Liberalismus

Herumdrehbare Erklärung

Herumdrehbare Erklärung on September 22, 2012

Nicht alles vom Generalkapitel der Priesterbruderschaft St. Pius X., welches im Juli in der Schweiz abgehalten wurde, mag katastrophal gewesen sein. Doch von seinen beiden offiziellen Ergebnissen zeigt das erste namens „Die sechs Bedingungen“ eine „besorgniserregende Schwäche“ (siehe Eleison-Kommentar 268 vom 1. September), und auch das zweite Ergebnis in Gestalt einer abschließenden „Erklärung“ läßt viel zu wünschen übrig. Eine möglichst kurze Zusammenfassung der Erklärung in zehn Paragraphen lautet wie folgt:

1) Wir danken Gott für die 42 Jahre Existenz der Priesterbruderschaft. 2) Wir haben nach der jüngsten Krise nun wieder unsere Einheit gefunden (echt?), 3) um unseren Glauben zu bekennen 4) an die Kirche, an den Papst und an den Christkönig. 5) Wir halten uns an das beständige Lehramt der Kirche, 6) und an ihre beständige Tradition, 7) in Verbundenheit mit allen unter Verfolgung leidenden Katholiken. 8) Wir rufen die Allerseligste Jungfrau Maria, 9) den Heiligen Erzengel Michael und 10) den Heiligen Papst Pius X. um Hilfe an.

Dieser Erklärung mangelt es gewiß nicht an Frömmigkeit, von welcher der Hl. Paulus sagt, daß sie zu allem nützlich ist (Erster Timotheusbrief 4,8). Gegenüber seinen beiden Jüngern Timotheus und Titus unterstreicht der Hl. Paulus allerdings ständig die Notwendigkeit der Doktrin, d.h. der Glaubenslehre, weil diese das Fundament wahrer Frömmigkeit ist. In der Erklärung des Generalkapitels fällt allerdings ausgerechnet die Doktrin leider recht dürftig aus. Anstatt die lehrmäßigen Irrtümer des Zweiten Vatikanischen Konzils, welche ja die Kirche seit 50 Jahren verwüsten, zu verdammen, enthält die Erklärung in ihren doktrinal stärksten Paragraphen 5 und 6 nur eine zaghafte Verurteilung dieser Irrtümer, begleitet von einem Tribut an das unveränderliche Lehramt (§5) und an die Tradition (§6) der Kirche. Dieser Tribut erfolgt zwar zurecht, schafft dabei aber ein Argument, welches von den Konziliaristen allzu leicht herumgedreht werden kann. Betrachten wir, wie einfach das geht:

Paragraph 5 legt dar, daß die Neuerungen des Zweiten Vatikanum „mit Fehlern befleckt“ sind, während das beständige Lehramt „ununterbrochen“ andauert: „Das Magisterium gibt durch seine Lehrakte das geoffenbarte Glaubensgut in vollständigem Übereinstimmung mit allem, was die universelle Kirche immer und an allen Orten geglaubt hat, weiter.“ Das deutet darauf hin, daß Rom das Zweite Vatikanum in die Reinigung geben sollte, um die Flecken zu entfernen. Doch die Römer können auf diesen Satz der Erklärung antworten: „Die Formulierung des Generalkapitels über die Kontinuität des Lehramtes ist absolut bewundernswert! Doch jenes Lehramt sind wir Römer, und wir stellen fest, daß das Zweite Vatikanum keine schmutzigen Flecken hat.“

Ähnlich beim Paragraph 6, welcher in der Erklärung lautet: „Die beständige Tradition der Kirche gibt jenen Lehrbestand, welcher zur Aufrechterhaltung des Glaubens und zur Rettung der Seelen notwendig ist, jetzt und bis ans Ende der Zeit weiter.“ Somit müssen also die kirchlichen Autoritäten zur Tradition zurückkehren. Doch die Römer können darauf antworten: „Die Formulierung des Generalkapitels über die Weitergabe des Glaubens durch die Tradition ist absolut bewundernswert! Doch die Hüter dieser Tradition sind wir Römer, und wir stellen durch die Hermeneutik der Kontinuität fest, daß das Zweite Vatikanum die Tradition nicht unterbricht, sondern fortführt. Das Generalkapitel irrt gewaltig mit der Annahme, daß wir zur Tradition zurückkehren müßten.“

