Erzbischof Marcel Lefebvre

Vorwärts, Konziliarisierung

Vorwärts, Konziliarisierung on September 14, 2013

In der Augustausgabe von Englands neuer katholischer Monatszeitschrift The Recusant, welche sich als „Inoffizieller FSSPX-Rundbrief im Guerilla-Kampf für die Seele der Tradition“ bezeichnet, erschien ein guter Artikel. Er argumentiert, daß die Deklaration der drei Bischöfe der Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX) vom 27. Juni 2013 nicht so glaubenstreu ist, wie sie zunächst aussieht. Ein kurzer Überblick wird den sieben dichten Seiten des Recusant -Artikels zwar kaum gerecht, doch verdient seine Leitlinie eine Verbreitung. Diese Linie lautet so:—

Auf den ersten Blick scheint die Deklaration vom 27. Juni traditionell zu sein, aber wie schon in den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils A gibt es gewöhnlich eine Lücke, oder besser gesagt eine verhängnisvolle Schwachstelle, durch welche der ganze Rest des Dokumentes untergraben werden kann. Werfen wir also Absatz für Absatz einen genaueren Blick auf die Deklaration:

§1) „Dankbarkeit“ wird dem Erzbischof Lefebvre ausgedrückt, aber in der Deklaration folgen nur harmlose und weiche Zitate von ihm. Weder wird seine Predigt von den Bischofsweihen des Jahres 1988 erwähnt, noch folgen Zitate seiner schlagkräftigen Gründe für die Notwendigkeit dieser Bischofsweihen, um den „Antichristen in Rom“ (wie der Erzbischof sagte) Widerstand zu leisten.

§3) Zwar wird zugegeben, daß die „ Ursache “ für die Irrtümer, welche die Kirche verwüsten, in den Konzilsdokumenten enthalten sind. Doch ist das nicht gleichbedeutend mit dem Eingeständnis, daß diese Irrtümer in den Dokumenten sind, denn Ursache und Wirkung können nicht identisch sein. In Wahrheit sind allerdings schwere Irrtümer direkt in den Konzilsdokumenten enthalten, wie z.B. die Religionsfreiheit.

§4) Es wird anerkannt, daß das Zweite Vatikanum die Art und Weise, wie die Kirche lehrt oder wie sie Autorität ausübt, veränderte und sogar beeinträchtigte. Jedoch stellt nicht die Autorität das Hauptproblem dar, sondern die Glaubenslehre, siehe §8.

§5) Die Deklaration erinnert nur mit relativ weichen Worten an die „ Nicht-Beschäftigung “ der Konzilskirche mit der „Herrschaft Christi.“ In Wahrheit jedoch leugnet und widerspricht die Konzilskirche der universellen Christkönigsherrschaft, welche doch die Kriegsflagge des Erzbischofs und heutzutage aller echt antiliberalen Katholiken ist.

§6) Wie bereits in §3) angeschnitten, gibt die Deklaration zwar zu, daß das Konzilsdokument über die Religionsfreiheit zur Auflösung Christi führt. Doch das wirkliche Problem ist, daß der Konzilstext diese Auflösung ist, weil er den Menschen an die Stelle Gottes stellt. Das Zweite Vatikanum ist nicht nur die Frucht menschlicher Schwäche oder Geistesabwesenheit, sondern das Ergebnis einer satanischen Verschwörung.

§7) Auf ähnliche Weise lassen Ökumenismus und interreligiöser Dialog nicht lediglich „die Wahrheit über die eine wahre Kirche verstummen,“ wie in der Deklaration behauptet, sondern sie leugnen und widersprechen dieser Wahrheit. Auch „löschen“ Ökumenismus und interreligiöser Dialog nicht einfach nur „den missionarischen Geist“ aus, sondern sie löschen die Mission als solche aus, und mit ihr Millionen von Seelen überall auf der Welt.

§8) Als Grund für den Ruin der kirchlichen Institutionen wird die Zerstörung der Autorität innerhalb der Kirche durch die konziliare Kollegialität und den demokratischen Geist des Konzils gesehen. Doch das Hauptproblem (wie der einleitende Satz des Absatzes nur schwach andeutet) ist der Verlust des Glaubens, während die Autorität nur zweitrangig ist.

