Einheit

GREC – II.

GREC – II. on März 9, 2013

Bevor wir mit der Geschichte des GREC fortfahren – jene Pariser Gruppe von Laien und Klerikern, welche seit den späten 1990er-Jahren die Vereinigung zwischen dem Zweiten Vatikanum und der katholischen Tradition anstrebt –, betrachten wir die Grundhaltung der GREC-Teilnehmer. Die Zukunft der Kirche hängt von jenen Katholiken ab, welche den Denkfehler der GREC-Gruppe begreifen, d.h. wie die modernen Menschen den Bezug zur Wahrheit verlieren. Um diese Haltung zu illustrieren, werden wir vier Abschnitte betrachten – willkürlich aus dem Buch Für die notwendige Versöhnung des Neukirchenpriesters Hw. Michel Lelong entnommen –, welche für dutzende anderer Stellen im Buch typisch sind. Die ersten beiden Zitate stammen aus einem Brief, den Hw. Lelong, einer der Gründer vom GREC, im Juli 2008 an den Papst schrieb:—

„Auch wir wünschen uns die Aufhebung der Exkommunikationen (der vier Bischöfe der Priesterbruderschaft St. Pius X. im Jahre 1988) , und daß die Priesterbruderschaft ihren Platz in der Kirche wiedererlange, der sie so viel zu geben hat. Darum bitten wir die Bruderschaftsoberen, ihre streitlustigen Aussagen und Schriftstücke einzustellen, die den Heiligen Stuhl kritisieren.“ Kommentar: (Ist dies in den letzten zehn Jahren nicht geschehen?) Aber wenn Streitlust wirklich ein solches Übel ist, warum war dann eine ganze Reihe von Kirchenvätern – und Erzbischof Lefebvre – so streitlustig? Streitlust ist nur dann so schlecht, wenn die Einheit so gut ist. Doch die Einheit ist nur in dem Maße gut wie das ihr zugrundeliegende, einigende Element.

„In unserer Gesellschaft, die versucht wird von Materialismus, Indifferentismus und Sektierertum, sollten alle Katholiken gemeinsam bemüht sein, Ihrer Bitte, Hl. Vater, zu entsprechen und Christi Empfehlung zu folgen: »Sie sollen eins sein, damit die Welt glaube.«“ Kommentar: „Geeint“ durch was? Geeint durch die katholische Wahrheit – oder durch die Lüge, wonach katholische Wahrheit vereinbar sei mit dem Zweiten Vatikanum? Dann ist die erste und entscheidende Frage für die katholische Einheit, wo wir denn die katholische Wahrheit finden. GREC hingegen überläßt diese Fragen der Wahrheit den „Theologen.“ Können also Nicht-Theologen sogar durch Lügen gerettet werden?

Nun nahm Benedikt XVI. diesen Brief von Hw. Lelong so wohlgefällig auf, daß die Leiter und einige Befürworter der GREC-Gruppe einige Monate später erneut an ihn schrieben. Es folgen zwei weitere Zitate aus diesem zweiten Brief an den Papst:—

„Gewiß waren wir betrübt, daß die Bruderschaftsoberen die neulich vom Heiligen Stuhl gemachten Angebote nicht angenommen haben. Doch sind wir uns im klaren, daß das Heilen von Wunden unter Katholiken immer Großmut und Geduld braucht, um das Vertrauen auf beiden Seiten wieder zu festigen und Versöhnung möglich zu machen.“ Kommentar: Können denn Wunden nur heilen, aber niemals zugefügt werden? Gebrauchte nicht unser Herr selber zweimal die Peitsche auf die Rücken der Geldverleiher im Tempel? Es gibt einen Gott, dessen Ehre vor allem zu verteidigen ist. Im Gegenteil können die Menschen so schlecht sein, daß sie nur noch den Peitschenhieb verstehen – sei er nun körperlicher oder verbaler Natur.

