Schlagwort: Liberalismus

Kirchliche Unfehlbarkeit – V

Kirchliche Unfehlbarkeit – V posted in Eleison Kommentare on Mai 31, 2014

Liberalismus bedeutet Krieg gegen Gott und Auflösung der Wahrheit. Innerhalb der heute durch den Liberalismus verkrüppelten Kirche mag Sedisvakantismus eine verständliche Reaktion sein, aber sie billigt der Autorität zu viel Macht über die Wahrheit zu. Die moderne Welt ist der natürlichen Wahrheit verlustig gegangen, ganz zu schweigen von der übernatürlichen Wahrheit; und hier liegt der Kern des Problems.

Für unsere erklärenden Zwecke teilen wir die päpstlichen Lehren einmal in drei Abschnitte ein. Erstens: lehrt der Papst als Papst, in Fragen des Glaubens oder der Moral, endgültig, und für alle Katholiken bindend, so liegt sein „Außerordentliches Magisterium“ vor, welches notwendigerweise unfehlbar ist. Zweitens: nimmt er zwar nicht alle vier genannten Bedingungen in Anspruch, lehrt allerdings in Übereinstimmung mit dem, was die Kirche immer und überall und für alle Katholiken zu glauben gelehrt hat, so ist er Teil des sogenannten „Ordentlichen Universellen Magisteriums“ der Kirche, welches ebenfalls unfehlbar ist. Drittens: jede andere Lehre des Papstes, welche dann fehlbar und, falls gegen die Tradition stehend, sogar falsch ist.

Inzwischen dürfte klar sein, daß das Verhältnis des Außerordentlichen Lehramtes zum Ordentlichen Universellen Lehramt wie das einer Schneekappe zum Berg ist. Die Schneekappe stellt nicht den Berggipfel dar, sondern macht ihn nur deutlicher sichtbar. Anders formuliert ist das Verhältnis also wie der Diener zum Meister. Das Außerordentliche Lehramt existiert also, um dem Ordentlichen Universellen Lehramt zu dienen, indem es ein für allemal klarstellt, was zu diesem Ordentlichen Lehramt gehört und was nicht. Der Rest des Berges, sozusagen, wird sichtbar gemacht durch seine Nachvollziehbarkeit bis zu Unserem Herrn Jesus Christus und seinen Aposteln zurück, kurz gesagt, durch die Tradition. Aus diesem Grunde ist jede Definition durch das Außerordentliche Lehramt peinlichst genau zu zeigen bemüht, daß das zu Definierende schon immer Teil der Tradition war. Der Berg war Berg, bevor er mit Schne e bedeckt wurde.

Somit wird deutlich, daß die Tradition dem Papst vorgibt, was er zu lehren hat, und nicht umgekehrt. Auf dieser Grundlage gründete Erzbischof Lefebvre auch die Traditionsbewegung. Doch, mit Verlaub, begreifen die Sedisvakantisten und Liberalisten diese Grundlage nicht. Dabei genügt doch schon ein Blick auf das Johannes-Evangelium, um zu sehen, wie oft Unser Herr betont, daß, was er lehrt, nicht von ihm, sondern von seinem Vater stammt; z.B.: „Meine Lehre ist nicht meine, sondern von dem, der mich gesandt hat“ (7,16), oder: „Denn nicht aus mir selbst habe ich verkündet, sondern der Vater, der mich sandte, er selbst hat mir Auftrag gegeben, was ich sagen und was ich verkünden soll“ (12,49). Gewiß ist auf Erden niemand so autorisiert wie der Papst, um der Kirche und Welt zu sagen, was zur Tradition gehört; doch gleichzeitig darf er nicht behaupten, etwas sei in der Tradition enthalten, was kein Teil von ihr i st. Das zur Tradition Gehörende ist etwas objektives und inzwischen 2000 Jahre altes; es steht über dem Papst und setzt ihm Grenzen bezüglich seiner Lehre – so wie der Auftrag des Vaters Grenzen setzte, was Jesus Christus als Menschensohn lehren würde.

