Ewigkeit

Blumenunterricht

Blumenunterricht on Juni 23, 2012

Wenn Blumen auf gewisse Weise etwas mitteilen können (vergleiche „Eleison Kommentare“ Nr. 255), dann vermögen sie aber auch auf gewisse Weise zu unterrichten: über den Wert der Zeit, über die Gerechtigkeit Gottes und über die Harmonie von Gnade und Natur.

Ein Beispiel: Nehmen wir an, daß Gott existiert und daß es gerecht von Ihm ist, den einer Seele zugedachten Platz in der Ewigkeit davon abhängig zu machen, welche Entscheidungen diese Seele während ihres kurzen Lebens traf (selbst wenn dieses Leben 90 Jahre lang gewesen sein mag). Bei dieser Annahme leuchtet dann ein, daß wirklich jeder Moment in diesem Leben zählt, und daß Gott in jedem einzelnen Moment dahingehend auf uns einwirkt (selbst wenn nicht stets mit der gleichen Kraft), uns in der Ewigkeit Ihm anzuschließen. Sodann ist auch die Annahme vernünftig, daß Gott durch Blumen und durch überhaupt jede Gabe in seiner Schöpfung tatsächlich zu uns spricht. Denn welche lebende Seele kann schon behaupten, daß sie niemanden und nichts zu lieben habe? Selbst der hartgesottenste „Atheist“ hat beispielsweise noch seinen Hund oder seine Zigaretten. Und wer entwarf diese Hunde und diese Tabak pflanzen, und wer legte sie so an, daß sie sich bis zum heutigen Tag fortpflanzen?

Dieser „Atheist“ mag zwar bis kurz vor seinem Tode immer noch behaupten, daß wenigstens zu ihm Gott nicht gesprochen habe. Doch sobald er gestorben ist, wird dieser Mensch mit einem Schlag erfassen, daß Gott in jedem Moment seines wachen Lebens durch das eine oder andere Geschöpf, das ihn umgab, auf ihn eingewirkt hatte. „Ist es nun ungerecht von mir,“ könnte Gott ihn dann fragen, „daß ich Dich für jeden weiteren Moment meines Lebens verdamme, weil Du Dich in jedem Moment Deines Lebens mir verweigertest? Erhalte nun, was Du gewählt hast: Weiche von mir – hinab in das ewige Feuer . . .” (vgl. Matthäus 25,41).

Betrachten wir nun den umgekehrten Fall: also eine Seele, welche einerseits jeden Moment ihres Lebens genutzt hat, um den großen und guten Gott zu lieben, der hinter all den Dingen, die sie genossen hat, steht. Und anderseits hat diese Seele aber auch verstanden, daß Gottes Vorsehung die schlechten Dinge, die dieser Seele nicht gefielen, zugelassen hat. Wer würde da noch wünschen, anerkannt zu werden, berühmt zu sein, in den Medien zu erscheinen oder Regale mit Urlaubsphotos zu füllen, um seinem Leben einen Sinn zu geben? Kein Wunder konnten in den vergangenen Zeiten talentierte Seelen ihre Talente in einem Kloster oder Konvent „vergraben,“ um sie ganz und gar dem liebenden Gott zu widmen. Denn in der Tat ist jeder Moment unserer Lebenszeit von unermeßlichem Wert, weil das Wohl oder Übel einer unermeßlichen Ewigkeit von jedem dieser Momente abhängt.

Darüber hinaus helfen uns die „sprechenden“ Blumen, ein anderes bekanntes Problem zu lösen, nämlich die Frage: Wie können nicht-katholische Seelen dafür verdammt werden, den katholischen Glauben nicht gehabt zu haben, wenn gar kein katholischer Missionär sie jemals erreichte? Von diesem Geheimnis kann wenigstens ein Teil gelöst werden, menschlich gesprochen, wenn wir folgendes bedenken: Derselbe eine Gott erschuf die Blumen und setzte die katholische Kirche ein. Selbst wenn daher eine Seele durch Gottes Vorsehung niemals die katholische Wahrheit von einem Missionär hörte, so kann diese Seele trotzdem sich nicht darauf berufen, nichts vom wahren Gott gewußt zu haben. Sie darf daher gerichtet werden gemäß dem, was sie wußte – beispielsweise was sie von der Schönheit der Wolkenformationen wußte, oder der Sonnenauf- und -untergänge. Hat diese Seele dann, als sie diese Schönheit sah, wie der heidnische Job gesprochen (Job 19,25): „Ich selber weiß, mein Erlöser lebt“? Oder sprach die Seele etwa: „Nun ja, ganz nett, aber jetzt will ich meines Nächsten Weib besuchen . . .”?