„Wir denken, daß die Aufhebung der Exkommunikationen einen unwiderstehlichen Prozeß des Sich-näher-Kommens in Gang setzen würde, der in einer Übereinkunft des Heiligen Stuhls mit der Priesterbruderschaft münden könnte oder wenigstens mit einem großen Teil der Bruderschaftskleriker und -gläubigen.“ Kommentar: Tatsächlich brachten die freundschaftlichen Kontakte zwischen Rom und der Bruderschaft im Januar 2009 einen solchen Prozeß in Gang. Nur ein gewisser Ausbruch der schrecklichsten Häresie der Neuzeit – des „Antisemitismus“ – mitten aus der Bruderschaft lähmte diesen Prozeß. Doch entweder ist eine katholische Versöhnung mit dem Zweiten Vatikanum kein Problem, oder aber die göttliche Vorsehung bewirkte den erwähnten „Ausbruch,“ denn er verhinderte – wenigstens für eine Weile – die falsche Versöhnung.

Abschließend sehen wir, daß die GREC-Gruppe, wie Millionen von modernen Katholiken, insbesondere die Einheit, Nicht-Streitlust, Versöhnung, Übereinkunft usw. sucht. Doch wo unter all diesen süßen Gefühlsduseleien spielt der Gott der Wahrheit eine Rolle? Ist er nur ein Zucker-Papi, welcher die Lügen der Menschheit absegnet, so lange sie nur einmütig lügen?

Kyrie eleison.

Neuer Ärger, Di Noia

Neuer Ärger, Di Noia on Februar 16, 2013

Vor zwei Monaten schrieb der Vizepräsident der päpstlichen Kommission Ecclesia Dei in Rom, Erzbischof Di Noia, einen mehrseitigen Brief an den Generaloberen der Priesterbruderschaft St. Pius X. und an all ihre Priester. Der Vatikansprecher Hw. Lombardi nannte den Brief einen „persönlichen Appell.“ Schon viele Kommentatoren gingen auf den Brief ein, welcher im Internet erhältlich ist. Er stellt sicherlich den jüngsten Versuch Roms dar, die Bruderschaft gefügig zu machen und ihrem 40jährigen Widerstand gegen die konziliare Revolution ein Ende zu setzen. Schon im Oktober 2011 sagte Bischof de Galarreta, daß, selbst wenn die Bruderschaft Roms Angebote ablehne, so doch Rom immer wieder darauf zurückkommen werde. Eben das bestätigen wir. Betrachten wir nun, was Erzbischof Di Noia in seinem Brief zu sagen hat, welchen er mit den Worten einleitet „Eure Exzellenz und liebe Priesterbrüder von der Priesterbruderschaft St. Pius X.“:—

Zuerst erfolgt eine Mahnung des Erzbischofs an die Bruderschaftsoberen, namentlich an Hw. Schmidberger, Hw. Pfluger und Bischof Fellay (in dieser Reihenfolge), weil ihre rom-kritischen Interviews in Frage stellen würden, daß die Bruderschaft überhaupt eine Versöhnung mit Rom wünsche. Weil außerdem die Lehrunterschiede zwischen Rom und der Bruderschaft so unlösbar seien wie eh und je, werde daher ein neuer Ansatz verfolgt, die Konzentration auf die Einheit.

Der Erzbischof fährt fort, daß die kirchliche Einheit durch vier Laster behindert und durch die vier gegenteiligen Tugenden gefördert werde: durch Demut, Milde, Geduld und Nächstenliebe. Kirchenspalter seien Feinde Gottes, und allein die Liebe genüge. Hinweg also mit der „harten und unproduktiven Rhetorik,“ so der Tenor. Die Bruderschaft möge mit ihrem eigenen Charisma fortfahren, Priester auszubilden – Priester allerdings, welche fügsam gegenüber dem offiziellen Lehramt sind, welche den Glauben anstatt Rhetorik predigen und welche theologische Probleme nicht vor dem ungeschulten Laienvolk klären, sondern mit den fachkundigen und zuständigen Behörden in Rom. Und der Papst sei der oberste Richter solcher schwierigen Fragen. Schlußendlich wolle Benedikt XVI. die Versöhnung. Verbitterung müsse geheilt werden. Mit den Worten unseres Herrn: „Mögen sie eins sein.“ (Ende des erzbischöflichen Briefes.)

