Politik

Unfaßbare Hybris

Unfaßbare Hybris on Februar 19, 2011

Unheilspropheten sind zwar unbeliebt, doch wenn sie zu den Dienern Gottes zählen, so müssen sie die Wahrheit aussprechen. Einige Personen mögen einwenden, daß solche Diener weder die Politik noch die Wirtschaft behandeln sollten. Doch wie sieht es aus, wenn die Politik zu einer Ersatz-Religion geworden ist; notwendigerweise zu einer falschen Religion, weil der Mensch an die Stelle Gottes gestellt wird? Und wie steht es, wenn die Wirtschaft bzw. das Finanzsystem viele Menschen in den Hunger treiben wird? Dürfen dann Gottesdiener nicht fragen, wie diese Menschen noch ein tugendhaftes Leben führen sollen, wenn ihnen die notwendigsten Lebensgrundlagen fehlen werden? Ist denn das tugendhafte Leben der Menschen kein Anliegen solcher Diener Gottes?

Aus diesem Grunde erlaube ich mir, einen bemerkenswerten Absatz eines Reporters im angesehenen „Wall Street Journal“ zu zitieren. Dieser Reporter berichtete kürzlich, wie er im Sommer 2006 von einem leitenden Berater des damaligen Präsidenten Bush dafür gescholten wurde, daß er einen kritischen Artikel über eine ehemalige Leiterin des Kommunikationswesens im Weißen Haus geschrieben hatte. Der Reporter schreibt, daß er damals noch nicht vollständig begriffen hatte, was der Berater ihm ganz offen sagte. Erst im Nachhinein erkannte er das Gesagte als das Wesentliche der Bush-Präsidentschaft. Im folgenden gibt der Reporter die wesentlichen Worte des Beraters wieder:—

Leute wie dieser Reporter, sagte der Berater zu ihm, leben „in der – wie wir sagen – wirklichkeitsbasierten Gemeinschaft. D.h. Leute wie Sie glauben daran, daß aus dem umsichtigen Untersuchen der erkennbaren Wirklichkeit dann Lösungen hervorgehen.“ Der Reporter sollte diese gestrigen Grundsätze vom Aufnehmen der Wirklichkeit vergessen. Denn „ so funktioniert die Welt nicht mehr. Wir sind nun ein Imperium, und durch unser Handeln schaffen wir unsere eigene Wirklichkeit – umsichtig, wenn Sie so wollen, aber wir werden erneut handeln und somit wieder andere, neue Wirklichkeiten erschaffen, welche Sie wiederum untersuchen können. Auf diese Weise wird alles ins Lot gebracht. Wir sind es, die wir die Geschichte machen . . . . Und Ihnen, Ihnen allen, wird nur das zu untersuchen übrigbleiben, was wir tun.“ (siehe Beitrag auf www.321gold.com vom 2. Februar 2011 namens „We are Victims of a Financial Coup d’Etat“ von Catherine Fitts. Zu deutsch: „Wir sind Opfer eines Finanz-Staatsstreichs.“)

Hier moralisiere nicht ich darüber, daß die moderne Welt auf Phantasie baut. Sondern ein innerster Vertrauter aus Washington prahlt damit, wie die moderne Welt auf der Basis von Phantasie funktioniert. Entsprechen denn seine Worte nicht genau jenen Erfindungen, beispielsweise „9/11“ (11. September 2001 in New York) und Saddam Husseins „Massenvernichtungswaffen,“ welche „geschaffen“ wurden, um damit eine Politik zu rechtfertigen, die anders nicht gerechtfertigt werden konnte? Die Arroganz hinter einer derartigen Verachtung der Wirklichkeit und der Menschen, welche die Wirklichkeit anerkennen, ist atemberaubend.

