Lehramt

Kirchliche Unfehlbarkeit – I

Kirchliche Unfehlbarkeit – I on Februar 8, 2014

Wahrscheinlich liegt für Sedisvakantisten das Hauptproblem in der kirchlichem Unfehlbarkeit (Motto: die Konzilspäpste sind auf schreckliche Weise fehlbar, wie könnten sie da noch Päpste sein?). Allerdings sollten wir die Unfehlbarkeit generell verstehen, und nicht nur, um den Sedisvakantismus zu entschärfen. Denn das Problem der Moderne, die Autorität über die Wahrheit zu stellen, ist riesengroß.

„Unfehlbarkeit“ heißt die Unfähigkeit zu irren oder einen Fehler zu begehen. Im Jahre 1870 definierte das Vatikanische Konzil, daß der Papst nicht irren kann, wenn alle folgenden vier Bedingungen erfüllt sind: Er muß 1) als Papst sprechen, 2) über Fragen des Glaubens oder der Moral, 3) auf endgültige Weise und 4) in der klaren Absicht, für die gesamte Kirche bindend zu sein. Eine solche Lehre gehört dann zum sogenannten „außerordentlichen“ Lehramt. Außerordentlich, weil der Papst einerseits nur selten alle vier Bedingungen gleichzeitig anwendet, und andererseits viele andere Wahrheiten lehrt, welche nicht irrig oder falsch sein können, weil sie schon immer von der Kirche gelehrt worden sind und daher zum „Ordentlichen kirchlichen Lehramt,“ wie das Vatikanum sagte, gehören und ebenfalls unfehlbar sind. Die eigentliche Frage ist nun die des Verhältnisses zwischen dem Außerordentlichen Lehramt des Papstes und dem Ordentlichen Lehramt der Kirche.

Die hl. Mutter Kirche lehrt, daß das Glaubensgut der Kirche, auch Offenbarung genannt, mit dem Tod des letzten Apostels abgeschlossen war, also ungefähr im Jahre 105 des Herrn. Seither ist dem offenbarten Glaubensgut, dem kirchlichen Lehrbestand, weder etwas hinzugefügt worden, noch hätte etwas hinzugefügt werden können. Somit kann auch eine „außerordentliche“ Definition kein einziges Jota an Wahrheit zu diesem Glaubensgut hinzufügen, sondern um der Gläubigen willen lediglich Gewißheit über eine einzelne und bereits zum Glaubensgut gehörende Wahrheit dazugeben, weil dieses Dazugehören noch nicht klar genug gewesen war. In einer vierfacher Abfolge steht an erster Stelle eine bestimmte objektive Wirklichkeit, welche vom menschlichen Verstand unabhängig ist, wie z.B. die geschichtliche Tatsache, daß die hl. Muttergottes ohne Erbsünde empfangen worden war. An zweiter Stelle rückt dann die Wahrheit in den Verstand aller, welche mit dieser Wirklichkeit übereinstimmen. Erst an dritter Stelle kommt die unfehlbare Definition, wenn also ein Papst die eingangs skizzierten vier Bedingungen erfüllt. Und viertens entspricht dieser kirchlichen Definition dann die Gewißheit für die Gläubigen bezüglich dieser Wahrheit. Dies bedeutet: wo die Wirklichkeit die Wahrheit erzeugt, schafft eine kirchliche Definition lediglich Gewißheit bezüglich dieser Wahrheit.

Allerdings gehören die Wirklichkeit und ihre Wahrheit bereits zum Ordentlichen Lehramt, denn zweifellos kann kein Papst eine Wahrheit außerhalb des Glaubensgutes unfehlbar definieren. Das Verhältnis vom Ordentlichem Lehramt zum Außerordentlichen Lehramt entspricht also dem Verhältnis des Hundes zum Schwanz, nicht des Schwanzes zum Hunde. Das Problem ist nun, daß die Definition aus dem Jahre 1870 dem Außerordentlichen Lehramt eine solche Geltung verschaffte, daß im Vergleich dazu das Ordentliche Lehramt zu verblassen begann – bis hin zu dem Punkt, daß Katholiken, und selbst Theologen, dem Ordentlichen Lehramt eine Unfehlbarkeit gleich dem Außerordentlichen Lehramt andichten wollten. Doch ist dies unklug, denn das Außerordentliche Lehramt setzt das Ordentliche Lehramt voraus und existiert sogar nur, um einer Wahrheit (2), welche bereits vom Ordentlichen Lehramt gelehrt worden ist, Gewißheit (4) zu verleihen.