Tatsächlich teilen sogar Katholiken eine ganze Reihe von Klagen der heutigen Menschen gegen ihren Schöpfer. Denn viele Katholiken, wie überhaupt jeder heutzutage, sind durch ihr städtisches oder vorstädtisches Leben von der Natur mehr oder weniger abgeschnitten, und entsprechend künstlich wird ihre „Spiritualität.“ Jemand sagte einmal: „Wehe denen, die nie ein Tier liebten.“ Die Kinder sind Gott nahe. Es ist merkwürdig, auf welch natürliche Weise Kinder Tiere lieben.

O großer und guter Gott, schenke uns die Gnade, daß wir erkennen, wo Du zuinnerst in allem und jedem bist, und in jedem Moment.

Kyrie eleison.

Blumensprache

Blumensprache on Juni 2, 2012

Gott ist das unendliche Sein, die unendliche Wahrheit, die Allgüte; er ist allgerecht und allbarmherzig. Dies lehrt seine Kirche. Weil diese Vorstellung herrlich und schön ist, habe ich nichts gegen sie einzuwenden. Doch dann erfahre ich, wie seine Kirche außerdem lehrt, daß unsere Seele wegen nur einer einzigen Todsünde in alle Ewigkeit verdammt werden kann, zu brutalem und grausamem Leiden, das unsere Vorstellungskraft weit übersteigt. Weil dies nicht so schön ist, setzt nun mein Widerspruch ein.

Beispielsweise wurde ich weder angehört, als meine Eltern sich entschlossen, mich ins Dasein zu bringen, noch wurde ich wegen der Bedingungen meines „Existenzvertrages“ befragt, wenn ich das so nennen darf. Wäre ich gefragt worden, so hätte ich durchaus Einwände gegen diese extreme Alternative haben können zwischen einerseits einer unvorstellbaren Glückseligkeit und andererseits einer undenkbaren Qual – beides jeweils für alle Ewigkeit, wie die Kirche lehrt. Vielleicht hätte ich eher einen gemäßigteren „Vertrag“ akzeptiert, wo ich sozusagen im Austausch für eine kürzere Version des Himmels das Risiko einer kürzeren Version der Hölle in Kauf genommen hätte. Doch wurde ich ja, wie gesagt, gar nicht erst gefragt. Die Endlosigkeit beider Alternativen scheint mir einfach in keinem Verhältnis zur kurzen Lebensdauer auf dieser Erde zu stehen: Heute 10, 20, 50 oder sogar 90 Jahre auf der Erde, und morgen ist dann alles vorbei. Die Menschenkinder gleichen dem Gras: „Am Morgen sprießt es und wächst, am Abend welkt es und verdorrt“ (Psalm 89,6). Dieser Denkweise entsprechend scheint mir Gott so ungerecht zu sein, daß ich mir ernsthaft die Frage stelle, ob er wirklich existiert.

Diese Problemstellung zwingt uns zum Nachdenken. Nehmen wir einmal an, daß Gott existiert; daß er so gerecht ist wie seine Kirche sagt; daß es ungerecht ist, jemandem ohne seine Zustimmung eine schwere Last aufzubürden; daß das Leben kurz ist, geradezu eine Rauchwolke im Vergleich zur Ewigkeit; daß gerechterweise niemand eine grauenvolle Strafe erhalten kann, ohne gewußt zu haben, ein grauenhaftes Verbrechen zu begehen. Auf welche Weise kann dann der angenommene Gott gerecht sein? Wenn er gerecht ist, so muß logischerweise jede Seele ab dem Vernunftalter lange genug leben, um zu begreifen, für welche der beiden Ewigkeits-Orte sie sich entscheidet und welche enormen Auswirkungen diese Entscheidung hat. Doch wie kann so eine Entscheidung beispielsweise in der heutigen Welt getroffen werden, wo Gott im Leben der Einzelnen, der Familien und der Staaten so allgemein vernachlässigt wird bzw. für sie unbekannt ist?