Beachten wir den starken Kontrast zwischen dieser Erklärung und der Grundsatzerklärung des Erzbischof Lefebvre vom 21. November 1974, wo er einen wuchtigen und unherumdrehbaren Angriff auf die Irrtümer des Zweiten Vatikanum ausführt. In dieser Grundsatzsatzerklärung schrieb der Erzbischof, daß das Konzilsrom nicht das katholische Rom ist, weil die konziliare Reform folgendes ist: „naturalistisch, teilhardistisch, liberal und protestantisch . . . völlig vergiftet. Sie stammt aus der Häresie und führt zur Häresie,“ usw. Die Schlußfolgerung des Erzbischofs ist eine kategorische Weigerung, irgendetwas mit Neurom zu schaffen zu haben, weil es überhaupt nicht das wahre Rom ist.

Vergleichen Sie im Internet die zwei Erklärungen miteinander und entscheiden dann, welche von beiden untrüglich den Trompetenschall zum notwendigen Kampfe erklingen läßt (Erster Korintherbrief 14,8). Man darf sich fragen, wieviele Teilnehmer des Generalkapitels vom Jahre 2012 haben wohl jemals studiert, was Erzbischof Lefebvre sagte, und warum er es sagte?

Kyrie eleison.

Sechs Bedingungen

Sechs Bedingungen on September 1, 2012

In seinem offiziellen Brief vom 18. Juli 2012 an die Distriktoberen enthüllte der Generalsekretär der Priesterbruderschaft St. Pius X. die sechs „Bedingungen“ für eine künftige Vereinbarung zwischen Rom und der Bruderschaft. Anfang Juli 2012 arbeiteten die 39 Kapitelmitglieder diese Bedingungen in Besprechungen heraus. Diese Bedingungen unterstreichen gewiß eine besorgniserregende Schwäche aufseiten der gesamten Bruderschaftsführung.

Die erste „erforderliche Voraussetzung“ ist die Freiheit für die Bruderschaft, die unveränderliche Wahrheit der katholischen Tradition lehren und die Verantwortlichen der Irrtümer des Modernismus, Liberalismus und des Zweiten Vatikanum kritisieren zu dürfen. Soweit, so gut. Doch beachten wir, wie diese Vorstellung des Generalkapitels gegenüber Erzbischof Lefebvres Sichtweise sich geändert hat. Seine Anforderung lautete: „ Rom muß sich bekehren, weil die Wahrheit absolut ist.“ Doch dies bedingt das Generalkapitel nicht mehr aus, sondern schreibt nur noch: „Die Bruderschaft verlangt für sich die Freiheit, die Wahrheit zu verkünden.“ Anstatt den konziliaren Glaubensverrat anzugreifen, bittet die Bruderschaft nun die Verräter um Erlaubnis, die Wahrheit verkünden zu dürfen. „Oh meine Bürger, welch ein Fall war das!“ (William Shakespeare, „Julius Cäsar“)

Die zweite Bedingung sieht die ausschließliche Verwendung der 1962er-Liturgie vor. Wiederum schön und gut, weil die 1962er-Liturgie keinen Verrat am wahren Glauben darstellt im Gegensatz zur konziliaren Liturgie, welche ab 1969 von Rom verhängt worden ist. Aber werden wir denn nicht gerade Zeuge von den Vorbereitungen Roms, den traditionellen Kongregationen, welche sich unter die römische Autorität gestellt haben, ein Meßbuch der „gegenseitigen Bereicherung“ aufzuerlegen, indem die Tradition mit dem Novus Ordo gemischt wird? Wieso sollte die Bruderschaft davor geschützt sein, wenn sie sich erst Rom unterworfen hätte?