Warum behaupten dann Liberalisten wie Sedisvakantisten gleichermaßen, daß im Endeffekt der Papst unfehlbar sei, selbst wenn er außerhalb des Außerordentlichen Lehramtes und des Ordentlichen Universellen Lehramtes lehrt? Weil beide Lager die Autorität in ihrem Verhältnis zur Wahrheit überbewerten, so daß beide die Kirchenautorität nicht länger als Diener, sondern als Meister der Wahrheit betrachten. Aus welchem Grund tun sie das? Weil beide Kinder der modernen Welt sind, wo der Protestantismus der katholischen Wahrheit trotzte und der Liberalismus seit der Französischen Revolution versucht, die totale objektive Wahrheit aufzulösen. Und wenn erst einmal keine objektive Wahrheit mehr bekannt ist, so kann eine Autorität freilich alles sagen, was man ihr durchgehen läßt. Dies beobachten wir doch allenthalben um uns herum, und kein Mensch kann einen Paul VI. oder Bischof Fellay dann noch davon abha lten, bei diesem Vorgang immer willkürlicher und tyrannischer zu werden.

Heilige Muttergottes, erwirke mir, die vom Vater kommende natürliche und übernatürliche Wahrheit und Ordnung zu lieben, zu erkennen und zu verteidigen, so wie Dein eigener Sohn als Mensch ihnen untertan war „bis zum Tode, sogar bis zum Kreuzestode.“

Kyrie eleison.

Kirchliche Unfehlbarkeit – III

Kirchliche Unfehlbarkeit – III posted in Eleison Kommentare on Mai 17, 2014

Die verrückten Worte und Taten des Papst Franziskus treiben derzeit viele gläubige Katholiken in die Hände des Sedisvakantismus, welcher jedoch gefährlich ist. Die Vorstellung, daß die konziliaren Päpste keine Päpste waren und sind, mag als bloße Meinung beginnen; doch allzu oft müssen wir bestätigen, wie diese Meinung erst zu einem Dogma und dann zu einem mentalen Fangeisen wird. Meines Erachtens macht der Verstand vieler Sedisvakantisten die Schotten dicht, weil die beispiellose Kirchenkrise durch das Zweite Vatikanische Konzil ihrem katholischen Verstand und Herzen solche Qualen verursacht hat, daß sie im Sedisvakantismus eine einfache Lösung gefunden zu haben glauben. Danach sind sie nicht mehr willens, die Qualen erneut auf sich zu nehmen, indem sie die grundlegenden Fragen erneut stellen. Sodann unternehmen sie einen regelrechten Kreuzzug, um für ihre einfache Lösung auch andere Katholiken zu gewinnen. Doch bei diesem Unternehmen zeigen viele – nicht alle – Sedisvakantisten am Ende einen Hochmut und eine Bitterkeit, welche keine Zeichen bzw. Früchte eines wahren Katholiken mehr sind.

Nun haben diese „Eleison-Kommentare“ zwar immer davon abgesehen, mit letztendlicher Sicherheit zu verkünden, daß die konziliaren Päpste auch gewiß Päpste seien. Doch gleichzeitig wiesen die „Kommentare“ darauf hin, daß die üblichen Argumente der Sedisvakantisten weder schlüssig noch für Katholiken verbindlich sind, so wie manche Sedisvakantisten uns glauben machen wollen. Kommen wir daher auf eines ihrer Hauptargumente zurück, jenes von der päpstlichen Unfehlbarkeit, welches sie so erklären: die Päpste sind unfehlbar; die Liberalisten jedoch sind fehlbar, und konziliare Päpste sind Liberalisten; daher sind sie keine Päpste.

Dagegen können wir einwenden, daß ein Papst nur dann mit Sicherheit unfehlbar ist, wenn er alle vier Bedingungen des Außerordentlichen Magisteriums der Kirche dadurch in Anspruch nimmt, daß er auf die folgenden vier Weisen lehrt: 1) als Papst, 2) bezüglich des Glaubens oder der Moral, 3) auf endgültige Weise und 4) für alle Katholiken bindend. Darauf antworten die Sedisvakantisten wie die Liberalisten gleichermaßen: weil nach der Lehre der Kirche das Ordentliche Magisterium unfehlbar ist, so müsse – und nun kommt der Schwachpunkt in der Argumentation – der Papst, selbst wenn er außerhalb seines Außerordentlichen Magisteriums feierlich lehrt, ebenfalls unfehlbar sein. Nun stelle aber das Lehren der konziliaren Päpste sich feierlich dar; daher müßten wir also entweder Liberalisten oder Sedisvakantisten werden, je nachdem, welche der beiden Seiten dieses Argument anführt.