Die Antwort kann nur lauten, daß Gott bezüglich den Einzelpersonen, Familien und Staaten den Vortritt hat und daß er der allererste ist, der innerhalb jeder einzelnen Seele „spricht“ – vor den restlichen Menschen und unabhängig von ihnen. Somit ist sogar jene Seele, deren religiöse Erziehung null und nichtig ist, sich dennoch bewußt, daß sie an jedem Tag ihres Lebens eine Entscheidung trifft, daß sie diese Entscheidung alleine und für sich selber fällt, und daß diese Entscheidung enorme Konsequenzen hat. Doch fragen wir erneut: Wie soll dies alles möglich sein angesichts der Gottlosigkeit der uns umgebenden heutigen Welt?

Die Antwort lautet: Weil das „Sprechen“ Gottes im Innern der einzelnen Seele viel tiefer, beständiger, gegenwärtiger und ansprechender stattfindet als das Sprechen irgendeines Menschen oder Geschöpfes es jemals sein kann. Gott allein hat unsere Seele erschaffen, und er wird in jedem Augenblick ihrer endlosen Existenz mit ihrer Erschaffung fortfahren. In jedem Augenblick ist Gott der einzelnen Seele näher als selbst die Eltern dieser Seele es sind, die ja nur den Körper dieser Seele aus materiellen Elementen zusammenfügten, welche allein durch Gott in ihrer Existenz gehalten werden.

Und auf ähnliche Weise steckt die Güte Gottes hinter und innerhalb und unterhalb aller guten Dinge, an denen eine Seele in diesem Leben sich erfreut. Tief in ihrem Inneren spürt die Seele, daß diese guten Dinge bloße Nebenprodukte der unendlichen Güte Gottes sind. „Sei leise,“ sagte der Heilige Ignatius von Loyola zu einer winzigen Blume, „denn ich weiß schon, von wem du sprichst.“ Das Lächeln eines kleinen Kindes, die tägliche Pracht der Natur zu allen Tageszeiten, die Musik, die Kunst in Form von Wolkenbildern am Himmel, usw. Wenn die Seele diese Dinge mit einer tiefgehenden Liebe liebt, so sagen sie ihr, daß es noch etwas viel Größeres, bzw. Jemanden viel größeren gibt.

„Bei Dir, Herr, suche ich Zuflucht; möge ich niemals zuschanden werden!“ (Psalm 30,2).

Kyrie eleison.

Finanzlösungen

Finanzlösungen on November 19, 2011

Eine ganze Reihe von Wirtschaftskommentatoren schreiben und sagen derzeit, daß das Weltfinanzsystem kurz vor dem Zusammenbruch steht. Zwar kennt keiner von ihnen den genauen Zeitpunkt, aber viele dieser Kommentatoren erwarten einen großen Zusammenbruch. Vor dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahre 2008 sahen allerdings nur sehr wenige Menschen diese kommen, weil die meisten sich mit einer Lebensart eingerichtet hatten, welche bewährt zu sein und immer weiterzugehen schien. Wenn jedoch die genannten Kommentatoren recht haben, so wird diese Lebensart nun aus ihren Angeln gehoben.

Wir alle sollten darüber nachdenken, was schiefgelaufen ist und wie es richtig gemacht werden kann. Es folgen einige praktischen Ratschläge aus einem kürzlich auf der Internet-Seite „Burning Platform“ („Brennende Plattform“) erschienenen Artikel. Man muß nicht mit jedem Punkt des Artikels übereinstimmen, um nach Alternativen zu unserem heutigen zerrütteten System zu suchen. Die Vorschläge sind politischer und finanzieller Natur. Beginnen wir mit den letztgenannten:—

Verstaatlichung jener Banken, welche „zu groß sind, um unterzugehen“ („too big to fail“) und somit den Staat erpressen können. Übertragung aller damit verbundenen Verluste auf jene Personen, welche für diese Bank verantwortlich oder an ihr beteiligt sind, anstatt auf die Steuerzahler.

Wiedereinsetzung des US-amerikanischen „Glass-Steagall“-Gesetzes, welches Banken daran hindern würde, jemals wieder so groß zu werden.

Wiedereinsetzung von Buchhaltungsrichtlinien für Neubewertungen, damit die Banken nicht mehr vorgeben können, ihre Vermögenswerte seien viel mehr wert, als sie auf dem Markt tatsächlich wert sind.

