Erzbischof Marcel Lefebvre

Benedikts Ökumenismus – V.

Benedikts Ökumenismus – V. on Mai 19, 2012

Die umfassende Erörterung eines Themas erfolgt besser in mehreren Abschnitten. So behandelten auch die „Eleison Kommentare“ (EC) über mehrere Wochen verteilt „Benedikts Ökumenismus.“ Falls manche Leser wegen der Unterbrechungen den Diskussionsfaden verloren haben sollten, möchten wir nun die bisherige Argumentationslinie zusammenfassen:

EC 241 legte einige Grundlagen dar: Die katholische Kirche ist ein organisches Ganzes, und wer aus ihrem Glauben herauszupicken oder auszuwählen beginnt, ist ein „Auswähler,“ d.h. (aus dem Griechischen) Häretiker. Trägt dieser nun einen Teil des katholischen Glaubens aus der Kirche hinaus, so ist dieser Teil nicht mehr der bisherige. Das ist vergleichbar mit der Elektrolyse, wo der vom Wasser herausgelöste Sauerstoff aufhört, Teil der Flüssigkeit zu sein und zu Gas wird. Der Konzilsökumenismus behauptet zwar, daß manche Glaubenswahrheiten von Katholiken wie Nicht-Katholiken gemeinsam geglaubt würden, aber tatsächlich kann schon die einfache Aussage „Ich glaube an Gott“ etwas völlig anderes bedeuten, wenn sie in ein protestantisches oder katholisches Glaubenssystem, d.h. Glaubensbekenntnis, eingeflochten wird.

Der EC 247 benutzte einen anderen Vergleich, um aufzuzeigen, daß die aus dem katholischen Ganzen herausgenommenen Teile nicht mehr dieselben Teile bleiben. Während z.B. Goldmünzen aus einem Münzstapel herausgenommen werden können und außerhalb des Stapels immer noch Goldmünzen bleiben, so wird ein von einem lebenden Baum abgeschnittener Zweig etwas völlig anderes: er wird zu totem Holz. Die Kirche gleicht hierbei stärker dem lebenden Baum als den Münzen, denn unser Herr selber verglich seine Kirche mit einem Weinstock. Tatsächlich sagte der Heiland sogar, daß jeder von diesem Weinstock abgeschnittene Zweig ins Feuer geworfen und verbrennen wird (siehe Johannes 15,6. Interessanterweise ist kein lebender Zweig so fruchtbringend wie eine Weinrebe, während umgekehrt nichts so nutzlos ist wie abgestorbenes Rebenholz). Deswegen bleiben entgegen der Behauptung des Ökumenismus die von der katholischen Kirche abgetrennten Teile nicht länger katholisch.

EC 249 zeigte, wie die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils diese falschen Ideen des Ökumenismus förderten. Bereits EC 248 hatte vor der berüchtigten Doppeldeutigkeit der Konzilsdokumente gewarnt und als Beispiel angeführt, wie das Dokument Dei Verbum (Abschnitt 8) dem falschen Begriff der Modernisten namens „lebendige Tradition“ Tür und Tor öffnete. EC 249 präsentierte sodann drei für den Ökumenismus der Modernisten entscheidende Konzilstexte. So suggeriert Lumen Gentium (Abschnitt 8), daß die „wahre“ Kirche Jesu Christi weiter gefaßt sei als die „enge“ katholische Kirche. Und Unitatis Redintegratio (Abschnitt 3) unterstellt, daß die Kirche erstens aus „Elementen“ oder Teilen bestehe, die sowohl außerhalb als auch innerhalb der Kirche vorhanden seien (wie Münzen in und außerhalb eines Stapels), und zweitens daß diese Elemente deswegen innerhalb oder außerhalb der Kirche der Rettung der Seelen dienen würden.