Die dritte Bedingung verlangt eine Garantie von mindestens einem Bischof. Doch die Schlüsselfrage lautet hier: Wer wählt diesen Bischof aus? Liebe Leser, springen Sie in diesem Text einer künftigen „Vereinbarung“ zwischen Rom und der Bruderschaft schnurstracks zu dem Absatz, welcher die Ernennung von Bischöfen regelt. Im Jahre 1988 schlug Rom vor, daß der Erzbischof drei Weihekandidaten vorschlägt und Rom dann einen auswählt. Doch Rom verschmähte alle drei vorgeschlagenen Kandidaten. Wann werden die Menschen endlich kapieren? Katholiken müssen kämpfen und immer weiter kämpfen in dieser gigantischen Schlacht zwischen der Religion Gottes und der Menschenreligion.

Die vierte Bedingung begehrt eigene Bruderschafts-Schiedsgerichte in erster Instanz. Doch wenn jedes höhere Amtskirchengericht die Entscheidungen eines niedrigeren Gerichtes aufheben kann, was für einen Wert hat dann ein katholisches Urteil eines Bruderschafts-Gerichtes noch?

Die fünfte Bedingung formuliert den Wunsch, daß die Häuser der Bruderschaft der Kontrolle durch die Diözesanbischöfe entzogen seien. Das ist einfach unglaublich. Fast 40 Jahre lang hat die Priesterbruderschaft für die Rettung des Glaubens gekämpft und ihre wahrheitsliebende praktische Glaubensausübung vor der Einmischung durch die Ortsbischöfe geschützt. Und nun kommt das Generalkapitel daher und spricht nur noch den Wunsch nach Unabhängigkeit von diesen Ortsbischöfen aus? Liebe Leser, die Priesterbruderschaft ist leider nicht mehr das, was sie einmal war. Sie ist in den Händen von Menschen, die anders als Erzbischof Lefebvre denken.

Und die sechste und letzte Bedingung wünscht eine in Rom einzurichtende Kommission, welche um die Tradition sich kümmern solle – mit einer starken Vertretung aus der Tradition, aber in „Abhängigkeit vom Papst.“ Abhängigkeit vom Papst? Sind die Konzilspäpste etwa nicht die Rädelsführer des Konziliarismus gewesen? Ist der Konziliarismus denn inzwischen kein Problem mehr?

Im Ergebnis sind diese sechs Bedingungen äußerst gravierend. Sollte die Bruderschaftsführung nicht aus ihrem Traum von einem Frieden mit dem Konzilsrom – so wie es sich ihr präsentiert – herausgerissen werden, so riskiert die letzte weltweite Bastion des katholischen Glaubens, vor den Glaubensfeinden zu kapitulieren. Vielleicht sind Bastionen inzwischen veraltet.

Liebe Freunde, bereiten Sie sich auf den Glaubenskampf von zuhause aus vor. Wandeln Sie Ihr Haus in eine Festung um.

Kyrie eleison.

Nochmals Lehre

Nochmals Lehre on August 18, 2012

Die Verachtung der „Doktrin“ – also allgemein gesagt der „Lehre“ – ist heute ein schwerwiegendes Problem. Selbst die „besten“ Katholiken unseres 21. Jahrhunderts geben Lippenbekenntnisse über die Wichtigkeit der „Doktrin“ ab, während sie instinktiv meinen, daß sogar die katholische Lehre eine Art Gefängnis für ihren Verstand sei, und der Verstand eben nicht gefangen sein dürfe. In Washington DC steht im Inneren der Kuppel der Jefferson-Gedenkstätte – dem quasi-religiösen Tempel des berühmtesten Verfechters der Freiheit in den USA – folgende religiös wirkende Erklärung Jeffersons: Am Altar Gottes schwöre ich ewige Feindschaft gegen jede Form von Tyrannei über den Verstand des Menschen. Gewiß dachte er dabei unter anderem an die katholische Glaubenslehre. Die Quasi-Religion des modernen Menschen beinhaltet genau die Ablehnung jeder festen Doktrin.

