freier Wille

RÖMERBRIEF, KAPITEL IX-XI

RÖMERBRIEF, KAPITEL IX-XI on Juni 8, 2024

Wie kann Gott solche Grausamkeit in Palästina tolerieren? 

Sein Plan wird in Erfüllung gehn, er wird am Ende triumphieren!

Die Juden werden in diesen”Kommentaren”wegen der wichtigen Rolle, die sie in der Welt und in den Angelegenheiten der Kirche spielen, häufig erwähnt. In demjenigen seiner Briefe, die vielleicht der grossartigste von allen vierzehn ist, widmet ihnen St. Paulus volle drei Kapitel: IX, X und XI. Sie hatten beim Aufstieg und der Bildung der katholischen Kirche nämlich eine dermassen zentrale Rolle gespielt, dass die ersten Gläubigen empört darüber waren, dass sie Pontius Pilatus zur Kreuzigung Christi getrieben und sich von da an geweigert hatten, irgendetwas mit Christus zu tun zu haben – eine Weigerung, die, mit wenigen rühmenswerten Ausnahmen, bis zum heutigen Tage weitergeht. Tatsächlich werden ihre Ankläger geltend machen, seit der Kreuzigung Christi hätten sie danach gestrebt, die Welt für den Antichristen zu beherrschen, und in unserer gegenwärtigen Zeit kämen sie diesem Ziel näher denn je zuvor – ein beispielloses Unglück für die gesamte Welt. Die Juden werden jedoch antworten, all solche Anklagen entstammten lediglich dem Hass auf die Juden, oder dem”Antisemitismus». 

Wo ist die Wahrheit? Die Juden waren das hauptsächliche Hindernis auf dem Weg der Mission von St. Paulus, die katholische Kirche zu verankern, wo immer er konnte, um Seelen für die Ewigkeit zu retten. Deswegen finden sich in seinen Briefen dermassen zahlreiche Hinweise auf sie, und zwar durchaus nicht nur schmeichelhafte – siehe z. B. I. Thessalonicher II, 14–16. Doch ist jene Erwähnung ihrer ein Teil der Heiligen Schrift, und deshalb sind diese Erwähnungen, wie die katholische Kirche lehrt, in allererster Linie das Wort Gottes und nur in zweiter Linie dasjenige ihres menschlichen Autors. 

Hieraus folgt, dass, wer Paulus des”Antisemitismus”zeiht, Gott Selbst bezichtigt,”antisemitisch”zu sein. Welchen Sinn man diesem Wort auch unterstellen mag, es hat einen hässlichen Klang. Aber Gott ist die Wahrheit Selbst (Johannes XIV, 6), und Er kann unter keinen Umständen hässlich sein. Darum ist alles, was Paulus über die Juden sagt, wahr und nicht”antisemitisch». 

Wenn wir also wissen wollen, was wir über die Juden denken sollen, und uns zu diesem Zweck in der Schrift kundig machen, um zu entdecken, was Gott von ihnen denkt, brauchen wir uns lediglich dem Heiligen Paulus zuzuwenden, der während seines Apostolats dermassen direkte Erfahrungen mit ihnen gemacht hat. Ziehen wir aber Paulus zu Rate, finden wir die vollständigste Darstellung des Problems, das sie bilden, in den erwähnten drei Kapiteln des Römerbriefs. Nicht, dass Pauls Worte, die auf seine apostolische Erfahrung zurückgehen, von irgendwelcher Bitterkeit geprägt wären, im Gegenteil . . . 

Im Römerbrief sind diese drei Kapitel zwischen der dogmatischen Lehre der Kapitel I bis VIII und der moralischen Lehre der Kapitel XIII bis XVI eingebettet. In Kapitel IX präsentiert Paulus das wahre Israel, das spirituelle Israel, welches aus jenen – jüdischen oder nichtjüdischen – Seelen besteht, die durch ihren Glauben an Jesus Christus vor Gott gerechtfertigt sind. Ihm ging lediglich das Israel des Fleisches voraus, dem nur wenige Seelen nichtjüdischer Rasse angehörten. Also seit Moses besass dieser Israel 1.500 Jahre lang das Monopol auf den Tempel, die Priesterschaft und die Opfergaben des Einen Wahren Gottes, doch Gottes letztendliches Ziel bestand darin, die gesamte Menschheit auf den katholischen Tempel, die katholische Priesterschaft und die katholischen Opfergaben vorzubereiten, die mit dem spirituellen Israel, der katholischen Kirche, kommen würden. 

