Generalkapitel, Erklärung, Juli 2012

Untergrabene Gegenwehr

Untergrabene Gegenwehr on Juli 21, 2012

Das Generalkapitel der Priesterbruderschaft St. Pius X. ging am vergangenen Samstag zu Ende. Die gute Nachricht ist, daß die bis an den Rand des Selbstmordes geführte Bruderschaft nun vom Kapitel eine Gnadenfrist erhielt. Wenn allerdings die folgenden Worte, die in einem Interview mit einer katholischen US-Nachrichtenagentur weltweit ausgestrahlt wurden, immer noch den Geisteszustand der Bruderschaftsoberen darstellen (welche noch weitere sechs Jahre im Amt sind), dann bedarf es weiterer Gebete, um die erwähnte Gnadenfrist andauern zu lassen. Hier die Worte aus dem Interview (welche möglicherweise noch im Internet verfügbar sind – siehe Catholic News Service ):

„Viele Menschen haben eine Auffassung vom (Zweiten Vatikanischen) Konzil, die falsch ist. Inzwischen gibt es sogar Leute in Rom, die das sagen. Wir könnten sagen, glaube ich, daß wir in den Gesprächen (zwischen Rom und der Bruderschaft in den Jahren 2009 bis 2011) sahen, daß wir (die Bruderschaft) viele Dinge als vom Konzil stammend verurteilt haben, welche in Wahrheit nicht vom Konzil, sondern von der allgemeinen Auffassung vom Konzil herrühren.“

Um dies zu kommentieren, müssen wir zum Zweiten Vatikanum zurückkehren. Die 16 Konzilsdokumente sind, weil sie sowohl Wahrheiten als auch Irrtümer enthalten, grundsätzlich zweideutig und widersprüchlich. Die Bruderschaft hat in Nachfolge von Erzbischof Lefebvre nie behauptet, daß die Konzilsdokumente keinerlei Wahrheit enthielten. Allerdings hat die Bruderschaft sie angeklagt, sehr ernsthafte Irrtümer zu enthalten; z.B. die Konzilslehre, wonach der Staat kein Recht besitze, nicht-katholische Religionen zu unterdrücken. Das konziliare Rom hat die Dokumente dagegen stets verteidigt, unter anderem durch den Hinweis auf die entgegengesetzten Wahrheiten in den Dokumenten, wie z.B. daß jeder Mensch in religiösen Belangen die Wahrheit herausfinden und bekennen müsse. Doch waren die Wahrheiten in den Konzilsdokumenten noch nie das Problem, sondern die Irrtümer und die Widersprüchlichkeiten der Dokumente sind es. Wenn beispielsweise die Masse von Individuen – wie der Staat – angeblich religiös neutral sein dürfe, warum darf dann nicht auch das einzelne Individuum neutral sein? Diese Widersprüche in den Konzilsdokumenten öffnen der „Befreiung“ des Menschen von Gott – kurzum dem Liberalismus – Tür und Tor.

Die Lehrgespräche der Jahre 2009 bis 2011 untersuchten die Kluft in der Glaubenslehre zwischen dem konzilsrömischen Subjektivismus und dem von der Bruderschaft hochgehaltenen katholischen Objektivismus. Die Gespräche zeigten natürlich, daß diese Kluft grundsätzlich und unüberbrückbar ist. Sie besteht nicht etwa zwischen konziliarer Wahrheit und katholischer Wahrheit, sondern zwischen konziliarem Irrtum und katholischer Wahrheit – tatsächlich zwischen der Religion des Menschen und der Religion Gottes.

Nun verkündet der Redner im zitierten Interview, daß die „Leute in Rom “richtig“ und „wir,“ d.h. die Priesterbruderschaft, falsch lägen, weil „viele Dinge,“ welche die Bruderschaft beständig als vom Konzil stammend verurteilt hat, doch lediglich der „allgemeinen Auffassung“ vom Konzil entsprächen. Anders gesagt war es vom Erzbischof und seiner Bruderschaft von Anfang an falsch, das Konzil anzuklagen und entsprechend dem konziliaren Rom zu widerstehen. Daraus folgt ebenfalls, daß die Bischofsweihen von 1988 eine unnötige Entscheidung gewesen sein müssen, weil man die Pflege der katholische Tradition den Konzilsbischöfen hätte anvertrauen können. Doch Erzbischof Lefebvre nannte die Bischofsweihen die „Operation Überleben“ und er bezeichnete das Vertrauen auf das konziliare Rom als „Operation Selbstmord.“

Der Redner aus dem Interview befürwortet gemäß seinen eingangs zitierten Worten heute gewiß ein Abkommen zwischen der Bruderschaft und Rom. Laut einigen Berichten über dieses Abkommen würde sogar die Ernennung von Bruderschaftsbischöfen dem konziliaren Rom obliegen. Wenn aber seit Erzbischof Lefebvres Zeit Rom nicht aufgehört hat, konziliar zu sein – und alle Belege widersprechen einer solchen Illusion –, dann hätte der Erzbischof heute über den Redner aus dem Interview gesagt, daß dieser die „Operation Selbstmord“ fördere (sofern der Redner seine zitierten Worte inzwischen nicht verleugnet hat).

Kyrie eleison.