Beachten wir nebenbei, wie dieser Erzbischof in einer für die modernen Menschen und für die Modernisten typischen Weise die grundsätzliche Frage der Glaubenslehre ausklammert. Doch das eigentlich Interessante an diesem Brief ist etwas anderes: Wie hätte der Erzbischof wagen können, seinen Brief ohne Absprache mit dem Generalhaus der Bruderschaft an alle ihre Priester zu senden? Vielmehr war ihm das Generalhaus dienlich, indem es den Brief an alle seine Priester weiterleitete. Dies ist ein weiterer Hinweis von vielen, daß vor der Öffentlichkeit verborgene Kontakte zwischen Rom und dem Bruderschafts-Generalhaus in Menzingen stattfinden. Die Schlüsselfrage lautet allerdings, welchen Beweggrund das Generalhaus haben konnte, dem modernistischen Erzbischof so einen bevorzugten und gefährlichen Zugang zu all den Bruderschaftspriestern zu gewähren. Möchte das Generalhaus, daß sie ebenfalls Modernisten werden? Vermutlich nicht. Aber es kann durchaus wünschen, Rom zu helfen beim Marsch in die „Versöhnung.“

Durch die bloße Weitergabe des erzbischöflichen Liebes-Appells an die Priester erreicht das Generalhaus, daß diese süße Botschaft alle Priester erreicht, ohne daß jemand das Generalhaus beschuldigen könnte, weich geworden zu sein. Im Gegenteil wird der römische Brief diese Priester alle glauben machen, wie nett die Römer seien. Zwar gibt es den erwähnten sanften Tadel an die Bruderschaftsoberen – daß diese nicht so nett seien –, allerdings dient dieser doch insbesondere der Demonstration, wie fest die Oberen in der Glaubensverteidigung stünden. Vor allen Dingen war der Brief ein Versuchsballon, um die Reaktion der Priester zu erkunden. Wie denken diese darüber? Sowohl Rom als auch Menzingen müssen ermitteln können, an welchem Punkt sie mit der „Versöhnung“ voranschreiten können, so daß diese mit einer großen Mehrheit der Priester erfolgt, anstatt zu viele Priester zu entfremden, welche dann einen organisierten Widerstand gegen die Neue Weltordnung fortsetzen würden.

Liebe Bruderschaftspriester, wenn Sie nicht bei lebendigem Leibe vom „Rom der Neuen Ordnung“ geschluckt werden wollen, so möchte ich auf schonende Weise empfehlen, daß Sie reagieren. Informieren Sie Ihre Oberen – so diskret wie Sie wünschen, aber in aller Deutlichkeit –, daß Sie nichts, aber auch gar nichts mit dem konziliaren Rom zu tun haben wollen, bevor es nicht eindeutig das Konzil aufgibt.

Kyrie eleison.

Und jetzt?

Und jetzt? on November 3, 2012

Nach der Meldung von letzter Woche über den Ausschluß eines der vier Bischöfe der Priesterbruderschaft St. Pius X. erreichten mich viele elektronische Unterstützer- und Ermutigungs-Briefe. Jedem einzelnen von Ihnen sei dafür Dank gesagt. Eine so ernsthafte Spaltung der Bruderschaftsbischöfe ist gewiß eine große Schande, doch hat Gott Gründe für ihre Zulassung. Offensichtlich verstehen viele von Ihnen, daß der Glaube über der Einheit steht. Nicht Spaltung, sondern der Verlust des Glaubens ist das größte Übel (siehe Erster Korintherbrief 11,19 und Erster Johannesbrief 2,19). Momentan sehe ich erst die Grundzüge der weiteren Entwicklung des titanischen Krieges zwischen den Freunden und den Feinden des Glaubens. Daher möchte ich auf drei beliebte Zitate Erzbischof Lefebvres zurückgreifen, welche auch noch heute gelten.