Veranschaulichen wir diesen Sachverhalt durch einen Berg mit einer Schneekappe obendrauf. Der Berg hängt in keiner Weise von diesem Schnee ab, sondern wird durch ihn nur noch deutlicher sichtbar. Im Gegensatz dazu hängt der Schnee auf dem Berg allerdings ganz vom Berg ab, damit er (der Schnee) überhaupt an seinem Platz liegen kann. Auf ähnliche Weise macht das Außerordentliche Lehramt das Ordentliche Lehramt nur noch deutlicher oder gewisser sichtbar. Und wenn der Winter hereinbricht, sinkt die Schneefallgrenze. Weil die Nächstenliebe in der heutigen Zeit erkaltet, so mögen zwar mehr Definitionen des Außerordentlichen Lehramtes notwendig sein, doch stellt das keine Perfektion des Ordentlichen Lehramtes dar. Im Gegenteil unterstreicht diese Vermehrung an Definitionen nur die Schwachheit der Gläubigen beim Begreifen ihres Glaubens. Je gesünder der Mensch ist, desto weniger Medizin braucht er. Nächste Woche wenden wir diese Ausführungen auf den Sedisvakantismus und auf die Krise der Priesterbruderschaft St. Pius X. an.

Kyrie eleison.

Sedisvakantisten-Angst – II.

Sedisvakantisten-Angst – II. on Februar 1, 2014

1) Entweder müssen wir die Konzilspäpste ganz anerkennen (wie die Liberalen – Gott bewahre), oder aber sie ganz zurückweisen (wie die Sedisvakantisten). Sie allerdings teilweise anzuerkennen und teilweise abzulehnen, bedeutet nach eigener Erkenntnis auszuwählen, wie das schon Luther tat und alle Häretiker es tun (aus dem Griechischen: „Auswähler“).

Das träfe zu, wenn wir nach eigenem Ermessen auswählen würden. Es trifft jedoch nicht zu, wenn wir, wie Erzbischof Lefebvre, in Übereinstimmung mit der katholischen Überlieferung urteilen, welche in den Kirchendokumenten von 2000 Jahren enthalten ist. Auf diese Weise beurteilen wir in Übereinstimmung mit 260 Päpsten gegenüber bloß sechs Konzilspäpsten. Doch dieser Mangel an Übereinstimmung beweist noch nicht die Ungültigkeit dieser sechs.

2) Aber die Konzilspäpste haben doch den Glauben vergiftet und das Seelenheil von Millionen und Abermillionen von Katholiken in Gefahr gebracht. Das steht im Widerspruch zum Dogma der Unvergänglichkeit der Kirche.

Während der Arianismus-Krise im 4. Jahrhundert gefährdete Papst Liberius den Glauben durch seine Verurteilung des Hl. Athanasius und durch seine Unterstützung der arianischen Bischöfe im Osten. Für ein paar Augenblicke im Leben der Kirche lag die kirchliche Unvergänglichkeit nicht mehr beim Papst, sondern bei seinem scheinbaren Gegner. Doch beraubte das weder Liberius seines Papstamtes, noch machte es Bischof Athanasius zum Papst. Auf ähnliche Weise ruht heute die Unvergänglichkeit der Kirche auf den gläubigen Nachfolgern jener Kirchenlinie, welche Erzbischof Lefebvre gefestigt hatte. Doch heißt das nicht, daß Paul VI. kein Papst gewesen wäre.

3) Wenn die Bischöfe der Weltkirche in Einheit mit dem Papst lehren, dann spricht das Ordentliche und Universelle Lehramt der Kirche, welches unfehlbar ist. Doch seit 50 Jahren lehren die Bischöfe der Welt in Einheit mit den Konzilspäpsten konziliaren Unsinn. Aus diesem Grunde können diese Päpste keine echten gewesen sein.