Die antiken Griechen waren Heiden ohne Kenntnis des geoffenbarten Gottes. Jedoch hatten sie ein klares Verständnis von jener Wirklichkeit, welche den moralischen Rahmen von Gottes Weltall ausmacht, das – wie die Griechen meinten – von den Göttern regiert wird. Jeder Mensch, und sogar jeder Held, welcher wie dieser Bush-Berater diesen Rahmenbedingungen trotzt, würde sich der „Hybris,“ das heißt des Aufbäumens gegen seinen gebührenden menschlichen Rang schuldig machen, und entsprechend von den Göttern zerquetscht werden.

Liebe Katholiken, wenn Sie denken, daß die Gnade die Natur abschaffe, dann sollten Sie besser von den Heiden aus alten Zeiten erneut jene Lektionen über die Natur lernen, welche heute nötiger sind als jemals zuvor. Studieren Sie den Xerxes in Aischylos’ Persae, den Kreon in Sophokles’ Antigone, den Pentheus in Euripides’ Bacchae. Mit Sicherheit sollten Sie den Rosenkranz beten; doch lesen Sie auch die berühmten Klassiker, pflanzen Sie Kartoffeln an und bezahlen Sie Ihre Schulden ab, sage ich!

Kyrie eleison.

Bemerkenswerter Film

Bemerkenswerter Film on Februar 12, 2011

Es ist gut nachvollziehbar, warum der kürzlich veröffentlichte französische Spielfilm namens „Von Menschen und Göttern“ („Des hommes et des dieux“) auf den namhaften Filmfestspielen von Cannes in Frankreich zahlreiche Preise gewann. Der Film zeichnet die realen Ereignisse der letzten Monate im Leben eines Zisterzienserklosters im nach-kolonialen Algerien des Jahres 1996 nach, wo zum Schluß unbekannte Attentäter die acht Mönche umbrachten. Die Regie, die Schauspielkunst und die Aufnahmen des Filmes sind sehr schön. Für Katholiken jedoch, welche mit der Tradition vertraut sind, ist an diesem Spielfilm besonders seine Religion interessant, sowie aus religiöser Sicht seine Politik.

Am bemerkenswertesten an diesem Film ist vielleicht der wahre Sinn für die Religion – angesichts der Tatsache, daß er die konziliare Religion zeigt. Die Glaubenslehre betreffend kommen ökumenische Elemente vor, beispielsweise ein übermäßiger Respekt gegenüber dem Koran. Was die Liturgie betrifft, so sind die Worte und Musik, welche in dem einfachen, aber hehren Kloster gesungen werden, jene des modernen Menschen: also subjektiv und sentimental. Dennoch sind die regelmäßigen Szenen, welche die Mönche beim Gebet zeigen, so wahrhaft religiös, daß sie in unserem säkularen Zeitalter insgesamt überraschen. Genau das ist der Kern eines Klosters! – mag der Zuschauer sich sagen.

Und wir, was sollen wir dazu sagen? Zur Regie und zum Schauspiel im Spielfilm sei ein Vergleich erlaubt. Moderne Briten können immer noch am überzeugendsten die viktorianische Epoche darstellen, weil das britische Imperium genug in ihrem geschichtlichen Bewußtsein ist, um noch in ihrem Blut zu liegen. Auf ähnliche Weise können auch die französischen Schauspieler in diesem Film auf hervorragende Weise Mönche darstellen, weil das katholische Mönchtum ein elementarer Bestandteil ihres geschichtlichen Erbes ist. Entscheidend jedoch ist das, was aus dem Herzen eines Menschen kommt – wie unser Herr sagt (Matthäus 15,18–19). Weitgehend das beste muß also die beherzte Tradition sein, aber dieser Film soll uns Traditionalisten daran erinnern, daß ein beherzter Konziliarismus dem lieben Gott besser gefallen mag, als eine Tradition, deren Herz erkalten würde.