Schließlich ging EC 251 speziell auf den Ökumenismus Benedikts XVI. ein. Die in Wolfgang Schülers Buch Benedikt der XVI. und das Selbstverständnis der katholischen Kirche vorgestellten Zitate des Hw. Ratzinger belegten, daß der junge Theologe Ratzinger in den 1960er-Jahren völlig die These von der Kirche als „goldene Münzen in und außerhalb des Münzstapels“ vertrat. Weitere Zitate zeigten, daß der ältere Ratzinger als Kardinal und Papst dann beständig versuchte, die Waage zu halten zwischen der Kirche als Stapel von Münzen einerseits und als ein organisches Ganzes andererseits. Doch wie Dr. Schüler richtig argumentiert, zeigt genau diese Gratwanderung des Joseph Ratzinger, daß die Hälfte von ihm immer noch an die Kirche als Münzstapel glaubt.

Insofern keine Leser direkte Zitate von Joseph Ratzinger wünschen, die belegen, daß sie hier weder verdreht noch aus dem Zusammenhang gerissen wurden, wird der letzte EC dieser Reihe mit einer Anwendung der Lektionen auf die Situation von Erzbischof Lefebvres Priesterbruderschaft St. Pius X. ausklingen: Einerseits ist die Priesterbruderschaft Teil des wahren katholischen Ganzen, welches „eins, heilig, katholisch und apostolisch“ ist. Andererseits sollte die Bruderschaft tunlichst vermeiden, selber zu einem Teil des kranken konziliaren Ganzen zu werden. Denn der gesunde Zweig, der auf das kranke konziliare Gewächs aufgepfropft wird, würde sich unbedingt die konziliare Erkrankung holen. Nie im Leben könnte ein bloßer Zweig die konziliare Seuche heilen.

Kyrie eleison.

Glaubenszerstörer

Glaubenszerstörer on Mai 12, 2012

Würde Rom der Priesterbruderschaft St. Pius X. ein allen ihren Wünschen entsprechendes Angebot unterbreiten, warum sollte sie dann trotzdem verweigern? Offensichtlich glauben immer noch mehrere Katholiken, daß das Angebot einer praktischen Übereinkunft, welches allen praktischen Forderungen der Bruderschaft genügen würde, wirklich angenommen werden könnte. Warum also sollte so ein Angebot nicht akzeptiert werden? Weil Erzbischof Lefebvre die Bruderschaft nicht um ihretwillen gründete, sondern zur Bewahrung des katholischen Glaubens, den das Zweite Vatikanischen Konzil wie nie zuvor in der ganzen Kirchengeschichte gefährdet. Betrachten wir genauer, warum einerseits die Behörden der Neukirche nach einem praktischen Abkommen mit der Bruderschaft streben, während andererseits die Priesterbruderschaft es ablehnen muß.

Der Grund für die Ablehnung eines solchen Angebots lautet: Weil die Neukirche subjektivistisch ist, und somit jedes rein praktische Abkommen voraussetzt, daß der Subjektivismus wahr sei. Die neue Konzilsreligion betrachtet Glaubensdogmen nicht als objektive Wahrheiten, sondern als Symbole subjektiver Bedürfnisse (vergleiche päpstliches Lehrschreiben Pascendi 11–13,21). Das folgende Beispiel möge diese konziliare Sichtweise demonstrieren: Wenn die Überzeugung, daß Gott Mensch geworden ist, meine psychologische Unsicherheit besänftigen kann, so ist die Menschwerdung Gottes für mich wahr – im einzig möglichen Sinn des Wortes „wahr.“ Wenn nach dieser Sichtweise also die Traditionalisten ihr Bedürfnis nach der alten Religion haben, so ist diese Religion für sie wahr (und es ist sogar bewundernswert, wie stark sie an ihrer Wahrheit hängen). Doch der Gerechtigkeit halber müssen diese Traditionalisten auch uns Römern unsere konziliare Wahrheit lassen. Wenn sie dieses Zugeständnis nicht machen können, dann sind sie unerträglich arrogant und intolerant, weswegen wir nicht erlauben können, daß sie eine solche Entzweiung in unsere Konzilskirche der „Liebe, Liebe, über alles“ hineintragen.