In Kapitel X präsentiert St. Paulus das falsche Israel, bestehend aus jenen Juden, die das Evangelium Jesu Christi gehört und verstanden, jedoch zurückgewiesen haben. Sie sind nicht an jenem, der ganzen Menschheit offenstehenden spirituellen Israel interessiert, in dem sie keinen privilegierten und ausschliesslichen Zugang zu der wahren Verehrung des einen wahren Gottes mehr haben werden. So werden sie das Evangelium Jesu Christi zwar hören, aber ablehnen und Ihn stattdessen ans Kreuz schlagen. 

In Kapitel XI werden drei Gründe dafür genannt, dass Gottes Vorsehung eine solche Treulosigkeit seitens der Juden erlaubt: Erstens ist sie lediglich teilweiser Art, weil einige Juden im Verlauf der Jahrhunderte die besten der Katholiken sein werden; zweitens wird diese Treulosigkeit nützlich sein, weil sie die Juden eifersüchtig und die Nichtjuden demütig machen wird; und drittens wird diese Treulosigkeit bloss zeitlicher Natur sein, weil die Juden sich vor dem Ende der Welt bekehren werden. 

Letzten Endes bedient sich jeder Jude (oder Nichtjude), der Gott verwirft, lediglich seines ihm von Gott verliehenen freien Willens, doch der Heilige Paulus beendet die drei Kapitel mit einer kurzen Hymne an die geheimnisvollen und unergründlichen Wege Gottes. 

Kyrie eleison 

ENDZEITEN, WELTENDE

ENDZEITEN, WELTENDE on Juni 1, 2024

Was Gott geplant hat mit dem Alten und Neuem Testament

Weiss jeder, der den Römerbrief des Heiligen Paulus kennt.

Es gehört zu Gottes Weisheit, uns Menschenwesen im Unwissenden über Seinen genauen Kalender, oder Sein Programm, jener Ereignisse zu lassen, welche zum Ende der Welt führen werden. Doch die am unmittelbarsten bevorstehenden dieser Geschehnisse gehen uns alle an, und es ist nicht verboten, darüber zu spekulieren. Ausserdem, zur Rettung meiner Seele mag es, um gewisse schwere Irrtümer zu vermeiden, durchaus ratsam sein, darüber nachzudenken, was der Allmächtige Gott vorhat.

Beispielsweise mag Gott uns Menschen dazu hinführen, zu tun, was Er will, doch wird Er uns niemals unseren freien Willen nehmen, es zu tun, und darum ist es ein Ding der Unmöglichkeit, dass zwischen heute und dem Weltenende ein tausendjähriges Goldenes Zeitalter eintreten wird – damit dieses Bestand haben könnte, müsste Er die Menschen konstant ihrer freien Wahl berauben. Luther (1483–1546) wusste, dass er die Christenheit zerstörte. Er brauchte rund 450 Jahre (1517–1965), bis Vatikan II Realität wurde, doch bis zum Ablauf dieser Frist waren die Menschen immer verdorbener geworden. Es mag jetzt noch ein kurzes Goldenes Zeitalter geben wie den Triumph des unbefleckten Herzens Unserer Lieben Frau, doch kann es nicht lange währen. In La Salette sagte Unsere Liebe Frau anno 1846, nach nur 25 Jahren guter Ernten werde die Sünde zurückkehren, d. h. das Goldene Zeitalter werde enden, und die Welt werde in eine neue Ära des Niedergangs eintreten, bis zum Kommen des Antichristen. Der Millenarismus, die Lehre von einem angeblichen tausendjährigen Goldenen Zeitalter vor dem Ende der Welt, ist ein Irrtum, den die Kirche verurteilt hat.

