Psychogebabbel

Pathologischer Zustand

Pathologischer Zustand on August 17, 2013

Isabella die Katholische, die große Königin von Spanien, soll einmal ein Gemälde in Auftrag gegeben haben, welches einen Priester am Altar, ein Weib bei der Geburt und einen Verbrecher beim Gehängtwerden zeigen sollte. Sprich, ein jeder soll tun, wozu er bestimmt ist, und nichts anderes. Allerdings wiesen die „Eleison Kommentare“ letzte Woche darauf hin, daß die Menschen heute nicht mehr ihrer Bestimmung nachkommen: Lehrer lehren oft nicht mehr, Ärzte heilen oft nicht mehr, Polizisten schützen oft nicht mehr und – am allerschlimmsten, hätte ich anfügen können – sind Priester oft keine Männer Gottes mehr. Ein italienischer Freund meinerseits bezeichnet diese Fehlanpassung an die Wirklichkeit als „pathologisch,“ was ein heute weitverbreitetes modernes Wort ist.

Dieses Wort „pathologisch“ gehört eigentlich zum Kauderwelsch der Psychiater, das zurecht als „Psychogebabbel“ bekannt ist, weil es altbekannte Miseren der gefallenen Menschennatur lediglich durch nagelneue, vielsilbige Worte verschleiert. Zwar können Psychiater, die selber gottlos sind, keine von der Gottlosigkeit stammenden Probleme lösen, doch sozusagen versuchen sie es wenigstens. Die Neuheit „Psychogebabbel“ kann also wenigstens zur Verdeutlichung der Tatsache dienen, daß die in den heutigen Menschen angehäuften Miseren, durch das Anhäufen der Gottlosigkeit der letzten Jahrhunderte entstanden, ein noch nie dagewesenes Element mit sich bringen. Mein Freund schreibt:

„Der Begriff Pathologie kann eine gelegentliche oder angeborene Krankheit, und im erweiterten Sinne eine abnormale bzw. verzerrte Seinsweise, bedeuten, welche – ob angeeignet oder angeboren – zu einem Teil des Zustandes einer Einzelperson geworden ist. Im erweiterten Sinne können wir denselben Begriff auf eine Gruppe von Einzelnen oder auf eine Gesellschaft anwenden. Auf diese Weise können wir auch von einem pathologischen, d.h. krankhaften und abnormalen, Zustand der modernen Welt sprechen. Die betroffene Person oder Gruppe von Personen erkennt diesen Zustand, ob angeeignet oder angeboren, nicht mehr als das, was er in Wirklichkeit ist. Vielmehr sehen die Betroffenen diesen Zustand sogar als normal an, und benutzen ihn als Schutzschild oder rühmen sich damit. Somit wird die Abnormalität normal und das Normale abnormal. Dies ist das Drama der modernen Welt und des modernen Menschen.“

Mit diesem Wissen würden wir uns darauf warten, dass Priester den Altar vernachlässigen, Weiber nicht mehr gebären und Verbrecher nicht mehr gehängt werden. Tatsächlich ist das genau der Zustand der Welt, in welcher wir leben – somit paßt das Psychogebabbel also. Wie Katholiken auf diesen pathologischen Zustand der modernen Welt reagieren sollten, erklärt mein Freund wie folgt:

„Wir Katholiken sollten begreifen, daß wir eine noch nie dagewesene Situation erleben, wo jeder Sinn für die objektive Wirklichkeit immer mehr verlorengeht. Für die Kirche bedeutet dies, daß Bezugspunkte, welche vor 50 Jahren noch gültig waren, heute nicht mehr gelten. Wir benötigen also verschiedene Lösungen, welche einerseits die Möglichkeit einer weiter zunehmenden Unordnung berücksichtigen, und andererseits dehnbar genug sind, um einer ständig schlimmer werdenden Situation sich anpassen zu können. Weil die Glaubenslehre vorrangig und entscheidend ist, muß den Katholiken und zukünftigen Priestern eigentlich gelehrt werden, wie einzigartig diese Endzeiten sind. Die Evangelien berichten uns, daß diese Endzeiten in Zukunft kommen werden, doch wir erleben sie bereits jetzt, und sie können nur schlimmer werden, bis Gott schlußendlich sagt: das Maß ist voll!“