§9) Obgleich die Erklärung auf echte Fehler und schwere Auslassungen im Novus-Ordo-Meßritus hinweist, erwähnt sie doch mit keinem Wort das weltweite Gemetzel an Seelen, welches dieser Ritus anrichtet durch sein Verfälschen ihrer Anbetung von Gott. Die Novus-Ordo-Messe ist die Hauptantriebsfeder der Kirchenzerstörung von 1969 bis heute.

§10) Schließlich wird eine ängstliche und unterwürfige Sprache verwendet, um „mit Nachdruck zu bitten,“ daß Rom doch zur Tradition zurückkehren möge. Selbstverständlich möchte die Neupriesterbruderschaft gemäß ihrer Markenänderung keine Kämpfer und auch keine kämpferischen Reden mehr.

§11) Die drei Bruderschaftsbischöfe „wollen . . . der Vorsehung folgen“ – ob Rom nun zur Tradition zurückkehrt oder nicht. Was kann dies anderes bedeuten als ein späteres Annehmen eines Abkommens, welches an der Glaubenslehre vorbeigeht?

§12) Die Erklärung schließt mit frommen Worten und einem weiteren Taubenzitat des Erzbischofs.

Damit kommt The Recusant zu dem traurigen, aber allzu wahrscheinlichen Schluß, daß diese Deklaration nur ein scheinbarer Schritt zurück ist im Vergleich zu den beiden Deklarationen vom 15. April und 14. Juli letzten Jahres, die allerdings zwei klare Schritte zur Konziliarisierung der Priesterbruderschaft waren. Himmel, hilf!

Kyrie eleison.

Organisierter Widerstand?

Organisierter Widerstand? on September 7, 2013

Die Frage, ob und wie die heutige „Widerstandsbewegung“ organisiert sein soll, ist weiterhin Teil von Auseinandersetzungen (mit „Widerstandsbewegung“ sind jene früheren Mitglieder oder Freunde der Priesterbruderschaft St. Pius X. gemeint, welche über den offensichtlich gewordenen Kurswechsel der Bruderschaft so sehr verärgert sind, daß sie Schritte des Widerstandes gegen diesen Kurswechsel unternehmen). Grob gesagt verlangen die (relativ) Jüngeren der Bewegung nach einer Organisation, um ihre Handlungen zu koordinieren und effektiver zu machen, während die Älteren eher davon ausgehen, daß unter den heutigen verworrenen Umständen jedwede strukturierte Organisation nicht länger möglich oder wünschenswert ist.

Zunächst einmal sollen wir den Grad der Verworrenheit messen. Das heutige Chaos liegt wesentlich in der Tatsache begründet, daß der Hirte geschlagen und die Herde zerstreut ist (Ezechiel 13,7 und Matthäus 26,31). Für die gesamte Welt ist dieser Hirte der katholische Papst – ob die Welt dies nun wahrhaben will und gerne hört oder nicht. Wie wir heute beobachten können, kann, wenn der Papst verrückt geworden ist, niemand auf der ganzen weiten Welt die Ordnung wiederherstellen. Der Grund dafür ist einfach: der Fleischgewordene Gott machte seine Kirche zum Salz der Erde und zum Licht der Welt (Matthäus 5,13–14), und er legte seine Kirche als eine Monarchie an; eine Veranlagung, welche nicht einmal das Zweite Vatikanum rückgängig zu machen vermochte. Deswegen kann niemand die Stelle des Papstes einnehmen. Wenn der Papst allerdings Dinge sagt wie: „Wer bin ich, daß ich einen gottsuchenden Homosexuellen verurteilen könnte?,“ wie der momentane Inhaber des Stuhles Petri kürzlich sagte, „dann kehrt das Chaos wieder“ (Othello). Wir können nur sehr wenig dagegen unternehmen; außer natürlich dafür zu beten, daß Gott doch eingreifen möge.