Ein weiterer schwerwiegender Irrtum, vor dem man sich zu hüten hat, besagt, die Kirche werde ihr Ende auf Erden in einem Glanz menschlichen Ruhms finden. Ein einziges Zitat Unseres Herrn Selbst genügt, um diese Illusion zu widerlegen. Lukas XVIII, 8:”Doch wenn des Menschen Sohn kommen wird, meinest Du, er werde den Glauben finden auf Erden?”In anderen Worten, am Ende der Welt wird die Kirche fast gänzlich aus der Sicht verschwunden sein, vermutlich als Ergebnis ihrer Verfolgung durch den Antichristen, die grausamste Verfolgung, die sie in ihrer gesamten Geschichte erdulden muss. Diese Welt, die den Teufel zu ihrem Herrscher hat (Johannes XIV, 29), wird in dieser Verfolgung eine gewaltige Niederlage der Kirche sehen, aber Gott wird darin erkennen, wie die letzten Tropfen von Heiligkeit aus ihr gepresst werden, in Gestalt einiger der grössten Märtyrer und Heiligen der ganzen Geschichte der Kirche, so dass diese scheinbare Niederlage in Wahrheit einer ihrer grössten Siege sein wird. Es sollte uns nicht überraschen, wenn das Ende der Kirche dem Kreuz Unseres Herrn stark ähnelt.

Ein anderer Irrtum, den man tunlichst vermeiden muss, besteht darin, das Ende der”Zeiten”(siehe Lukas XXI, 24) mit dem Ende der Welt zu verwechseln. In seinen Kommentaren über das zweite und dritte Kapitel des Buchs der Offenbarung untergliedert der Venerabilis Holzhauser (1613–1658) die Kirchengeschichte in sieben Zeitalter; ihm zufolge kommen die”Endzeiten», oder das Ende der Zeiten, in denen den Heiden die Möglichkeit offensteht, Gottes Kirche beizutreten, um gemeinsam das frühere auserwählte Volk, das beschlossen hat, nicht länger Gottes Volk zu sein (Matthäus XXVII, 25), zu ersetzen, am Ende des fünften Zeitalters. Hingegen kommt das Ende der Welt am Ende des siebten Zeitalters. In der Tat wird sich das frühere auserwählte Volk am Ende der Welt wieder zu Unserem Herrn, seinem eigenen Messias, bekehren (Römer XI, 26), doch bis dann werden jüdische Konvertiten die Ausnahme und nicht die Regel sein – in anderen Worten, sie werden zu wenig zahlreich sein, um Gottes Ziel, Seinen Himmel zu bevölkern, seiner Erfüllung zuzuführen. Dies erklärt Gottes ganzen Erlösungsplan mittels zweier Testamente – siehe Römer IX, X, XI.

Hierin liegt der Grund dafür, dass das Neue Testament an die Stelle des Alten treten musste; dass das mit reichen natürlichen Gaben ausgestattete auserwählte Volk als Volksstamm dem übernatürlich begabten auserwählten Volk als Glaubensgemeinschaft weichen musste; dass die Juden so lange den Nichtjuden weichen mussten; dass sie diese seither unentwegt bekämpft haben (I. Thessalonicher II, 14–16) – besonders die Palästinenser. Katholiken dürfen jedoch nie vergessen, wie viel wir Gottes Helden der alten Zeit schulden – jenen des Alten Testaments. Ohne sie hätte es keine Fleischwerdung Jesu gegeben.

Kyrie eleison.

Liberale Blasphemie

Liberale Blasphemie on Januar 26, 2013

Ist der Liberalismus wirklich so schrecklich, wie er dargestellt wird? Wenn diese oder jene Person als ein „Liberaler“ beschuldigt wird, so bestreitet doch eine ganze Reihe von diesen Beschuldigten, daß diese Bezeichnung auf sie zuträfe. Hat denn nun der Beschuldiger oder der Beschuldigte recht? Sicherlich verdient diese Frage eine weitere Betrachtung, denn der „Liberalismus“ steht stellvertretend für den allumfassenden Irrtum der Moderne und ist verantwortlich dafür, daß unzählige Seelen im ewigen Feuer der Hölle landen.