Ein Satz aus einem kürzlichen „Eleison Kommentar“ (Nummer 263 vom 28. Juli 2012) liefert hingegen einen anderen Blickwinkel auf die Art und Bedeutung von „Doktrin“: Solange Rom an seiner Konzilslehre hängt, wird es eine solche (nicht-lehrmäßige) Vereinbarung notwendigerweise dazu verwenden, die Bruderschaft zum (Zweiten Vatikanischen) Konzil heranzuziehen. Anders formuliert: Die treibende Kraft hinter dem Bemühen Roms, angeblich die „Doktrin“ geringzuschätzen und die Priesterbruderschaft um jeden Preis konziliarisieren zu wollen, ist gerade Roms Glaube an seine eigene Konzilslehre. So wie die traditionelle katholische Glaubenslehre – hoffentlich – die treibende Kraft der Priesterbruderschaft St. Pius X. ist, so ist die Konzilslehre die Antriebsfeder von Rom. Beide Lehren prallen zwar aufeinander, aber dennoch sind beide jeweils eine treibende Kraft.

Anders gesagt ist also „Doktrin“ nicht lediglich ein Gedankengut in den Köpfen der Menschen beziehungsweise ein geistiges Gefängnis. Denn unabhängig davon, welche Gedanken ein Mensch zu fassen sich entschieden hat: seine wahre Doktrin besteht genau aus diesem Gedankengut, welches sein Leben antreibt. Obgleich der Mensch dieses Gedankengut ändern kann (z.B. wenn er sich bekehrt), so ist es doch ausgeschlossen, daß er kein Gedankengut hat. Der antike Denker Aristoteles formuliert es so: „Wenn Du philosophieren willst, so mußt Du philosophieren. Willst Du hingegen nicht philosophieren, so mußt Du dennoch philosophieren.“ Auf ähnliche Weise mögen Liberale zwar jedes feste Gedankengut als Tyrannei verachten, doch ist ihre Annahme, daß jedes Gedankengut eine Tyrannei sei, wiederum selber ein tragender Gedanke. Genau dieser tragende Gedanke treibt heute das Leben von Milliarden von Liberalen und viel zu vielen Katholiken an. Diese letzten sollten vernünftiger sein, aber leider liegt die Vergötzung der Freiheit im Wesen von uns modernen Menschen.

Richtig verstanden ist Doktrin also nicht nur ein eingrenzendes Gedankengut, sondern vielmehr die zentrale Vorstellung von Gott, vom Menschen und vom Leben, die das Leben jedes atmenden Menschen vorantreibt. Sogar wenn ein Mensch Selbstmord begeht, wird er dabei von der Vorstellung angetrieben, daß das Leben zu erbärmlich sei, um fortgesetzt zu werden. Beispielsweise treibt die Vorstellung vom Leben, wonach Geld das Wichtigste sei, einen Menschen zum Reichtum; die Vorstellung von der Lust als Mittelpunkt des Lebens macht den Menschen zum Lebemann; und die Vorstellung, daß alles von der Anerkennung abhänge, drängt den Menschen zum Berühmtwerden; usw. Die eigentliche Doktrin eines Menschen entspricht dem, wie er sich sein Leben zentral vorstellt.

Somit werden die konziliaren Römer vom Zweiten Vatikanum als ihrer zentralen Vorstellung angetrieben, die Priesterbruderschaft aufzulösen, weil diese das Zweite Vatikanum ablehnt. Solange die Römer dieses Ziel nicht erreicht haben oder ihre zentrale Vorstellung nicht ändern, solange werden sie sich angetrieben fühlen, die Bruderschaft von Erzbischof Lefebvre aufzulösen. Im Gegensatz dazu müßte die zentrale Vorstellung des Klerus und der Laien der Bruderschaft sie dazu antreiben, in den Himmel zu kommen – gemäß des Gedankengutes, daß es Himmel und Hölle gibt, und daß Jesus Christus und seine wahre Kirche den einen und einzigen Weg in den Himmel darstellen. Klerus wie Laien der Bruderschaft wissen, daß diese letzte antreibende Vorstellung, die völlig mit dem Gedankengut des Credos übereinstimmt, keine phantasievolle Eigenerfindung ist. Deswegen wollen sie auch nicht, daß diese Doktrin untergraben, unterlaufen oder verdorben werde von den armseligen Neo-Modernisten der Neukirche, welche von ihrer falschen Vorstellung von Gott, vom Menschen und vom Leben angetrieben werden. Der Zusammenprall beider Lehren findet auf ganzer Linie statt, wie die Lehrgespräche von 2009 bis 2011 bewiesen haben.

