Schlagwort: Geist

Die Bosheit des Modernismus – V

Die Bosheit des Modernismus – V posted in Eleison Kommentare on Juni 13, 2020

Ehe wir uns -zumindest vorläufig – vom Thema Modernismus verabschieden, müssen wir noch einen wichtigen Punkt zur Sprache bringen, und zwar eine Prophezeiung von Pater Frederick Faber (1814–1863) über unsere eigene Zeit, die in diesen „Kommentaren“ sicherlich schon mehr als einmal zitiert worden ist. Pater Fabers Weissagung zufolge wird das Ende der Welt dadurch gekennzeichnet sein, dass die Menschen Böses tun, während sie wähnen, Gutes zu tun.

Das ist nur allzu logisch. Selbst am Ende der Welt werden die Menschen auch weiterhin ihre ihnen von Gott gegebene Natur haben, die an sich gut ist und an der auch ihre Erbsünde sowie ihre persönlichen Sünden nichts ändern, so schwer diese in der Endzeit auch sein mögen (2. Tim. III. 1–5). Dank dieser ihnen eigenen Natur weisen die Menschen eine inhärente natürliche Neigung auf, Gutes zu tun. Nichtsdestoweniger wird die Masse der Menschen unter dem Antichristen und seinen Vorgängern sich diesem – bereits bestehenden oder noch bevorstehenden – Bösen widerstandslos gefügt haben. Wie werden dieses Gute und dieses Böse in ihnen vereinbar gewesen sein?

Der menschliche Wille kann nichts wollen, was der menschliche Geist ihm nicht vorher gezeigt hat. Jedem menschlichen Wunsch geht zwangsläufig ein menschlicher Gedanke voraus. Der Wunsch nach einem Nicht-Objekt kann nur ein Nicht-Wunsch sein. Deswegen hängt der Wille davon ab, dass der Geist ein Objekt für ihn erfasst hat, und zwischen jedem Willen und dem Objekt, das er erstrebt, muss der Geist als Vermittler tätig gewesen sein, immer unter der Voraussetzung, dass der Geist sein eigenes Objekt erfasst. Doch nun kommt Kant und behauptet, der Geist könne sein Objekt gar nicht erfassen von aussen, sondern lediglich fabrizieren von innen. Somit sind der Wille und sein wirkliches Objekt nicht länger verbunden. In anderen Worten, ein guter Wille kann Dinge anstreben, die in Wirklichkeit schlecht sind, und ein böser Wille kann etwas erstreben, was in Wahrheit gut ist, doch infolge der Erbsünde wird der zweite Fall weniger häufig sein. Anders gesagt: Indem Kant den Geist von der objektiven Realität loslöst, macht er es dem Willen weitaus leichter, etwas Böses zu wollen, weil es gut schien. Deshalb in einer Welt wie heute, wo der Geist von der objektiven Realität allgemein losgelöst ist, ist es für die Menschen weitaus leichter, immer noch guten Willens zu sein, auch wenn sie etwas anstreben, was in Wirklichkeit nicht gut ist, weil der Geist gründlich verkrüppelt worden ist.

Und hier ist, was der Pater Faber prophezeit: Er sagt, am Ende der Welt bestehe das Problem nicht so sehr in bösen Herzen oder schlechtem Willen als vielmehr in guten Herzen mit verkrüppeltem Geist, in anderen Worten, in guten Herzen mit schlechten Prinzipien. Was bedeutet das in der Praxis? Es bedeutet, dass es heute zahlreiche Katholiken geben wird, die zwar den Glauben besitzen und es gut meinen, deren Verstand jedoch nicht richtig funktioniert, weil sie – bisweilen bewusst, meist aber unbewusst – den Lehren Kants folgen, so dass ihr aufrichtiger Glaube dementsprechend geschwächt wird. Sie können nicht mehr erkennen, wie die Neukirche ein Wundbrand am Leibe der wahren katholischen Kirche ist, oder wie die vom Erzbischof gegründete Priesterbruderschaft St. Pius X. von dessen Nachfolgern zersetzt wird. Doch in vielen Fällen beruht die Blindheit solcher Seelen nicht notwendigerweise auf Bosheit oder fehlendem gutem Willen.