Deswegen wäre das neo-modernistische Rom mit einem praktischen Abkommen glücklich, durch welches die Bruderschaft ihren radikalen Anspruch auf Allgemeingültigkeit und Verbindlichkeit „ihrer“ Wahrheiten – wenigstens stillschweigend – aufgäbe. Im Gegensatz dazu kann die Priesterbruderschaft mit keinerlei Abkommen von Subjektivisten zufrieden sein, denn der Abschluß eines solchen würde entgegen allen Worten zeigen, daß sie in der Tat die Objektivität „ihrer“ Religion aus 20 Jahrhunderten aufgäben. Denn von „ihrer“ Religion kann gar nicht die Rede sein. Sobald ich mit Subjektivisten übereinkomme, kann ich nicht mehr auf Objektivität bestehen. Bestehe ich hingegen auf Objektivität, so kann ich kein Übereinkommen mit Subjektivisten akzeptieren – außer sie schwören ihrem Subjektivismus ab.

Doch das werden die Römer leider nicht tun. Im Gegenteil unterstrichen sie kürzlich ihr selbstgerechtes Beharren auf ihrer neuen Religion mittels eines Dokumentes namens „Hinweis zu den Schlußfolgerungen der kanonischen Visitation des Institutes vom Guten Hirten“ in Frankreich. Einige Leser werden sich daran erinnern, daß dieses Institut neben anderen nach dem Konzil gegründet wurde, um den traditionellen Katholizismus unter Aufsicht der römischen Behörden zu praktizieren. Rom kann ruhig einige Jahre warten – bis der Fisch sozusagen fest am Haken hängt –, bevor es dann zugreift:

Der „Hinweis“ verlangt die Aufnahme des Zweiten Vatikanischen Konzils und des Konzilskatechismus aus dem Jahre 1992 in die Studiengänge des Instituts. Somit muß das Institut von nun an die „Hermeneutik von Erneuerung in Kontinuität“ behaupten und darf nicht mehr länger die Tridentinische Messe als seinen „ausschließlichen“ Meßritus bezeichnen. Zudem muß das Institut mit einem „Geist der Gemeinschaft“ am offiziellen Diözesanleben teilnehmen. Anders gesagt muß das Institut aufhören, traditionell zu sein, um zur Neukirche gehören zu dürfen. Doch was hatte das Institut denn anderes erwartet? Es müßte wieder dem Zugriff der Neukirchen-Behörden entfliehen, um die Tradition bewahren zu können. Doch wie wahrscheinlich ist das jetzt noch? Das Institut hat vom konziliaren Ungetüm verschluckt werden wollen – und wird nun verdaut.

Warum um Himmels Willen sollte es der Priesterbruderschaft St. Pius X. anders ergehen? Vielleicht wird die römische Versuchung diesesmal von der Bruderschaft zurückgewiesen, aber machen wir uns nichts vor: Die Subjektivisten werden immer und immer wieder kommen, um die objektive Wahrheit und den objektiven Glauben abzustreifen, die ihrem kriminellen Unsinn ein beständiger Vorwurf sind.

Kyrie eleison.

Benedikts Ökumenismus – III.

Benedikts Ökumenismus – III. on April 21, 2012

Vor zwei Wochen versprachen die „Eleison Kommentare“ einen Blick auf drei Zitate des Zweiten Vatikanum zu werfen, die eine entscheidende Rolle bei der Auflösung der Kirche Jesus Christi, welche die katholische Kirche ist, gespielt haben. Vor einer Woche warnten dann die „Eleison Kommentare“ vor der Doppeldeutigkeit der Konzilsdokumente, wodurch diese jeweils auf eine Weise gedeutet werden können, als ob nichts Verkehrtes ihnen anhafte. Doch nur eine der jeweils beiden Deutungen ist harmlos, während die andere Deutung für die katholische Kirche tödlich ist – wie die letzten vierzig Jahre bewiesen haben.

Das erste Zitat ist aus dem Konzilsdokument Lumen Gentium, Abschnitt 8: „Diese Kirche Christi . . . in dieser Welt als Gesellschaft verfaßt und geordnet, subsistiert (ist verwirklicht) in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird.“ Was bedeutet nun dieses Wort „subsistiert“ bzw. im lateinischen Original „subsistit in“? Die Doppeldeutigkeit besteht darin, daß der Begriff einerseits meinen kann, daß die Kirche Christi hauptsächlich und ausschließlich in der römisch-katholischen Kirche existiert, was die Kirche bis zum Zweiten Vatikanum immer lehrte. Andererseits kann der Begriff aber auch meinen, daß die Kirche hauptsächlich, jedoch nicht alleine in der römisch-katholischen Kirche existiert, womit die Kirche Christi teilweise auch außerhalb der römisch-katholischen Kirche existiere n würde. Diese Deutung ist der Türöffner für den konziliaren Ökumenismus, und sie zerstört den immerwährenden dogmatischen Anspruch der katholischen Kirche, daß sie die ausschließliche Arche des Heils ist: „Extra ecclesiam nulla salus,“ zu deutsch: „Außerhalb der Kirche kein Heil.“