Kurz gesagt hat der über die Jahrhunderte stärker werdende Glaubensabfall in der Menschheit eine solche Verweigerung gegenüber der Wirklichkeit anschwellen lassen, daß sie zurecht „pathologisch“ genannt werden kann. Und sie verursacht ein beispielloses Ausmaß an Not in den Seelen; eine Not, welche von einem ähnlich beispiellosen Ausmaß an Wohlstand in keiner Weise gelindert wird. Die katholische Kirche bekämpfte diesen Glaubensabfall, doch als sie ihren Kampf auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil aufgab, übernahm der pathologische Wahn die Welt, welche seither in Richtung Antichrist torkelt. Inmitten der zerbröckelnden Kirche baute Erzbischof Lefebvre eine Festung geistlicher Gesundheit auf; doch nun ist dieselbe Pathologie dabei, seine Priestergesellschaft zu überwältigen.

Ihr Lehrer, lehrt! Ihr Ärzte, heilt! Ihr Weiber, gebärt! Ihr Priester, studiert alles, was Erzbischof Lefebvre sagte und tat. Königin Isabella, bitte für uns!

Kyrie eleison.

„Marcellus Initiative“

„Marcellus Initiative“ on November 10, 2012

Letzte Woche präsentierten wir Einzelheiten zur „Marcellus Initiative,“ die mit dem Ziel gegründet worden war, Spenden für das Anliegen des kürzlich „ausgeschlossenen“ Bischofs zu erleichtern. Nun fragten einige Leser zurecht, wofür diese „Initiative“ denn genau stehe. Zuerst einmal wird sie die Kosten für den Umzug des Bischofs aus Wimbledon oder London an einen anderen Ort tragen, wo er dann verweilen wird. Weit über solche Unkosten hinausgehend ist der Begriff Initiative jedoch bewußt gewählt worden, um verschiedene Möglichkeiten offenzuhalten. Allerdings sei betont, daß Spenden an diese Initiative in nächster Zeit nicht dazu verwendet werden, einen Ersatz zur Priesterbruderschaft St. Pius X. oder ein neues Seminar zu finanzieren. Es gibt gute Gründe, warum diese beiden Anliegen ohne Eile sind.

Bezüglich einer Alternative zur Priesterbruderschaft sei gesagt, daß wir aus ihrer gegenwärtigen schweren Krise erst einmal die Lehre ziehen müssen. Die katholische Kirche fußt auf einer Hierarchie der Autorität, welche abwärts vom Papst bis in die unteren Ränge reicht. Allerdings hat unsere revolutionäre Welt inzwischen den natürlichen Sinn der Menschen für die Autorität so sehr zerstört, daß auf der einen Seite nur noch wenige Personen zu befehlen wissen, und auf der anderen Seite die meisten Menschen entweder zu wenig oder aber zu viel gehorchen. Der bodenständig gesunde Menschenverstand ist uns derart abhandengekommen, daß die katholische Autorität kaum mehr funktionieren kann. Auf ähnliche Weise, wie nur Gott allein die Autorität von Mose durch eine gewaltige Züchtigung der Rebellen wieder herstellen konnte (vergleiche viertes Buch Mose „Numeri“), so kann auch in unserer Zeit gewiß nur Gott allein die päpstliche Autorität auf die Beine stellen. Wird er dazu einen „Feuerregen“ schicken, vor dem Unsere Liebe Frau 1973 im japanischen Akita gewarnt hat? Wie dem auch sei; Glaubensoasen bleiben für uns eine unmittelbare und geeignete Möglichkeit, und ich meine ihnen nach Kräften dienlich zu sein.