Hieraus folgt, dass wenn man mit solchen Menschen zu tun hat, worin das Subjektive durch eine ganze, von Kant verkrüppelte Welt vom Objektiven abgespalten worden ist, nur allzu leicht einer von zwei einander entgegengesetzten, jedoch miteinander verbundenen Irrtümern auftauchen kann. Entweder kann man sagen, solche Seelen seien in ihrem Herzen so unschuldig, dass sie sich in ihrem Geist nicht irren könnten; folglich könne die Neukirche nicht ganz so falsch liegen, und man müsse wieder zu ihr stossen, Pachamama und dergleichen hin oder her. So verhalten sich heute die Führer der Neubruderschaft und alle, die ihr folgen. Oder man kann sagen, die Irrtümer im Geist der Neukirche und der Neubruderschaft, die sich wieder ihrer Obhut unterstellen will, seien dermassen schwerwiegend, dass sie unmöglich die wahre Kirche oder die wahre Bruderschaft sein könnten, und man beide um jeden Preis meiden müsse. Wer so argumentiert und sich so verhält, tritt in die Fussstapfen jener, die als Sedisvakantisten bekannt sind, sowie jener, die nicht über diese Fragen sprechen wollen, aber nichtsdestoweniger ihren Weg gehen.

Erkenne ich hingegen, wie Kant das Subjekt vom Objekt getrennt hat, werde ich weder behaupten, solche Seelen seien guten Willens, und deshalb sei auch ihre Doktrin gut, noch werde ich geltend machen, ihre Doktrin sei dermassen falsch, dass sie bösen Willens sein müssten. Stattdessen werde ich festhalten, dass sie subjektiv guten Willens sein mögen, objektiv jedoch einer so schlechten Doktrin anhängen, dass ich um meiner ewigen Seligkeit willen nicht das Risiko eingehen darf, ihnen zu folgen oder mich mit ihnen gemein zu machen. Und mit dem heiligen Rosenkranz werde ich Unsere liebe Frau bitten, mein Herz und meinen Verstand im katholischen Gleichgewicht zu halten.

Kyrie eleison.

Künstliche Intelligenz – II

Künstliche Intelligenz – II posted in Eleison Kommentare on Juli 21, 2018

Künstliche Intelligenz ist in Wirklichkeit ein Widerspruch in sich selbst. Was künstlich ist, kann nicht intelligent sein. Was intelligent ist, kann nicht künstlich sein. Jedes echt intelligente Wesen muss (als solches) lebendig, geistig und frei sein. Jedes künstliche Objekt muss (als solches) nicht-lebendig und materiell sein und kann nicht frei sei. Deshalb kann nichts Künstliches intelligent im wahren Sinne des Wortes sein, und nichts wahrhaftig Intelligentes kann künstlich sein. Eine Intelligenz kann nur von Gott allein geschaffen werden. Menschen können lediglich künstliche Dinge schaffen.

Um dies zu zeigen, wollen wir mit den letztwöchigen „Kommentaren“ annehmen, dass es drei Stufen geistiger Wesen gibt: (1) Der Schöpfer, (2) die Engel und (3) die Menschen, und dass vier Stufen materieller Wesen existieren: (3) Die Menschen, (4) die Tiere, (5) die Pflanzen und (6) die Mineralien. Dies bedeutet, dass der Mensch das komplizierteste aller Geschöpfe ist, weil er allein sowohl geistig als auch materiell ist. Wenn jemand behauptet, der Mensch sei bloss materiell, begeht er wahrscheinlich den elementarsten aller philosophischen Irrtümer, nämlich dass nur materielle Wesen existieren. Dieser Irrtum ist in unserer heutigen materiellen Welt weit verbreitet, doch wer ihn vertritt, hat entweder niemals gedacht oder geliebt, oder er leugnet die volle Natur seiner eigenen Erfahrung. Wenn er doch nichts ausser Materie ist, weshalb besitzt er dann einen so ausgeprägten Sinn für seine eigene menschliche Würde? Und warum verhält er sich, als ob die Freiheit für ihn von höchster Wichtigkeit wäre?