Erstens: „Wir müssen der göttlichen Vorsehung folgen, aber nicht versuchen, sie zu lenken.“ Gemäß der Weisheit „Die Liebe hofft alles“ (Erster Korintherbrief 13,7) könnte also der Priesterbruderschaft noch eine kurze Zeitspanne zur Korrektur gewährt sein, bevor sie abgeschrieben werden muß wie all jene Traditionsgruppen, welche zum Feind übergelaufen sind. Aus diesem Grund schrieb ich letzte Woche, daß die Priester der Bruderschaft sich unauffällig verhalten und die Entwicklung abwarten dürfen, und die Laien die Messen der Bruderschaft weiterhin besuchen können, doch daß beide Gruppen wachsam sein müssen (Matthäus 26,41) bezüglich Glaubenswidersprüchen und nachlassender Moral in der Bruderschaft. Die Versuchung wird darin liegen, Bequemlichkeit und Gewohnheit der anstehenden Bedrängnis und Unruhe vorzuziehen – so wie das tausende von Priestern und Millionen von Laien nach dem Zweiten Vatikanum taten und dann am Ende den Glauben verloren. Zwar dürfen wir warten, bis die Vorsehung uns den rechten Weg nach vorne aufzeigt, doch dürfen wir nicht den Glauben verlieren.

Zweitens: „Gut Ding will Weile haben.“ Das heißt, der Aufbau von etwas Solidem braucht seine Zeit. Wir mögen vielleicht in Eile sein, Gott jedoch nicht. Auch Erzbischof Lefebvre nahm sich Zeit, seine Bruderschaft aufzubauen. Obwohl das Zweite Vatikanum seine Teufelei im Jahre 1965 abschloß, dauerte es noch ganze elf Jahre, bevor die erste größere Zahl an Priestern aus dem ersten Seminar von Erzbischof Lefebvre hervorging. Der Erzbischof hatte es also nicht eilig.

Drittens: „Das Gute lärmt nicht und Lärm ist nicht gut.“ Die heutige Öffentlichkeit ist durch und durch vergiftet. Der Versuch, ein großes Publikum an modernen Menschen zu erreichen, birgt die große Gefahr, daß am Ende „der Schwanz mit dem Hund wedelt“ – d.h., daß am Ende das Publikum die Botschaft und sogar den Boten mit seiner eigenen Verdorbenheit ansteckt. Der Erzbischof wandte sich kaum an die Medien, jedoch rannten sie ihm hinterher, weil seine Botschaft nicht verbiegbar war. Das zeigt, wie „der Sieg, der die Welt überwindet“ unser Glaube ist (Erster Johannesbrief 5,4), und nicht der Lärm, den wir auf der öffentlichen Bühne machen.

Zusammengefaßt denke ich, daß die Situation des heutigen katholischen Widerstands kein überstürztes Handeln braucht, sondern ein durchdachtes Abwägen von Menschen und Ereignissen verlangt, bis der Wille Gottes deutlicher erkennbar ist. Wenn ich mich nicht irre, so sieht Gott ein loses Netzwerk an Widerstandsnestern vor, welche um die Hl. Messe sich gruppieren und frei miteinander in Kontakt stehen – welche aber auf die Struktur des falschen Gehorsams verzichten, welcher ja in den 1960er-Jahren die Amtskirche untergehen ließ und heute die Priesterbruderschaft St. Pius X. versinken läßt. Wenn Sie dem Gesagten zustimmen, so schicken Sie ruhig Spenden an die St. Marcel Initiative, welche gewiß hilfreich sein werden – vielleicht schneller als ich annehme. Sobald meine Situation in England gefestigt ist, stelle ich meinen bischöflichen Charakter allen zur Verfügung, welche davon weisen Gebrauch zu machen wissen werden.