Der Begriff Freiheit bezieht sich entweder auf etwas, wovon ich frei bin, d.h. frei von einem Zwang, einer Einschränkung oder ähnlichem, oder auf etwas, wofür ich frei bin, d.h. frei für ein bestimmtes Ziel oder einen Zweck. Von diesen beiden Aspekten der Freiheit kommt die negative Freiheit – also das Freisein von einem Zwang –, zeitlich vor der positiven Freiheit – also der Freiheit für ein Ziel –, aber nach ihr hinsichtlich der Wichtigkeit. Zeitlich kommt die negative Freiheit zuerst, weil, wenn ich am Erreichen eines Zieles gehindert werde, so ist dieses Ziel ja ausgeschlossen. Hinsichtlich der Wichtigkeit kommt allerdings die positive Freiheit zuerst, weil der Wert eines fehlenden Zwanges vom Wert des Zieles abhängt, für welches die negative Freiheit eingesetzt wird. Beispielsweise befreit mich der Besitz eines Messers von der Einschränkung, unbewaffnet zu sein. Wenn ich diese Von-Freiheit nutze, um mit dem Messer etwas zum Essen zu schneiden, so ist diese Von-Freiheit gut; doch wenn ich sie nutze, um meine Großmutter zu zerstückeln, so wird diese Von-Freiheit mörderisch.

Der Liberalismus erhebt nun die Von-Freiheit zu einem hohen, oder besser gesagt zum höchsten, Wert an sich, unabhängig von der Für-Freiheit, d.h. unabhängig vom guten oder schlechten Zweck, für welchen die Freiheit eingesetzt wird. Somit wird also die Freiheit, die Von-Freiheit, von einem guten oder schlechten Zweck losgelöst, d.h. vom Guten und Bösen losgelöst. Doch genau dieser Unterschied zwischen gut und böse ist ein wesentlicher Bestandteil in Gottes Schöpfung und eigens für den Menschen angelegt, damit er, von der verbotenen Frucht im Garten Eden angefangen bis zum heutigen Tage, seine Wahl treffe zwischen Himmel und Hölle. Wird das Fehlen eines Zwanges über Gottes Gesetz gestellt, so bedeutet dies, den Menschen über Gott zu stellen.

Durch dieses implizite Leugnen des moralischen Gesetzes Gottes vom Guten und Bösen führt der Liberalismus implizit einen Krieg gegen Gott, denn der Liberalismus stellt das Menschen-„Recht“ auf Wahlfreiheit über das göttliche Recht Gottes zu herrschen. Nun tauchen, wie schon Erzbischof Lefebvre sagte, die Liberalen sozusagen auf „36 verschiedene Weisen“ auf, und bei weitem nicht alle Weisen führen bewußt einen Krieg gegen Gott. Trotzdem ist der Krieg gegen Gott die logische Konsequenz der Liberalen, wenn sie die Freiheit zum höchsten Wert erheben. Aus diesem Grunde gilt für viele von ihnen, daß alles erlaubt sei. Denn sobald Gott und seine Gesetze auf die Seite geschoben sind, wird die Anbetung der Freiheit den Liberalen zu einer Ersatzreligion: eine Religion ohne Gesetze, abgesehen vom eigenen Willen der Liberalen.

Diese Ersatzreligion muß außerdem die wahre Religion loswerden, weil sie ihr den Weg versperrt. Und so werden die Liberalen selbstredend zu Kreuzzüglern gegen Gottes Ordnung auf allen Gebieten seiner Schöpfung: die Ehe frei vom Geschlecht, die Familie frei von Kindern, der Staat frei von Führern, das Leben frei von Moral, usw. Ein solcher Krieg gegen Gottes Wirklichkeit ist komplett wahnsinnig. Und die Liberalen, welche anscheinend so süß gegen ihre Mitmenschen, die sie „befreien,“ auftreten können, gehen tatsächlich äußerst grausam gegen jeden vor, der sich ihrem Kreuzzug in den Weg stellt. Die „Logik“ ihrer Ersatzreligion läßt die Liberalen meinen, keinen Anstand wahren zu müssen, wenn sie Antiliberale mit Füßen treten, die angeblich sowieso kein Mitleid verdienen.