Nun besagt allerdings ein weiteres Dogma, daß die Kirche eins ist. In jeder Hl. Sonntagsmesse hören oder singen wir, daß wir an „die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“ glauben. Wie also könnte die Kirche Christi in verschiedene, mehr oder weniger kirchenähnliche Gemeinschaften aufgeteilt sein? Wenn die Kirche eins ist, kann sie nicht aus mehreren Teilen bestehen. Und besteht sie aus mehreren Teilen, so kann sie nicht eins sein. In seinem Buch Benedikt der XVI. und das Selbstverständnis der katholischen Kirche bringt Dr. Wolfgang Schüler mehrere Zitate von Joseph Ratzinger, die belegen, wie Ratzinger als junger Theologe begeistert das Zerstören des Ausschließlichkeits-Anspruches der katholischen Kirche gefördert hatte, während er als Kardinal und Papst sich gleichzeitig bemühte, das Einssein der Kirche hochzuhalten.

Das zweite Zitat stammt aus Unitatis Redintegratio, Abschnitt 3: „Hinzu kommt, daß einige, ja sogar viele und bedeutende Elemente oder Güter, aus denen insgesamt die Kirche erbaut wird und ihr Leben gewinnt, auch außerhalb der sichtbaren Grenzen der katholischen Kirche existieren können . . .” Die offensichtliche Bedeutung dieser Worte lautet: So wie Goldmünzen einerseits einen Münzstapel ausmachen und andererseits auch außerhalb des Stapels als Goldmünzen bestehen können, so können auch kirchliche Elemente und Güter – das Konzil nannte unter anderem „Glaube, Hoffnung, Liebe und andere Gaben des Heiligen Geistes“ – außerhalb der katholischen Kirche als bestehend erkannt werden. Unser Herr Jesus Christus sagte hingegen, daß die von seinem Weinstock abgeschnittenen Reben verwelken und absterben (Johannes 15,6). Was sollte sein Weinstock anderes sein als seine Kirche?

Das dritte Zitat kurz danach in Unitatis Redintegratio, Abschnitt 3, zieht die logische Schlußfolgerung: „Ebenso sind diese getrennten Kirchen und Gemeinschaften trotz der Mängel, die ihnen nach unserem Glauben anhaften, nicht ohne Bedeutung und Gewicht im Geheimnis des Heiles. Denn der Geist Christi hat sich gewürdigt, sie als Mittel des Heiles zu gebrauchen . . .” Hingegen sagte Erzbischof Lefebvre: „Keine von der katholischen Kirche getrennte Gemeinschaft kann die Unterstützung des Heiligen Geistes genießen, weil ihre Trennung einen Widerstand gegen den Heiligen Geist bedeutet. Er kann in direkter Weise nur auf jene Seelen einwirken, und er kann nur jene Mittel direkt verwenden, die kein Zeichen der Trennung tragen.“

Das Zweite Vatikanum mißverstand die Kirche im wesentlichen. Demnächst betrachten wir mit Hilfe Dr. Schülers, wie Benedikt XVI. auf dieses Mißverständnis sowohl bremsend als auch beschleunigend einwirkte.

Kyrie eleison.