Ähnliche Argumente gelten bezüglich des Neustarts eines klassischen katholischen Priesterseminars. Ein altes Sprichwort erinnert daran, daß man ohne ausreichende Mittel nicht an die Arbeit gehen kann. Auf unsere Situation angewandt: Es fällt immer schwerer, aus den heutigen Jungmännern katholische Priester zu formen. Übernatürliche Qualitäten des Glaubens, des guten Willens und der Frömmigkeit sind zwar eine große Hilfe, aber dennoch baut die Gnade auf der Natur auf, und diese natürlichen Grundlagen – wie z.B. ein stabiles Zuhause und eine wahrhaft menschliche Erziehung – fehlen heute immer mehr. Gewiß gibt es noch gute Familien, wo die Eltern verstanden haben, was ihre Religion von ihnen verlangt, um ihre Kinder auf den Weg in den Himmel senden zu können. Und gewiß geben etliche Eltern dabei auch heldenhaft ihr Bestes. Aber unsere abartige Zeit trachtet nach der Zerstörung des gesunden Menschenverstandes und des natürlichen Anstandes von Geschlecht, Familie und Nation. Selbst mit den besten Absichten bleiben die Kinder des heutigen sozialen Umfeldes schlechterdings mehr oder weniger daran gehindert, eine Berufung Gottes wahrzunehmen oder ihr zu folgen.

Hat also Gott seine Kirche aufgegeben und läßt er uns in Zukunft ohne Priester sein? Natürlich nicht. Jedoch sind zwei Dinge zu beachten. Erstens darf eine zur Seelenrettung gegründete katholische Organisation von morgen keinesfalls ihren Scharfblick verlieren bezüglich der seelenzerstörenden Natur der Konzilskirche und der modernen Welt. Und zweitens können keine Priester von morgen ausgebildet werden, welche zwar die Summa Theologiae des Hl. Thomas von Aquin perfekt kennen, aber kaum eine oder gar keine Vorstellung haben, wie diese Summa auf das heutige Leben anzuwenden ist.

Kongregationen und Seminare von morgen müssen auf Biegen oder Brechen an der Wirklichkeit festhalten, anstatt davon zu träumen, wie „normal“ sie doch seien oder sein sollten. Ist diese Aufgabe zu schaffen? Mit Gottes Hilfe gewiß. Allerdings ist Gottes Weisheit unergründlich, und möglicherweise bedient er bei der Seelenrettung von morgen sich nicht mehr länger der klassischen Kongregationen und Seminare von gestern. Was mich angeht, so werde ich jedenfalls versuchen, Gottes Vorsehung beim Weihen von Priestern – und von Bischöfen – zu folgen. Gottes Wille geschehe.

Kyrie eleison.

Unterschätzte Doktrin

Unterschätzte Doktrin on September 25, 2010

Der Herausgeber der meistens durchdachten US-Zeitschrift „Kulturkampf“ („Culture Wars“), Herr E. Michael Jones, tadelte mich kürzlich – und die Priesterbruderschaft St. Pius X. als Ganzes – dafür, daß wir uns absichtlich von der regulären katholischen Kirche trennen. Lassen Sie mich möglichst kurz und getreu die Argumente von Herrn Jones zusammenfassen; die wichtigsten Punkte sind für eine leichter verständliche Antwort mit Großbuchstaben markiert:

Seine Hauptaussage lautet, daß das Problem des Zweiten Vatikanum nicht lehrmäßiger Natur sei: „(A) Die Konzilsdokumente selber sind nicht verantwortlich für die seither im Namen des „Geistes des Konzils“ erfolgenden Verrücktheiten. Zwar sind die Dokumente bisweilen mehrdeutig, aber (B) weil Gott immer bei seiner Kirche ist, kann (C) auch nur etwas Katholisches die Zustimmung der versammelten Bischöfe der Welt erhalten, wie auf dem Zweiten Vatikanum geschehen. (D) Aus diesem Grund kann und muß es genügen, die Mehrdeutigkeiten der Konzilsdokumente im Lichte der Tradition auszulegen, wie Erzbischof Lefebvre selber einmal vorgeschlagen hat.