Die katholische Kirche verurteilte diesen Wahnsinn 20 Jahrhunderte lang. Doch durch das Zweite Vatikanische Konzil gab die Amtskirche ihm nach. Beispielsweise durch die Erklärung („Dignitatis Humanae“), wonach jeder Staat die Freiheit seiner Bürger von zivilen Einschränkungen, ihre Religion ausüben zu dürfen, beschützen müsse – anstatt Freiheit für die Ausübung der wahren Religion zu gewährleisten.

Die Oberen einer gewissen katholischen Bruderschaft möchten dieselbe nun ausgerechnet unter die Autorität der konziliaren Römer stellen. So ein Vorhaben bedeutet für die wahre Religion „Operation Selbstmord,“ wie Erzbischof Lefebvre sagte. Doch schließlich ist der Liberalismus ja im eigentlichen Sinn selbstmörderisch.

Kyrie eleison.

Schwerwiegendes Problem

Schwerwiegendes Problem on November 17, 2012

Viele Katholiken begreifen die Schwere des Problems nicht, welches die konziliare Revolution des Zweiten Vatikanum (1962–1965) für die katholische Kirche bedeutet. Kennten sie besser die Kirchengeschichte, so wären sie nicht so sehr versucht, einerseits dem Gedankengang des Liberalismus anzuhängen, welcher vorgibt, daß das Konzil nicht so schlimm gewesen sei, oder andererseits die Idee des „Sedisvakantismus“ zu umarmen, welche meint, daß die Kirchenautoritäten überhaupt keine Autoritäten mehr seien. Hat etwa unser Herr Jesus Christus die religiöse Autorität des Kaiphas oder die bürgerliche Autorität des Pontius Pilatus angezweifelt?

Das Problem ist so tiefgehend, weil es unter Jahrhunderten der Kirchengeschichte begraben liegt. Predigte der Heilige Vinzenz Ferrer (1357–1419) am Anfang des 15. Jahrhunderts noch überall in Europa, daß das Ende der Welt nahe sei, so wissen wir heute, daß er um 600 Jahre danebenlag. Trotzdem bekräftigte Gott die Predigten des Hl. Vinzenz, indem er ihn tausende von Wundern und abertausende von Bekehrungen wirken ließ. Hatte Gott damit etwa die Unwahrheit bekräftigt? Was für ein törichter Gedanke. In Wahrheit hatte der Heilige implizit durch die Entartung des späten Mittelalters richtigerweise jene explizite und fast vollständige Verderbtheit unserer heutigen Zeit vorausgeahnt, welche wiederum nur die Generalprobe für die vollständige Verderbtheit am Ende der Welt darstellt.

Es dauerte eben noch eine gewisse Zeit – Gottes Zeit –, mehrere Jahrhunderte sogar, bis aus der impliziten eine explizite Verderbtheit geworden ist. Die Verzögerung rührt daher, daß Gott in regelmäßigen Zeitabständen gewisse Heilige erwachsen ließ, welche das Gleiten der Menschheit in den Abgrund bremsten. Besonders erwähnenswert sind hierbei jene Sammlung von Heiligen, welche die Gegenreformation im 16. Jahrhundert anführten. Doch Gott möchte dem Menschen nicht den freien Willen nehmen. Wenn sie auf den Höhen des Mittelalters nicht zu verweilen wählten, so zwang er sie deshalb auch nicht dazu. Im Gegenteil ließ er zu, daß seine Kirche sich in einem gewissen Maße der jeweiligen Zeit anpaßte. Denn die Kirche existiert nicht, um einen vergangenen Glanz, sondern um gegenwärtige Seelen zu retten.

Zwei Beispiele mögen das Gesagte verdeutlichen: Erstens die Theologie der Molinisten, welche wegen Luther und Calvin wie nötig geworden war, um den Schutz des freien menschlichen Willens zu gewährleisten. Zweitens das Konkordat aus dem Jahre 1801, welches wegen des revolutionären Staates notwendig geworden war, um das Funktionieren der Kirche im öffentlichen Raum in Frankreich überhaupt noch garantieren zu können. Zwar stellten der Molinismus und das Konkordat Kompromisse mit der Welt in ihrer jeweiligen Zeitepoche dar, doch ermöglichten sie die Rettung vieler Seelen. Außerdem erlaubte die Kirche diesen Kompromissen nicht, heilige Prinzipien zu unterlaufen: im ersten Beispiel blieb Gott reiner Akt, und im zweiten Beispiel blieb Jesus Christus König über die Gesellschaft. Dennoch ermöglichten beide Kompromisse jeweils eine gewisse Humanisierung der göttlichen Kirche, und somit trugen sie beide zur schrittweisen Säkularisierung des Christentums bei. Denn Kompromisse haben eben stets Konsequenzen.