In den USA können Sie Papierschecks an die St. Marcel Initiative ausstellen und senden an:

St. Marcel Initiative, P.O.Box 764, Carrollton, VA 23314, USA. Spenden per Kreditkarte, Bankkarte oder Banküberweisungen können Sie auf der Internet-Seite www.stmarcelinitiative.com durchführen. Wie Sie von der britischen und der Eurozone aus Beträge spenden wollen, wird bekanntgegeben, sobald die Einzelheiten verfügbar sind.

Kyrie eleison.

Herumdrehbare Erklärung

Herumdrehbare Erklärung on September 22, 2012

Nicht alles vom Generalkapitel der Priesterbruderschaft St. Pius X., welches im Juli in der Schweiz abgehalten wurde, mag katastrophal gewesen sein. Doch von seinen beiden offiziellen Ergebnissen zeigt das erste namens „Die sechs Bedingungen“ eine „besorgniserregende Schwäche“ (siehe Eleison-Kommentar 268 vom 1. September), und auch das zweite Ergebnis in Gestalt einer abschließenden „Erklärung“ läßt viel zu wünschen übrig. Eine möglichst kurze Zusammenfassung der Erklärung in zehn Paragraphen lautet wie folgt:

1) Wir danken Gott für die 42 Jahre Existenz der Priesterbruderschaft. 2) Wir haben nach der jüngsten Krise nun wieder unsere Einheit gefunden (echt?), 3) um unseren Glauben zu bekennen 4) an die Kirche, an den Papst und an den Christkönig. 5) Wir halten uns an das beständige Lehramt der Kirche, 6) und an ihre beständige Tradition, 7) in Verbundenheit mit allen unter Verfolgung leidenden Katholiken. 8) Wir rufen die Allerseligste Jungfrau Maria, 9) den Heiligen Erzengel Michael und 10) den Heiligen Papst Pius X. um Hilfe an.

Dieser Erklärung mangelt es gewiß nicht an Frömmigkeit, von welcher der Hl. Paulus sagt, daß sie zu allem nützlich ist (Erster Timotheusbrief 4,8). Gegenüber seinen beiden Jüngern Timotheus und Titus unterstreicht der Hl. Paulus allerdings ständig die Notwendigkeit der Doktrin, d.h. der Glaubenslehre, weil diese das Fundament wahrer Frömmigkeit ist. In der Erklärung des Generalkapitels fällt allerdings ausgerechnet die Doktrin leider recht dürftig aus. Anstatt die lehrmäßigen Irrtümer des Zweiten Vatikanischen Konzils, welche ja die Kirche seit 50 Jahren verwüsten, zu verdammen, enthält die Erklärung in ihren doktrinal stärksten Paragraphen 5 und 6 nur eine zaghafte Verurteilung dieser Irrtümer, begleitet von einem Tribut an das unveränderliche Lehramt (§5) und an die Tradition (§6) der Kirche. Dieser Tribut erfolgt zwar zurecht, schafft dabei aber ein Argument, welches von den Konziliaristen allzu leicht herumgedreht werden kann. Betrachten wir, wie einfach das geht:

Paragraph 5 legt dar, daß die Neuerungen des Zweiten Vatikanum „mit Fehlern befleckt“ sind, während das beständige Lehramt „ununterbrochen“ andauert: „Das Magisterium gibt durch seine Lehrakte das geoffenbarte Glaubensgut in vollständigem Übereinstimmung mit allem, was die universelle Kirche immer und an allen Orten geglaubt hat, weiter.“ Das deutet darauf hin, daß Rom das Zweite Vatikanum in die Reinigung geben sollte, um die Flecken zu entfernen. Doch die Römer können auf diesen Satz der Erklärung antworten: „Die Formulierung des Generalkapitels über die Kontinuität des Lehramtes ist absolut bewundernswert! Doch jenes Lehramt sind wir Römer, und wir stellen fest, daß das Zweite Vatikanum keine schmutzigen Flecken hat.“