Regulierung des Derivaten-Marktes, um beispielsweise zu große Finanzunternehmen zu verhindern, welche bei ihrem Bankrott das gesamte System mitzureißen drohen (was beispielsweise im Falle des US-amerikanischen Versicherungskonzern AIG für „American International Group“ geschah).

Vereinfachung des derzeit sehr schwerfälligen Einkommensteuergesetzes oder gleich Ersetzung durch eine Verbrauchersteuer, und Abschaffung von Körperschafts-Steuererleichterungen.

Solche Vorschläge betreffen zwar ausdrücklich das Geldwesen, sind aber auch politischer Natur, weil ihre Realisierung eine entscheidendes politisches Umdenken der Menschen und besonders ihrer Führer voraussetzt. Die Geldwirtschaft hängt von der Politik ab. Es folgen die deutlicher politischen Vorschläge. Diese sind zwar diskussionswürdig, zeigen aber wenigstens in die richtige Richtung:

Einführung von Amtszeitbeschränkungen zur Bekämpfung von Korruption bei allzu bequemen Politikern. Entfernung aller organisierten Interessengruppen (englisch: Lobbies) und ihrer Vertreter, zur Bekämpfung der durch Spezialinteressen korrumpierten Wahlen.

Übertragung der Geldkontrolle an den Staat, um die Macht der Zentralbanken zu beschneiden.

Neugestaltung der staatlichen Sozialhilfe, weil diese heute dermaßen die Staatskassen leert, daß sie morgen überhaupt niemandem mehr wird helfen können.

Unterrichtung der Menschen dahingehend, daß sie einen weniger hohen „Lebensstandard“ akzeptieren und somit nicht mehr länger durch ihre Verschwendung die Gesellschaft ruinieren, sondern sie im Gegenteil durch ihr Sparen aufbauen.

Größtmögliche Ersetzung der Zersiedelung durch selbstversorgende Gemeinden.

Verzicht auf ein Weltreich (im Falle der USA) und dadurch Verringerung der immensen Militärausgaben, beispielsweise durch Zurückholen von tausenden von Truppen überall auf der Welt.

Auch hier gilt: Um solche Vorschläge in die Praxis umsetzen zu können, muß eine große Veränderung im Denken der Menschen und vor allem ihrer Führer vorausgehen. Politische Entscheidungen hängen immer davon ab, was den Menschen wichtiger oder am wichtigsten ist. Warum leben wir eigentlich? Um die Welt zu genießen, oder um auf ewig wirklich glücklich zu sein? Ist das überhaupt eine Entweder-Oder-Frage? Gibt es denn eine Ewigkeit? Solche Fragen zeigen, daß die Politik von der Religion bzw. vom Abschaffen der Religion abhängt. Wird aber heutzutage selbst ein finanzieller Totalzusammenbruch noch jemanden zur Vernunft bringen können?

Kyrie eleison.

Grenzen des Menschen

Grenzen des Menschen on Juni 11, 2011

Nach einer zweijährigen Suche wurden Anfang April die Trümmerteile des „Air France“-Flugzeuges gefunden, welches am 1. Juni 2009 in den Atlantik abgestürzt war. Die anschließend geborgenen Flugschreiber, die sogenannten „Black Boxes,“ werfen ein unheimliches Licht auf diese Katastrophe, welche bisher rätselhaft blieb. Was für ein Drama! Anscheinend kam der „Airbus 330–200“ in ungefähr 11.500 Metern Höhe ins Stocken, taumelte daraufhin dreieinhalb Minuten lang geradewegs nach unten und stürzte dann ins Meer – alle 228 Seelen an Bord traten augenblicklich vor den Richterstuhl Gottes.