Wenn also ein schleichender Prozeß der Humanisierung und Säkularisierung zu lange andauern sollte in dieser Welt – aus welcher Gott Männer und Frauen zum Dienst in der Kirche beruft –, so würden die Berufenen ihren Dienst bereits mit einer gehörigen Dosis an „radioaktivem“ Liberalismus antreten, was wiederum eines kräftigen Gegenmittels in ihrer religiösen Ausbildung bedürfte. Denn einerseits würden diese Berufenen natürlich die instinktive Überzeugung fast all ihrer Zeitgenossen teilen, wonach die revolutionären Prinzipien und Ideale der Welt, aus welcher sie ja stammen, ganz normal seien. Andererseits würde ihre der Welt entgegengesetzte religiöse Ausbildung zwar ihnen als fromm, aber doch grundsätzlich unnormal vorkommen. Solche Männer und Frauen der Kirche würden eine potentielle Katastrophe darstellen. In der Mitte des 20. Jahrhunderts trat diese Katastrophe d ann tatsächlich ein: ein großer Teil der über 2000 Bischöfe der Weltkirche freute sich mit Johannes XXIII., anstatt gegen ihn aufzustehen, als er deutlich machte, daß er die anti-moderne Kirche aufgeben wollte.

Wer seine Seele retten will, kann solchen Kirchenautoritäten und ihren Nachfolgern unmöglich folgen. Doch gleichzeitig sind die letzteren so überzeugt davon, ein normales Verhältnis zu den modernen Zeiten zu haben, daß sie nicht in dem Maße schuldig an der Zerstörung der Kirche Christi sind, wie sie es in vorigen Zeiten gewesen wären. Selig sind jene Katholiken, welche die Irrtümer dieser Kirchenautoritäten verabscheuen und trotzdem deren Amt in Ehren halten.

Kyrie eleison.

Respektierte Willensfreiheit

Respektierte Willensfreiheit on August 11, 2012

Daß Seelen in die ewige Hölle kommen (und viele Seelen wählen diesen Weg, siehe Matthäus 7,13 und 22,14), ist ein großes Drama. Ein Leser wirft dazu eine klassische Fragestellung auf, die zusammengefaßt so lautet: Entweder will Gott, daß Seelen verdammt werden, oder er will es nicht. Wenn er es will, so ist er grausam. Wenn er es aber nicht will und es dennoch geschieht, so kann er nicht allmächtig sein. Was ist Gott denn nun: grausam oder nicht allmächtig?

Stellen wir zuerst klar, daß Gott keine einzige Seele in die Hölle schickt. Jede der vielen verdammten Seelen schickte sich selber in die Hölle, durch eine Reihe von frei getroffenen Entscheidungen während ihrer Erdenzeit. Gott gab der Seele Leben, Zeit und einen freien Willen, sowie beliebig viele natürliche Hilfen und übernatürliche Gnaden, um diese Seele zu bewegen, für den Himmel sich zu entscheiden. Doch wenn die Seele all das verweigerte, dann läßt Gott sie eben das haben, was sie wollte: eine Ewigkeit ohne Ihn. Dieser Gottesverlust ist für eine Seele – welche ja von Gott einzig und allein erschaffen wurde, damit sie Ihn besitze – mit Abstand das grausamste aller Höllenleiden. Gott wünschte also für diese Seele, daß sie den Himmel wählte (siehe 1. Timotheusbrief 2,4: Gott wünscht, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen), aber er wollte dennoch das Böse zulassen, als diese Seele für die Hölle sich entschieden hat, damit Er aus diesem Bösen ein größeres Gut ziehen konnte.