Ungeachtet dessen hat Erzbischof Lefebvre alles ihm mögliche unternommen, und mit der Gnade Gottes eine Insel der geistigen Gesundheit und Ordnung geschaffen, die Priesterbruderschaft St. Pius X. Doch seine Nachfolger gaben unter dem Druck der aufeinanderfolgenden Konzilspäpste – fast schon natürlicherweise – nach. Heute stellen sie gar die Frage: „Wie können wir katholisch und dennoch dem Papst ungehorsam sein?“ – wahrlich Verwirrung und Chaos. Nun war allerdings der Erzbischof bei seinem Unterfangen, Widerstand gegen das Konzil zu organisieren, so erfolgreich, daß eine Reihe von Katholiken, welche die erzbischöfliche Einstellung richtig verstanden, nun einen Widerstand gegen jene organisieren wollen, die ihn verraten. Doch ist es überhaupt möglich, so einen Widerstand zu organisieren? „Das ist hier die Frage“ (Hamlet).

Ein weiser Priesterbruder, der alt genug ist, um an der Seite des Erzbischofs hart und effektiv an der weltweiten Ausbreitung der Priesterbruderschaft in den 1970er und 1980er Jahre mitgewirkt zu haben, erinnert sich an einige Priester aus jenen frühen Tagen, welche überall auf der Welt verteilt, unabhängig voneinander und von Erzbischof Lefebvre dem Konzil widerstanden. Wohl hörten sie auf ihn, weil er mit einem gesunden katholischen Menschenverstand sprach. Aus diesem Grunde anerkannten auch viele von ihnen seine moralische Autorität. Doch weder leisteten diese Priester dem Erzbischof im engeren Sinn Gehorsam, noch verlangte er diesen von ihnen. Ohne Papst blieb und bleibt hierarchisch aufgebauter katholischer Gehorsam unmöglich. Mein Priesterbruder weist schließlich darauf hin, daß selbst die erzbischöfliche Bruderschaft der liberalen Kirche und Welt nur 30, höchstens 40, Jahre lang zu widerstehen vermochte, und daß die heutige Situation eigentlich noch schlimmer als damals in seinen Tagen ist. Er schlußfolgert, daß im Falle einer Besatzung des Heimatlandes durch eine fremde Armee es unmöglich ist, noch eine Verteidigungsarmee zu organisieren, es bleibt nur der Guerillakrieg übrig.

Meines Erachtens schildert dieser Priesterbruder das größerwerdende Chaos richtig, wenn er anderswo schreibt: „Die Stunde Gottes und des Unbefleckten Herzens Mariens wird kommen (wie sie es gesagt hat), aber erst, wenn alles verloren zu sein scheint – was die kleine Priesterbruderschaft einschließen muß. Die grosse Illusion von Bischof Fellay war die Vorstellung, daß die großartige Bruderschaft die Kirche retten konnte, und der Teufel brauchte nur noch hinzuzufügen, „ von innerhalb der Kirche, wie ein trojanisches Pferd. “ In Wahrheit hätten wir nur eines tun müssen: in Übereinstimmung mit dem Gründer eine Arche Noah für den Überrest an Gläubigen zu bauen, und so lange an dieser Arche zu arbeiten, bis die Flut kommt. Doch ein Aufgeklärter öffnete die Tür der Arche vor der Zeit, und so wurde die Arche geflutet. Erbarme Gott sich unser aller. Dieser Obere war jedoch nicht Noah, sondern Kapitän der Titanic.“

Kyrie eleison.

Pathologischer Zustand

Pathologischer Zustand on August 17, 2013

Isabella die Katholische, die große Königin von Spanien, soll einmal ein Gemälde in Auftrag gegeben haben, welches einen Priester am Altar, ein Weib bei der Geburt und einen Verbrecher beim Gehängtwerden zeigen sollte. Sprich, ein jeder soll tun, wozu er bestimmt ist, und nichts anderes. Allerdings wiesen die „Eleison Kommentare“ letzte Woche darauf hin, daß die Menschen heute nicht mehr ihrer Bestimmung nachkommen: Lehrer lehren oft nicht mehr, Ärzte heilen oft nicht mehr, Polizisten schützen oft nicht mehr und – am allerschlimmsten, hätte ich anfügen können – sind Priester oft keine Männer Gottes mehr. Ein italienischer Freund meinerseits bezeichnet diese Fehlanpassung an die Wirklichkeit als „pathologisch,“ was ein heute weitverbreitetes modernes Wort ist.