Stünde das ordentliche Lehramt der Kirche außerhalb der Überlieferung, so wäre es nicht mehr „ordentlich,“ sondern höchst außerordentlich, denn die Kirche kennt keine Neuerungen, und das Wort „universell“ umfaßt Raum und Zeit. Nun aber steht die konziliare Lehre weit außerhalb der Überlieferung (z.B. Kultfreiheit und Ökumenismus). Daher fällt die eigentliche Konzilslehre nicht unter das Ordentliche Allgemeine Lehramt, und sie kann also auch nicht als Beweis dafür herhalten, daß die Konzilspäpste keine Päpste wären.

4) Der Modernismus ist das „Sammelbecken aller Häresien“ (Hl. Pius X.) Die Konzilspäpste waren allesamt „öffentlich und augenscheinlich“ Modernisten, d.h. Häretiker in einer Form, worüber der Hl. Robert Bellarmin sagte, daß sie nicht Glieder der Kirche sein können, geschweige denn ihr Haupt.

Siehe „Eleison Kommentare“ von letzter Woche. Zu Zeiten des Hl. Bellarmin lagen die Dinge deutlich klarer, oder sagen wir „öffentlich und augenscheinlich,“ als in der heutigen Verwirrung der Gedanken und Herzen. Die objektive Häresie der Konzilspäpste (d.h. was sie sagen) ist zwar öffentlich und augenscheinlich, nicht jedoch ihre subjektive und formale Häresie (d.h. ihr bewußte und entschlossene Absicht zu leugnen, was sie als unveränderliches katholisches Dogma kennen). Den Nachweis ihrer formalen Häresie könnte nur eine Gegenüberstellung mit der kirchlichen Lehrautorität erbringen, z.B. die Heilige Inquisition oder das Heilige Offizium – nenne man es, wie man will („Was ist ein Name? Was uns Rose heißt, wie es auch hieße, würde lieblich duften,“ so Shakespeare). Jedoch ist der Papst als solcher die höchste Lehrautorität der Kirche und steht über und hinter der heutigen Glaubenskongregation. Wie könnte dann der Beweis erfolgen, daß er jene Form von Häretiker ist, welche unmöglich Oberhaupt der Kirche sein kann?

5) Dann befindet die Kirche sich in einem ausweglosen Durcheinander!

Erneut verweise ich auf die „Eleison Kommentare“ von letzter Woche. Das Denken der modernen Menschen ist so umfassend durcheinander, daß nur noch Gott allein diesen Saustall auszumisten vermag. Jedoch spricht dieser Einwand eher dafür, daß Gott eingreifen muß (und zwar bald!), als für die These, daß die durcheinandergebrachten Päpste keine Päpste seien. Haben wir Geduld. Gott unterzieht uns einer schweren Prüfung, und er hat alles Recht dazu.

Kyrie eleison.

Doktrinelle Erklärung – II.

Doktrinelle Erklärung – II. on Mai 4, 2013

Liebe Leser, erlauben Sie mir, auf den siebten Absatz der Doktrinellen Erklärung vom 15. April 2012 zurückzukommen. Zweck dieser Erklärung war ja nicht weniger als die Schaffung der Grundlage für alle künftigen Beziehungen zwischen der Priesterbruderschaft St. Pius X. und Rom. Nun nahm zwar am 13. (nicht am 11.) Juni 2013 Rom diese Erklärung nicht an, und inzwischen mag auch das Bruderschafts-Generalhaus sich von ihr distanziert haben, doch belegt die Erklärung nach wie vor, was dem Generalhaus alles zuzutrauen ist. Und dieser siebte Absatz der Erklärung ist ein kleines Meisterstück an Verwirrung. Vor vier Wochen erläuterte der „Eleison-Kommentar“ (Ausgabe ? 300 vom 13. April) diesen Absatz anhand einer zweifachen Unterscheidung. Genaugenommen wird ihm jedoch nur eine vierfache Unterscheidung gerecht. Hier ist nun der komplette siebte Absatz:

Erklärung III, 5: „Über die Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils und des nachkonziliaren Lehramtes bezüglich des Verhältnisses zwischen der Katholischen Kirche und den nichtkatholischen Bekenntnissen, und bezüglich der gesellschaftlichen Pflicht der Religion und dem Recht auf Religionsfreiheit, ist folgendes zu sagen: (1) Jene konziliaren Formulierungen, welche nur schwerlich mit den früheren Aussagen des kirchlichen Lehramtes zu vereinbaren sind, (2) müssen im Lichte der vollständigen und ununterbrochenen Tradition verstanden werden, (3) und zwar auf eine Weise, daß die Formulierungen stimmig mit den vom früheren Lehramt verkündeten Wahrheiten sind, (4) doch ist hierbei keine Deutung dieser Aussagen erlaubt, welche die (konziliare) katholische Lehre in einen Gegensatz zu, oder in einen Bruch mit der Tradition und jenem alten Lehramt bringen könnte.“

Die Numerierungen und Unterstreichungen stammen von mir, um die Hinterlist in diesem Absatz zu verdeutlichen. Beachten wir, wie (1) nicht mehr von problematischen tatsächlichen Konzilsaussagen spricht, sondern nur noch von problematischen „Formulierungen.“ Damit sind wir bereits von der objektiven Aussage von Worten abgekommen. Worte schweben sozusagen im Raum, je nach dem, wie sie subjektiv „verstanden“ (2) und „gedeutet“ (3) werden. Unser Verstand soll davon losgelöst werden, eine Sache beim Namen zu nennen. Es wird vorgespielt, es sei keine objektive Unmöglichkeit mehr, den konziliaren Unsinn mit dem katholischen Denken zu vereinbaren, sondern es sei lediglich subjektiv „schwierig,“ beide Seiten miteinander zu vereinbaren (sprich: schwierig nur für die verdunkelten Gehirne der rückwärtsgewandten Traditionskatholiken).

Beachten wir besonders das raffinierte, jedoch entscheidende Abgleiten des Ausdrucks (2) „im Lichte von“ hin zum Ausdruck (3) „auf eine Weise . . . stimmig mit.“ Denn wer die konziliaren Neuerungen wirklich „im Lichte der Tradition“ versteht, sieht, daß sie vollständig unvereinbar sind. Wer hingegen die Neuerungen „auf eine Weise . . . stimmig mit“ der Tradition versteht, gibt vor, daß diese Neuerungen doch auf irgendeine Weise in Einklang mit der Überlieferung gebracht werden könnten. Dadurch soll unser Verstand wieder zum Abgleiten gebracht werden, weil „im Lichte von“ und „auf eine Weise. stimmig mit“ eben nicht dieselbe Sache meinen. Freilich versichert dann Satzteil (4), daß jedes subjektive Verständnis der Neuerungen, welches sie mit der Tradition und dem uralten Lehramt zusammenprallen läßt, absolut abzulehnen sei.

Der Satzteil (2) mag also noch der „vollständigen und ununterbrochenen Tradition“ Anerkennung zollen, womit dieser Teil mit dem katholischen Denken vereinbar ist. Satzteil (3) hingegen bringt modernistischen Unsinn vor, und Teil (4) hämmert diesen Unsinn dann ein. Somit stellt der ganze Absatz eine höchst raffinierte und schrittweise Bewegung dar, welche von einem Schatten der Wahrheit ausgehend direkt in den Irrtum namens „Hermeneutik der Kontinuität“ mündet. Diese entspricht genau dem Wahn von Alice im Wunderland, wo Humpty Dumpty hinausposaunt: „Was Worte meinen oder nicht, bestimme ich.“

Gott allein weiß, wer diesen siebten Absatz verfaßt hat. Vielleicht war es nicht der Generalobere der Bruderschaft. Doch wenn wir den Absatz, so wie er lautet, genau untersuchen, so müssen wir sagen, daß er so konstruiert ist, die Seelen von der katholischen Wahrheit zum konziliaren Irrtum hinüberzuführen. Der Absatz läßt sozusagen die Worte tanzen – so wie Häretiker sie tanzen lassen. Doch Häretiker, welche Worte tanzen lassen, verführen die Seelen dazu, den wahren Glauben zu verlieren und in die Hölle zu rutschen. Wer immer diesen siebten Absatz der Doktrinellen Erklärung zu verantworten hat, den soll der Kirchenbann treffen!