Von besonderem Interesse angesichts der derzeitigen islamischen Aufstände in verschiedenen arabischen Ländern ist die im Film dargestellte Politik. Die Mönche im Film stecken politisch in einer Zwickmühle – was im echten Leben zweifellos auch so war. Auf der einen Seite ist ihr nicht-islamisches Leben offensichtlich von den islamischen Rebellen bedroht, welche jeden umbringen, der einer politischen Übernahme Algeriens durch den Islam im Wege steht. Auf der anderen Seite ist es der nach-kolonialen algerischen Regierung höchst suspekt, daß die Mönche den Rebellen Hilfe und Beistand leisten, indem sie zum Beispiel die von der Kirche vorgesehenen Werke der tätigen Barmherzigkeit an den verwundeten Rebellen üben. Deswegen fordert die Regierung die Mönche auf, das Land zu verlassen. Bis heute vermuten sogar manche Menschen, daß die Regierung diese Mönche hinrichten ließ. Gott weiß, ob es so war.

Und wir, was sollen wir dazu sagen? Sicherlich ist ein beherzter Katholizismus einem beherzten Islam weit überlegen, weil der Islam eine antichristliche, grob vereinfachende und brutale Sekte ist. Doch wenn dem Katholizismus das Herz entnommen wird, wie auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil geschehen, so können im wirklichen Leben irgendwo auf der Welt katholische Mönche und Priester sich dadurch schuldig machen, daß sie anti-katholischen Revolutionären nicht nur medizinische, sondern auch moralische Unterstützung geben. Schon Erzbischof Lefebvre sagte, daß modernistische Priester die schlimmsten Revolutionäre ausmachen können. Überrascht es dann, wenn eine bestehende Regierung die Unterwanderung von Recht und Ordnung durch konziliare Priester nicht hinnimmt? In der Tat wächst der Islam nur deswegen, weil die wahre katholische Kirche noch immer im Niedergang begriffen ist.

So viel hängt von den wenigen Seelen ab, welche noch an der katholische Tradition festhalten!

Kyrie eleison.

Liberale Verseuchung

Liberale Verseuchung on Februar 5, 2011

Wenn wir den Liberalismus im weitesten Sinne als die Befreiung des Menschen von Gott definieren (siehe „Eleison Kommentare“ von letzter Woche), dann ist allgemein gesagt der liberale Katholizismus des 19. Jahrhunderts (welcher aus der Französischen Revolution von 1789 resultierte) die erfolgreiche Befreiung der Politik von Gott. Hingegen ist der liberale Modernismus des frühen 20. Jahrhunderts der erfolglose Versuch, die katholische Kirche von Gott zu befreien – der Versuch wurde vom heiligen Papst Pius X. zunichtegemacht. Allerdings gelang dieser Versuch dann ein halbes Jahrhundert später auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil und überstieg dabei sogar die kühnsten Träume der meisten Liberalen. Es folgt ein weiteres Zeugnis, welches ich diesmal aus Italien erhielt. Es beschreibt, wie der liberale Traditionalismus zur Zeit an der Befreiung der katholischen Tradition von Gott wirkt (hätten wir doch nur halb so viel Ausdauer wie der Teufel!):—

„Als Papst Benedikt XVI. im Jahre 2007 durch sein Motu Proprio die tridentinische Messe von ihrer Fessel gelöst hatte, vergrößerte sich zwar die Quantität der Katholiken, welche der Tradition näherkamen, aber gleichzeitig schwankte deren Qualität sehr. Mit dem Ansteigen der Menge kamen zwangsweise viele Katholiken zur Tradition, welche noch nie von der Wichtigkeit der Tradition überzeugt gewesen waren und deren Vorstellung von Tradition im Grunde nach wie vor subjektiv war: die Tradition sei für Katholiken nicht verbindlich, sondern lediglich wahlweise. In dieser Hinsicht ist die Grundsatzrede Benedikts XVI. vom 22. Dezember 2005, auch wenn sie einige nützliche Dinge enthält, in ihrer Auswirkung verheerend.“

„Dann stellte das Vertrauen in den Papst jedes kritische Nachdenken über die moderne Liturgie, die Katechese oder die Glaubenslehre hintan. Wer den Geist der Unterscheidung pflegen oder die Verwirrung auflösen wollte, machte sich sehr unbeliebt. Allerdings war die Ankündigung von Assisi III. ein schwerer Schlag gegen dieses breite und sehr flauschige Spektrum der Tradition, und nun mußten die Katholiken sich entscheiden. In der Folge kamen Gegensätze ans Lichtund es entstanden die ersten Abspaltungen.“