Dieses Wort „pathologisch“ gehört eigentlich zum Kauderwelsch der Psychiater, das zurecht als „Psychogebabbel“ bekannt ist, weil es altbekannte Miseren der gefallenen Menschennatur lediglich durch nagelneue, vielsilbige Worte verschleiert. Zwar können Psychiater, die selber gottlos sind, keine von der Gottlosigkeit stammenden Probleme lösen, doch sozusagen versuchen sie es wenigstens. Die Neuheit „Psychogebabbel“ kann also wenigstens zur Verdeutlichung der Tatsache dienen, daß die in den heutigen Menschen angehäuften Miseren, durch das Anhäufen der Gottlosigkeit der letzten Jahrhunderte entstanden, ein noch nie dagewesenes Element mit sich bringen. Mein Freund schreibt:

„Der Begriff Pathologie kann eine gelegentliche oder angeborene Krankheit, und im erweiterten Sinne eine abnormale bzw. verzerrte Seinsweise, bedeuten, welche – ob angeeignet oder angeboren – zu einem Teil des Zustandes einer Einzelperson geworden ist. Im erweiterten Sinne können wir denselben Begriff auf eine Gruppe von Einzelnen oder auf eine Gesellschaft anwenden. Auf diese Weise können wir auch von einem pathologischen, d.h. krankhaften und abnormalen, Zustand der modernen Welt sprechen. Die betroffene Person oder Gruppe von Personen erkennt diesen Zustand, ob angeeignet oder angeboren, nicht mehr als das, was er in Wirklichkeit ist. Vielmehr sehen die Betroffenen diesen Zustand sogar als normal an, und benutzen ihn als Schutzschild oder rühmen sich damit. Somit wird die Abnormalität normal und das Normale abnormal. Dies ist das Drama der modernen Welt und des modernen Menschen.“

Mit diesem Wissen würden wir uns darauf warten, dass Priester den Altar vernachlässigen, Weiber nicht mehr gebären und Verbrecher nicht mehr gehängt werden. Tatsächlich ist das genau der Zustand der Welt, in welcher wir leben – somit paßt das Psychogebabbel also. Wie Katholiken auf diesen pathologischen Zustand der modernen Welt reagieren sollten, erklärt mein Freund wie folgt:

„Wir Katholiken sollten begreifen, daß wir eine noch nie dagewesene Situation erleben, wo jeder Sinn für die objektive Wirklichkeit immer mehr verlorengeht. Für die Kirche bedeutet dies, daß Bezugspunkte, welche vor 50 Jahren noch gültig waren, heute nicht mehr gelten. Wir benötigen also verschiedene Lösungen, welche einerseits die Möglichkeit einer weiter zunehmenden Unordnung berücksichtigen, und andererseits dehnbar genug sind, um einer ständig schlimmer werdenden Situation sich anpassen zu können. Weil die Glaubenslehre vorrangig und entscheidend ist, muß den Katholiken und zukünftigen Priestern eigentlich gelehrt werden, wie einzigartig diese Endzeiten sind. Die Evangelien berichten uns, daß diese Endzeiten in Zukunft kommen werden, doch wir erleben sie bereits jetzt, und sie können nur schlimmer werden, bis Gott schlußendlich sagt: das Maß ist voll!“

Kurz gesagt hat der über die Jahrhunderte stärker werdende Glaubensabfall in der Menschheit eine solche Verweigerung gegenüber der Wirklichkeit anschwellen lassen, daß sie zurecht „pathologisch“ genannt werden kann. Und sie verursacht ein beispielloses Ausmaß an Not in den Seelen; eine Not, welche von einem ähnlich beispiellosen Ausmaß an Wohlstand in keiner Weise gelindert wird. Die katholische Kirche bekämpfte diesen Glaubensabfall, doch als sie ihren Kampf auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil aufgab, übernahm der pathologische Wahn die Welt, welche seither in Richtung Antichrist torkelt. Inmitten der zerbröckelnden Kirche baute Erzbischof Lefebvre eine Festung geistlicher Gesundheit auf; doch nun ist dieselbe Pathologie dabei, seine Priestergesellschaft zu überwältigen.