Dieser Zusammenprall ist außerdem unvermeidlich, selbst wenn die Liberalen es sich anders erträumen. Sollte diesmal die Unwahrheit auf Dauer gewinnen, so würden letztendlich die Steine die Wahrheit hinausschreien (vergleiche Lukas 19,40). Gewinnt hingegen die Wahrheit, so wird der Teufel trotzdem bis zum Ende der Welt einen Irrtum nach dem anderen hervorbringen. Doch unser Herr sagt: „Wer aber ausharrt bis zum Ende, der wird gerettet werden“ (Matthäus 24,13).

Kyrie eleison.

Ein Kapitel

Ein Kapitel on August 4, 2012

Wie viele Leser bereits wissen, wurde auf der jüngsten Kapitelversammlung der Oberen der Priesterbruderschaft St. Pius X. im schweizerischen Ecône ein gewisser Bischof aus dem Kapitel ausgeschlossen. Als Begründung für den Ausschluß wurde anscheinend der „Eleison Kommentar“ Nummer 257 vom 16. Juni 2012 herangezogen, welcher eine Adaption des Galaterbriefes 5,12 vornahm, wo der Hl. Paulus ausdrücklich das „Abschneiden“ der judaisierenden Zerstörer des katholischen Glaubens wünscht. Die Kirchenlehrer Ambrosius, Hieronymus, Augustinus und Chrysostomus denken jedoch allesamt, daß im Zusammenhang betrachtet der Paulinische Wunsch nicht das Leben, sondern das Mannestum der Judaisierer meint. Chrysostomus hält die Stelle sogar für scherzhaft gemeint.

Als ich jedoch hörte, wie ernst dieser Scherz auf dem Generalkapitel verwendet wurde, da hatte ich zugegebenermaßen eine neckische Vision: Ich stellte mir vor, wie die edlen Kollegen im Bruderschaftshauptquartier des Nachts durch das Fenster Ausschau hielten nach einem schlaksigen bischöflichen Engländer, welcher als „Jack der Ripper“ tief verkleidet in den Büschen herumschlich, ein langes, im Mondschein schimmerndes Tranchiermesser in der Hand, und welcher nach einem Opfer suchte, um es in Stücke schneiden zu können. Liebe Kollegen, schlafen Sie beruhigt, denn ich hege keine mörderischen Absichten. Wirklich!

Dennoch war das Kapitel eine ernsthafte Angelegenheit. Wie lautet sein Ergebnis? Es verabschiedete vor allem eine Erklärung, welche einige Tage später veröffentlicht wurde, sowie sechs Bedingungen für ein zukünftiges Abkommen zwischen Rom und der Bruderschaft. Durch ein Leck tauchten diese Bedingungen kurz danach im Internet auf (ich halte dieses Leck nicht für unvernünftig, wenn wir bedenken, wie viele Katholiken momentan ihren Glauben und ihr Seelenheil der Priesterbruderschaft anvertrauen). Zwar gebührt jenen guten Männern auf dem Generalkapitel alle Ehre, die mit all ihren Kräften den Schaden zu begrenzen versuchten. Wenn allerdings die Erklärung und die Vorbedingungen den jetzigen Geisteszustand der Bruderschaftsführung als Ganzes widerspiegeln, so gibt es ernsthaften Grund zur Sorge.

Vergleichen wir diese Erklärung des Jahres 2012 für ein paar Augenblicke mit der Grundsatzerklärung von Erzbischof Lefebvre aus dem Jahre 1974. Unverwandt müssen wir uns dann fragen, was aus der Bruderschaft geworden ist. Der Erzbischof verurteilte ausdrücklich und wiederholt die aus dem Zweiten Vatikanischen Konzil hervorgegangene Reform („Da diese Reform vom Liberalismus und vom Modernismus ausgeht, ist sie völlig vergiftet. Sie stammt aus der Häresie und führt zur Häresie . . .”), und zog dadurch den Zorn der Konzilspäpste auf sich. Im Gegensatz dazu erwähnt die Erklärung von 2012 nur einmal das Konzil mit seinen „Neuerungen,“ welche lediglich „mit Irrtümern befleckt“ seien. Man kann sich leicht vorstellen, daß selbst Benedikt XVI. solche Worte unterschreiben würde. Hält denn die Priesterbruderschaft die Konzilspäpste inzwischen nicht mehr für ein ernsthaftes Problem?