Tatsächlich können die sechs Stufen von Wesen danach klassifiziert werden, wie weit sie sich der Materie entringen können. Die (6) Mineralien sind in die Materie eingeschlossen, doch auf die Pflanzen (5) trifft dies nicht im selben Ausmass zu; sie leben und bewegen sich, sind aber dennoch örtlich fixiert und kennen nichts ausser sich selbst. Die (4) Tiere leben und bewegen sich, sind jedoch nicht örtlich festgelegt und haben eine sinnliche Kenntnis von und einen sinnlichen Wunsch nach materiellen Dingen, die ausserhalb ihrer selbst liegen. Die (3) Menschen leben und bewegen sich, sind nicht örtlich festgelegt und besitzen nicht nur eine sinnliche Kenntnis von und einen sinnlichen Wunsch nach materiellen Dingen, die ausser ihrer selbst liegen, sondern auch Intelligenz und Wünsche, die bis zu nicht-materiellen Universalien ausserhalb ihrer selbst reichen, was einen gewaltigen Schritt bei der Befreiung von der Materie darstellt. Das Wort „Intelligenz“ kommt vom lateinischen „intus-lego,“ was „innen lese ich“ bedeutet und heisst, dass die Intelligenz innerhalb der materiellen Dinge deren nicht-materielle Form oder Essenz liest. Dies liegt daran, dass Intelligenz, und der Wille, der nach ihr folgt, beide geistige Fähigkeiten sind, die zu jenem Teil des Menschen gehören, der als solcher frei von der Materie ist und oberhalb der Materie steht.

Und aus diesen beiden Fähigkeiten ergibt sich die Freiheit des menschlichen (3) Willens, die von keinen anderen Tieren geteilt wird, weil diese alle in ihren materiellen Instinkten eingeschlossen sind. Und diese Freiheit lässt selbst den atheistischsten Materialisten seine Würde erkennen, die über derjenigen alle reinen Tiere (4) steht, wenn er nur ehrlich genug ist, diese Tatsache anzuerkennen. Über dem Menschen stehen die Engel (2), die rein geistig und intelligent und frei sind, aber immer noch besondere Wesen, während der Schöpfer (1) das universale geistige Wesen Selbst ist, an keinerlei Materie, ja nicht einmal an irgendeine Besonderheit gebunden.

Somit ist der Mensch (3) lebendig und geistig durch seine unsterbliche Seele mit ihrer Intelligenz und ihrem Willen, welche die Grundlagen seines freien Willens bilden und ihn frei machen. Ist nun irgendetwas „Künstliches,“ wie ein Computer oder ein Roboter, lebendig oder geistig oder frei? Erstens lebt es nicht aus innerer Kraft. Die Natur verstreut die Samen von Menschen, Tieren und Pflanzen in alle Richtungen, und jeder Samen enthält Leben. Trotz mitterlweile viele Jahre andauernden, gewaltigen Anstrengungen ist es der Kunst des Menschen jedoch nicht gelungen, auch nur einen einzigen Samen zu schaffen, der Leben in sich trägt (und man darf annehmen, dass er dies niemals zustande bringen wird). Zweitens, wenn nichts von Menschenhand Geschaffenes lebt, kann es erst recht nicht geistig sein, weil ein geistiges Leben eine hohe (3) Form des Lebens voraussetzt. Und drittens kann kein von Menschen produzierter Computer oder Roboter je frei sein, weil der freie Wille eine geistige Intelligenz voraussetzt, die keine menschliche Kunst fabrizieren kann. Eine geistige (3) Intelligenz kann nicht einmal von einem Engel (2) geschaffen werden, sondern einzig und allein vom Schöpfer (1), Gott.