Ihr Lehrer, lehrt! Ihr Ärzte, heilt! Ihr Weiber, gebärt! Ihr Priester, studiert alles, was Erzbischof Lefebvre sagte und tat. Königin Isabella, bitte für uns!

Kyrie eleison.

Langzeitprognose

Langzeitprognose on Juli 20, 2013

Vor fast 20 Jahren zeigte ein gewisser Bischof der Priesterbruderschaft St. Pius X. die grundsätzliche Möglichkeit auf, daß die Bruderschaft von Erzbischof Lefebvre jenen Verrat am Glauben begehen könnte, welcher dann im Jahre 2009 und 2012 auch um ein Haar geschehen ist und nach wie vor zu geschehen droht. Beunruhigt durch die Selbstbewunderung und den Mangel an Ernsthaftigkeit auf dem jüngsten wählenden Generalkapitel der Bruderschaft, wie der erwähnte Bischof beobachtet hatte, folgt nun eine Zusammenfassung (und einige direkte Zitate) dessen, was er am 17. Juli 1994 im Bruderschaftshaus des französischen Ortes Le Brémien sagte (eine Suche im Internet nach „Un évêque s’est levé le Brémien“ sollte zum französischen Originaltext führen):

Es wäre schön, wenn wir sagen könnten, daß die Bruderschaft überall neue Häuser eröffnet, erbaut und neue Länder betritt, daß wir Berufungen haben, daß jeder nett und goldig ist, jung und begeistert, daß wir vier Bischöfe haben, usw. „Doch warum sollte die Bruderschaft einen besonderen Schutz besitzen gegenüber jenen heute entfesselten Kräften, welche tausende hervorragende Bischöfe und Priester der Amtskirche einfach hinwegfegten? (.) Wo liegen die Qualitäten der Bruderschaft und was sind ihre Garantien?“ Jung zu sein, nun, die Jugendzeit ist gut, man ist gutaussehend und physisch stark, doch was ist mit dem Alter, mit der Erfahrung und der Weisheit der Jahre? Wie kann von den Jünglingen erwartet werden, weise zu sein?

In den 1950er- und 1960er-Jahren schien die Kirche bei guter Gesundheit zu sein und heldenmütig den gottlosen Einflüssen der Nachkriegswelt zu widerstehen. In England und in den USA fand jährlich eine große Zahl von Konversionen statt, und fast schien die Welt an einen Punkt zu gelangen, wo sie zum katholischen Glauben konvertiere. Doch was geschah stattdessen? Das genaue Gegenteil. Durch das Zweite Vatikanische Konzil hörte die Wahrheit zu kämpfen auf und die katholische Kirche kapitulierte vor der modernen Welt.

Daher möchte ich Ihnen nun ein entsprechendes Gedankenspiel für die Bruderschaft vorstellen. In den 1990er-Jahren widersteht diese liebenswürdige kleine Priesterbruderschaft mit all ihren wunderbaren kleinen Priestern noch heldenhaft dem Versagen und Verrat der offiziellen Amtskirche. Es gibt Konversionen und die Menschen begreifen, daß die neue Kirche falsch und nicht funktionstüchtig ist; doch was könnte geschehen, wenn die Amtskirche scheinbar den Punkt ihrer Kapitulation erreicht hat? Ich sage nicht, daß wir dies dann erleben werden, sondern könnten: die Kapitulation der Bruderschaft vor der Neuen Weltordnung und den Anschluß an die Amtskirche. Wenn schon die Universalkirche zusammenbrechen konnte, warum sollte dann eine winzige Priesterbruderschaft nicht zusammenbrechen können?