„Benedikt XVI. hat jenes vielversprechende Potential an jungen Katholiken erfolgreich infiziert, welche mit der Tradition verbunden waren oder ihr nahestanden, und ihm gelang das Verursachen von Aufspaltungen. Vieles von dem erwähnten Potential ist nun ruiniert – selbst wenn wir unsere Hoffnung auf Gott setzen, damit möglichst viele andere junge Menschen auf eine wahrhaft rechtgläubige Art reden und sich verhalten mögen. Doch wieviele Katholiken sind bereit, mit vollem Einsatz den gerechten Kampf der Kirche anzunehmen? Wir müssen abwarten, bis der Staub sich legt und die Menschen mit gutem Willen und mit frischer Lebenskraft in Erscheinung treten.“

„Mehr denn je zuvor erfordert das Bezeugen der Tradition klare und eindeutige Stellungnahmen. Jedwedes Schwanken schadet nur. Lassen wir den Kampf fortfahren, den Ton wo nötig schärfen und die Übel von Benedikts XVI. konziliarer „Neukirche“ offen herausstreichen. Die öffentliche Meinung in Italien ist weit davon entfernt, Bezug auf die wahren Probleme der Kirche zu nehmen. Die italienischen Katholiken haben sich jahrhundertelang in der Annahme geübt, daß die Worte des Papstes das Evangelium seien. Sie sind Kinder unserer Zeit.“

Dieses Zeugnis legt sicherlich nahe, daß sowohl die Ausgrenzung Ecônes durch die Amtskirche im Jahre 1975, also auch seine wie endgültige Verurteilung durch die „Exkommunikationen“ im Jahre 1988 dazu beitrugen, die katholische Tradition vor der Verseuchung zu bewahren. Muß der Herrgott zum gleichen Zweck eine erneute Aufspaltung und Ausgrenzung zulassen? Hoffen wir inständig, daß dies nicht nötig ist.

Kyrie eleison.

Gefährliches Traumland

Gefährliches Traumland on Januar 15, 2011

Jüngst sandte jemand einige Sätze von Hochwürden Denis Fahey (1883–1954) an mich, welche beweisen, daß nicht alle Katholiken vor dem Zweiten Vatikanum „nicht bei der Sache waren.“ Heißt das im Umkehrschluß, daß viele Katholiken „nicht bei der Sache waren“? Zweifellos. Obendrein sind viele Katholiken heute noch nicht bei der Sache, einschließlich einer ganzen Reihe von sogenannten traditionellen Katholiken, weil die gleichen Ursachen zu gleichen Wirkungen führen. Nun sind jedoch die Ursachen, welche in der Mitte des 20. Jahrhunderts zur Blindheit der Katholiken führten, in unserem frühen 21. Jahrhundert stärker als jemals zuvor.

Es folgt der kurze Auszug von Hw. Faheys „Das Königtum Christi und der organisierte Naturalismus“ aus dem Jahre 1943. (Die Sätze sind zum Zwecke des späteren Kommentierens numeriert):—1) „Die Katholiken erliegen den Machenschaften der Feinde unseres Herrn, weil die Katholiken nicht für den wirklichen Kampf in dieser Welt geschult werden. 2) Sie verlassen die Schule ohne hinreichende Kenntnis über die organisierten Gegner, auf welche sie mit Sicherheit stoßen werden, und sie haben außerdem nur eine verschwommene Vorstellung vom Wesen der sozialen Ordnung, welche sie verteidigen müssen . . . 3) Und schließlich stoßen Katholiken, welche wirklich für die wahre christliche Ordnung kämpfen, immer auch auf Katholiken im gegnerischen Lager.“