Ähnlich beim Paragraph 6, welcher in der Erklärung lautet: „Die beständige Tradition der Kirche gibt jenen Lehrbestand, welcher zur Aufrechterhaltung des Glaubens und zur Rettung der Seelen notwendig ist, jetzt und bis ans Ende der Zeit weiter.“ Somit müssen also die kirchlichen Autoritäten zur Tradition zurückkehren. Doch die Römer können darauf antworten: „Die Formulierung des Generalkapitels über die Weitergabe des Glaubens durch die Tradition ist absolut bewundernswert! Doch die Hüter dieser Tradition sind wir Römer, und wir stellen durch die Hermeneutik der Kontinuität fest, daß das Zweite Vatikanum die Tradition nicht unterbricht, sondern fortführt. Das Generalkapitel irrt gewaltig mit der Annahme, daß wir zur Tradition zurückkehren müßten.“

Beachten wir den starken Kontrast zwischen dieser Erklärung und der Grundsatzerklärung des Erzbischof Lefebvre vom 21. November 1974, wo er einen wuchtigen und unherumdrehbaren Angriff auf die Irrtümer des Zweiten Vatikanum ausführt. In dieser Grundsatzsatzerklärung schrieb der Erzbischof, daß das Konzilsrom nicht das katholische Rom ist, weil die konziliare Reform folgendes ist: „naturalistisch, teilhardistisch, liberal und protestantisch . . . völlig vergiftet. Sie stammt aus der Häresie und führt zur Häresie,“ usw. Die Schlußfolgerung des Erzbischofs ist eine kategorische Weigerung, irgendetwas mit Neurom zu schaffen zu haben, weil es überhaupt nicht das wahre Rom ist.

Vergleichen Sie im Internet die zwei Erklärungen miteinander und entscheiden dann, welche von beiden untrüglich den Trompetenschall zum notwendigen Kampfe erklingen läßt (Erster Korintherbrief 14,8). Man darf sich fragen, wieviele Teilnehmer des Generalkapitels vom Jahre 2012 haben wohl jemals studiert, was Erzbischof Lefebvre sagte, und warum er es sagte?

Kyrie eleison.

„Rebellisch und entzweiend“

„Rebellisch und entzweiend“ on September 15, 2012

Das Johannesevangelium erteilt uns heute im siebten Kapitel eine besondere Lektion: Wer sind die wahren und wer die scheinbaren Rebellen gegen die Obrigkeit? Wer spaltet das Volk Gottes nur scheinbar und wer entzweit es wirklich? Die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen. Wir tun gut daran, folgende Weisung zu beherzigen: „Urteilt nicht nach dem Äußeren, sondern nach Gerechtigkeit fällt Euer Urteil“ (Johannes 7,24).

Dieses Kapitel des Johannes berichtet über die letzte Zeit des irdischen Lebens unseres Herrn. Die Juden trachten danach, ihn zu töten (Vers 1), aber nichtsdestotrotz zieht Unser Herr nach Jerusalem weiter und lehrt im Tempel (Vers 14). Die Volksmenge ist jetzt bereits gespalten (Vers 12), so daß als Folge seiner Lehren ein Teil der Menschenmenge (Vers 40) in ihm den Propheten erkennt (von Deuteronomium 18,15–19). Ein anderer Teil der Menge hingegen (Vers 41–42) verweigert ihm, weil er aus Galiläa stammt, diese Anerkennung. So herrscht in der Volksmenge dann Entzweiung und Streit. Eine solche Entzweiung an sich ist tadelnswert, und somit lautet die Frage: Wer ist daran schuld? Sicherlich nicht unser Herr, welcher lediglich die Doktrin seines himmlischen Vaters lehrt (Vers 16–17). Gewiß auch nicht jener Teil des Volkes, der die göttliche Lehre annahm. Eindeutig liegt die Schuld für die Entzweiung bei den Tempeloberen und bei jenem Teil der Volksmenge, welcher die Wahrheit ablehnte.