Konziliare Doppeldeutigkeit

Konziliare Doppeldeutigkeit on April 14, 2012

Stellen Sie sich einen starken und gut bewaffneten Fußsoldaten vor, welcher bei der hitzigen Verfolgung des Feindes plötzlich in Treibsand gerät. Genau so ergeht es dem tapferen Katholiken, welcher mit der Wahrheit bewaffnet es wagt, die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils zu kritisieren. Denn diese stellen einen Treibsand an Doppeldeutigkeiten dar. Für diesen Zweck wurden sie auch gemacht. Wäre die Religion des Menschen durch die Konzilsdokumente offen proklamiert worden, so hätten die Konzilsväter sie mit Entsetzen abgelehnt. Aber die neue Religion wurde gekonnt verschleiert, indem die Konzilsdokumente so angelegt wurden, daß sie zwei Auslegungen erlauben. Betrachten wir ein klares und höchst wichtiges Beispiel.

Der Abschnitt 8 des Konzilsdokuments Dei Verbum enthält eine Erklärung über die Tradition, also über die Überlieferung. Johannes Paul II. benutzte sie, um Erzbischof Lefebvre im Jahre 1988 zu verurteilen. Dieser Abschnitt lautet wie folgt: „a) Die apostolische Überlieferung kennt in der Kirche unter dem Beistand des Heiligen Geistes einen Fortschritt. b) Es wächst das Verständnis der überlieferten Dinge und Worte: c) durch das Nachsinnen und Studium der Gläubigen, die sie in ihrem Herzen erwägen; d) durch innere Einsicht, die aus geistlicher Erfahrung stammt; e) durch die Verkündigung derer, die mit der Nachfolge im Bischofsamt das sichere Charisma der Wahrheit empfangen haben.“

Die wahre katholische Überlieferung ist radikal objektiv. So wie der gesunde Menschenverstand sagt, daß die Wirklichkeit objektiv ist – d.h. daß Gegenstände außerhalb von uns und unabhängig von irgendeinem Subjekt genau so sind, wie sie sind (egal was ein Subjekt vorgeben mag, wie diese Gegenstände seien) –, so lehrt auch die wahre Kirche, daß die katholische Überlieferung von Gott stammt und von Gott gemacht ist und daß kein menschliches Wesen auch nur einen Jota an dieser Überlieferung ändern kann. Somit lautet also die katholische Auslegung des vorhin zitierten Konzilsdokuments wie folgt: „a) Im Laufe der Zeit schreiten die Katholiken beim Erfassen der unveränderlichen Wahrheiten des Glaubens voran. b) Katholiken verstehen diese Wahrheiten somit auf tiefsinnigere Weise: c) durch Betrachtung und Studium der Wahrheiten; d) durch ein tieferes Eindringen in diese Wahrheiten; e) durch die Bischöfe, die frische Aspekte der gleichen Wahrheiten predigen.“ Diese Auslegung ist völlig katholisch, weil sie besagt, daß jede Veränderung in den Menschen – die sich im Laufe der Zeit tatsächlich verändern – stattfindet, wohingegen keine Änderung stattfindet in den geoffenbarten Wahrheiten, welche den Glaubensschatz, auch Tradition genannt, ausmachen.

Doch betrachten wir nun, wie derselbe Abschnitt aus Dei Verbum subjektiv, anstatt objektiv gelesen werden kann, wodurch der Inhalt selbst der Wahrheiten von den subjektiven Katholiken abhängig wird und sich mit ihnen verändert: „a) Die katholische Wahrheit lebt und wächst im Laufe der Zeit, weil b) die lebendigen Katholiken Einsichten in diese Wahrheit haben, welche die vergangenen Katholiken niemals erreichten; und weil c) diese lebendigen Katholiken in ihren Herzen und somit in sich selber neu erwachsene Wahrheiten entdecken. d) Diese sind Früchte ihrer inneren spirituellen Erfahrung. Auch wächst e) die katholische Wahrheit, wenn Bischöfe früher unbekannte Dinge predigen, weil die Bischöfe gar nicht die Unwahrheit (!) sagen können.“ (Anders formuliert: „Suchen Sie sich eine Religion nach Belieben aus, wenn Sie nur beten, spenden und uns Modernisten folgen.“)

Kommen wir nun zum großen Problem des doppeldeutigen Konzils: Wenn wir an diesem Abschnitt aus Dei Verbum kritisieren, daß er den Modernismus fördert, so werden konservative Katholiken (die im Grunde nur ihren Glauben an glaubenslose Kirchenmänner konservieren) sofort antworten, daß die wahre Bedeutung des Textes der überlieferten Auslegung entspricht, die wir im dritten Absatz zitierten. Als aber Johannes Paul II. in seinem apostolischen Schreiben Ecclesia Dei Adflicta diesen Abschnitt aus Dei Verbum benutzte, um Erzbischof Lefebvre und seine Bischofsweihen von 1988 zu verurteilen, konnte Johannes-Paul II. den Text ausschließlich im modernistischen Sinn benutzt haben. Solche Handlungen sprechen eine deutlich stärkere Sprache als irgendwelche Worte.