zu 1) Weil in der heutigen Welt die Menschen massenhaft nicht mehr glauben, daß sie dank der Erlösung durch den Glauben an unseren Herrn Jesus Christus und seine Kirche das wirklich gute Leben erst zusammen mit Gott im Himmel führen werden, setzen sie ihr Vertrauen in die Menschen, um das gute Leben in dieser Welt zu erlangen. Somit wird jedoch die Politik faktisch zur Religion dieser Menschen, und ihre Regierungen ersetzen Gottes Vorsehung. Dann fällt es den Menschen immer schwerer zu glauben, daß ihre Regierungen und ihre Lebensart praktisch von den wirklichen, allzuwirklichen Feinden unseres Herrn kontrolliert werden. Wie könnten denn beispielsweise unsere Regierungen über den 9. September 2001 – „9/11“ – jemals lügen? Ein solches Vertrauen in die modernen Regierungen verrät, wie elend es um unser Begreifen der Wirklichkeit steht. Wie verbreitet dieses ungerechtfertigte Vertrauen auch sein mag: wenn Katholiken es erst einmal teilen (ohne gleich ins Lager der Revolutionäre zu wechseln), so werden sie unweigerlich „nicht für den wirklichen Kampf in dieser Welt geschult.“ Sobald sie außerdem das Traumland hier unten annehmen, geraten sie in große Schwierigkeiten beim Erreichen des wirklichen Himmels des wirklichen Gottes da oben.

zu 2) Zwar kann es schwierig sein, den Schülern und Seminaristen beizubringen, daß unser Herr erbitterte Feinde hat, weil letztere ihre organisierte Gegnerschaft so geschickt tarnen. Doch die Jungen werden auf diese Gegner „mit Sicherheit stoßen.“ Wenn also die Lehrer diese Tarnung der Gegner nicht aufdecken und somit ihre Schüler nicht hinreichend für das Leben oder das Priesteramt vorbereiten, dann werden diese jungen Katholiken mit Scheuklappen bzw. mit einer auf den Rücken gebundenen Hand in den Kampf ziehen. Und weil die Feinde Gottes den individualistischen Liberalismus stark fördern, um die Reste der christlichen Ordnung aufzulösen, müssen die Jungen besonders genau erlernen, was die Mutter Kirche über das „Wesen der sozialen Ordnung, welche sie verteidigen müssen“ und über die soziale Natur des Menschen lehrt.

zu 3) Oh weh, schon Pius IX., der große Papst des 19. Jahrhunderts, beklagte, daß wir die erbitterten Feinde unseres Herrn außerhalb der Kirche nicht so sehr fürchten müssen wie die liberalen Katholiken innerhalb der Kirche. Denn diese katholischen Liberalen verspotten den Gedanken an sich, daß jemand gegen unseren Herrn sich verschwören könne. Denn hört man nicht des öfteren (in einem verweichlichten Tonfall gesäuselt)? – „Sin-d ni-cht al-le ir-gend-wie lie-b?“ Nein, das sind sie nicht!

Hw. Fahey, bitte für uns!

Kyrie eleison.

Berufungen – woher?

Berufungen – woher? on Oktober 2, 2010

Jahrzehntelang ging Robert – wie ich ihn nenne – in größeren Städten einer „fortschrittlichen“ westlichen Nation einer Vielzahl von Teilzeit- und Vollzeit-Vorlesungen in den Geisteswissenschaften nach. Heute teilt er grundsätzlich die Kritik an den modernen Universitäten aus einem kürzlichen „Eleison Kommentar“ (EC 158). Allerdings erhebt er einen interessanten Einwand, der sogar noch ein oder zwei Schritte weitergeht. Beginnen wir damit, wie er das heutige Universitäts-System real erlebt.