Deshalb (6) können Computer und von Computern angetriebene Roboter nicht lebendig sein und können nichts zustande bringen ausser dem, was ihnen einprogrammiert worden ist. Sie können nicht intelligent im vollen Sinne des Wortes sein, denn dies erfordert ein geistiges Wesen, das nur Gott allein erschaffen kann. Somit können sie nicht frei sein, irgendeine selbständige Entscheidung zu treffen; sie sind blosse Maschinen (6), die in ihr materielles Programm (6) eingeschlossen sind. Ihnen irgendwelche menschlichen Leidenschaften, originelles Denken oder Freiheit zuzuschreiben, ist schlicht und einfach kindischer Materialismus.

Kyrie eleison.

Verfluchte Liberale

Verfluchte Liberale posted in Eleison Kommentare on Dezember 3, 2011

Der Liberalismus ist eine schreckliche Krankheit, die Millionen und Abermillionen von Seelen in die Hölle schickt. Er „befreit“ den Geist von der objektiven Wahrheit und das Herz (d.h. den Willen und die Neigungen) vom objektiv Guten. Somit herrscht auf absolute Weise das Subjektive. Kurz gesagt rückt der Liberalismus den Mensch an die Stelle Gottes; wobei der Mensch dann Gott nur noch soviel Bedeutung zubilligt, wie es dem Menschen gefällt – und das ist normalerweise nicht gerade viel. Der allmächtige Gott wird sozusagen an die Leine genommen wie ein gehorsames, kleines Hündchen. In Wirklichkeit ist der „Gott“ der Liberalen eine Verspottung des wahren Gottes. Doch „Gott läßt seiner nicht spotten“ (Galaterbrief 6,7) und er bestraft die Liberalen im irdischen Leben, indem sie zu falschen Kreuzfahrern, zu wahren Tyrannen und verweichlichten Männern werden.

Gemäß Erzbischof Lefebvre stellen die Revolutionspriester in Lateinamerika ein klassisches Beispiel für falsche Kreuzfahrer dar. Er pflegte zu sagen, daß jene Priester, welche unter dem Einfluß der kirchlichen Modernisierungsbewegung den Glauben verloren, die furchtbarsten aller Revolutionäre abgaben. Denn sie steckten die gesamte Kraft des wahren Kreuzzuges zur Rettung der Seelen – wofür sie ausgebildet worden waren, woran sie allerdings nicht länger glaubten – in den falschen Kreuzzug namens Kommunismus.

Glauben die Menschen nicht mehr an den wahren Kreuzzug – der für Gott, für Jesus Christus und für das ewige Seelenheil ficht –, so entsteht eine entsprechend große Lücke in ihrem Leben. Diese Lücke suchen sie mit Kreuzzügen für alles und jeden zu füllen: für ein Tabakverbot (aber mit der Freiheit für Marihuana und Heroin); für ein Verbot der Todesstrafe (aber mit der Freiheit, die effektiven Rechten hinzurichten); für eine Ächtung von Tyrannen (aber mit der Freiheit, jedes Land in die „Demokratie“ zu bomben); für die Unantastbarkeit des Menschen (aber mit der Freiheit zur Abtreibung des menschlichen Kindes im Mutterschoß), und vieles mehr. Die soeben hervorgehobenen Widersprüche stehen ganz im Einklang mit dem Kreuzzug der Liberalen für eine völlig neue Welt, welche die christliche Weltordnung ersetzt. Die Liberalen schützen zwar vor, daß sie nicht gegen Jesus Christus kämpfen wollen, doch wird dieses Deckmäntelchen immer dünner.