„Daher (E) ist das Zweite Vatikanum traditionell katholisch, und die Schwierigkeiten zwischen Rom und der Bruderschaft können nicht lehrmäßiger Natur sein. Somit (F) liegt das tatsächliche Problem der Priesterbruderschaft darin, die Gemeinschaft mit Rom aus Angst vor Verseuchung zu verweigern – eine Folge (G) ihrer schismatischen Lieblosigkeit. (H) Die daraus resultierende Schuld vertuschen sie durch die Unterstellung, daß ein beispielloser Notstand in der Kirche herrsche, welcher durch die Anti-Doktrin des Zweiten Vatikanums hervorgerufen worden sei. (I) Die Bruderschaft sagt somit, daß die Kirche in ihrem Auftrage versagt habe und die Priesterbruderschaft die Kirche sei. Was für ein Unsinn! Ihr Bischöfe der Bruderschaft: Überschreibt Euch endlich an Rom!“

Meine Antwort: Die Problematik des Zweiten Vatikanum ist grundsätzlich ein Problem der Glaubenslehre. (A) Die Konzilsdokumente selber – Gott sei es geklagt! – sind sehr wohl verantwortlich für den „Geist des Konzils“ und seine verrückten Folgen. Ebendiese – von Jones erkannte! – Zweideutigkeit der Dokumente setzte diesen ganzen Wahnsinn überhaupt erst frei. (B) Tatsächlich ist Gott stets mit seiner Kirche, aber er überläßt es dem freien Willen seiner Kirchenmänner, ob sie ihr großen Schaden zufügen – wenn auch niemals unbehebbaren Schaden; vergleiche Lukas 18,8. (C) „Auf diese Weise ließ Gott in der schrecklichen arianischen Krise im vierten Jahrhundert den Großteil der katholischen Bischöfe fallen.“ Was damals geschah, geschieht heute wieder – nur noch schlimmer. (D) In einem frühen Stadium des nachkonziliaren Kampfes um die Tradition mag es so ausgesehen haben, als ob man das Zweite Vatikanum im Lichte der Tradition auslegen könne, aber dieser Punkt ist längst überschritten. Die faulen Früchte der konziliaren Zweideutigkeit haben seither schon lange bewiesen, daß die raffiniert vergifteten Konzilsdokumente nicht gerettet werden können.

Somit (E) ist das Konzil nicht traditionell katholisch und die Schwierigkeiten zwischen Rom und der Bruderschaft sind grundsätzlich lehrmäßiger Natur. Es gibt also (F) gute Gründe, eine Verseuchung durch die falsche Glaubenslehre des Zweiten Vatikanum zu fürchten – schließlich führt sie die Seelen in die Hölle. (G) Es gibt auch keine schismatische Haltung unter den (nicht sedisvakantistischen) Traditionalisten, obwohl (H) die Kirche in der größten Notzeit ihrer gesamten Geschichte steckt. (I) Doch just so, wie im arianischen Glaubensabfall jene wenigen Bischöfe, welche den Glauben bewahrten, bewiesen, daß die Kirche nicht völlig zu existieren aufgehört hatte, so gehört auch die Priesterbruderschaft heute zur Kirche und bewahrt den katholischen Glauben – ohne vorzugeben, die Kirche zu ersetzen oder sie selber zu sein.

Herr Jones, sagen Sie uns bitte: Wann waren in der gesamten Kirchengeschichte jemals die versammelten Bischöfe bewußt mehrdeutig? Sie geben diese Mehrdeutigkeit des Zweiten Vatikanum zu. Wann griffen Kirchenmänner jemals zu Zweideutigkeiten – wenn nicht, um der Häresie den Weg zu bahnen? In der Kirche unseres Herrn muß ein „Ja“ ein Ja, und ein „Nein“ ein Nein sein (Matthäus 5,37).

Kyrie eleison.