Beachten wir die Verwendung der beiden Wörter „wünschen“ und „wollen.“ Etwas zu wollen ist kräftiger als etwas lediglich zu „wünschen.“ So kann beispielsweise ein Familienvater nicht wünschen, daß sein Sohn leidvolle Lebenserfahrungen machen muß. Doch in Anbetracht aller Begleitumstände kann der Vater dennoch wollen, daß der Sohn diese Leiden erfährt, weil der Vater genau weiß, daß dies der einzige Weg für seinen Sohn ist, zu lernen. Ähnlich ist es im Gleichnis vom Verlorenen Sohn, wo der Vater nicht wünschte, daß sein Sohn das Heim verlassen und das Erbe verprassen würde. Doch wollte der Vater ihn diesen Schritt dennoch unternehmen lassen – und er ließ ihn dann ja auch –, damit daraus etwas Gutes erwachse: die Rückkehr des dann reumütig gewordenen Sohnes, welcher durch das Erlebte ein trauriger, aber weiserer junger Mann geworden ist.

Auf dieselbe Weise wünscht Gott einerseits, daß alle Seelen gerettet werden, weil Er sie dafür erschuf und deswegen am Kreuz für alle Menschen gestorben ist. Ein großer Teil Seines Kreuzesleidens bestand genau aus dem Wissen, wieviele Seelen sich gegen ihr Erlöstwerden durch Seinen Kreuzestod entscheiden würden. Ein solcher Gott kann gewiß nicht als grausam angesehen oder bezeichnet werden. Andererseits will Gott nicht, daß alle Seelen gerettet werden, wenn sie es selber nicht wollen, weil wenn Er dies wollte, so würden alle Seelen wegen der Allmacht Gottes gerettet werden. Jedoch angesichts aller Begleitumstände würde Gott dadurch den freien Willen all jener Menschen außer Kraft setzen, welche sich aus freien Stücken gegen ihr Gerettetwerden entscheiden – d.h. Gott würde somit ihren freien Willen mißachten. Betrachten wir doch nur, wie leidenschaftlich die Menschen selber ihre Willensfreiheit wertschätzen: zum Beispiel wie ungern sie Befehle erhalten oder wie sehr sie ihre Unabhängigkeit lieben. Die Menschen erkennen durchaus, daß ihr freier Wille der Beleg dafür ist, nicht nur Tiere oder Roboter zu sein. Ähnlich zieht Gott es vor, seinen Himmel mit Menschenwesen zu bevölkern, anstatt mit Tieren oder Robotern. Aus diesem Grund will Er nicht, daß alle Menschen gerettet werden, wenn sie es selber nicht wollen.

Dennoch will Gott auch nicht, daß Menschen verdammt werden, weil das wiederum grausam von Ihm wäre. Er will lediglich zulassen, daß sie verdammt werden, und zwar angesichts der Umstände, daß einerseits die Seelen ihren aus freien Stücken gewählten Ort der Ewigkeit erfahren, und daß andererseits Sein Himmel mit menschlichen Wesen bevölkert ist, anstatt mit Tieren oder Robotern.

Folglich ist Gott keineswegs grausam, weil Er die Rettung aller Seelen wünscht. Und die Verdammnis vieler Seelen beweist nicht etwa eine fehlende Allmacht Gottes, sondern sie entspricht seiner Entscheidung, den freien Willen seiner Geschöpfe zu respektieren und seinem unendlichen Entzücken, jene Seelen mit seinem Himmel belohnen zu können, welche auf Erden ihn zu lieben gewählt haben.

Heilige Muttergottes, hilf mir, Deinen Sohn zu lieben und den Himmel zu wählen, jetzt und in der Stunde meines Todes.

Kyrie eleison.

Mehr Heiterkeit

Mehr Heiterkeit on Januar 28, 2012

Eure Exzellenz, bitte strahlen Sie durch Ihre Kommentare doch mehr Heiterkeit aus!

Gott existiert. Er ist allmächtig, allwissend, allgerecht, und auch seine Barmherzigkeit ist grenzenlos. Er hält die Zügel von allem Geschehen auf dieser Welt vollkommen in seiner Hand. Weder der Teufel noch seine menschlichen Handlanger – inklusive den heute weltbeherrschenden Verbrechern – können auch nur einen Finger krümmen ohne Gottes Erlaubnis. Er kennt jedes Detail ihrer teuflischen Pläne und nutzt jeden von ihnen zur Erfüllung Seiner eigenen Vorsehung.