Die sechs Bedingungen für ein zukünftiges Abkommen zwischen Rom und der Bruderschaft verdienen eine eingehende Betrachtung. An dieser Stelle möge die Feststellung genügen, daß die Bedingung des Generalkapitels aus dem Jahre 2006, wonach ein praktisches Abkommen erst nach einer lehrmäßigen Einigung erfolgen könne, nun anscheinend komplett über Bord geworfen wurde. Denkt also die Bruderschaft inzwischen, daß die Glaubenslehre der Römer, denen sie sich unterstellen würde, nun nicht mehr so wichtig ist? Oder erliegt die Bruderschaft etwa selber den Reizen des Liberalismus?

Als gegensätzlichen Standpunkt zu dieser Haltung möchte ich eine Sammlung von „Predigten und Lehrvorträgen“ bewerben, die Seine Exzellenz „Jack der Ripper“ in den Jahren 1994 bis 2009 hielt. Diese Sammlung ist nun auf sieben CD verfügbar (mit einem Preisnachlaß bis Ende des Monats): www.​truerestorationpress.​com/​node/​52

Nicht jedes Wort aus diesen 30 Stunden an Aufnahmen mag golden sein, und manche Worte sind gewiß etwas zu temperamentvoll geraten, aber wenigstens wurde die Anstrengung unternommen, die Feinde anstatt die Freunde unseres katholischen Glaubens auszuweiden.

Kyrie eleison.

Untergrabene Gegenwehr

Untergrabene Gegenwehr on Juli 21, 2012

Das Generalkapitel der Priesterbruderschaft St. Pius X. ging am vergangenen Samstag zu Ende. Die gute Nachricht ist, daß die bis an den Rand des Selbstmordes geführte Bruderschaft nun vom Kapitel eine Gnadenfrist erhielt. Wenn allerdings die folgenden Worte, die in einem Interview mit einer katholischen US-Nachrichtenagentur weltweit ausgestrahlt wurden, immer noch den Geisteszustand der Bruderschaftsoberen darstellen (welche noch weitere sechs Jahre im Amt sind), dann bedarf es weiterer Gebete, um die erwähnte Gnadenfrist andauern zu lassen. Hier die Worte aus dem Interview (welche möglicherweise noch im Internet verfügbar sind – siehe Catholic News Service ):

„Viele Menschen haben eine Auffassung vom (Zweiten Vatikanischen) Konzil, die falsch ist. Inzwischen gibt es sogar Leute in Rom, die das sagen. Wir könnten sagen, glaube ich, daß wir in den Gesprächen (zwischen Rom und der Bruderschaft in den Jahren 2009 bis 2011) sahen, daß wir (die Bruderschaft) viele Dinge als vom Konzil stammend verurteilt haben, welche in Wahrheit nicht vom Konzil, sondern von der allgemeinen Auffassung vom Konzil herrühren.“

Um dies zu kommentieren, müssen wir zum Zweiten Vatikanum zurückkehren. Die 16 Konzilsdokumente sind, weil sie sowohl Wahrheiten als auch Irrtümer enthalten, grundsätzlich zweideutig und widersprüchlich. Die Bruderschaft hat in Nachfolge von Erzbischof Lefebvre nie behauptet, daß die Konzilsdokumente keinerlei Wahrheit enthielten. Allerdings hat die Bruderschaft sie angeklagt, sehr ernsthafte Irrtümer zu enthalten; z.B. die Konzilslehre, wonach der Staat kein Recht besitze, nicht-katholische Religionen zu unterdrücken. Das konziliare Rom hat die Dokumente dagegen stets verteidigt, unter anderem durch den Hinweis auf die entgegengesetzten Wahrheiten in den Dokumenten, wie z.B. daß jeder Mensch in religiösen Belangen die Wahrheit herausfinden und bekennen müsse. Doch waren die Wahrheiten in den Konzilsdokumenten noch nie das Problem, sondern die Irrtümer und die Widersprüchlichkeiten der Dokumente sind es. Wenn beispielsweise die Masse von Individuen – wie der Staat – angeblich religiös neutral sein dürfe, warum darf dann nicht auch das einzelne Individuum neutral sein? Diese Widersprüche in den Konzilsdokumenten öffnen der „Befreiung“ des Menschen von Gott – kurzum dem Liberalismus – Tür und Tor.