Das anfängliche Problem für den Flug „AF 447“ könnte das scheußliche Nachtwetter hoch über dem Meer gewesen sein, zwei Stunden vom brasilianischen Rio de Janeiro entfernt in Richtung Paris. Die Schlußfolgerungen aus den Flugschreiber-Beweisen sind zwar noch nicht endgültig, aber zum nächsten Problem wurde möglicherweise, daß die Flugzeuginstrumente, die aus speziellen Staurohren, den Pitot-Sonden, Informationen zur Geschwindigkeitsmessung gewinnen, falsche Werte an die Piloten lieferten. Als das Flugzeug zu stocken begann und die Piloten die Flugzeugnase nach unten hätten drücken sollen, um für eine erneute Flugfähigkeit an Geschwindigkeit zu gewinnen, haben die Piloten anscheinend die Turbinen hochgedreht – das ist zwar auch eine Methode, um mit einer Stockungssituation umzugehen, aber dadurch wird die Nase des Flugzeugs eben angehoben. Nach einigen automatischen Stockungswarnungen kam das Flugzeug schließlich ganz zum Stocken, und als es in den freien Fall überging, scheinen die Piloten nichts mehr gegen den Absturz ausgerichtet haben zu können.

Versuchten die Piloten vielleicht, über den Sturm zu fliegen, anstatt abwärts in ihn hineinzusteuern? Verließen sie sich zu sehr auf ihre Bordelektronik, welche die heutigen Pilotenkanzeln offenbar immer stärker beherrscht? Verfielen sie in Panik? (Es wäre sehr verständlich, wenn sie es taten!) Die endgültigen Untersuchungsergebnisse von „Air France“ bezüglich Absturzursache stehen zwar noch aus, aber einige damit verbundene Punkte sind bereits sicher.

Ein jeder von uns kann aus vielen Gründen jederzeit sterben. Werden wir im Augenblick des Todes allerdings die Zeit, die Gnade und die Geistesschärfe besitzen, um zur Rettung unserer Seelen einen genügenden Akt der Reue zu erwecken? Eine unmittelbare Todesangst kann alles außer den instinktiven Überlebenstrieb aus unserem Bewußtsein fegen. Unsere großartigen Flugmaschinen schaukeln zwar jedes Jahr Millionen von interkontinentalen Fluggästen sicher über die Ozeane, aber das ist nichts im Vergleich zu den Naturgewalten. „Halt,“ sagte der Sturm, „entgegen eurem Denken seid ihr gar nicht Herr über die Elemente.“ Fluggäste und Mannschaft müssen während den meisten oder allen 210 Sekunden des Sturzes in ihren Tod von einer panischen Angst ergriffen worden sein, als sie aus ihren Bord-Kinofilmen und Sitzplatz-Mahlzeiten gewaltsam zurück in die Wirklichkeit gerufen wurden, weil das Naturgesetz der Schwerkraft die Kontrolle über den flugtechnischen Einfallsreichtum des Menschen übernommen hatte.

Die Flugschreiber funktionieren selbst nach 672 Tagen auf dem Meeresgrund noch perfekt und geben uns nun ihre Geheimnisse der letzten Minuten von Flug AF 447 preis. Was für eine kluge Idee und was für eine geschickte Konstruktion! Doch wie viele Seelen an Bord dieser brillanten Flugmaschine waren bereit, in die Ewigkeit einzutreten? Und wieviele mehr Seelen wären dazu bereit gewesen, wenn die Menschen nur einen kleinen Teil jener Intelligenz und Anstrengung, welche sie in ihre materiellen Maschinen stecken, der Rettung ihrer Seele gewidmet hätten? Mutter Gottes, bitte für uns Sünder, daß weder Ablenkung noch Panik uns davon abhalten möge, unsere Seelen in Ordnung zu bringen und zu halten, „jetzt und in der Stunde unseres Todes.“

Kyrie eleison.

Zwei Arten von Reue

Zwei Arten von Reue on Mai 21, 2011

Vor einigen Monaten fragte ein Leser der „Eleison Kommentare,“ worin der Unterschied besteht zwischen der Reue des Judas Iskariot, als er seine 30 Silberlinge den Tempelautoritäten vor die Füße warf (Matthäus 27,3), und der Reue des hl. Petrus, als dieser beim Hahnenschrei bitterlich weinte (Matthäus 26,75). Diese Frage erhält durch einige Absätze aus der Poesie „Der Gottmensch“ von Maria Valtorta, welche von 1897 bis 1961 lebte, eine gute Antwort. Unser Heiland kommentiert darin (wenn Er es wirklich ist – siehe Augustinus: „Im Zweifel Freiheit“) die Vision über Judas Iskariot, welche Er zuvor Maria Valtorta gewährt hatte. Der italienische Text ist im folgenden leicht angepaßt:—