Auf ähnliche Weise entzweite Erzbischof Lefebvre in den 1970er und 1980er Jahren die Katholiken durch sein Lehren und Praktizieren der katholischen Tradition. Doch welcher Katholik, der sich heute traditionell zu sein rühmt, gibt dem Erzbischof die Schuld an dieser Entzweiung? Sicherlich war der Grund für die Kirchenspaltung weder beim Erzbischof zu suchen, noch bei jenen, die ihm nachfolgten. Sondern die Hauptschuld lag bei den Kirchenautoritäten, welche die wahre Religion verdrehten – genau wie die Tempeloberen zur Zeit unseres Herrn. Immer und immer wieder bat der Erzbischof die Kirchenoberen eindringlich, „in Gerechtigkeit ein Urteil zu fällen,“ indem er sie mit dem Hauptproblem konfrontierte, also mit ihrem konziliaren Ehebruch mit der modernen Welt. Bis heute verweigern sie sich dieser Konfrontation. Immer und immer wieder lautet ihre einzige Antwort: „Gehorsam!,“ „Einheit!.“ Weist denn nicht dieser völlige Mangel an Argumenten bezüglich dieser grundlegenden Wahrheitsfragen darauf hin, daß diese Kirchenoberen die eigentlichen wahren Rebellen und Spalter der Kirche sind?

Entzweiung an sich ist keine gute Sache, und doch wußten unser Herr und auch Erzbischof Lefebvre genau, daß ihrem Lehren eine Entzweiung folgen würde. Warum fuhren sie dann überhaupt damit fort? Weil die Seelen mit einer Entzweiung (vergleiche Lukas 12,51–53), aber nicht ohne die Wahrheit gerettet werden können. Wenn religiöse Autoritäten das Volk in die Irre führen – und der Teufel bearbeitet sie besonders hart, weil er um ihre Macht weiß, viele Seelen irreführen zu können –, dann muß die Wahrheit verkündet werden, um die Menschen wieder auf den Weg zum Himmel zurückzuführen, selbst wenn diese Verkündung eine Entzweiung verursacht. Insofern steht also die Wahrheit über der Autorität und Einigkeit.

Wo ist nun im Jahre 2012 die Wahrheit? Ist denn die Aussage, daß das Zweite Vatikanum eine Katastrophe für die Kirche darstellt, wahr oder falsch? Die Kirchenautoritäten, welche Assisi III und die „Seligsprechung“ von Johannes Paul II. uns bescherten, hängen immer noch am Vatikanum II – ist diese Aussage wahr oder falsch? Wenn also die Priesterbruderschaft St. Pius X. eben diesen römischen Autoritäten sich unterstellt, so werden diese ihre gesamte Geltung und die von der Bruderschaft selber ihnen übergebene Macht über sie verwenden, den Widerstand der Priesterbruderschaft gegen das Zweite Vatikanum aufzulösen – wahr oder falsch? Somit läuft die Bruderschaft ernsthaft Gefahr, ihren noch vorhandenen Willen, dieser römischen Geltung und Macht zu widerstehen, langsam aber sicher zu verlieren – wahr oder falsch? Wie die Römer sagen: „Rom hat Zeit.“

Wenn wir also „nicht nach dem Äußeren urteilen, sondern nach Gerechtigkeit unser Urteil fällen,“ wer in der Priesterbruderschaft „entzweit“ wirklich? Und wer sind die wahren „Rebellen gegen die Autoritäten“? Sind das jene, welche das Risiko einer Vermischung von katholischer Wahrheit und konziliarem Irrtum tadeln, oder vielmehr jene, welche diese Vermischung fördern?

Kyrie eleison.