Göttliche Vorsehung

Von Heiden lesen?

Von Heiden lesen? on Juni 4, 2011

Die „Eleison Kommentare“ (EC 188) empfahlen vor einer Weile die Lektüre der heidnischen antiken Griechen, um den moralischen Rahmen des Weltalls besser zu begreifen. Manche Katholiken mögen verwundert gefragt haben, warum nicht lieber gleich katholische Autoren lesen? Im Grunde behandeln die griechischen Tragiker und die katholischen Kirchenlehrer doch dieselben großen Wirklichkeiten des Lebens, des Leidens und des Todes: Warum werden wir überhaupt in die Welt geboren, so wie es scheint, nur um zu leiden, zu sterben und im Tod von allem getrennt zu werden, was wir lieben gelernt haben? Die Frage ist grundsätzlich und kann quälend sein.

Die katholische Antwort ist so eindeutig wie vollständig: Ein unendlich guter Gott schenkt jedem von uns das Leben, einen freien Willen und genügend Zeit, um das von Gottes Vorsehung uns exakt zugedachte Leiden recht zu gebrauchen (Matthäus 10,29–31), damit wir dann die Ewigkeit lieber mit Gott im Himmel als ohne ihn in der Hölle verbringen. Die Antwort der antiken Griechen ist zwar unvollständig, jedoch nicht ganz verfehlt. Anstelle von Gott Vater setzten sie den Vatergott Zeus und an die Stelle der Vorsehung das Schicksal (Moira).

Während nun für die Katholiken die Vorsehung untrennbar mit Gott verbunden ist, lösen die Griechen Zeus vom Schicksal, so daß beide gelegentlich zusammenprallen. Dieser Irrtum ist dem zu menschlichen Konzept der griechischen Götter zuzuschreiben. Dennoch begreifen die Griechen Zeus als den mehr oder weniger gütigen Herrscher des Universums und das Schicksal als unveränderlich – so wie die Vorsehung innerhalb des wahren Gottes ebenfalls ist (vergleiche Summa Ia, 23, 8; 116,3). Damit liegen die antiken Griechen nicht ganz falsch. Überdies haben sie jedoch eine deutlich größere Achtung vor ihren mythischen Göttern und vor dem von diesen bewachten moralischen Rahmen, als eine Vielzahl moderner Autoren, die überhaupt keinen Gott achten und außerdem jede Spur einer moralischen Ordnung verneinen wollen.

Die antiken Griechen besitzen allerdings einen Vorteil selbst gegenüber katholischen Autoren: Wenn die Antiken über die großen Wahrheiten schreiben, so ziehen sie ihre Schlüsse direkt aus dem ungeschliffenen Leben und sozusagen nicht „nur“ aus dem Katechismus. Das gilt für alle nicht-katholischen Zeugen jener Wahrheiten, welche die Kirche lehrt. Beispielsweise geben heute die Talmud-Juden gerade durch ihre Zurückweisung Jesu Christi auf besondere Weise ein Zeugnis von ihm ab, indem sie in ihren Synagogen den hebräischen Text des Alten Testamentes eifersüchtig hüten, welches doch von vorne bis hinten von Unserem Heiland spricht. Auf ähnliche Weise geben die antiken Griechen ein spezielles Zeugnis von Gott und seiner Vorsehung ab, wenn sie unabhängig vom Katechismus die moralische Ordnung der Welt veranschaulichen. Dadurch beweisen sie, daß solche natürlichen Wahrheiten nicht nur den Gläubigen zugänglich sind, sondern daß sie im Grunde zur Lebensstruktur von jedermann gehören, wenn das Leben nur recht verstanden wird.

Ein weiterer Vorteil der alten Klassiker liegt darin, daß sie durch ihre Zeit vor Christus noch keine Spur jenes Glaubensabfalls enthalten, welcher sogar fromme Schriftsteller aus dem nachmittelalterlichen Christentum mehr oder weniger geschädigt hat. Die Altvorderen legen die natürlichen Wahrheiten mit einer gewissen Unschuld und Frische dar, welche nicht mehr wiederherstellbar ist. Die Gewässer sind inzwischen zu trübe geworden.

Im Mittelalter sicherten gerade die kirchlichen Klöster das Überleben der Handschriften der antiken Klassiker. Verlassen wir uns auf die wahre katholische Kirche, daß sie die Klassiker auch in der Neuzeit vor den neuen Barbaren retten wird: den Liberalen! Die sogenannte „Literaturwissenschaft“ der Liberalen, wo sie auch herrscht, verwandelt derzeit alle Klassiker zu Staub.

Kyrie eleison.