Noch eine weitere Überlegung möchte ich anstellen. Vor dem Konzil hatte jeder katholische Orden und jede religiöse Gesellschaft die Kongregationen der römischen Kurie über sich. In dem Falle, „wo in einer religiösen Gesellschaft eine Fehlentwicklung entstand – ein Versagen der Oberen nicht ausgeschlossen, was menschlich immer möglich ist –, konnte man stets an Rom appellieren und Rom hätte eingegriffen.“ In früheren Zeiten konnte man davon ausgehen, daß Rom immer zum Besten eingriff, während es heute generell zum Schlechtesten eingreift. Deswegen ist es jetzt „besser, nicht unter Rom zu stehen. Doch seien wir vorsichtig, denn dafür müssen wir einen Preis bezahlen; namentlich daß niemand mehr über uns ist. Somit sind unser Generalrat und unser kleiner Generaloberer die Obergrenze. Das ist sehr gefährlich!“ Somit ist die Bruderschaft ganz auf ihre eigenen Mittel angewiesen. Erzbischof Lefebvre war 65 Jahre alt, als er die Bruderschaft gegründet hatte. Doch über wieviele älteren Männer mit Langzeiterfahrung verfügt die Bruderschaft im Jahre 1994?

Kurz gesagt, warum sollte die Priesterbruderschaft von den Problemen der Universalkirche verschont bleiben? Keineswegs möchte ich, daß die Bruderschaft auseinanderbricht und ich bitte Gott, daß ich nichts unternehmen werde, um so etwas zu fördern. Dennoch muß ich sagen, daß ich nicht überrascht wäre, wenn sie zerbräche. Möge Gott dies verhindern. Jedoch könnte er zulassen, daß die Bruderschaft den Weg allen Fleisches geht, um uns in Erinnerung zu rufen, wie wenig wir aus uns allein vermögen. Wir brauchen Weisheit, und eine besondere Hilfe von Gott.

Kyrie eleison.

Vorrückender Widerstand

Vorrückender Widerstand on Juli 13, 2013

Die Feierlichkeiten in den USA zum silbernen Jubiläum der Bischofsweihen des Jahres 1988 waren ein großer Erfolg. Ein Dutzend Priester und ein Bischof zelebrierten am 29. und 30. Juni 2013 zwei Pontifikalmessen im Pfarrgarten von Hw. Ronald Ringrose in Vienna in Virginia, und ca. 250 bis 300 Gläubige besuchten jeweils die hl. Messe. Die Zeremonien mögen liturgisch gesehen etwas zu wünschen übrig gelassen haben, weil eine einzelne Gemeinde nicht über die Mittel eines voll ausgerüsteten Priesterseminars verfügt. Viel wichtiger ist jedoch, daß die Meßbesucher ruhig und beschaulich gestimmt waren, weder mit Bitterkeit noch Wut, sondern mit einem klaren Verständnis für die Tatsache ausgestattet, daß die Priesterbruderschaft St. Pius X. auf Abwege geraten ist und die Gläubigen daher etwas unternehmen müssen, um den Glauben zu bewahren. Viele Besucher kamen von weither in den USA angereist, einige sogar aus dem Ausland.

Tags zuvor war Hw. Ringrose mit seiner Pfarrei bereits Gastgeber eines Tagestreffens für das Dutzend Priester, welches aus Brasilien, Kanada, Kolumbien, England, Frankreich, Mexiko und den Vereinigten Staaten kam. Es wurde keine neue Organisation und auch kein zusätzliches Verwaltungsinstrument gebildet, sondern eine weitere Erklärung abgegeben, welche abschloß mit einem langen Zitat von Erzbischof Lefebvre über den Wiederaufbau des Christentums von Grund auf. Die Stimmungslage der Priester war jener der Meßbesucher ähnlich: ruhig und beschaulich, entschlossen und in einer Zweckeinheit verbunden mit dem schlichten Ziel, möglichst viel zu retten von dem, was die Bruderschaftsführung jetzt verrät.