Nach einer schier endlosen Zeit des Studierens erhielt Robert vor einigen Jahren endlich seinen Doktortitel in Geschichte – aber nur gerade noch so und auf eine Weise, daß er keine Anstellung als Universitätsprofessor finden wird. Das „politisch korrekte“ System hatte sich, wie er sagt, erfolgreich gegen Roberts „extrem rechte“ Gedanken verteidigt. „Der Integrist (d.h. der fundamentale Katholik) war geknebelt und die Demokratie gerettet worden. Der Dummkopf hatte sich vor die Dampfwalze geworfen und war regelrecht erdrückt worden – auf ebenso leichte Weise wie Winston in dem berühmten Roman 1984 von George Orwell.“

„Aufgrund meiner Erfahrung,“ schreibt er, „würde ich keinem Jugendlichen empfehlen, an eine Universität für Geisteswissenschaften zu gehen, am wenigsten meinen Kindern. Laßt sie lieber ein Handwerk oder eine Fachschul- bzw. Fachhochschul-Ausbildung ergreifen. Am besten ist es, wenn sie später selbstständig auf dem Lande oder höchstens in einer Kleinstadt arbeiten, damit sie der Gehalts-Versklavung entrinnen.“ So würde er verfahren, wenn er sein Leben noch einmal vor sich hätte, schreibt er. Als katholischer Intellektueller empfindet er seinen Handlungsspielraum darauf beschränkt, Zeugnis zu geben.

Dennoch hat Robert einen ernsthaften Einwand gegen diesen Lösungsweg einer handwerklichen oder fachhochschulischen Ausbildung. Denn, kurz gesagt: Ingenieure werden zwar besser als Philosophen bezahlt, aber die scharf abgegrenzte Weise ihrer Arbeit – an und aus, eins und null – wird in ihnen eine Abneigung gegen die menschlichen, allzu menschlichen, Erschwerungen in der Religion und Politik erzeugen. Idealerweise wäre der Mann tagsüber Techniker und nachts Dichter, doch in der Wirklichkeit ist es sehr schwierig, ein Leben zwischen solchen Gegensätzen zu führen, sagt Robert, und in der Regel wird ein Mann das Interesse an einem der beiden Gegensätze verlieren.

Die gleiche Spannung beobachtet er auch in der Priesterbruderschafts-Schule in seiner Region. Sie bietet den Geisteswissenschaften zwar theoretisch den Ehrenplatz, aber in der Praxis neigen sowohl Buben als auch das Schulpersonal eher zu den Naturwissenschaften, weil diese die besseren Berufsaussichten bescheren. Die von der Schule kommenden Jungmänner sind daher entsprechend weniger gut gerüstet, wie es Robert dünkt, um die Probleme der Konzilskirche oder der modernen Welt auf tiefgehende Weise zu begreifen. Hier endet sein Zeugnis.

Die Situation ist ernst. So sind etwa die Priesterbruderschafts-Schulen dem Druck ausgesetzt, in die Richtung der Naturwissenschaften zu tendieren, aber die zukünftigen Priester benötigen vielmehr eine gute Ausbildung in Geisteswissenschaften, weil die menschlichen Seelen eben nicht nach dem Prinzip des klar abgegrenzten An-und-Aus bzw. Eins-und-Null funktionieren. Wenn aber aus den Bruderschafts-eigenen Schulen keine Berufungen mehr fließen, woher sollen diese dann kommen? Wie können die geistlichen Dinge geschützt werden in einer Welt, die sich ganz den materiellen Dingen verschreibt? Wie können die Seelen der Buben für das Priestertum begeistert werden? Nach meiner Beobachtung ist für sie in der Regel entscheidend, wie ernst ihr Vater seine Religion nimmt. Lesen Sie im Alten Testament das Buch Tobias (es ist weder lang, noch schwer zu verstehen). Es zeigt, wie der liebe Gott Väter durch ihre Söhne belohnt.

Kyrie eleison.