Doch das Kennzeichen des Lehrens, welches zum ordentlichen universellen Magisterium der Kirche gehört, ist nicht die Feierlichkeit, mit welcher ein Papst außerhalb des Außerordentlichen Magisterium gelehrt hat, sondern ob sein Lehren dem entspricht bzw. nicht entspricht, was Unser Herr, seine Apostel und praktisch alle ihre Nachfolger, d.h. die Bischöfe der Weltkirche, zu allen Zeiten und an allen Orten gelehrt haben. Kurz gesagt zählt, ob die Lehre eines Papstes der Tradition entspricht. Nun stellt allerdings die konziliare Lehre (z.B. über die Kultfreiheit und den Ökumenismus) einen Bruch mit der Tradition dar, weswegen die heutigen Katholiken nicht verpflichtet sind, Liberalisten oder Sedisvakantisten zu werden.

Beide Seiten, die Liberalisten wie die Sedisvakantisten, klammern sich an ihre Übertreibung von der päpstlichen Unfehlbarkeit; und zwar aus durchaus interessanten Gründen, welche allerdings wieder eine andere Geschichte sind. Jedenfalls geben beide Seiten nicht einfach auf und bringen daher einen weiteren Einwand, welcher eine Antwort verdient. Beide Seiten behaupten, daß die Argumentation, wonach die Tradition das Kennzeichen des Ordentlichen Magisteriums sei, in einen Teufelskreis führe. Denn wenn die Lehrautorität der Kirche, das Magisterium, existiert um festzustellen, was die kirchliche Doktrin ist (was sie ja tut), wie könne dann gleichzeitig die traditionelle Lehre feststellen, was das Magisterium ist? Entweder müsse der Lehrer autorisieren, was gelehrt wird, oder das Gelehrte autorisiere den Lehrer, aber sie könnten nicht beide zur selben Zeit sich gegenseitig autorisieren. Somit sei die Argumentation falsch, wonach die gelehrte Tradition das lehrende Ordentliche Magisterium autorisiere, und deswegen sei der Papst nicht nur in seinem Außerordentlichen Magisterium unfehlbar. Also würden wir entweder Liberalisten oder Sedisvakantisten werden müssen.

Nächste Woche erklären wir, warum hier kein Teufelskreis vorliegt. Außerdem ist die Frage interessant, warum beide Seiten, also Liberalisten und Sedisvakantisten, denselben Irrtum bezüglich der Unfehlbarkeit begehen.

Kyrie eleison.

Fatale Humanisierung

Fatale Humanisierung posted in Eleison Kommentare on Februar 22, 2014

Einige Katholiken, welche den Apostolischen Stuhl als vakant (nicht besetzt) ansehen, lehnen die letzten Ausgaben dieser „Eleison-Kommentare“ vehement ab, weil diese anscheinend die allumfassende Häresie des Liberalismus auf die gleiche Stufe mit der speziellen Meinung namens Sedisvakantismus setzten. Allerdings greifen die „Kommentare“ die Seuche des Liberalismus ständig heftig an, während in letzter Zeit sie lediglich argumentierten, daß niemand verpflichtet ist, Sedisvakantist zu sein. Ist das nicht eine sehr moderate Haltung im Hinblick darauf, wie oft der Sedisvakantismus einer ziemlich steril machenden Falle gleichkommt?

Die „Kommentare“ vertreten die Position, daß der Sedisvakantismus, obgleich er einen bewundernswerten Versuch zur Bekämpfung des Liberalismus darstellt, für diese Aufgabe bestensfalls ein unzureichendes Mittel ist, weil er mit den Liberalen einen Grundirrtum teilt: die Übertreibung der päpstlichen Unfehlbarkeit. In seiner vollen Tiefe führt dieser Irrtum uns zum Kern der beispiellosen Kirchenkrise von heute, weswegen die „Kommentare“ auf diesem Thema beharren werden und jene Leser um Nachsicht bitten, welche dadurch übermäßig gelangweilt oder gekränkt werden. Die ganze Kirche steht auf dem Spiel, nicht nur die Gefühle dieser oder jener Kirchenglieder.

