Hegel

Siegreicher Glaube

Siegreicher Glaube on August 6, 2011

Die letzten vier „Eleison Kommentare“ faßten die überzeugende Kritik Bischof Tissier de Mallerais’ am Denken von Papst Benedikt XVI. zusammen. Wie sieht unsere Reaktion auf diese Kritik aus? Betrachten wir drei Argumente, mit denen fromme Katholiken den Papst gegen den Vorwurf, daß sein Denken nicht katholisch sei, verteidigen könnten.

Eine erste Verteidigungslinie könnte gezogen werden durch die Behauptung, daß jedweder Angriff auf den Papst nur den Feinden der Kirche helfe. Doch besteht nicht die oberste Pflicht des Papstes genau darin, „seine Brüder im Glauben zu stärken“ (Lukas 22,32)? Wenn also ein Papst vom Glauben abirrt und wir ihm respektvoll zeigen, worin seine Verirrung besteht, so greifen wir ihn dadurch weder an, noch verrichten wir das Werk der Kirchenfeinde. Sondern vielmehr helfen wir ihm durch diesen Hinweis, seine Pflicht wieder deutlich zu erkennen, und wir erinnern ihn dadurch an das eine und einzige Mittel, mit welchem er diese Kirchenfeinde überhaupt besiegen kann, die heutzutage kräftiger sind als jemals zuvor: „Denn das ist der Sieg, der die Welt überwand: unser Glaube“ (1. Johannesbrief 5,4).

Ein zweiter Einwand gegen Bischof Tissiers Belege könnte – vor allem in unserer Zeit – lauten, daß Papst Benedikt nur ein Gefangener im Vatikan sei, d.h. daß er die katholische Tradition nicht derart verteidigen könne, wie er in Wirklichkeit wünsche. Zwar sind die nachkonziliaren Päpste tatsächlich durch hochrangige Kirchenmänner umgeben, die Freimaurer sind und im Geheimen die Kirche zu zerstören trachten. Auch dürften nach dem Zweiten Vatikanum die Geldmeister tatsächlich eine finanzielle Schlinge um den Hals des Vatikan immer enger gezogen haben. Doch würde der wahre Glaube wirklich verkündet werden, so zöge es auch genügend Geld an. Und wäre Benedikts Glaube nicht in Wahrheit ein Gefangener von Hegelianischen Irrtümern, so würde dieser Glaube die Freimaurer um den Papst mit Leichtigkeit besiegen! Vielleicht wäre dieser Sieg nur durch das Martyrium möglich, und es bedürfte gleich einer ganzen Reihe an Martyrer-Päpsten um die Kirche zu befreien. Aber wenn wir diese, wie in der Urkirche, nur wahrhaft verdienen würden, so wäre der Vatikan bald wieder frei!

Ein dritter und eher direkter Einwand wurde im letzten „Eleison-Kommentar“ bereits angeschnitten: Benedikt XVI. könnte behaupten, daß er nicht nur an die gegenseitige Korrektur von Glaube und Vernunft glaube, sondern auch an den überlieferten Glauben. Auf diese Weise, so könnte der Papst sagen, erreiche er zweierlei: Einerseits glaube er selber durchaus an die österliche Auferstehung des gekreuzigten Leibes Jesu Christi zusammen mit seiner Seele aus dem Grabe. Und anderseits könne er dem modernen Menschen sagen, daß die wahre Bedeutung der Auferstehung nicht in der Erhebung eines wirklichen Leibes aus einem wirklichen Grab bestehe, sondern in einer geistigen Liebe, welche den Tod besiege – aber dies sage er lediglich, um dem modernen, nichtgläubigen Menschen die Auferstehung zugänglich zu machen.

Oh Heiliger Vater, sagen Sie bitte: Stand der gekreuzigte Leib unseres Herrn nun aus dem wirklichen Grab auf oder nicht? Wenn er nicht auferstand, so hören Sie doch endlich zu glauben auf, daß er es tat, und geben Sie auch nicht mehr zu glauben vor, daß er es getan hat. Treten Sie sodann als Papst der Wahnwitzigen zurück, welche an diese Auferstehung glauben. Aber wenn der Leib Christi aus diesem Grabe wirklich auferstand, dann müssen Sie dem modernen Menschen g enau diese Tatsache verkünden. Denn er muß seinen Unglauben aufgezeigt und nicht laufend von „Liebe, Liebe, Liebe“ erzählt bekommen – letzteres geschieht sowieso den ganzen Tag. Der moderne Mensch muß vielmehr hören, daß nur unser wahrhaftig auferstandener Herr imstande war, sowohl seine unversöhnlichen Feinde zu entmachten, als auch Seine völlig entmutigten Apostel in Welteroberer zu verwandeln.

Heiliger Vater, es ist doch völlig nutzlos, die Welt mit ihren eigenen verkommenen Mitteln erreichen zu wollen. Erobern Sie sie mit den Mitteln unseres Herrn! Und wenn Sie gezwungen werden sollten, uns ein Beispiel des Martyriums zu geben, so seien Sie versichert, daß viele von uns in der nahen Zukunft genau dieses Beispiel dringend benötigen könnten. Wir beten in aller Demut für Sie.