Die Lehrgespräche der Jahre 2009 bis 2011 untersuchten die Kluft in der Glaubenslehre zwischen dem konzilsrömischen Subjektivismus und dem von der Bruderschaft hochgehaltenen katholischen Objektivismus. Die Gespräche zeigten natürlich, daß diese Kluft grundsätzlich und unüberbrückbar ist. Sie besteht nicht etwa zwischen konziliarer Wahrheit und katholischer Wahrheit, sondern zwischen konziliarem Irrtum und katholischer Wahrheit – tatsächlich zwischen der Religion des Menschen und der Religion Gottes.

Nun verkündet der Redner im zitierten Interview, daß die „Leute in Rom “richtig“ und „wir,“ d.h. die Priesterbruderschaft, falsch lägen, weil „viele Dinge,“ welche die Bruderschaft beständig als vom Konzil stammend verurteilt hat, doch lediglich der „allgemeinen Auffassung“ vom Konzil entsprächen. Anders gesagt war es vom Erzbischof und seiner Bruderschaft von Anfang an falsch, das Konzil anzuklagen und entsprechend dem konziliaren Rom zu widerstehen. Daraus folgt ebenfalls, daß die Bischofsweihen von 1988 eine unnötige Entscheidung gewesen sein müssen, weil man die Pflege der katholische Tradition den Konzilsbischöfen hätte anvertrauen können. Doch Erzbischof Lefebvre nannte die Bischofsweihen die „Operation Überleben“ und er bezeichnete das Vertrauen auf das konziliare Rom als „Operation Selbstmord.“

Der Redner aus dem Interview befürwortet gemäß seinen eingangs zitierten Worten heute gewiß ein Abkommen zwischen der Bruderschaft und Rom. Laut einigen Berichten über dieses Abkommen würde sogar die Ernennung von Bruderschaftsbischöfen dem konziliaren Rom obliegen. Wenn aber seit Erzbischof Lefebvres Zeit Rom nicht aufgehört hat, konziliar zu sein – und alle Belege widersprechen einer solchen Illusion –, dann hätte der Erzbischof heute über den Redner aus dem Interview gesagt, daß dieser die „Operation Selbstmord“ fördere (sofern der Redner seine zitierten Worte inzwischen nicht verleugnet hat).

Kyrie eleison.

Zwei Irrtümer

Zwei Irrtümer on Juni 30, 2012

Ungewiß dessen, ob die Priesterbruderschaft St. Pius X. ihre derzeitige schwere Prüfung überlebt, werden die Liberalen immer wieder mit ihren falschen Argumenten sie zum Selbstmord zu überreden versuchen. Betrachten wir zwei solche liberale Argumentationsweisen:

In den jüngsten Debatten über die Frage, ob die Bruderschaft eine praktische, nicht-dogmatische Vereinbarung mit dem konziliaren Rom akzeptieren solle, kam das erste und einfältige der beiden Argumente immer wieder auf den Tisch: Weil ein katholischer Oberer (oder mehrere) von Gott Standesgnaden erhalten, sollten sie nicht kritisiert werden, sondern automatisch als vertrauenswürdig gelten. Erwiderung darauf: Freilich bietet Gott jedem von uns (nicht nur den Oberen) und zu jeder Zeit jene natürliche Unterstützung bzw. übernatürliche Gnade an, die wir zum Erfüllen unseres Standespflichten benötigen. Doch obliegt es unserem freien Willen, diese Gnade wirken zu lassen oder sie zu verweigern. Hätten alle Kirchenoberen stets ihre Standesgnaden wirken lassen, wie hätte es dann jemals einen Judas Iskariot oder ein Zweites Vatikanisches Konzil geben können? Das Argument mit der Standesgnade ist so albern wie einfältig.