Die erwähnte volle Tiefe finden wir in der langsamen aber stetigen Abkehr der Menschheit von Gott, von seinem Sohn und von seiner Kirche während der letzten 700 Jahre. Im Hochmittelalter besaßen die Katholiken noch einen klaren und festen Glauben, und sie erfaßten das Einssein und den Absolutheitsanspruch des objektiven Gottes und seiner widerspruchsfreien Wahrheit. Dante setzte Päpste ohne weiteres in sein Inferno. Als über die Jahrhunderte der Mensch jedoch immer stärker sich in den Mittelpunkt aller Dinge rückte, verlor scheinbar Gott seine absolute Transzendenz über alle seine Geschöpfe, die Wahrheit schien immer relativer zu werden und nicht mehr länger an Gottes, sondern stattdessen an des Menschen Autorität zu hängen.

Nehmen wir als Beispiel innerhalb der Kirche die 13. der 17 „Regeln über die kirchliche Gesinnung“ aus dem berühmten Buch Geistliche Übungen des Hl. Ignatius von Loyola. Unzählige Päpste lobten dieses Buch, und zweifellos half es dabei, Millionen von Seelen zu retten. Der Hl. Ignatius schreibt in dieser 13. Regel: „Wir müssen, um in allem sicherzugehen, stets festhalten: was meinen Augen weiß erscheint, halte ich für schwarz, wenn die hierarchische Kirche so entscheidet.“ Eine solche Haltung mochte die Autorität der Kirchenmänner für kurze Zeit stärken, aber drohte sie auf lange Sicht nicht eher, die Autorität von der Wahrheit abzukoppeln?

Tatsächlich war im späten 19. Jahrhundert der Liberalismus bereits so stark geworden, daß die Kirche ihre eigene Autorität unterstützen mußte, indem sie im Jahre 1870 eine Definition über das unter voller Kraft agierende Lehramt herausgab: namentlich, wenn 1) ein Papst 2) definiert, 3) den Glauben oder die Moral betreffend, und 4) für die gesamte Kirche bindend. Doch weil seither viele Katholiken zu menschlich denken, tendierten sie zu folgendem Irrtum: anstatt das päpstliche Außerordentliche Lehramt in Bezug zu Gott und zur unabänderlichen Wahrheit des Ordentlichen Lehramts der Kirche zu stellen, verleihen sie der menschlichen Person des Papstes eine Unfehlbarkeit, welche allein von Gott stammt und allein ihm gebührt. Dieser Vermenschlichungsprozeß erzeugte eine schleichende Unfehlbarkeit, welche fast zwangsläufig in dem absurden Anspruch Pauls VI. gipfelte, im Namen eines „Feierlichen Ordentlichen Lehramtes“ die Tradition der Kirche umformen zu können. Die große Mehrheit der Katholiken ließ den Papst damit ungestraft davonkommen. Bis heute werden viele von ihnen Tag für Tag mehr Liberale, weil sie den Konzilspäpsten folgen, während eine kleine Minderheit von Katholiken sich angetrieben fühlt, jenen das Papst-Sein abzusprechen, welche für diesen konziliaren Unsinn verantwortlich sind.

Kurz gesagt habe ich durchaus Respekt für viele Sedisvakantisten, insofern sie an die Kirche glauben und verzweifelt keine andere Lösung für ein unendlich großes Kirchenproblem finden. Doch sollten sie meiner Meinung nach höher und tiefer zugleich schauen: auf die unendliche Höhe und Tiefe Gottes.

Kyrie eleison.

Pater Rioult – I.

Pater Rioult – I. posted in Eleison Kommentare on November 30, 2013

Warum erhoben die Priester der Priesterbruderschaft St. Pius X. sich nicht, als ab März letzten Jahres vollkommen klar wurde, daß ihre Führer jede Bodenhaftung zur katholischen Lehre verloren hatten und nachherig das Werk von Erzbischof Lefebvre verrieten? Pater Olivier Rioult, Vorreiter der Widerstandsbewegung in Frankreich, nannte letzten Monat in einem Gespräch mehrere gute Gründe dafür (auf französisch unter pelagiusasturiensis.​wordpress.​com ). Die folgende Zusammenfassung ist eine freie Anpassung des Originals:—

Erstens und auf grundsätzliche Weise, die Erbsünde: Als der ursprüngliche Kampf für die katholische Tradition in den 1970er- und 1980er-Jahren erfolgreich genug verlaufen war, um das Überleben der Glaubensgrundlagen garantieren zu können, begannen die traditionellen Katholiken auf ihren Lorbeeren sich auszuruhen, ihre gemütlichen Glaubensinseln zu genießen und in einen komfortablen Trott zu verfallen, welchen sie heute nur ungern verlieren. Sie haben den Kampfgeist zur Verteidigung des Glaubens verloren.