„Ja, diese Vision ist schrecklich, aber nicht unnütz. Zu viele glauben, daß Judas nichts besonders Schlimmes getan habe. Einige gehen sogar so weit zu sagen, er habe sich Verdienste erworben, denn ohne ihn sei die Erlösung nicht möglich gewesen und daher sei er vor Gott gerechtfertigt. In Wahrheit sage ich euch, hätte es die Hölle noch nicht gegeben, vollendet mit allen ihren Qualen, so wäre sie für Judas noch furchtbarer für die Ewigkeit geschaffen worden; denn von allen verdammten Sündern ist er der am tiefsten Verdammte, und für ihn wird es in Ewigkeit keine Milderung der Strafe geben.“

„Es ist wahr, daß er nach seinem Verrat Gewissensbisse zeigte, und sie hätten ihn retten können, wenn er seine Gewissensbisse zur Reue hätte werden lassen. Aber er wollte nicht bereuen. Somit kam zum ersten Verbrechen, dem Verrat – den ich in meiner Barmherzigkeit, die meine liebevolle Schwäche ist, noch verziehen hätte –, noch hinzu die Gotteslästerung und der Widerstand gegen die Stimme der Gnade, welche zu ihm sprechen wollte durch jede Spur von mir und Erinnerung an mich, als er verzweifelt in Jerusalem herumirrte, einschließlich die sanften Worte meiner Mutter . . . . Er hat allem widerstanden. Er wollte widerstehen. So wie er mich auch verraten wollte. Wie er mich verfluchen wollte. Wie er Selbstmord begehen wollte. Und es ist der Wille, der bei allem zählt, im Guten wie im Bösen.“

„Wenn einer fällt, ohne den Willen zum Fallen, verzeihe ich ihm. Petrus ist ein Beispiel. Er hat mich verleugnet. Warum? Er wußte es selbst nicht genau. War Petrus feige? Nein, mein Petrus war kein Feigling. In Gegenwart der Kohorte und der Tempelwachen hat er es gewagt, das Ohr des Malchus abzuhauen, um mich zu verteidigen – unter der Gefahr, dafür umgebracht zu werden. Er ist dann geflohen, ohne es zu wollen. Danach hat er mich dreimal verleugnet, aber erneut ohne es zu wollen. Später aber hat er sein Leben lang es sehr wohl fertiggebracht, auf dem blutigen Weg des Kreuzes, meinem Weg, zu bleiben und fortzuschreiten, bis zu seinem Kreuzestod. Und sehr gut hat er es verstanden, Zeugnis von mir abzulegen, bis man ihn wegen seines unerschrockenen Glaubens tötete. Ich verteidige meinen Petrus. Sein Davonlaufen und seine Verleugnungen waren die letzten Augenblicke seiner menschlichen Schwäche. Doch der gefaßte Wille seines Geistes stand nicht hinter diesen Taten. Abgestumpft durch seine menschliche Schwäche schlief dieser Wille. Als er wieder erwachte, wollte er nicht länger in der Sünde verharren, sondern vollkommen werden. Ich habe ihm sofort verziehen. Doch der Wille des Judas ging in die entgegengesetzte Richtung . . .”

Am Ende der Poesie „Der Gottmensch“ diktiert Unser Herr der Maria Valtorta (wenn Er es ist, was ich glaube) die sieben Gründe, warum Er der modernen Welt diese lange Vision Seines Lebens gewährt hat. Der erste Grund war, daß die grundlegende Lehre der Kirche, welche von der Moderne heimgesucht wurde, noch einmal in den Köpfen der Menschen wahrhaftig aufscheine. Klingt das nicht passend? Der siebte Grund war, „das Mysterium des Judas bekanntzumachen“ und zu zeigen, wie eine von Gott so reich beschenkte Seele so tief fallen konnte.

Kyrie eleison.

Unentbehrliche Doktrin

Unentbehrliche Doktrin on Oktober 9, 2010

Ich erinnere mich noch daran, wie Erzbischof Lefebvre im Jahre 1986 darüber überrascht war, wie wenige traditionelle Katholiken die Ungeheuerlichkeit des „Alle-Religionen- & Alle-lieben-sich“-Festes in Assisi wirklich erfaßten. Doch das ist eben die Verderbtheit unserer heutigen Zeit: Das Gedankengut und die Wahrheit spielen keine Rolle mehr, weil „Allein die Liebe genügt“ („All you need is love“). In Wahrheit brauchen wir alle jedoch unbedingt sowohl die Glaubenslehre als auch die Liebe.