Kyrie eleison.

Doktrinelle Erklärung – I.

Doktrinelle Erklärung – I. on April 13, 2013

Am 15. April des letzten Jahres erstellte der Generalobere der Priesterbruderschaft St. Pius X. eine sogenannte Doktrinelle Erklärung als Grundlage für die Wiedereingliederung der Bruderschaft in die Amtskirche. Fast ein Jahr später ist diese Erklärung nun in der Öffentlichkeit aufgetaucht. Der Generalobere legte sein Dokument so an, daß es sowohl den Konzilsrömern als auch den Traditionalisten gefallen sollte (öffentlich sagte er über seine Erklärung: „Sie kann mit dunkel getönter oder mit rosaroter Brille gelesen werden.“) Sie gefiel den Römern, welche feststellten, daß die Erklärung einen „Fortschritt“ in ihre Richtung darstellte. Hingegen gefiel sie den Traditionalisten nicht, weil diese in ihr (soweit sie sie kannten) genug Doppeldeutigkeiten fanden, um die Erklärung als einen Verrat am Kampf Erzbischof Lefebvres für den wahren Glauben zu sehen – und zwar ein Verrat dergestalt, daß die Römer diese Erklärung nur hätten akzeptieren müssen, um seine Bruderschaft zu zerstören.

Als der Generalobere am 11. Juni 2012 die Römer traf, um ihre Entscheidung entgegenzunehmen, ging er herzigerweise davon aus, daß sie seine Erklärung akzeptieren würden. Daß die Römer die Erklärung dann doch nicht akzeptierten, erklärten zahlreiche Beobachter mit der dazwischengekommenen Veröffentlichung des Briefes der drei Bruderschaftsbischöfe an den Generaloberen vom 7. April 2012. Laut den Beobachtern habe dieser Brief die Römern gewarnt, daß der Generalobere nicht in der Lage sei, die vollständige Bruderschaft in den Schoß der Konzilskirche zu führen, so wie er zuvor es ihnen zu verstehen gegeben haben dürfte, und so wie sie es von ihm gewünscht hatten. Die Konzilsrömer wollten und wollen keine weitere Abspaltung, wodurch die Tradition nur wieder von vorne begänne.

Wie dem auch sei, müssen wir uns in diesen wenigen Zeilen hier auf ein Hauptargument konzentrieren, welches beweist, daß Rom die Bruderschaft zerstört hätte, wenn sie nur die vom Generaloberen vorgeschlagene Doktrinelle Erklärung angenommen hätte. Erzbischof Lefebvre bewies, daß das Zweite Vatikanum ein Bruch bzw. eine Entzweiung mit der früheren kirchlichen Lehre war. Aus dieser Annahme entstand und auf ihr fußt die traditionskatholische Bewegung. Benedikt XVI. – mit dem andauernden Widerstand dieser Bewegung gegen sein geliebtes Zweites Vatikanum konfrontiert – verkündete zu Beginn seines Pontifikates im Jahre 2005 die sogenannte „Hermeneutik der Kontinuität.“ Nach dieser müsse dort, wo das Konzil der Tradition (objektiv) widerspricht, dieses (subjektiv) so gedeutet werden, daß der Widerspruch wegfalle. Auf diese Weise verschwände der Bruch bzw. die Entzweiung zwischen Konzil und katholischer Tradition.

