit mehr für diese Art von Autorität sehen. Jedoch ist wegen der naturgemäßen Verschiedenheit und der Erbsünde aller Menschen eine zentrale kirchliche Autorität absolut notwendig, um die kirchliche Einheit (und dadurch das Überleben der Kirche) gewähren zu können: nicht nur hinsichtlich der Wahrheit, sondern auch hinsichtlich der Sakramente und der Kirchenregierung.

Aus diesem Grund benötigt ein Bischof oder Priester nicht nur die sakramentale Kraft seiner Weihe, welche er in alle Ewigkeit unverlierbar besitzt. Sondern er benötigt auch die Amtsgewalt der Jurisdiktion, d.h. Zuständigkeit zu sagen (dictio) was recht ist (ius, iuris). Diese Amtsgewalt wird nicht mit der Weihe verliehen, und der Würdenträger kann sie nicht selber sich erteilen, sondern muß sie von oben erhalten, d.h. von einem Kirchenoberen und letztendlich vom Papst, welcher sie wiederum von Gott erhält. Wenn also tapfere Seelen zu mir sagen, daß ich (durch meine Weihe) ein Bischof bin und daher meine Pflicht vernachlässigen würde, wenn ich nicht wie ein Bischof handele und der „Widerstandsbewegung“ sage (dictio), was zu tun ist (ius), so verwechseln diese Seelen höchstwahrscheinlich die zwei verschiedenen Kräfte eines Bischofs.

Wahrscheinlich stießen diese Seelen instinktiv doch auf eine Lehre sowohl der Kirche als auch des gesunden Menschenverstandes; namentlich die ergänzende Jurisdiktion. Diese besagt, daß im Notfall, wenn aus irgendwelchen Gründen die Kirchenoberen die zur Seelenrettung benötigte Jurisdiktion nicht erteilen, die Kirche diese Jurisdiktion ergänzend erteilt. Nehmen wir als Beispiel einen Priester, welcher die normalerweise benötigte Jurisdiktion, die Beichte zu hören, nicht besitze. Sollte allerdings ein Beichtling diesen Priester um die Beichte ersuchen, so darf er im Bedarfsfall die Beichte hören, und das Sakrament wird gültig sein. Nun ist der große, vom Zweiten Vatikanum geschaffene Kirchennotstand gewiß noch verstärkt worden durch die berüchtigte doktrinelle Erklärung des Bruderschaftsgeneralhauses vom Mitte April des letzten Jahres. Diese Erklärung ist der schriftliche Beweis für den Zerfall der letzten noch vorhandenen Festung des wahren Glaubens.

Die ergänzende Jurisdiktion besitzt allerdings eine Schwäche. Denn weil sie nicht amtlich ist, unterliegt sie stärker dem Streit. Beispielsweise leugnet das Konzilrom den vom Zweiten Vatikanum geschaffenen Kirchennotstand und übt entsprechend großen – und allzu erfolgreichen – Druck auf die Priesterbruderschaft St. Pius X. aus, der konziliaren Autorität sich unterzuordnen. So sehr strebt die Autorität nach Amtlichkeit. Selbst Erzbischof Lefebvre verlor ungefähr ein Viertel der von ihm geweihten Priester, weil er keine Amtsgewalt besaß, sie am Weggehen zu hindern. Das sind Auswirkungen dieser unglaublichen Kirchenkrise. Wenn also ein Priester oder Laie mich ersucht, ihm Befehle zu erteilen, so könnte er sie bereits wenige Monate später wieder verwerfen, oder jedenfalls dann, wenn er gewisse Befehle nicht als befolgenswert erachtet.

Dennoch bleibt die Krise bestehen und wird sogar stets schlimmer, bis zu dem Punkt, wo Gott eingreifen wird, um den Papst zu – seiner katholischen – Vernunft zu bringen. Und Gott wird das gewiß tun, wenn nur genügend Katholiken ihn bitten, doch die Augen des Papstes zu öffnen. Bis dahin wird der sich verschlimmernde Notstand dazu beitragen, die nichtamtliche Autorität noch zu bestärken. Möge doch der Allmächtige Gott uns helfen, jede unnötige Anarchie zu vermeiden.

Kyrie eleison.