Liebe Leser, gehen Sie diesen Konzilstext und die beiden Auslegungen solange durch, bis Sie die teuflische Doppeldeutigkeit jenes elenden Konzils erfaßt haben.

Kyrie eleison.

Große Gefahr

Große Gefahr on März 31, 2012

Einige Priester der Priesterbruderschaft St. Pius X. wünschen eine praktische Vereinbarung mit den kirchlichen Autoritäten ohne Einigung in der Glaubenslehre. Dieser Wunsch scheint eine wiederkehrende Versuchung darzustellen. Seit Jahren lehnt der Generalobere Bischof Fellay diese Idee ab. Doch am 2. Februar 2012 sagte er in Winona, daß Rom bereit sei, die Bruderschaft so zu akzeptieren wie sie ist, und „all ihre Anforderungen . . . auf der praktischen Ebene“ anzunehmen. Also scheint Rom die gleiche Versuchung noch einmal vorzulegen.

Die jüngsten Nachrichten aus Rom werden viele Leser bereits kennen: Wenn nur der Vatikan keine Spielchen mit der Bruderschaft treibt, so verlautbarte er am letzten Freitag, dem 16. März 2012, daß Bischof Fellays Antwort vom Januar dieses Jahres auf die doktrinäre Präambel des Vatikan vom letzten September „nicht genügt, um die Glaubensprobleme zu überwinden, welche dem Zerwürfnis zwischen dem Heiligen Stuhl und der Priesterbruderschaft zugrundeliegen.“ Der Vatikan gibt der Bruderschaft einen Monat lang Zeit, ihre „Position zu erläutern“ und „einen Bruch mit schmerzlichen und unabsehbaren Folgen“ zu vermeiden.

Doch was würde passieren, wenn Rom plötzlich aufhören sollte, auf der Akzeptanz des Konzils und der Neuen Messe zu beharren? Was wäre also, wenn Rom plötzlich sagen würde: „Wir haben darüber nachgedacht und sind einverstanden: Kommen Sie auf jene Weise zurück in die Kirche, wie Sie darum baten. Wir werden Ihnen die Freiheit geben, einerseits das Konzil so stark zu kritisieren, wie Sie wollen, und andererseits ausschließlich die Tridentinische Messe zu feiern. Doch kommen Sie endlich in die Kirche zurück!“ Das könnte ein sehr schlauer Schachzug von Seiten Roms sein. Denn wie könnte die Bruderschaft sich dann noch weigern, ein solches Angebot anzunehmen, ohne daß sie widersprüchlich und geradezu undankbar zu sein schiene? Trotzdem müßte um des Überlebens Willen die Bruderschaft auf dieses Angebot verzichten. Um des Überlebens Willen? Starke Worte. Doch betrachten wir einen Kommentar des Erzbischofs in dieser Angelegenheit.

Am 5. Mai 1988 unterzeichnete Erzbischof Lefebvre mit dem damaligen Kardinal Ratzinger zusammen das Protokoll – genauer: den vorläufigen Entwurf – einer praktischen Vereinbarung zwischen Rom und der Priesterbruderschaft. Doch schon am 6. Mai zog der Erzbischof seine – vorläufige – Unterschrift wieder zurück. Am 13. Juni 1988 sagte er: „Mit dem Protokoll vom 5. Mai wären wir bald zugrundegegangen. Wir hätten kein Jahr überleben können. Denn jetzt ist die Bruderschaft geeint. Mit diesem Protokoll allerdings hätten wir notwendigerweise Treffen mit den Römern arrangieren müssen, es hätte eine Spaltung innerhalb der Bruderschaft gegeben und überhaupt alles wäre ein Grund für Abspaltungen geworden “ (Hervorhebung hinzugefügt). „Durch unsere Vereinigung mit Rom wären uns vielleicht schon neue Berufungen zugeflossen. Doch hätten diese neuen Berufungen keine Uneinigkeit mit Rom geduldet und also hätte es Spaltungen gegeben. Mit der jetzigen Haltung jedoch werden Berufungen zuerst einmal gesiebt, bevor sie uns erreichen“ (das gilt nach wie vor für die Priesterbruderschafts-Seminare).