Üppige Wirklichkeit

Üppige Wirklichkeit on September 4, 2010

Eure Exzellenz, wie können Sie im „Eleison Kommentar“ EC 163 denn nur darlegen, daß der Herrgott die einzig wahre Lösung für alle sozialen Probleme einer modernen Großstadt ist, wie diese Ihnen vor drei Wochen von Ihrem Freund in seiner Heimatstadt vorgeführt worden sind? Was hat denn Gott mit der Politik oder den sozialen Problemen zu schaffen? Ich dachte immer, er würde sich nur um Dinge wie Religion und Spiritualität kümmern!“

Nun, mein lieber Freund, wer ist denn Gott? Er hat ja nicht nur jede einzelne unserer Seelen und die Materie erschaffen, woraus unsere Eltern dann unseren Körper zusammenfügten, sondern er schöpft weiterhin beides für jeden Augenblick, in dem diese Menschen jetzt und in Zukunft existieren. Somit ist Gott jedem von uns menschlichen Wesen näher als wir es uns selber sind. Daher lehrt die Kirche, daß jeder Verstoß gegen unseren Nächsten zuallererst ein Verstoß gegen Gott ist, weil er tiefer und dichter innerhalb von uns ist als wir selber in uns sind. Wer also seinen Nächsten beleidigt, der beleidigt auf noch stärkere Weise Gott; und wer Gott niemals beleidigt, wird auch seinen Nächsten nicht beleidigen. Nun lernen die Kirchgänger und Schüler der in EC 163 erwähnten Kirchengemeinde und Schule, Gott und Seine Gebote an die erste Stelle zu rücken. Wird man also nicht feststellen dürfen, daß sie dadurch lernen, die Wurzel aller Probleme der Großstädte zu lösen, welche letztendlich zwischen den jeweiligen Nächsten bestehen?

Rufen wir kurz die sozialen Probleme der Großstadt meines Freundes ins Gedächtnis zurück. Überwiegend Weiße besiedeln die umliegenden Vorstädte, und sie leben über ihre Verhältnisse und in vorgetäuschten Luxusvillen. Sie wollen reich erscheinen und träumen auch davon, reich zu sein. Doch beten sie damit nicht den Materialismus und den Mammon an, also das Geld? Was wird hingegen in der Kirchengemeinde gelehrt? „Niemand kann zwei Herren dienen; denn entweder wird er den einen lieben und den anderen hassen, oder er wird sich dem einen zuneigen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon“ (Mt. 6,24). Überwiegend Nicht-Weiße besiedeln die inneren Vorstädte und vernachlässigen zu einem großen Teil ihre Wohnungen – was die Stadtplaner zweifelsohne zur Verzweiflung treibt. Doch ist es nicht eine ähnliche Form des Materialismus, wenn die Instandhaltung der Wohnung als Maßstab für ein gutes Leben und für die Seelengüte dient? Zwar mag die Sauberkeit gleich nach der Gottesfurcht kommen, wie das Sprichwort sagt, aber was lernt die Kirchengemeinde? – „Suchet zuerst Gottes Reich und seine Gerechtigkeit, und dies wird euch alles dazugegeben werden.“ (Mt. 6,33). Anders formuliert: Suchet zuerst Gott, dann wird auch die Sauberkeit folgen.

Schlußendlich verebbt der industrielle Lebenssaft in der Innenstadt. Doch warum? Ist es nicht der Kapitalismus selbst, der im Streben nach größeren Gewinnen die Industrie der Finanz unterordnet und die US-amerikanische Industrie ins Ausland verlagert hat? Und verursacht nicht gerade das Unterordnen des Menschen unter das Geld die immer schlimmer werdende Arbeitslosigkeit, die Entvölkerung der Stadtzentren und die Übertragung aller Macht an die Geldmenschen – wobei die Geldmenschen diese Macht just dazu verwenden, die ehemals stolzen Vereinigten Staaten von Amerika immer schneller in einen weiteren gedemütigten Teil ihres weltweiten Polizeistaates zu verwandeln?

Wie konnte das nur passieren? Weil die Weißen sich von Gott abwenden und – wie mein Freund sagt – ihre gottgegebene Mission ablehnen, die Welt zu Gott zu führen; stattdessen beten sie als höchste Wirklichkeit das Geld an. Möge die kleine Kirchengemeinde und Schule der Priesterbruderschaft außerhalb der Stadt noch lange die Oberhoheit Gottes, unseres Herrn Jesus Christus, üppig gedeihen lassen!

Kyrie eleison.