Zweitens, die besondere Form der Erbsünde namens Liberalismus: Während der letzten zehn Jahre waren die Bruderschaftsoberen führend bei der Abschwächung des Kampfes gegen den Liberalismus, gegen die Irrtümer und gegen die unanständige Kleidung Nicht mehr gegen den Strom zu schwimmen bedeutet jedoch zwangsweise rückwärts zu treiben, mit dem Strom. Auf solche Weise ist eine ganze Reihe von Bruderschaftspriestern – bei weitem nicht alle – in ihrer Überzeugung und Verkündigung schwächer geworden.

Drittens, der Aktivismus: Einige Priesterbrüder verfielen durch ihre vielfältigen priesterlichen Aufgaben dazu, die Füße sich wundzulaufen und folglich keine Zeit und keine Neigung mehr zu finden für das Lesen und Studieren. Wenn sie auf diese Weise zu reinen Verwaltern und Kommunikatoren werden, schwächen sie ihre Überzeugung und Verkündigung.

Viertens, Bischof Fellays Bauernfängerei: Über Jahre hinweg hat seine Doppelzüngigkeit fast jeden täuschen können – außer eine kleine Minderheit von klarsichtigen Seelen, welche jedoch absolut kein Gehör sich verschaffen konnten. Erst im letzten Jahr fiel seine Maske durch seinen Artikel in „Cor Unum“ vom März 2012 und durch seine Antwort an die drei Bischöfe vom 14. April 2012. Doch den größten Teil der Traditionskatholiken schläferte er ein (und jetzt macht er es wieder).

Fünftens, die Furcht vor dem Unbekannten: Wenn die gesamte Welt um uns herum wahnsinnig wird und wir gerade noch eine Insel der Vernunft gefunden haben, dann jedoch auch diese Insel dem Wahnsinn verfällt, so ist eine ungewöhnlich große Charakterstärke erforderlich, um die Wirklichkeit im Auge zu behalten und nicht dieser oder jener Illusion zu verfallen – und an solchen Illusionen mangelt es gewiß nicht! Auf diese Weise erkennen heute zwar viele Bruderschaftspriester, daß sie eine dramatische Situation erleben, welche nach kreuzigenden Entscheidungen schreit, aber ihnen fehlt die notwendige Seelenstärke um ins Ungewisse zu starten.

Schlußendlich schlechte Führer: Natürlich hat es in der Bruderschaft, wie auch in der Amtskirche, schon immer Liberale gegeben. Solange allerdings die Führer den rechten Kurs halten, können diese Liberalen in Schach gehalten werden. Als doch in der Amtskirche Johannes XXIII. und Paul VI. ihren Liberalismus förderten, war das Ergebnis eine regelrechte Flutwelle. Nun, wo auch die Bruderschaftsführer liberal geworden sind, flutet der Liberalismus durch die Priesterbruderschaft, wie es unter guten und echten Führern nie geschehen wäre.

Diese von P. Rioult genannten Gründe treffen allesamt zu, doch ist keiner von ihnen stärker als der Glaube, welcher „unser Sieg ist, der die Welt überwindet“ (1. Johannesbrief 5,4). Tatsächlich können wir sagen, daß alle genannten Gründe auf einen Mangel an genügend starkem Glauben aufseiten der Priester hinauslaufen. Denn diese Priester leben in einer Welt, in welcher jede lebende Seele ihre Haftung an die Wahrheit gelockert hat. Doch wenn die Wahrheit nicht mehr wahr ist, wie kann dann der Glaube noch wahr sein?

Wie sieht der einfachste Weg aus, um die Haftung an die Wahrheit zu stärken – was wir unter den heutigen verrückten Umständen unbedingt tun müssen? Meiner Meinung nach, dies:—

„Wachet und betet, wachet und betet,

Fünfzehn Geheimnisse täglich.“

Kyrie eleison.

Unschuldige Liberale?

Unschuldige Liberale? posted in Eleison Kommentare on Februar 23, 2013

Vor vier Wochen bejahten die „Eleison Kommentare“ die Frage, ob Liberalismus wirklich so schrecklich sei, wofür er gehalten wird. Denn der Liberalismus führt implizit einen Krieg gegen Gott. Es blieb die Frage offen, ob die vielen Liberalen, welche abstreiten, Liberale zu sein, Recht haben. Die Antwort lautet, daß wir alle heute sicherlich so vom Liberalismus durchtränkt sind, daß nur noch wenige von uns überhaupt merken, wie liberal wir in Wirklichkeit sind.