Aber wie kann Gott dann so viel Böses in unserer Welt zulassen?

Weil Gott zwar einerseits niemals Böses will, es aber andererseits zulassen will, um daraus ein größeres Gut zu ziehen. Viele Prophezeiungen deuten darauf hin, daß aus der heutigen Verderbtheit der Menschen morgen schon der größte Triumph der katholischen Kirche entstehen wird. Beispielsweise sagt unsere Liebe Frau von Fatima: „Am Ende wird mein Unbeflecktes Herz triumphieren.“ Wir erleben heute, wie Gott seine Feinde für die Reinigung seiner Kirche benutzt.

Aber hätte Gott denn keinen angenehmeren Weg zur Reinigung seiner Kirche finden können, als daß wir diese geradezu unfaßbare Verderbtheit unserer heutigen Umgebung ertragen müssen?

Wenn dies alleine von Gott abhinge, so hätte er zweifellos andere Wege zur Reinigung seiner Kirche finden können. Doch wenn Sie und ich alles wüßten, was Gott weiß – ein törichter Gedanke, natürlich! –, und wenn Sie und ich darüberhinaus den gottgegebenen freien Willen aller Menschen respektieren wollten – was Gott ja will –, dann würden Sie und ich die Art und Weise von Gottes Vorgehen höchstwahrscheinlich als die beste erkennen.

Bitte, was genau hat denn der freie Wille des Menschen mit der ganzen Fragestellung zu tun?

Gott will nicht, daß Roboter oder rein vernunftlose Tiere an seiner Glückseligkeit teilhaben. Nun aber kann selbst der Allmächtige seinen Geschöpfen keine verdiente Glückseligkeit schenken, wenn diese zu verdienen unfähig sind. Denn das wäre widersprüchlich, und seine Macht reicht über alles Sein, nicht aber über das Nichtsein wie z.B. widersprüchliche Dinge. Wenn also Gottes Geschöpfe seine Glückseligkeit wenigstens zu einem gewissen Anteil verdienen können sollen, so muß er ihnen einen freien Willen zugestehen. Damit jedoch dieser Wille wahrhaftig sei, muß er das Gegenteil von Gottes Willen für ihn wirklich wählen können. Und wenn also dieser freie Wille sogar das Böse wählen kann, so wird dies mehr oder weniger häufig auch geschehen.

Aber Sie sagen doch, daß die wahre Kirche an der Lehre unseres Herrn festhält, wonach der Weg in den Himmel schmal ist und nur wenige ihn beschreiten (Matthäus 7,14). Wie kann es Gottes Mühe lohnen, beispielsweise heute eine zahlreiche Masse an Menschen zu erschaffen, wenn dann nur relativ wenige von ihnen in den Himmel kommen? Ist der zu zahlende Preis – daß also viele Seelen in den Schrecknissen der Hölle enden – hierbei nicht viel zu hoch, wenn nur relativ wenige Menschen in den Himmel kommen?

Für Gott zählt Qualität, nicht Quantität. Daß bereits zehn Männer die ganze Stadt Sodom vor dem Zorn Gottes hätten bewahren können (Genesis 18,32), beweist, wie wertvoll Gott eine einzige Seele erachtet, welche seine Liebe erwidert – im Vergleich zu einer großen Zahl Seelen, welche aus eigenem Entschluß seine Liebe zurückweisen. „Für Dich allein hätte ich mein ganzes Leiden erduldet,“ sprach unser Herr einmal zu einer begnadeten Seele – und er würde das Gleiche zu jeder Seele sagen.

Wollen Sie damit sagen, daß, wenn die Welt mit Sorgen und Qualen mich erfüllt und ich nur noch stärker mich an Gott klammere, er dieses dann mir und meinen Nächsten anrechnet? Dann könnte ich ja fast wünschen, daß die ganze Welt noch schlimmer sein möge!

Jetzt fangen Sie an, zu verstehen.

Kyrie eleison.