Betrachten wir nun den siebten Absatz (III,5) der Doktrinellen Erklärung. Er besagt, daß jene Konzilsaussagen, welche nur schwer mit den früheren kirchlichen Lehraussagen zu vereinbaren sind, (1) „so im Lichte der vollständigen und ununterbrochenen Tradition verstanden werden müssen, daß sie im Einklang mit den vom früheren Lehramt verkündeten Wahrheiten stehen, (2) doch ohne eine Deutung dieser Aussagen zu akzeptieren, welche dazu führen könnte, daß die katholische Lehre in eine Gegenposition oder in einen Bruch zur Tradition und jenem Lehramt gerate.“

Der erste Teil (1) ist durchaus richtig, insofern er bedeutet, daß jede „nur schwer zu vereinbarende“ konziliare Neuerung im Falle eines objektiven Widerspruchs zur früheren kirchlichen Lehre geradeheraus abgelehnt wird. Allerdings widerspricht der zweite Teil (2) direkt dem auf diese Weise verstandenen ersten Teil, insofern Teil zwei behauptet, daß keine konziliare Neuerung auf eine Weise „gedeutet“ werden darf, die im Bruch zur Tradition steht. Das ist vergleichbar mit der folgenden Behauptung: Alle Fußballmannschaften müssen blaue Hemden tragen, und all die andersfarbigen Fußballhemden müssen eben derart gedeutet werden, daß sie einfach blau darstellen. Was für ein Unsinn! Doch genau das besagt die „Hermeneutik der Kontinuität.“

Verstehen die in der letzten, weltweit organisierten Glaubensfestung aushaltenden Soldaten noch das Denken ihres Feldherrn? Erkennen sie, daß seine feierliche Erklärung der Bruderschaftslehre beweist, daß er wie ein Anführer des Feindes denkt? Möchten sie wirklich dazu geführt werden, so wie die Glaubensfeinde zu denken? Alle Vorstellungen müssen katholisch sein, während alle nichtkatholische Vorstellungen eben als katholisch „gedeutet“ werden müssen? Wacht auf, Kameraden! Im Hauptquartier herrscht die Denkweise des Feindes.

Kyrie eleison.

Würdelose Menschenwürde

Würdelose Menschenwürde on März 16, 2013

Eine Leserin brach eine Lanze für die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Kultfreiheit, auch Religionsfreiheit genannt. Selbst wenn die „Eleison Kommentare“ dieses Thema schon öfter behandelten, ist es lohnenswert, ihre Argumente durchzugehen, denn die heutigen Katholiken sollten dringend die Falschheit dieser Lehre begreifen. Das Konzil lehrte in seiner Erklärung über die Religionsfreiheit ( Dignitatis Humanae ) im Abschnitt 2, daß alle Menschen, wenn sie privat oder öffentlich ihrem Glauben entsprechend handeln, frei sein müssen von irgendeinem Zwang durch andere Menschen oder Menschengruppen. Darüberhinaus müsse jeder Menschenstaat dieses Naturrecht in seiner Verfassung oder seinem Bürgerrecht verankern.

Im Gegensatz dazu lehrte die katholische Kirche beständig bis zum Zweiten Vatikanum, daß jeder Staat – als Verkörperung von Gottes bürgerlicher Autorität über Gottes menschliche Geschöpfe – als Staat verpflichtet ist, diese Autorität zum Schutze und zur Förderung von Gottes einer und wahrer Kirche auszuüben, welche die katholische Kirche des menschgewordenen Gottes, unseres Herrn Jesus Christus, ist. Nicht-katholische Staaten werden daher offensichtlich mehr für ihren Mangel an Glauben verurteilt werden, denn dafür, daß sie diesem Glauben keinen bürgerlichen Schutz einräumten. Zudem dürfen katholische Staaten von ihrem Recht, das öffentliche Ausüben von falschen Religionen zu verbieten, absehen, wenn ein solches Verbot für die Seelenrettung eher abträglich denn nützlich sein sollte. Doch das Prinzip bleibt bestehen, wonach Gottes Staaten Gottes wahre Religion begünstigen und schützen müssen.

Die konziliare Lehre bedeutet in Wirklichkeit, entweder daß die Staaten nicht von Gott sind, oder daß es keine eine und wahre Religion Gottes gibt. In jedem Fall befreit diese Konzilslehre den Staat vorbehaltlos von Gott und stellt somit die Freiheit des Menschen über die Rechte Gottes, oder einfacher gesagt den Menschen über Gott. Aus diesem Grunde nannte Erzbischof Lefebvre die Konzilslehre gotteslästerlich. Und daran ändert auch der Hinweis nichts, daß es andere Abschnitte in Dignitatis Humanae gibt, welche der katholischen Lehre entsprechen. Bereits der eine vom Eisberg verursachte Riß brachte die Titanic zum Sinken. Auf ähnliche Weise genügt schon Abschnitt 2 von Dignitatis Humanae, um die katholische Lehre zu versenken. Betrachten wir kurz die Argumente der Leserin, welche die Konzilslehre verteidigt:

1) „Dignitatis Humanae (kurz DH) ist Teil des ordentlichen Lehramtes (Magisterium), welches ernstgenommen werden muß.“

Zwar stammt DH von den Kirchen-Magistern, d.h. -Lehrern, aber nicht vom unfehlbaren Lehramt, weil DH der überlieferten Lehre der Kirche widerspricht, wie oben gezeigt.

2) „DH verdeutlicht lediglich die Menschenrechte, welche durch das Naturrecht gewährt werden.“

Das Naturrecht ordnet die Rechte des Menschen unter die Rechte Gottes ein, nicht über sie.

3) „DH verneint keinesfalls das katholische Muster für die Beziehung zwischen Kirche und Staat.“

Durchaus verneint DH dieses Muster. Abschnitt 2 befreit den Staat von seiner innewohnende Verpflichtung gegenüber der einen und wahren Kirche.

4) „DH wurde im Zusammenhang der modernen Welt geschrieben, wo jeder an die Menschenrechte glaubt.“

Seit wann muß die Kirche der Welt angepaßt werden, anstatt die Welt an die Kirche?

5) „DH lehrt jedoch nicht, daß der Mensch ein Recht auf Irrtum habe.“

Indem DH vom Staate Gottes verlangt, ein Bürgerrecht auf die öffentliche Ausübung von falschen Religionen zu gewähren, verlangt DH tatsächlich von Gott ein Recht auf Irrtum.

6) „DH ist ein Gesuch an die modernen Regierungen, wenigstens einen halben Laib zu gewähren, anstatt gar kein Brot.“

Die wahre katholische Glaubenslehre ist so logisch und folgerichtig aufgebaut, daß bereits die Aufgabe eines Teiles von ihr gleichbedeutend ist mit der Aufgabe der gesamten Lehre. Und welches Schaf kann sich retten, indem es sich selber dem Wolf anbietet?

7) „Katholiken dürfen sich nicht aus der modernen Welt zurückziehen in ein lehrmäßiges Ghetto.“

Um die Rechte Gottes aufrechtzuerhalten und seine Ehre zu schützen, müssen Katholiken stets das tun, was sie zu tun haben, und dorthin gehen, wo sie hingehen müssen. Wenn dies zum Martyrium führt, so geschehe es.

Kyrie eleison.

Neuer Ärger, Di Noia

Neuer Ärger, Di Noia on Februar 16, 2013

Vor zwei Monaten schrieb der Vizepräsident der päpstlichen Kommission Ecclesia Dei in Rom, Erzbischof Di Noia, einen mehrseitigen Brief an den Generaloberen der Priesterbruderschaft St. Pius X. und an all ihre Priester. Der Vatikansprecher Hw. Lombardi nannte den Brief einen „persönlichen Appell.“ Schon viele Kommentatoren gingen auf den Brief ein, welcher im Internet erhältlich ist. Er stellt sicherlich den jüngsten Versuch Roms dar, die Bruderschaft gefügig zu machen und ihrem 40jährigen Widerstand gegen die konziliare Revolution ein Ende zu setzen. Schon im Oktober 2011 sagte Bischof de Galarreta, daß, selbst wenn die Bruderschaft Roms Angebote ablehne, so doch Rom immer wieder darauf zurückkommen werde. Eben das bestätigen wir. Betrachten wir nun, was Erzbischof Di Noia in seinem Brief zu sagen hat, welchen er mit den Worten einleitet „Eure Exzellenz und liebe Priesterbrüder von der Priesterbruderschaft St. Pius X.“:—

Zuerst erfolgt eine Mahnung des Erzbischofs an die Bruderschaftsoberen, namentlich an Hw. Schmidberger, Hw. Pfluger und Bischof Fellay (in dieser Reihenfolge), weil ihre rom-kritischen Interviews in Frage stellen würden, daß die Bruderschaft überhaupt eine Versöhnung mit Rom wünsche. Weil außerdem die Lehrunterschiede zwischen Rom und der Bruderschaft so unlösbar seien wie eh und je, werde daher ein neuer Ansatz verfolgt, die Konzentration auf die Einheit.