Logischerweise werden Liberale auch zu wahrhaften Tyrannen. Denn sie haben sich selber von jedem Gott, von jeder Wahrheit und von jedem Gesetz – welche über den Liberalen stehen – befreit. Somit bleibt nur noch die Autorität ihres eigenen Geistes und Willens übrig, und nur diese „Autorität“ lassen sie gelten, um ihren Mitmenschen jedwede Willkür aufzuerlegen. Als beispielsweise Paul VI. jeden Sinn für Tradition, welche seine Autorität begrenzte, verloren hatte, zwang er im Jahre 1969 der katholischen Kirche seine Neue Meßordnung auf, um zur Neuen Weltordnung zu passen. Dies geschah ungeachtet der Tatsache, daß erst zwei Jahre zuvor eine beträchtliche Anzahl von Bischöfen einen im Wesentlichen ähnlichen, experimentellen Meßritus abgelehnt hatten. Warum sollte Paul VI. die Einschätzungen der Personen unter ihm beachten, außer wenn es Liberale waren? Diese Personen wußten offenbar nicht, was gut für sie war – er jedoch schon.

Ebenfalls logischerweise werden Liberale zu verweichlichten Menschen, weil sie alles persönlich nehmen müssen. In der Tat fußt jeder vernünftige Widerspruch gegen ihren Autoritarismus auf der von ihnen mißachteten Wahrheit und dem Gesetz über den Menschen. Genau auf diese Weise widerstand Erzbischof Lefebvre dem Liberalismus Pauls VI. Doch der Papst vermochte nur davon auszugehen, daß der Erzbischof ihm seinen Platz als Papst streitig machen wollte. Er war unfähig zu begreifen, daß es eine weit höhere Autorität als seine eigene gab, auf die der Erzbischof in aller Seelenruhe sich stützte. Wer braucht schon zu befürchten, daß unser Herr und Gott jemals scheitert?

Heiligstes Herz Jesu, oh schenke, daß wir gute Führer verdienen, die nur aus Dir kommen können.

Kyrie eleison.

Benedikts Denken – II.

Benedikts Denken – II. posted in Eleison Kommentare on Juli 16, 2011

Wir können die Studie Bischof Tissiers über das Denken von Papst Benedikt XVI. in vier Teile einteilen. Nach dem einleitenden ersten Teil beschreibt der zweite die philosophischen und theologischen Wurzeln des Papstes Denken. Der Bischof folgt hier der großen Enzyklika „Pascendi“ des Hl. Pius X., wenn er im ersten Schritt die Philosophie behandelt. Ist eine Weinflasche in ihrem Inneren verschmutzt, so verdirbt selbst der beste hineingegossene Wein. Entsprechend gilt: Ist der menschliche Verstand von der Wirklichkeit losgelöst – wie es bei der modernen Philosophie der Fall ist –, dann wird selbst der durch diesen Verstand gefilterte katholische Glaube orientierungslos. Denn der Verstand wird nicht mehr länger an der Realität ausgerichtet. Genau hierin liegt das Problem von Papst Benedikt versteckt.

Wie schon der hl. Pius X. macht auch Bischof Tissier den deutschen Aufklärer Immanuel Kant (1724–1804) für diese Katastrophe im Denken der modernen Menschen hauptverantwortlich. Kant brachte das System des „Anti-Denkens“ zum Abschluß, das heute überall vorherrscht und Gott aus dem verstandesmäßigen Diskurs ausschließt. Nun behauptet Kant, daß der Verstand von einem vorliegenden Gegenstand – dem Objekt – nichts wissen kann außer dem, was die Sinne wahrnehmen. Somit kann also der Verstand die Wirklichkeit hinter den sinnlichen Erscheinungen beliebig rekonstruieren und die objektive Wirklichkeit als unerkennbar vom Tisch fegen. Dadurch wird also der Handelnde – das Subjekt – zum absoluten Herrscher. Somit ist es zwar schön und gut, wenn dieses Subjekt Gott braucht und seine Existenz zugibt, doch andernfalls hat der liebe Gott sozusagen Pech!