Liberalismus im weitesten Sinne meint die Befreiung des Menschen von Gottes Gesetz, was z.B. jeder Mensch tut, wenn er eine Sünde begeht. Somit ist im weitesten Sinne jeder Sünder ein Liberaler und also müßte auch jeder Sünder zugeben, daß er im weitesten Sinne ein Liberaler ist. Allerdings ist es eine Sache, Gottes Gesetz zu brechen und dabei wenigstens noch einzugestehen, daß Gott wirklich Gott und daß sein Gesetz auch sein Gesetz ist. Ein derartiger Sünder wäre lediglich ein praktischer Liberaler. Etwas ganz anderes ist hingegen, Gottes Gesetz zu brechen und dabei abzustreiten, daß Gott wirklich Gott und daß sein Gesetz auch wahrlich sein Gesetz ist. Ein solcher prinzipieller Liberaler stellt den Liberalismus der modernen Zeit dar.

Mit der Französischen Revolution von 1789 platzte dieser moderne Liberalismus in das Weltgeschehen hinein. Denn die Satzung dieser Revolution – die sogenannte Erklärung der Menschenrechte – war in Wirklichkeit eine Erklärung der Unabhängigkeit des Menschen von Gott. Wenn von nun an ein Mensch das Gesetz Gottes befolge, so mache er dies ausschließlich aus eigener Entscheidung heraus, nicht jedoch auf Geheiß oder Befehl von Gott. Durch diesen scheinbaren Gehorsam verhält der Mensch sich dann zwar praktisch nicht wie ein Liberaler, aber im tieferen Sinn ist er durch all sein Tun sogar ein prinzipieller Liberaler. Dies ist der moderne Liberalismus, dessen heutige Katholiken ihre Gegner oft bezichtigen. Haben diese Gegner dann Recht, wenn sie ebenso oft abstreiten, überhaupt Liberale zu sein? Subjektiv ja, aber objektiv nein.

Subjektiv ja, weil die Menschen seit 1789 die falschen Prinzipien der Revolution immer stärker in sich aufgesogen haben, so daß sie angesichts der Beschuldigung, von Gottes Gesetz sich zu befreien, ehrlich antworten können: „Welches Gesetz? Welcher Gott? Von was reden Sie nur!“ In einem so großen Maße wurden Gott und sein Gesetz anscheinend ausgelöscht.

Objektiv nein, weil Gott und sein Gesetz eben mit Sicherheit nicht zu existieren aufgehört haben. Und das wissen tief in ihrem Innern selbst die modernen Menschen. Zu behaupten, daß Gott nicht existiere, ist sogar „unentschuldbar“ (siehe Römer 1,20), und Gottes Gesetz ist den Menschen in ihr Herz geschrieben (siehe Römer 2,15), was immer die Menschen mit dem Munde auch sagen mögen. Beim oben erwähnten „ehrlich antworten“ muß also das „ehrlich“ in Anführungszeichen stehen, denn es wird nur gelten, was es vor Gottes Richterstuhl gilt.

Können also die Oberen der Priesterbruderschaft St. Pius X., welche ihre Bruderschaft mit der Konzilskirche vereinigen wollen, wirklich bestreiten, Liberale zu sein? Aus subjektiver Sicht sind sie gewiß davon überzeugt, ihr Bestes für die Kirche zu geben. Doch objektiv gesehen versuchen sie halsstarrig, das gegenrevolutionäre Werk von Erzbischof Lefebvre den Amtskirchen-Autoritäten zu unterwerfen, welche wiederum wild entschlossen sind, die liberale Revolution ein für allemal triumphieren zu lassen. Dabei sagen sie, daß wir wieder in die sichtbare Kirche eintreten müßten, weil sie die katholische Kirche sei. Aber auch die anglikanische „Kirche“ ist immer noch in ganz England sichtbar, und dennoch macht sie das nicht katholisch. Zudem kann den gegenwärtigen Bruderschaftsoberen nicht entgangen sein, auf welche Art und Weise sie die Worte des Erzbischofs verzerren und unterdrücken, um ihn an ihre Vision von Kirche anzupassen.