Sagte ich Verrat? Aber haben die anderen drei Bruderschaftsbischöfe Tissier, Fellay und de Galarreta am 27. Juni 2013 nicht ebenfalls eine Erklärung abgegeben, welche in weiten Teilen zu dem zurückzukehren schien, wofür die Priesterbruderschaft immer stand? Seien wir vorsichtig. Wie die Lateiner am Beispiele des Skorpion sagen: „In cauda venenum,“ d.h. im Schwanz befindet sich das Gift. Denn der elfte der zwölf Absätze dieser Erklärung besagt, daß diese drei Bischöfe der Vorsehung folgen wollen, „wenn entweder Rom zur Tradition zurückkehrt . . . oder wenn Rom ausdrücklich unser Recht anerkennt, ganz den Glauben zu bekennen und die ihm entgegenstehenden Irrtümer zurückzuweisen.“

Hw. Ringrose war nun etwa 30 Jahre lang ein Mitstreiter im US-Distrikt der Bruderschaft, doch auf ihrem neuen und selbstmörderischen Pfad leistet er ihr nicht länger Gesellschaft. In seinem Gemeindeblatt schrieb er über den Gemütszustand, welcher hinter dem erwähnten elften Paragraphen steht, folgendes:

„Das heißt also: ‚Selbst wenn Rom modernistisch bleibt, so nehmt uns trotzdem auf. Wir werden damit zufrieden sein, einfach eine weitere Gruppe in der konziliaren Ruhmeshalle zu sein – neben den Ketzern, Ökumenisten, Pantheisten oder wen es sonst noch gibt.’ Die Erklärung klingt so, als ob eine Verschiebung stattfände zurück zu dem, wofür die Priesterbruderschaft immer stand, doch die Tür zum Abkommen (zwischen der Bruderschaft und Rom) bleibt offen. In Wirklichkeit hat sich also nichts geändert, sondern es klingt nur anders. Der Inhalt des Behälters ist genau der gleiche, lediglich das Etikett auf seiner Außenseite sieht ein bißchen mehr nach Erzbischof Lefebvre aus.“

Die Gläubigen allerdings scheinen mit den Füßen abzustimmen. Auf der eigenen kleinen Silberjubiläumsfeier der Bruderschaft in Ecône sollen nur zwischen 200 und 300 Menschen gewesen sein, und bei der jährlichen Priesterweihe in Ecône soll diesmal fast die Hälfte der Stühle leer geblieben sein. Es sieht gewiß so aus, als ob der Verrat die Bruderschaft konstant schwächt, während Priester und Laien immer mehr erkennen, was vor sich geht, und somit die Widerstandsbewegung immer stärker wird.

Kyrie eleison.

Lebhafte Debatte

Lebhafte Debatte on Juli 6, 2013

Das Problem der „Gelähmten Autorität“ (siehe „Kommentare“ vom 1. und 29. Juni 2013) führt zu einigen lebhaften Reaktionen unter den Lesern. Auf der einen Seite sagen tapfere Katholiken zu mir, daß, weil ich ein Bischof bin, ich auch wie ein Bischof handeln und somit das Kommando über die „Widerstandsbewegung“ ergreifen müsse. Auf der anderen Seite warnt ein tapferer Priester, welcher über langjährige Erfahrung mit dem „Sedisvakantismus“ verfügt, vor dem Errichten einer Parallelkirche durch die Weihe weiterer Bischöfe – ausgenommen im Falle von Weltkrieg, physischer Verfolgung oder lähmendem Alter (manche behaupten, daß dieser letztgenannte Fall bereits eingetreten sei . . . ).

Erwähntes Problem geht natürlich auf das Zweite Vatikanische Konzil zurück, wo als Folge eines 700jährigen Abgleitens die konziliaren Kirchenmänner die Lehre der Kirche aufgaben und dadurch die katholische Wahrheit von der katholischen Autorität trennten. Dadurch diskreditierten sie so sehr die amtliche Kirchenautorität, daß Gläubige, wie die eingangs erwähnten, heute keine Notwendigkeit mehr für diese Art von Autorität sehen. Jedoch ist wegen der naturgemäßen Verschiedenheit und der Erbsünde aller Menschen eine zentrale kirchliche Autorität absolut notwendig, um die kirchliche Einheit (und dadurch das Überleben der Kirche) gewähren zu können: nicht nur hinsichtlich der Wahrheit, sondern auch hinsichtlich der Sakramente und der Kirchenregierung.