Das zweite Argument ist ernsthafter. Herr J.L. brachte es im vergangen Monat in einem zehnseitigen Artikel in einer konservativ-katholischen, englischen Zeitschrift vor. Sein Artikel befürwortete ein praktisches Abkommen zwischen Rom und der Bruderschaft. Im folgenden fasse ich sein Argument zwar gekürzt, aber doch passend zusammen: Die katholische Kirche sei heutzutage unter heftigem Beschuß. Erstens von außen, beispielsweise durch die US-Regierung. Zweitens von innen, beispielsweise durch Bischöfe, welche zwar ihr gemütliches Leben lieben, aber von ihrer Theologie keinerlei Ahnung haben. Drittens und schlimmstens von einer Vatikanischen Verwaltung, die von lauter Skandalen und internen Machtkämpfen geprägt ist. Der Papst sei von allen Seiten belagert und warte nur auf die Priesterbruderschaft, damit diese den gesunden Einfluß der kirchlichen Vergangenheit in der Kirche wieder herzustellen helfe. An diese Vergangenheit glaube der Papst ja, selbst wenn er gleichzeitig an das Zweite Vatikanum glaubt. Msgr. Bux habe dem päpstlichen Aufruf seine Stimme verliehen, als er sagte: Wenn doch die Bruderschaft endlich dem Papst entgegenkommen und eine praktische Vereinbarung akzeptieren würde, so könnte davon nicht nur die Gesamtkirche profitieren, sondern auch die Bruderschaft selber. Der ehemals hochrangige Bruderschaftspriester Hw. Aulagnier erkenne dies ganz klar.

Lieber J.L., für Ihre Liebe zur Kirche, für das Erkennen der Kirchenprobleme, für Ihre Sorge um den Papst und Ihren Wunsch, ihm zu helfen, erhalten Sie eine Bestnote. Doch für Ihre Einschätzung davon, was die Ursachen dieser Kirchenprobleme sind und was die Priesterbruderschaft überhaupt ist, erhalten Sie keine so gute Note. Wie unzählige andere Seelen in der heutigen Kirche und Welt (einschließlich Hw. Aulagnier) verkennen Sie leider die absolut grundsätzliche Bedeutung der Glaubenslehre.

Die US-Regierung greift die Kirche deswegen an, weil letztere schwach ist. Die Schwäche der Kirche wiederum liegt im armseligen Verhalten der Bischöfe begründet, welches auf ihrem armseligen Erfassen der Kirchenlehre fußt – der Lehre von Himmel, Hölle, Sünde, Verdammnis, Erlösung, erlösender Gnade und dem stets gegenwärtigen Opfer des Erlösers innerhalb der wahren Messe. Die Bischöfe haben deswegen ein so armseliges Verständnis von diesen weltrettenden Wahrheiten, weil neben anderem der Bischof aller Bischöfe selber nur zur Hälfte an diese Wahrheiten glaubt. Der Papst glaubt nur zur Hälfte an diese Wahrheiten, weil seine andere Hälfte an das Zweite Vatikanum glaubt. Dieses Zweite Vatikanische Konzil untergräbt die wahre Religion Gottes völlig – durch die überall in den Konzilsdokumenten plazierten, tödlichen Zweideutigkeiten (was Sie ja erkennen), die eig ens entwickelt wurden, um den Menschen an die Stelle Gottes zu setzen.

Eine falsche Glaubenslehre ist das Grundproblem, lieber J.L. Durch die Gnade Gottes hat die Priesterbruderschaft St. Pius X. bis jetzt zwar die wahre Lehre Jesu Christi hochgehalten. Doch wenn die Bruderschaft sich nun unter die kirchlichen Autoritäten stellen würde, welche bestenfalls nur zur Hälfte an diese Wahrheiten glaubt, so würde die Bruderschaft bald aufhören, den Irrtum anzugreifen (was bereits jetzt geschieht), und am Ende selber den Irrtum befördern – und mit dem Irrtum einhergehend alle Schrecken, die Sie in Ihrem Artikel nannten. Gott bewahre!

Kyrie eleison.