Die traurige Wahrheit ist, daß diese zuletzt erwähnten Liberalen nie verstanden haben, um was es Erzbischof Lefebvre wirklich ging. Wie so viele von uns waren sie zu seinen Lebzeiten von seinem Charisma wie gebannt. Doch begriffen sie seinen Glauben nie, welcher für sein Charisma die gleiche Bedeutung hatte wie die Wurzel für ihre Frucht. Es sei diesen Liberalen angerechnet, daß sie diese Frucht des Erzbischofs liebten. Doch kaum war er unter dem Boden, da fing die entwurzelte Frucht an, zu verwelken und abzusterben. Und weil sie den Glauben des Erzbischofs nicht begriffen, war es auch unvermeidlich, daß sie seine Bruderschaft in ihre eigene umwandeln würden. Genau das erleben wir seit einiger Zeit. Himmel hilf!

Kyrie eleison.

Gebet der Hl. Theresa

Gebet der Hl. Theresa posted in Eleison Kommentare on Februar 2, 2013

Es ist schier unbegreiflich, wie weit die Mehrzahl der Menschen von Gott abgekommen ist. Dabei ist doch er es, in welchem „wir leben, uns bewegen und sind“ (Apostelgeschichte 17,28). Ohne ihn können wir keinen Finger bewegen, keinen Gedanken hegen und keine natürlich gute Tat vollbringen, ganz zu schweigen von einer übernatürlich guten Tat. Ohne ihn können wir nur eines tun: sündigen – und selbst dann kommt bei der sündigen Tat die Tat an sich von Gott, während nur ihre Sündhaftigkeit von uns stammt. Denn die Sündhaftigkeit für sich allein genommen ist kein Wesen, sondern ein Mangel an Wesen.

Trotzdem behandelt die große Masse der Menschen Gott so, als ob er nicht existiere; oder wenn sie ihm eine Existenz zubilligt, dann behandelt sie ihn, als ob er keinerlei Bedeutung habe. Das ist ein wahrhaft unfaßbarer Stand der Dinge, welcher von Tag zu Tag schlimmer wird und der gewiß nicht andauern kann. Der heutige Zustand der Menschheit ist vergleichbar nur mit der Zeit Noahs. Die Verderbtheit der damaligen Menschen war an einem Punkt angelangt (Genesis 6,11–12), an welchem Gott nur noch ein Mittel zur Rettung einer beachtlichen Zahl von Menschen übrigblieb, wenn er ihnen ihr kostbarstes Talent, den freien Willen, lassen wollte – und beobachten wir doch nur, wie die Menschen reagieren, wenn jemand sie zu etwas zwingen will. Jenes Mittel war eine umfassende Züchtigung über die Menschen zu verhängen, während der sie allerdings noch Zeit zur Umkehr haben würden. Das war die Sintflut – ein historisches Ereignis, welches durch eine Unzahl geologischer Belege erwiesen ist.

Auf ähnliche Weise ist in den Augen Gottes gewiß auch heute eine weltweite Züchtigung das einzige Mittel, welches die Menschheit ihm gelassen hat, um wenigstens eine große Zahl von Menschen vor dem Grauen bewahren zu können, daß sie selber sich in die ewigen Verdammnis stürzen. Wie zur Zeit Noahs wird die Barmherzigkeit Gottes auch heute praktisch sicherstellen, daß bei weitem der größten Anzahl von Seelen – wenn nicht allen – die nötige Zeit und Erkenntnis zuteil wird, sich zu retten, wenn sie wollen. Im Nachhinein werden dann viele aus dieser großen Zahl von Geretteten (letztere werden leider nicht die Mehrheit sein) erkennen, daß nur diese Züchtigung sie davon abhielt, durch die heutige Verderbtheit in die Hölle mitgerissen zu werden.

Allerdings werden wir schnell erzittern vor dem sich entladenden gerechten Zorn eines majestätischen Gottes. Die Demonstration seiner Macht auf dem Gipfel des Berges Sinai erschreckte die Israeliten noch meilenweit (Exodus 20,18). Wir tun also in unserer Zeit gut daran, das berühmte Gebet der Hl. Theresa von Avila in Erinnerung zu rufen:

Nichts soll Dich ängstigen,

nichts Dich schrecken.

Alles geht vorüber,

Gott allein bleibt derselbe.

Alles erreicht

der Geduldige.

Und wer Gott hat,

der hat alles.

Gott allein genügt.

Heiligstes Herz Jesu, all das Vertrauen, welches ich fassen kann, lege ich in dich. Hilf doch meinem Mangel an Vertrauen!

Kyrie eleison.