Aus diesem Grund benötigt ein Bischof oder Priester nicht nur die sakramentale Kraft seiner Weihe, welche er in alle Ewigkeit unverlierbar besitzt. Sondern er benötigt auch die Amtsgewalt der Jurisdiktion, d.h. Zuständigkeit zu sagen (dictio) was recht ist (ius, iuris). Diese Amtsgewalt wird nicht mit der Weihe verliehen, und der Würdenträger kann sie nicht selber sich erteilen, sondern muß sie von oben erhalten, d.h. von einem Kirchenoberen und letztendlich vom Papst, welcher sie wiederum von Gott erhält. Wenn also tapfere Seelen zu mir sagen, daß ich (durch meine Weihe) ein Bischof bin und daher meine Pflicht vernachlässigen würde, wenn ich nicht wie ein Bischof handele und der „Widerstandsbewegung“ sage (dictio), was zu tun ist (ius), so verwechseln diese Seelen höchstwahrscheinlich die zwei verschiedenen Kräfte eines Bischofs.

Wahrscheinlich stießen diese Seelen instinktiv doch auf eine Lehre sowohl der Kirche als auch des gesunden Menschenverstandes; namentlich die ergänzende Jurisdiktion. Diese besagt, daß im Notfall, wenn aus irgendwelchen Gründen die Kirchenoberen die zur Seelenrettung benötigte Jurisdiktion nicht erteilen, die Kirche diese Jurisdiktion ergänzend erteilt. Nehmen wir als Beispiel einen Priester, welcher die normalerweise benötigte Jurisdiktion, die Beichte zu hören, nicht besitze. Sollte allerdings ein Beichtling diesen Priester um die Beichte ersuchen, so darf er im Bedarfsfall die Beichte hören, und das Sakrament wird gültig sein. Nun ist der große, vom Zweiten Vatikanum geschaffene Kirchennotstand gewiß noch verstärkt worden durch die berüchtigte doktrinelle Erklärung des Bruderschaftsgeneralhauses vom Mitte April des letzten Jahres. Diese Erklärung ist der schriftliche Beweis für den Zerfall der letzten noch vorhandenen Festung des wahren Glaubens.

Die ergänzende Jurisdiktion besitzt allerdings eine Schwäche. Denn weil sie nicht amtlich ist, unterliegt sie stärker dem Streit. Beispielsweise leugnet das Konzilrom den vom Zweiten Vatikanum geschaffenen Kirchennotstand und übt entsprechend großen – und allzu erfolgreichen – Druck auf die Priesterbruderschaft St. Pius X. aus, der konziliaren Autorität sich unterzuordnen. So sehr strebt die Autorität nach Amtlichkeit. Selbst Erzbischof Lefebvre verlor ungefähr ein Viertel der von ihm geweihten Priester, weil er keine Amtsgewalt besaß, sie am Weggehen zu hindern. Das sind Auswirkungen dieser unglaublichen Kirchenkrise. Wenn also ein Priester oder Laie mich ersucht, ihm Befehle zu erteilen, so könnte er sie bereits wenige Monate später wieder verwerfen, oder jedenfalls dann, wenn er gewisse Befehle nicht als befolgenswert erachtet.

Dennoch bleibt die Krise bestehen und wird sogar stets schlimmer, bis zu dem Punkt, wo Gott eingreifen wird, um den Papst zu – seiner katholischen – Vernunft zu bringen. Und Gott wird das gewiß tun, wenn nur genügend Katholiken ihn bitten, doch die Augen des Papstes zu öffnen. Bis dahin wird der sich verschlimmernde Notstand dazu beitragen, die nichtamtliche Autorität noch zu bestärken. Möge doch der Allmächtige Gott uns helfen, jede unnötige Anarchie zu vermeiden.

Kyrie eleison.