Bischof Tissier präsentiert sodann fünf moderne Philosophen, die alle mit dem Wahnsinn des kantianischen Subjektivismus ringen, wonach die menschliche Vorstellung über der Wirklichkeit und das Subjekt über dem Objekt stünde. Die beiden wichtigsten Vorreiter des Denkens des Papstes dürften Heidegger als Vater des Existentialismus (1889–1976), und Buber (1878–1965) als ein führender Vertreter des Personalismus sein. Wenn, wie Kant behauptet, das nichtsinnliche Wesen der Dinge unerkennbar ist, dann bleibt nur noch die bloße Existenz übrig – wobei die Person die wichtigste Existenz ist. Nun liegt jedoch bei Buber die Beschaffenheit der Person in der „Intersubjektivität,“ d.h. in der „Ich-Du“-Beziehung zwischen subjektiven Personen. Erst diese Beziehung öffnet für Buber den Weg zu Gott. Demnach hängt das Wissen um Gott von der subjektiven Beteiligung des Menschen ab, womit dieses Wissen auf einer äußerst unsicheren Grundlage steht.

Dennoch ist diese Beteiligung des menschlichen Subjekts der Schlüssel zum theologischen Denken Benedikts, welches an erster Stelle durch die renommierte Tübinger Schule beeinflußt wurde, wie Bischof Tissier erklärt. Johann Sebastian Drey (1777–1853) gründete diese Tübinger Schule, die lehrt, daß die Geschichte durch den Zeitgeist in beständiger Bewegung gehalten wird und Jesus Christus dieser Geist ist. Demnach gilt nicht mehr länger, daß Gottes Offenbarung mit dem Tode des letzten Apostels Christi abgeschlossen ist und mit der Zeit lediglich vertieft wird. Sondern vielmehr besitzt nun die Offenbarung einen ständig sich entwickelnden Inhalt, zu welchem das empfangende Subjekt beiträgt. Somit hat nach dieser Schule auch die Kirche zu jeder Zeit einen aktiven und nicht nur passiven Anteil an der Offenbarung; außerdem gibt sie der vergangenen Tradition erst seine jetzige Bedeutung. Klingt das nicht vertraut, etwa so wie bei der im „Eleison-Kommentar“ Nr. 208 beschriebene Hermeneutik von Dilthey?

Auf dieselbe Weise ist auch für Benedikt XVI. Gott weder ein eigenständiger Gegenstand, noch lediglich objektiv, sondern Gott ist ein persönliches „Ich,“ das sich mit jedem menschlichen „Du“ austauscht. Zwar kommen die Hl. Schrift und die Tradition noch, objektiv gesehen, vom göttlichen „Ich,“ aber gleichzeitig muß das lebende und sich bewegende „Du“ beständig die Hl. Schrift neu auslegen. Weil aber die Hl. Schrift die Grundlage der Tradition ist, muß auch die Tradition durch die Beteiligung des Subjekts beweglich werden und kann keineswegs eine „versteinerte“ Tradition wie bei Erzbischof Lefebvre bleiben. Auf ähnliche Weise muß auch die Theologie subjektiviert und der dogmatische Glaube zur persönlichen „Erfahrung“ mit Gott werden. Selbst das Lehramt muß demnach aufhören, unbeweglich zu sein.

„Verflucht der Mann, der auf Menschen vertraut und auf gebrechliches Fleisch sich stützt und dessen Gesinnung vom Herrn abweicht!“ (Jeremias 17,5)

Kyrie eleison.

Traditionelle Infektion

Traditionelle Infektion posted in Eleison Kommentare on Januar 29, 2011

Der Liberalismus ist eine ungeheuerliche Krankheit. Sie vermag selbst die besten Köpfe und Herzen verrotten zu lassen. Kurz und bündig definiert ist der Liberalismus die Befreiung des Menschen von Gott. Obwohl er uralt ist, war er noch nie so tiefgehend, weitverbreitet oder scheinbar normal wie heute. Nun ist die Religionsfreiheit der Kern des Liberalismus – denn was nützte es, von allem und jedem befreit zu sein, wenn nicht von Gott? Als Papst Benedikt XVI. vor drei Wochen darüber klagte, daß „auf der ganzen Welt die Religionsfreiheit bedroht sei,“ zeigte dies, daß er mit Sicherheit vom Liberalismus infiziert ist. Doch selbst die Nachfolger der katholischen Tradition können nicht sicher sein, daß sie gegen diese Krankheit immun sind. Im folgenden zitiere ich einen Brief, den ein Laie aus Europa vor einigen Tagen mir sandte:—