Echter Papst? – II.

Echter Papst? – II. on Mai 7, 2011

Nicht jedermann stimmt der Meinung der „Eleison Kommentare“ Nr. 198 von letzter Woche zu. Sie lautete, daß die subjektiv gute Absicht oder der gute Wille der Konzilspäpste verhindert, daß ihre haarsträubenden objektiven Häresien sie zu ungültigen Päpsten machen (siehe Prof. Dörmanns Arbeit über die Allerlösungslehre von Johannes Paul II., und Bischof Tissiers Arbeit über das Entleeren des Kreuzes durch Benedikt XVI). Die gegenteilige Meinung erklärt die Irrlehren der Konzilspäpste allerdings für so gravierend, daß 1.) diese Häresien unmöglich durch einen echten Stellvertreter Christi ausgesprochen worden sein können; oder 2.) daß eine subjektiv noch so gute Absicht das objektive Gift dieser Häresien nicht neutralisieren kann; oder 3.) daß im Falle der Konzilspäpste eine subjektiv gute Absicht ausgeschlossen ist, weil sie noch in der alten Theologie ausgebildet wurden. Auf diese drei Argumente möchte ich nun in aller Ruhe eingehen:—

Erstens: Nur Gott allein weiß sicher, bis zu welchem Punkt er den – wenigstens objektiven – Betrug seiner Stellvertreter an ihm zuläßt. Allerdings wissen wir aus der Hl. Schrift (Lukas 18,4), daß Jesus Christus bei seiner Wiederkehr auf Erden kaum noch den wahren Glauben finden wird. Ist im Jahre 2011 der katholische Glaube bereits auf dieses Maß reduziert? Noch nicht, darf man annehmen. In dem Fall könnte Gott sogar zulassen, daß seine Stellvertreter noch schlimmeres tun, ohne allerdings aufzuhören, seine Stellvertreter zu sein. Lernen wir nicht ebenfalls aus der Hl. Schrift, daß Kaiphas just zu jenem Zeitpunkt Hohepriester war, als er das größte vorstellbare Verbrechen gegen Gott plante, d.h. den Justizmord an Jesus Christus (Johannes 11,50–51)?

Zweitens: Es ist wahr, daß für die Universalkirche die objektive Häresie gutmeinender Häretiker viel schwerer wägt als ihre subjektiv guten Absichten. Auch ist wahr, daß viele objektive Häretiker subjektiv von ihrer eigenen Unschuld überzeugt sind. Aus diesem zweifachen Grund hat die Mutter Kirche – wenn sie gesund ist – ein Instrument, um solche materiellen Häretiker zu zwingen, daß sie entweder ihre Häresie widerrufen oder aber vollends formelle Häretiker werden. Dieses Instrument sind die Inquisitoren, welchen die Kirche ihre gottgegebene Autorität verleiht, die Häresien zu bestimmen und zu verurteilen, um die Reinheit der Lehre aufrechtzuerhalten. Doch was geschieht, wenn die höchste Autorität in der Kirche selber objektive Häresien ausspricht? Wer steht dann über den Päpsten und hat die Autorität, sie zu korrigieren? Niemand. Hat Gott also seine Kirche aufgegeben? Nein, allerdings unterzieht er sie einer schweren Prüfung, welche allzusehr verdient ist wegen der heutigen Masse an lauen Katholiken – einschließlich, Gott sei es geklagt, an Traditionalisten?

Drittens: In der Tat erhielten sowohl Johannes Paul II. als auch Benedikt XVI. eine vorkonziliare Ausbildung in Philosophie und Theologie. Doch hatten zu ihrer Zeit bereits über ein Jahrhundert lang der Kantianische Subjektivismus und der Hegelsche Evolutionismus am Kern des Begriffs der objektiven und unveränderlichen Wahrheit genagt. Ohne diesen Wahrheitsbegriff leuchtet der Begriff des unveränderlichen katholischen Dogma jedoch nicht mehr ein. Sicherlich kann man argumentieren, daß beide Päpste moralisch schuldig daran waren – beispielsweise wegen dem Streben nach Beliebtheit bei den Menschen, oder wegen intellektuellem Stolz –, daß sie in die materielle Häresie abglitten. Doch ist die moralische Schuld kein Ersatz für die maßgebliche dogmatische Verurteilung, welche diese Päpste erst mit Sicherheit von materiellen Häretikern zu formellen erklären kann.

Weil nur formelle Häretiker aus der Kirche ausgeschlossen sind und weil die einzig sichere Methode, eine formelle Häresie nachzuweisen, im Falle eines Papstes nicht anwendbar ist, muß eine gewisse Bandbreite an Meinungen zum Problem der Konzilspäpste offenbleiben. Einerseits ist es ungerecht, daß die liberalen „Traditionalisten“ aus dem Wort „Sedisvakantist“ ein Schimpfwort machen; andererseits sind die Argumente der Sedisvakantisten nicht so schlüssig, wie sie es gerne hätten oder vorgeben. Zusammenfassend gesagt mögen Sedisvakantisten noch katholisch sein, doch auf der anderen Seite ist noch kein Katholik verpflichtet, Sedisvakantist zu sein. Ich zum Beispiel glaube, daß die Konzilspäpste gültige Päpste sind.