Der Erzbischof fährt fort, daß die kirchliche Einheit durch vier Laster behindert und durch die vier gegenteiligen Tugenden gefördert werde: durch Demut, Milde, Geduld und Nächstenliebe. Kirchenspalter seien Feinde Gottes, und allein die Liebe genüge. Hinweg also mit der „harten und unproduktiven Rhetorik,“ so der Tenor. Die Bruderschaft möge mit ihrem eigenen Charisma fortfahren, Priester auszubilden – Priester allerdings, welche fügsam gegenüber dem offiziellen Lehramt sind, welche den Glauben anstatt Rhetorik predigen und welche theologische Probleme nicht vor dem ungeschulten Laienvolk klären, sondern mit den fachkundigen und zuständigen Behörden in Rom. Und der Papst sei der oberste Richter solcher schwierigen Fragen. Schlußendlich wolle Benedikt XVI. die Versöhnung. Verbitterung müsse geheilt werden. Mit den Worten unseres Herrn: „Mögen sie eins sein.“ (Ende des erzbischöflichen Briefes.)

Beachten wir nebenbei, wie dieser Erzbischof in einer für die modernen Menschen und für die Modernisten typischen Weise die grundsätzliche Frage der Glaubenslehre ausklammert. Doch das eigentlich Interessante an diesem Brief ist etwas anderes: Wie hätte der Erzbischof wagen können, seinen Brief ohne Absprache mit dem Generalhaus der Bruderschaft an alle ihre Priester zu senden? Vielmehr war ihm das Generalhaus dienlich, indem es den Brief an alle seine Priester weiterleitete. Dies ist ein weiterer Hinweis von vielen, daß vor der Öffentlichkeit verborgene Kontakte zwischen Rom und dem Bruderschafts-Generalhaus in Menzingen stattfinden. Die Schlüsselfrage lautet allerdings, welchen Beweggrund das Generalhaus haben konnte, dem modernistischen Erzbischof so einen bevorzugten und gefährlichen Zugang zu all den Bruderschaftspriestern zu gewähren. Möchte das Generalhaus, daß sie ebenfalls Modernisten werden? Vermutlich nicht. Aber es kann durchaus wünschen, Rom zu helfen beim Marsch in die „Versöhnung.“

Durch die bloße Weitergabe des erzbischöflichen Liebes-Appells an die Priester erreicht das Generalhaus, daß diese süße Botschaft alle Priester erreicht, ohne daß jemand das Generalhaus beschuldigen könnte, weich geworden zu sein. Im Gegenteil wird der römische Brief diese Priester alle glauben machen, wie nett die Römer seien. Zwar gibt es den erwähnten sanften Tadel an die Bruderschaftsoberen – daß diese nicht so nett seien –, allerdings dient dieser doch insbesondere der Demonstration, wie fest die Oberen in der Glaubensverteidigung stünden. Vor allen Dingen war der Brief ein Versuchsballon, um die Reaktion der Priester zu erkunden. Wie denken diese darüber? Sowohl Rom als auch Menzingen müssen ermitteln können, an welchem Punkt sie mit der „Versöhnung“ voranschreiten können, so daß diese mit einer großen Mehrheit der Priester erfolgt, anstatt zu viele Priester zu entfremden, welche dann einen organisierten Widerstand gegen die Neue Weltordnung fortsetzen würden.

Liebe Bruderschaftspriester, wenn Sie nicht bei lebendigem Leibe vom „Rom der Neuen Ordnung“ geschluckt werden wollen, so möchte ich auf schonende Weise empfehlen, daß Sie reagieren. Informieren Sie Ihre Oberen – so diskret wie Sie wünschen, aber in aller Deutlichkeit –, daß Sie nichts, aber auch gar nichts mit dem konziliaren Rom zu tun haben wollen, bevor es nicht eindeutig das Konzil aufgibt.

Kyrie eleison.