„Lange Zeit, ungefähr 20 Jahre lang, war ich liberal geprägt. Durch die Gnade Gottes durfte ich bei der Priesterbruderschaft St. Pius X. mich bekehren. Doch zu meinem Schock habe ich eine liberale Haltung sogar teilweise innerhalb der Tradition vorgefunden. Denn noch immer wird gesagt, man solle die derzeitige Situation nicht so schlimm sehen. Die Freimaurerei wird als Feind der Kirche kaum erwähnt, weil das persönlichen Schaden anrichten würde. Also wird so getan, als wenn im großen und ganzen in der Welt alles noch in Ordnung wäre.

Manche Traditionalisten empfehlen sogar, den Leidensdruck, welcher ein traditionstreuer Katholik ohnehin hat, mit Psychopharmaka zu begegnen; und um sich das Leben leichter zu machen, empfehlen sie, sein Glück bei Ärzten zu suchen.

Die Folge dieser Vorgehensweise ist eine Gleichgültigkeit, welche der Nährboden für den Liberalismus ist. Plötzlich ist es dann auf einmal nicht mehr so schlimm, die neue Messe zu besuchen, mit den Modernisten gemeinsame Sache zu machen, seine Prinzipien jeden Tag zu ändern, seinen Glauben nicht mehr öffentlich zu bekennen, auf einer staatlichen Universität zu studieren, dem Staat zu vertrauen und davon auszugehen, daß es ja ohnehin alle nur gut meinen.

Unser Herr Jesus Christus hat es mit harten Worten ausgesprochen: Die Lauen wird er „ausspeien aus seinem Munde“ (Offenbarung 3,16). Es mag paradox klingen, doch die größten Feinde der Kirche sind die liberalen Katholiken. Es existiert sogar ein liberaler Traditionalismus!“ (Ende des Zitates.)

Was ist nun das Heilmittel gegen dieses Gift, welches jeden von uns bedroht? Zweifellos die heiligmachende Gnade (Römer 7,25) – denn sie reinigt den Verstand von Verwirrung und stärkt den Willen, damit er tut, was der Verstand als richtig erkennt. Doch wie kann ich der heiligmachenden Gnade sicher sein? Das gleicht der Frage: Wie kann ich ausharren bis zum Ende, um gerettet zu werden? Die Kirche lehrt, daß es keine Garantie für die endliche Ausharrung gibt, weil sie ein Geschenk – oder besser: das Geschenk – Gottes ist. Jedoch kann ich stets den heiligen Rosenkranz beten: durchschnittlich fünf Geheimnisse pro Tag, doch besser fünfzehn, falls halbwegs möglich. Wer das tut, folgt der Bitte der Gottesmutter an uns alle – und sie hat eine geradezu unbegrenzte mütterliche Verfügungsgewalt über ihren Sohn, unseren Herrn und Gott, Jesus Christus.

Kyrie eleison.

Das Undenkbare denken

Das Undenkbare denken posted in Eleison Kommentare on Januar 1, 2011

Alles deutet darauf hin, daß 2011 ein folgenschweres Jahr wird. Die Welt ist mit der Dunkelheit des Geistes und der Verderbtheit des Willens geschlagen. Die Kirche, welche das „Licht der Welt“ für den Geist und das „Salz der Erde“ gegen die Verderbtheit des Willens sein sollte, ist verfinstert. Zwar ist sie noch vorhanden, doch kann ihr Licht und ihre Wärme wegen der Schuld der Menschen diese kaum mehr erreichen.