Doch warum hätte es Spaltungen geben sollen (wobei die sich bekriegenden Berufungen nur ein Beispiel von zahllosen anderen sein würden)? Weil logischerweise die praktische Übereinkunft vom 5. Mai 1988 auf einer grundsätzlichen Uneinigkeit in der Glaubenslehre zwischen der Religion Gottes und der Menschenreligion gefußt hätte. Der Erzbischof fuhr fort: „Die Römer zerren uns zum Konzil hinüber . . . während unsere Seite doch die Bruderschaft und die Tradition dadurch bewahrt, daß sie auf vorsichtige Weise zu den Römern Distanz hält “ (Hervorhebung hinzugefügt). Doch warum suchte der Erzbischof dann anfangs überhaupt ein Abkommen? Er fuhr fort: „Wir haben uns redlich bemüht, die Tradition innerhalb der Amtskirche aufrechtzuerhalten. Es stellte sich heraus, daß das unmöglich war. Die Römer haben sich nicht verändert, außer zum Schlechteren.“

Haben die Römer sich seit 1988 geändert? Viele werden sagen: sie sind sogar noch schlechter geworden.

Kyrie eleison.

Antwort auf den Offenen Brief von Msgr. Nicola Bux

Antwort auf den Offenen Brief von Msgr. Nicola Bux on März 24, 2012

London, den 22. März 2012

Monsignore,

In Ihrem offenen Brief vom 19. März 2012 an Bischof Fellay und alle Priester der Priesterbruderschaft St. Pius X. appellieren Sie an uns, das aufrichtige und warmherzige Angebot der Versöhnung zu akzeptieren, welches Papst Benedikt XVI. der Bruderschaft zur Heilung der langjährigen Kluft zwischen Rom und der Priesterbruderschaft unterbreitete. Als einer der von Ihnen angesprochenen Priester möchte ich die Gelegenheit ergreifen, Ihnen darzulegen, wie meiner Ansicht nach der „große Kirchenmann“ Erzbischof Lefebvre geantwortet hätte.

Ihr Brief beginnt mit dem Aufruf, „um der Einheit Willen jedes Opfer zu erbringen.“ Allerdings ist wahre katholische Einheit ohne den wahren katholischen Glauben unmöglich. Der große Erzbischof erbrachte jedes Opfer für eine Einheit auf dem Fundament der wahren Glaubenslehre. Doch leider bewiesen die Glaubensgespräche der Jahre 2009 bis 2011, daß die Kluft in der Glaubenslehre zwischen dem Rom des Zweiten Vatikanums und der Priesterbruderschaft St. Pius X. so tief ist wie eh und je.

Sie bezeichneten diese Kluft am 19. März lediglich als „verbleibende Ratlosigkeiten“ und als „Punkte, die vertieft und im Einzelnen behandelt werden sollen.“ Kardinal Levada hingegen sagte noch am 16. März 2012 kategorisch, daß die Haltung von Bischof Fellay vom 12. Januar 2012 „ungenügend ist zur Überwindung der dogmatischen Probleme.“ Bischof Fellay merkte schon einmal an, wie unterschiedlich die Haltungen der verschiedenen römischen Kirchenmänner sein können. Nun mag ihre Einheit aussehen wie sie will, doch eine Einheit auf Kosten der Glaubenstreue wäre mit Sicherheit eine treulose Einheit.