Kyrie eleison.

Konziliarer „Theologe“ – I.

Konziliarer „Theologe“ – I. on Juni 5, 2010

Der Zusammenbruch der Masse der katholischen Bischöfe auf dem Zweiten Vatikanum brachte eine unermeßliche Verwüstung über die Seelen auf der ganzen Welt. Wir können nicht oft genug über das grundsätzliche Problem nachdenken, weil es immer noch sehr gegenwärtig ist; tatsächlich ist das Problem heute stärker gegenwärtig als je zuvor. Es droht, alle unsere Seelen in die Hölle hinunterzureißen. In der zweiwöchentlich erscheinenden italienischen Zeitschrift „Si Si No No“ kam letztes Jahr ein Artikel, welcher die Hauptirrtümer eines der Pionier-„Theologen“ des Zweiten Vatikanum zusammenfaßte, des französischen Dominikanerpaters Marie-Dominique Chenu. Seine sechs Irrtümer sind im folgenden zwar recht kurz dargelegt, aber sie zeigen das Kernproblem: Die Einsetzung des Menschen an die Stelle Gottes. (Ich habe die Reihenfolge der Irrtümer geändert, was den Stoff für einen anderen „Eleison Kommentar“ geben wird):

1. Ausrichtung auf den Menschen, als ob Gott an den modernen Menschen angepaßt werden müßte, anstatt der moderne Mensch an Gott. Der Katholizismus hingegen ist stets bemüht, den Menschen an Gott anzupassen und nicht umgekehrt.

2. Unterwerfung der göttlichen Offenbarung unter die modernen Formen des Denkens, beispielsweise Descartes, Kant, Hegel. Es gibt nicht mehr länger eine absolute, objektive Wahrheit. Vielmehr stehen alle religiösen Aussagen nur noch relativ und subjektiv im Raum.

3. Unterwerfung der göttlichen Offenbarung unter die historische Methode, welche besagt, daß jede Wahrheit nur in ihrem historischen Zusammenhang (Kontext) entstanden ist. Es gibt somit keine unveränderliche oder unveränderbare Wahrheit mehr, weil jeder historische Kontext sich änderte oder weiterhin ändert.

4. Glauben an die pantheistische Evolution; das heißt Gott ist nicht mehr länger der Schöpfer, welcher grundsätzlich von der Schöpfung verschieden ist. Gott wird nicht mehr von den Geschöpfen unterschieden, welche durch die Evolution ins Leben treten und durch die Evolution sich laufend verändern.

5. Voranstellen von Gefühlen in den Fragen der Religion; dadurch steht die religiöse Gefühlserfahrung über dem übernatürlichen Glauben im Verstande oder über der übernatürlichen Liebe im Willen.

6. Abstreiten des Unterschiedes zwischen Gut und Böse durch die Behauptung, daß das bloße Dasein einer menschlicher Handlung diese gut macht. Es stimmt zwar, daß jede ausgeführte menschliche Handlung die Güte des Seins besitzt, doch hat sie nur dann die moralische Güte, wenn sie auf ihr Ziel ausgerichtet ist, das schließlich Gott ist. Nicht auf Gott ausgerichtete menschliche Handlungen sind hingegen moralisch schlecht.

Die sechs Irrtümer sind natürlich miteinander verbunden. Wenn (cf. 1) die Religion auf mich ausgerichtet sein muß, dann (cf. 2 & 3) habe ich meinen Verstand von der Wirklichkeit zu trennen, weil dort die Religion auf Gott ausgerichtet ist. Ist so der Verstand erst verkrüppelt, dann (cf. 4) „gibt es nichts, außer was es nicht gibt,“ alles ist der Evolution unterworfen und (cf. 5) die Gefühle übernehmen das Ruder (somit wird durch die Schuld der Männer die Religion feminisiert, weil Gefühle das Vorrecht der Frauen sind). Wenn schließlich Gefühle die Wahrheit ersetzen, (cf. 6) bricht die Moral zusammen.

Die Dokumente des Zweiten Vatikanums enthalten diese Irrtümer mehr implizit als ausdrücklich oder explizit. Denn diese Irrtümer galt es zu verschleiern, damit die Masse der am Konzil teilnehmenden katholischen Bischöfe, welche aber noch nicht auf dem „neuen Stand“ des modernen Denkens waren, für die Konzilsdokumente stimmten. Allerdings repräsentieren diese Irrtümer den auf dem „neuesten Stand“ befindenden „Geist des Zweiten Vatikanum,“ welcher dem eigentlichen Ziel der Konzilslenker entspricht. Deswegen schreitet die offizielle Kirche seit 45 Jahren auf dem Weg der Selbstzerstörung voran: von 1965 bis 2010. Wieviele Jahre noch?

Kyrie eleison.