Deshalb müssen die Wirren von und aus der Welt geradezu über uns kommen. Im nächsten Jahr, oder kurz darauf, wird das Leben der Menschen eine unvorstellbare Zeitenwende erfahren. Die unerbittlichen Gesetze der Wirklichkeit werden die Weltwirtschaft auf den Kopf stellen. Trotzdem hausieren die meisten Wirtschaftswissenschaftler – professionelle „Unwirklichkeitsverkäufer“ – immer noch mit ihrem Traumland. Um vor allem Familienvätern zu helfen, das Undenkbare zu denken, möchte ich einige Ratschläge von einem Autoren und Referenten über praktische Dinge zitieren, der seine Bodenhaftung nicht ganz verloren hat: Gerald Celente aus New York ( www.trendsresearch.com ):—

„Wir werden ständig gebeten, detaillierte, zukunftsweisende Anleitungen zu liefern, wie die finanziellen Stürme zu überstehen sind . . . . Aber es gibt keine einfachen oder zu jedem passenden Lösungen. Denn jede einzelne Situation ist anders. Wenn Sie beispielsweise im ländlichen Gebiet arbeitslos sind, haben Sie andere Möglichkeiten und Probleme als in Großstädten oder Vororten.

Es ist entscheidend zu erkennen, daß diese Krise lange dauern wird. Die jetzige Zeit ist eine des Rückzuges, der Erhaltung und Konservierung . Insgesamt wird weniger Einkommen und somit weniger Geld für die nicht lebensnotwendigen Dinge verfügbar sein. Was wir in Zeiten von fließendem Geld noch als „wesentlich“ einstuften, wird in Zeiten des verknappten Geldflusses zur „Nichtigkeit“ werden.

Wenn Ihr besseres Wissen bei der Suche nach Arbeit Ihnen sagt, daß Ihre gegenwärtige Arbeitsstelle nicht mehr tauglich ist (Immobilien-Makler, Hypotheken-Vermittler, Verlagswesen, Bauarbeiter, Verkauf, Autoindustrie, usw.), dann könnte jetzt der richtige Zeitpunkt sein, Ihren Traumberuf zu verwirklichen. Was wollten Sie schon immer tun? Haben Sie einzigartige Talente und Fähigkeiten an Ihnen entdeckt, die Sie von anderen Menschen unterscheiden? Untersuchen Sie systematisch, welche Tätigkeiten Ihnen am meisten liegen und wie gut Sie damit den Lebensunterhalt bestreiten können . Das ist ein guter Ausgangspunkt. Wenn Sie nur niedere Arbeit finden, dann seien Sie darin der Beste : Erledigen Sie diese Arbeit mit viel Einfallsreichtum und ohne Unmut, dann werden Aufstiegsmöglichkeiten sich schon ergeben . Wenn Sie das tun, was Sie lieben, so müssen Sie nie wieder im eigentlichen Sinn „arbeiten.“ Eine Umschreibung von Glück könnte so lauten: „Morgens aufwachen und das tun müssen, was man sowieso am liebsten machen würde.“

Beurteilen Sie Ihre eigene Situation genau. Suchen Sie Menschen mit ähnlicher Geisteshaltung , in ähnlicher Situation und mit ergänzenden Fähigkeiten. Die Stärke liegt in der Zahl! Eine Gruppe von Menschen mit einem bestimmten Ziel kann einen Plan ausführen, der für einen einzelnen Menschen undenkbar und unschaffbar wäre.“

Die Unterstreichungen stammen von mir. Wohl wäre ich erfreut, wenn ich mich irrte, doch muß ich jetzt davon ausgehen, daß das Überleben bald der oberste Maßstab unseres Tuns sein wird. Gerald Celente stellte hier nun ein paar Gedanken vor. Beten Sie – natürlich, denn das ist unentbehrlich –, doch denken Sie an das alte Sprichwort: Hilf dir selbst, so hilft dir Gott.

Allen Lesern sende ich meinen Segen für das Neues Jahr.

Kyrie eleison.