Gefährliches Traumland

Gefährliches Traumland on Januar 15, 2011

Jüngst sandte jemand einige Sätze von Hochwürden Denis Fahey (1883–1954) an mich, welche beweisen, daß nicht alle Katholiken vor dem Zweiten Vatikanum „nicht bei der Sache waren.“ Heißt das im Umkehrschluß, daß viele Katholiken „nicht bei der Sache waren“? Zweifellos. Obendrein sind viele Katholiken heute noch nicht bei der Sache, einschließlich einer ganzen Reihe von sogenannten traditionellen Katholiken, weil die gleichen Ursachen zu gleichen Wirkungen führen. Nun sind jedoch die Ursachen, welche in der Mitte des 20. Jahrhunderts zur Blindheit der Katholiken führten, in unserem frühen 21. Jahrhundert stärker als jemals zuvor.

Es folgt der kurze Auszug von Hw. Faheys „Das Königtum Christi und der organisierte Naturalismus“ aus dem Jahre 1943. (Die Sätze sind zum Zwecke des späteren Kommentierens numeriert):—1) „Die Katholiken erliegen den Machenschaften der Feinde unseres Herrn, weil die Katholiken nicht für den wirklichen Kampf in dieser Welt geschult werden. 2) Sie verlassen die Schule ohne hinreichende Kenntnis über die organisierten Gegner, auf welche sie mit Sicherheit stoßen werden, und sie haben außerdem nur eine verschwommene Vorstellung vom Wesen der sozialen Ordnung, welche sie verteidigen müssen . . . 3) Und schließlich stoßen Katholiken, welche wirklich für die wahre christliche Ordnung kämpfen, immer auch auf Katholiken im gegnerischen Lager.“

zu 1) Weil in der heutigen Welt die Menschen massenhaft nicht mehr glauben, daß sie dank der Erlösung durch den Glauben an unseren Herrn Jesus Christus und seine Kirche das wirklich gute Leben erst zusammen mit Gott im Himmel führen werden, setzen sie ihr Vertrauen in die Menschen, um das gute Leben in dieser Welt zu erlangen. Somit wird jedoch die Politik faktisch zur Religion dieser Menschen, und ihre Regierungen ersetzen Gottes Vorsehung. Dann fällt es den Menschen immer schwerer zu glauben, daß ihre Regierungen und ihre Lebensart praktisch von den wirklichen, allzuwirklichen Feinden unseres Herrn kontrolliert werden. Wie könnten denn beispielsweise unsere Regierungen über den 9. September 2001 – „9/11“ – jemals lügen? Ein solches Vertrauen in die modernen Regierungen verrät, wie elend es um unser Begreifen der Wirklichkeit steht. Wie verbreitet dieses ungerechtfertigte Vertrauen auch sein mag: wenn Katholiken es erst einmal teilen (ohne gleich ins Lager der Revolutionäre zu wechseln), so werden sie unweigerlich „nicht für den wirklichen Kampf in dieser Welt geschult.“ Sobald sie außerdem das Traumland hier unten annehmen, geraten sie in große Schwierigkeiten beim Erreichen des wirklichen Himmels des wirklichen Gottes da oben.

zu 2) Zwar kann es schwierig sein, den Schülern und Seminaristen beizubringen, daß unser Herr erbitterte Feinde hat, weil letztere ihre organisierte Gegnerschaft so geschickt tarnen. Doch die Jungen werden auf diese Gegner „mit Sicherheit stoßen.“ Wenn also die Lehrer diese Tarnung der Gegner nicht aufdecken und somit ihre Schüler nicht hinreichend für das Leben oder das Priesteramt vorbereiten, dann werden diese jungen Katholiken mit Scheuklappen bzw. mit einer auf den Rücken gebundenen Hand in den Kampf ziehen. Und weil die Feinde Gottes den individualistischen Liberalismus stark fördern, um die Reste der christlichen Ordnung aufzulösen, müssen die Jungen besonders genau erlernen, was die Mutter Kirche über das „Wesen der sozialen Ordnung, welche sie verteidigen müssen“ und über die soziale Natur des Menschen lehrt.

zu 3) Oh weh, schon Pius IX., der große Papst des 19. Jahrhunderts, beklagte, daß wir die erbitterten Feinde unseres Herrn außerhalb der Kirche nicht so sehr fürchten müssen wie die liberalen Katholiken innerhalb der Kirche. Denn diese katholischen Liberalen verspotten den Gedanken an sich, daß jemand gegen unseren Herrn sich verschwören könne. Denn hört man nicht des öfteren (in einem verweichlichten Tonfall gesäuselt)? – „Sin-d ni-cht al-le ir-gend-wie lie-b?“ Nein, das sind sie nicht!