Die Doktrin, dh. die Glaubenslehre, besteht nicht nur aus Formeln, die in Worte gegossen sind. Wenn wir das unschätzbare Geschenk des Glaubens bereits im Geiste halten, wissen wir, daß unser kurzes Leben in dieser Welt darüber entscheidet, ob unser nächstes Leben eine Ewigkeit von unvorstellbarer Glückseligkeit oder aber von undenkbarem Entsetzen sein wird. Außerdem wissen wir, daß alle Menschen dieses Schicksal teilen, ob sie nun daran glauben oder nicht – mit der einen Ausnahme des Limbus für die ungetauften Unschuldigen. Sodann leuchtet auch ein, daß entweder Gott grausam ist – was lediglich der vergebliche Wunsch vieler armseliger Seelen ist, die damit ihre Auflehnung gegen ihn rechtfertigen wollen! –, oder daß Gott allen Seelen zu allen Zeiten jene Menge an Licht und Kraft schenkt, die sie benötigen, um in den Himmel zu gelangen und die Hölle zu vermeiden, wenn sie es nur wollen. Doch welche Form kann dieses Licht und diese Stärke annehmen, wenn ein Mensch den Glauben nicht hat?

Lassen wir zwei Nicht-Katholiken auf die Antwort hinweisen. Dr. Samuel Johnson, eine große Gestalt des englischen gesunden Menschenverstandes des 18. Jahrhunderts, sagte einmal: „Wer London haßt, der haßt das Leben.“ Mit anderen Worten: Durch den ganzen Alltagstrubel in all seinen Einzelheiten hinweg schmiedet ein Mensch von Tag zu Tag eine allgemeine Einstellung zum Leben. Auf ähnlich Weise läßt Graf Leo Tolstoi in seinem epischen Roman „Krieg und Frieden“ sagen: „Wer das Leben liebt, der liebt Gott.“ Anders gesagt ist die allgemeine Einstellung eines Menschen zum Leben auch eine Haltung gegenüber Gott. Natürlich wird mancher moderne Mensch heftig bestreiten, daß seine Einstellung zum Leben mit einem „nicht-existierenden“ Gott irgendwas zu tun habe. Nichtsdestoweniger hält alleine Gott die Existenz einer solchen Seele und aller sie umgebenden täglichen Dinge aufrecht, und die ganze Zeit über schenkt Er ihr den freien Willen, Ihn in und durch alle diese Dinge zu lieben oder zu hassen. Die Kommunisten zum Beispiel müßten Atheisten sein, doch Lenin sagte einmal: „Gott ist mein persönlicher Feind.“ Tatsächlich hassen also die Kommunisten als solche sowohl das Leben als auch Gott.

Wie sieht nun die richtige Haltung gegenüber Gott aus? Das erste der Zehn Gebote sagt es uns: Gott aus ganzem Herzen, aus ganzem Geist und aus ganzer Seele zu lieben. Doch wie kann ich jemanden lieben, ohne zuvor etwas von ihm zu wissen? Die richtige Haltung gegenüber Gott setzt also zumindest ein gewisses Maß an Glauben und Vertrauen in die Güte des Lebens bzw. Gottes voraus. Deshalb lesen wir in der hl. Schrift, wie unser Herr, wenn ungelehrte Seelen zu ihm gehen und nach einem Wunder verlangen, häufig ihren „Glauben“ zuerst prüft, bevor er ihn lobt oder durch Gewähren des Wunders belohnt. Doch welcher Glaube ist hier gemeint? Der Glaube an Ihn. Doch wer ist Er?

Es ist die Aufgabe der Gelehrten, die Antwort darauf als Glaubenslehre zu formulieren. Diese Lehre von Gott wird durch die Zeit zwar verfeinert, kann aber nicht verändert werden – genauso wenig wie Gott selber verändert werden kann. Die Glaubenslehre ist der beständige Korrektor für unsere Haltung zum Leben und zu Gott – solange wir für alle Ewigkeit unvorstellbar glückselig sein wollen, anstatt ewig unglücklich. Die katholische Glaubenslehre ist die Wahrheit. Gott ist die Wahrheit. Die Wahrheit ist unverzichtbar.

Kyrie eleison.