Natürlich ist die Kirche, wie Sie sagen, eine Institution mit einem göttlichen und einem menschlichen Teil. Selbstverständlich ist der göttliche Teil der Kirche unfehlbar und somit kann die Kirche schlußendlich nicht scheitern – d.h. eines Tages wird die Kirchenverdunklung wieder dem Lichte weichen. Allerdings muß man Ihre Ansicht nicht teilen, wenn Sie sagen, daß die Morgendämmerung bereits beginne. Denn das Rom des Zweiten Vatikanum strahlt jenen wahren Glauben der Kirche, den die Priesterbruderschaft in den Glaubensgesprächen hochhielt, nicht aus. Folglich wäre die Bruderschaft in diesem Konzilsrom nicht in Sicherheit. Auch könnte sie selber kein Licht mehr ausstrahlen, wenn sie die konziliare Finsternis annähme.

Zwar steht die Aufrichtigkeit des päpstlichen Wunsches, die Priesterbruderschaft wieder in die „volle kirchliche Gemeinschaft“ aufzunehmen – untermauert durch eine Reihe von Gesten guten Willens – außer Zweifel, aber ein „gemeinsames Bekenntnis des Glaubens“ zwischen der Priesterbruderschaft St. Pius X. und den Konzilsgläubigen ist schlicht unmöglich – außer wenn die Bruderschaft von dem Glauben abfiele, welchen sie bei den Gesprächen verteidigte. Wenn die Bruderschaft zu so einem Glaubensverrat „Verhüte es Gott!“ sagt, so wird ihre Stimme dabei nicht erstickt, sondern überall auf der Welt gehört, und sie trägt für die Kirche katholische Früchte, welche heute eher die große Ausnahme als die Regel sind.

Gewiß ist nun „der geeignete Zeitpunkt“ und „die Zeit reif“ für eine Lösung im Überlebenskampf von Kirche und Welt. Doch diese Lösung, von der wir sprechen, wird von unserer himmlischen Mutter Maria schon lange verlangt und diese Lösung hängt einzig und allein vom Heiligen Vater ab. Als Unser Herr seiner Mutter diese Lösung in die Hände legte, sagte sie, daß allein diese Lösung hinreichend sei. Unser Herr könnte also gar keine andere Lösung zulassen, ohne seine Mutter als Lügner abzustempeln. Undenkbar!

Diese Lösung ist seit langem bekannt. Der Himmel hätte die Welt nicht einer solchen Not wie jener der letzten 100 Jahre überlassen können, ohne gleichzeitig eine solche Abhilfe anzubieten, wie jene, die der Prophet Elisäus dem syrischen General Naaman für dessen Leprakrankheit übermittelte. Menschlich gesehen schien damals das Bad des Generals im Jordan lächerlich zu sein, aber niemand konnte sagen, daß es unmöglich war. Das Bad setzte lediglich ein gewisses Maß an Glauben und Demut voraus. Der heidnische General brachte genug Glauben und Vertrauen in den Diener Gottes auf, um dem Willen des Himmels zu genügen, und wurde natürlich auf der Stelle geheilt.

Möge der Heilige Vater genügend Glaube und Vertrauen in die Verheißung der himmlischen Mutter aufbringen! Möge er den „geeigneten Zeitpunkt“ endlich als gekommen erkennen, bevor die gesamte Weltwirtschaft in Trümmern liegt und bevor es den Wahnsinnigen gelingt, den Dritten Weltkrieg im Mittleren Osten zu beginnen! Wir bitten und flehen den Papst an, daß er die Kirche und die Welt retten möge, indem er die Forderung der Muttergottes erfüllt. Das ist keinesfalls unmöglich. Im Gegenteil würde sie ihm helfen, alle seine Hindernisse auf dem Weg dahin zu überwinden. Allein der Papst kann uns vor unvorstellbaren (und unnötigen) Leiden bewahren, wenn er tut, was die Gottesmutter verlangt.

Sollte der Papst Unterstützung durch Gebet und Taten wünschen, mit denen die bescheidene Priesterbruderschaft ihm helfen könnte, Rußland dem Unbefleckten Herzen Mariens zu weihen in Einheit mit allen Bischöfen der Welt – die Muttergottes würde diese um ihn scharen –, so könnte er voll und ganz auf die Unterstützung von Bischof Fellay und den anderen drei Bischöfen zählen, von denen der geringste unter ihnen ist

Ihr ergebener Diener in Christus,

+Richard Williamson