Hw. Fahey, bitte für uns!

Kyrie eleison.

Nützlichkeit der Gespräche

Nützlichkeit der Gespräche on Juli 10, 2010

Derzeit sind viele Katholiken über die laufenden Gespräche zwischen Rom und der Priesterbruderschaft St. Pius X. besorgt. Sie dürften ein wenig erleichtert sein, wenn sie – wie ich vor zwei Monaten – die Gründe von Bischof de Galarreta hören könnten, warum diese Unterredungen bis zu ihrem geplanten Ende fortgesetzt werden sollten – aber nicht weiter. Sie bergen ein geringes Risiko, bieten aber etliche Vorteile, wie der Bischof erklärt.

Nach dem einleitenden Treffen im Oktober letzten Jahres gab es ordnungsgemäße Gespräche im Januar, März und Mai dieses Jahres. Betrachten wir jeweils den Zeitabschnitt vor, während und nach einem Treffen. Vor jedem Treffen übergeben die vier Vertreter der Priesterbruderschaft den vier römischen Theologen zum jeweiligen Gesprächsthema eine Erklärung anhand der katholischen Lehre, und beschreiben dann die Schwierigkeiten, welche aus der entgegengesetzten Lehre des Zweiten Vatikanum entstehen. Auf dem Treffen antworten dann die römischen Theologen, und das anschließende mündliche Gespräch wird aufgezeichnet. Nach der Sitzung schließlich erstellt die Priesterbruderschaft eine schriftliche Zusammenfassung der Aufzeichnung. Bisher wurden nur die Themen Liturgie sowie Religionsfreiheit erörtert. Der Bischof sieht das Ende aller weiteren notwendigen Gespräche für das Frühjahr nächsten Jahres vor.

Bei der Bewertung dieser Gespräche unterscheidet der Bischof zwischen ihrem bloßen Stattfinden und ihrem eigentlichen Inhalt. Über ihren Inhalt sagt er, daß die Vertreter der Priesterbruderschaft von den mündlichen Erörterungen enttäuscht seien, weil, wie mir ein anderes Mitglied mitteilte, „es ihnen an theologischer Präzision mangelt. Zwei Gedankenlinien, welche sich nie treffen können, ergeben keinen Dialog, sondern eher zwei Monologe. Allerdings sind die Römer nett zu uns, und daher ähneln die Gespräche weniger Essig, als vielmehr Mayonnaise. Wir sagen, was wir denken, und wir machen uns keine Illusionen.“ Der Bischof fügt allerdings hinzu, daß das niedergeschriebene Ergebnis der Gespräche aus der Zeit vor und nach den Sitzungen eine wertvolle Dokumentation für die Abgrenzung der katholischen Wahrheit vom konziliaren Irrtum darstellen werde, auch für das Aufspüren der neuesten Entwicklungen von diesem Irrtum. „Seit der Zeit des Johannes Paul II. ist dieser Irrtum noch raffinierter geworden,“ sagt er.

Über das bloße Stattfinden der Gespräche sagt der Bischof, daß diese etliche weitere Vorteile böten. Erstens sei es gut für die Römer, Vertreter der Priesterbruderschaft kennenzulernen, und umgekehrt. Durch solche Kontakte könnten des Teufels beliebte „Rauch- und Blendwerke“ verringert werden. Auch sieht der Bischof kein großes Risiko bei diesem Kontakt, weil diese vier speziellen Römer keine Verkehrten seien, wie er sagt, und außerdem eindeutig sei, von wo sie kommen und wohin sie gehen wollten. Zweitens gewinne die Piusbruderschaft allein durch die Tatsache, daß Rom auf höchster Ebene mit ihr ernsthaft über ihre Lehre diskutiert, ein gewisses Vertrauen bei manchem Amtskirchen-Priester guten Willens, der ansonsten nicht für die Tradition offen ist. Und drittens kämen einige der besten Köpfe Roms gelegentlich ins Grübeln, wenn sie die alten Argumente durch die Priesterbruderschaft neu vorgesetzt bekommen. Anders gesagt mag es zwar nur ein Anfang davon sein, daß die katholische Wahrheit sich wieder durchsetzt, doch ein Anfang ist es schon.

Liebe Leser, üben wir uns in Geduld und schrankenlosem Vertrauen in die Vorsehung Gottes – schließlich ist es seine Kirche! Beten wir außerdem zur Mutter Gottes, daß sie uns helfe, die Liebe zur katholischen Wahrheit in uns zu bewahren, welche allein unsere Seelen retten kann und ohne welche die katholische Amtsgewalt niemals wiederhergestellt werden kann.

Kyrie eleison.