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Wendepunkt

Wendepunkt on März 10, 2012

Im Laufe seiner Predigt vom 2. Februar 2012 in den USA erwähnte der Generalobere der Priesterbruderschaft St. Pius X. über die Beziehungen zwischen Rom und der Bruderschaft, daß ein praktisches Abkommen zwischen den beiden Parteien möglich wäre, wenn Rom die Bruderschaft so akzeptieren würde, wie sie ist. Dabei zitierte der Bischof den Erzbischof Lefebvre, wie dieser oft davon gesprochen habe, daß so ein Abkommen möglich sei. Allerdings, so fügte Bischof Fellay an, habe der Erzbischof im Jahre 1987 zum letzten Male von so einem Abkommen gesprochen. Dieser kleine Zusatz ist von großer Bedeutung und verdient eine eingehende Betrachtung, vor allem für die jüngere Generation, welche nicht mehr mit dem historischen Drama der Bischofsweihen von 1988 vertraut ist.

Das „Drama aller Dramen“ war allerdings das Zweite Vatikanische Konzil (1962 bis 1965), ohne welches die Priesterbruderschaft gar nicht ins Dasein gekommen wäre. Auf diesem Konzil unterzeichnete die große Mehrheit der weltweiten katholischen Bischöfe das „Auf den neuesten Stand bringen“ der Kirche, womit die Bischöfe ihre katholische Autorität von der Wahrheit der katholische Tradition abtrennen ließen. Von da an mußten Katholiken zwischen Autorität und Wahrheit wählen. Bis zum heutigen Tag müssen die Katholiken, wenn sie sich für die Autorität entscheiden, nach der Wahrheit lechzen, und wenn sie sich für die Wahrheit entscheiden, so müssen sie sich stets nach der Wiedervereinigung mit der Autorität sehnen. Erzbischof Lefebvre wählte die Wahrheit. Zur ihrer Verteidigung gründete er im Jahre 1970 die Priesterbruderschaft St. Pius X. Solange wie möglich tat er allerdings alles in seiner Macht stehende, um die Trennung von der Autorität zu überwinden, indem er nach Anerkennung seiner Bruderschaft durch Rom strebte. Aus diesem Grund kann Bischof Fellay heute sagen, daß der Erzbischof bis 1987 wiederholt eine praktische Übereinkunft mit Rom wünschte und auch daran arbeitete.

Der Erzbischof war im Jahre 1987 allerdings 82 Jahre alt und wußte, daß der Einsatz der Priesterbruderschaft für die Tradition ohne Bischöfe ein Ende haben mußte. Also war es dringend geworden, von Rom wenigstens einen Bischof zu bekommen. Doch Rom hielt den Erzbischof hin; weil es sicherlich gleichfalls wußte, daß die Bruderschaft ohne ihren eigenen Bischof eines langsamen Todes sterben würde. Das hartnäckige Hinhalten des damaligen Kardinal Ratzinger machte im Mai 1988 dem Erzbischof völlig klar, daß das neo-modernistische Rom keinerlei Absicht hatte, die katholische Tradition anzuerkennen, geschweige denn zu beschützen. Damit war die Zeit der Diplomatie zu Ende, und der Erzbischof führte die Bischofsweihen durch. Von diesem Zeitpunkt an, so der Erzbischof, galt nur noch der Grundsatz: entweder das katholische Dogma – oder gar nichts! Für den Erzbischof war von da an die absolut notwendige Voraussetzung für irgendwelche Kontakte zwischen Rom und der Bruderschaft das Bekenntnis Roms zum katholischen Glauben nach den großen antiliberalen Lehrschreiben der katholischen Tradition, wie z.B. Pascendi, Quanta Cura, uam.

Deswegen, so Bischof Fellay in seiner Predigt, sprach der Erzbischof bis zu seinem Tod im Jahre 1991 nicht mehr davon, daß eine praktische Vereinbarung zwischen Rom und der Bruderschaft möglich oder wünschenswert wäre. Der Erzbischof war so weit gegangen wie möglich, um von der Autorität die minimale Förderung der Wahrheit zu erhalten. Einmal fragte er sich sogar, ob er im Mai 1988 nicht zu weit gegangen sei. Doch von diesem Zeitpunkt an schwankte er nicht und ging auch keine Kompromisse ein, und drängte vielmehr jene, die auf ihn horchten, dieselbe Linie beizubehalten.

Hat die Situation sich seither verändert? Ist Rom zum Glauben aller Zeiten zurückgekehrt? Man könnte es denken, wenn Bischof Fellay in derselben Predigt vom 2. Februar uns sagt, daß Rom seine harsche Haltung vom 14. September 2011 geändert habe und sich nun bereit erkläre, die Priesterbruderschaft so zu akzeptieren, wie sie ist. Doch wenn wir uns nur an Assisi-III oder die Neuseligsprechung von Johannes Paul II. vom letzten Jahr erinnern, so ist eher zu vermuten, daß hinter dem plötzlichen Wohlwollen der römischen Kirchenmänner gegenüber der Priesterbruderschaft höchstwahrscheinlich etwas anderes liegt: Ein Vertrauen darauf, daß die Euphorie über die Wiederaufnahme und sogar Ausdehnung des gemeinsamen Kontaktes den hartnäckigen Widerstand der Bruderschaft gegen die Neukirche verdünnen, auswaschen und schließlich auflösen wird. Gott sei es geklagt.

„Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn.“

Kyrie eleison.

Gute Nachrichten

Gute Nachrichten on März 3, 2012

Die meisten Leser der „Eleison-Kommentare“ dürften bereits letzte Woche die gute Neuigkeit aus Deutschland gehört haben: Das niederbayerische Oberlandesgericht in Nürnberg hat am Aschermittwoch meine Verurteilung durch das Regensburger Landgericht vom 11. Juli des vergangenen Jahres aufgehoben. Das Regensburger Urteil war ursprünglich gegen mich zweimal wegen „Volksverhetzung“ ergangen, nachdem ich im November 2008 auf deutschem Boden dem schwedischen Fernsehen ein Interview in englischer Sprache gegeben hatte, welches auf gewisse historische Ereignisse einen anderen Blick als den landläufig üblichen warf. Außerdem hat das Nürnberger Oberlandesgericht bestimmt, daß der Bayerische Staat meine bisherigen Prozeßkosten zu tragen hat. Die Ehre dafür gebührt meinem Verteidiger Prof. Dr. Edgar Weiler, dessen Argumentation die Richter akzeptierten, dem Pater Schmidberger, der ihn als Verteidiger vorgeschlagen hat, und Bischof Fellay, der ihn gutgeheißen hat.

Allerdings bin ich in der Hinsicht noch nicht freigesprochen, daß die Berufungsrichter ihre Entscheidung mit verfahrenstechnischen Fehlern des Regensburger Gerichts begründeten. Die Schlußfolgerung des Berufungsgerichtes lautet: „Eine Anklageschrift, die ein (noch) strafloses Verhalten schildert und offenläßt, welche konkreten Umstände eine Strafbarkeit des Angeklagten erst noch begründen sollen, erfüllt die eingangs genannten Anforderungen an den Inhalt einer Anklageschrift mit Angabe der den äußeren und inneren Tatbestand belegenden Merkmale und an die Umgrenzungsfunktion einer Anklageschrift nicht. Das Verfahren ist deshalb einzustellen.“

Theoretisch könnte nun also die Regensburger Staatsanwaltschaft ihr Verfahren korrigieren und die Strafverfolgung von neuem beginnen. Praktisch gesehen könnte sie aber durchaus zögern, denn das Berufungsgericht forderte sie auf anzugeben, wer genau meine Äußerungen hören konnte, auf welche Weise diese Menschen sie hören konnten und wieso gerade diese Äußerungen dazu geeignet waren, den öffentlichen Frieden in Deutschland zu stören. Und schlußendlich forderte das Berufungsgericht die Regensburger Staatsanwaltschaft auf anzugeben, wie ich mutmaßlich eingewilligt haben könnte, daß meine Äußerungen auch in Deutschland bekannt gemacht würden.

Die Staatsanwaltschaft könnte zwar leicht zeigen, daß die ganze Welt, und nicht nur Deutschland, einen Monat lang mit diesen Äußerungen durch die Medien bombardiert wurden (vor allem um Benedikt XVI. zu zwingen, sich von der katholischen Tradition zu distanzieren). Jedoch wäre der Nachweis nicht so leicht zu erbringen, daß damit der öffentliche Friede in Deutschland gestört worden ist. Zudem könnte die Staatsanwaltschaft mir kaum nachweisen, daß es mein Wunsch war, die Bemerkungen in Deutschland zu veröffentlichen – zumal ich in der letzten Minute des Interviews (auf Youtube noch verfügbar) ausdrücklich das Gegenteil wünschte. Ob die Staatsanwaltschaft fortfährt oder nicht, liegt also in Gottes Hand.

Doch glauben Sie, liebe Leser, nun bitte nicht, daß ich an diesen Gerichtsverfahren in Deutschland zu viel zu leiden gehabt habe – genausowenig wie am entsprechenden Drei-Jahres-Exil innerhalb der Priesterbruderschaft St. Pius X. Vielmehr ist dieses Exil eher zu bequem gewesen, und diese deutschen Gerichtsverfahren haben – momentan jedenfalls – mit ihrer vollständigen Aufhebung geendet. An dieser Stelle möchte ich mich bei all jenen von Ihnen bedanken, die in diesen drei Jahren für mich beteten. Viele von Ihnen beten für mich, wie ich weiß, und für jeden einzelnen bin ich dankbar. Im Gegenzug feierte ich im Januar eine Meß-Novene für Ihre Intentionen, weil sicherlich viel größere Prüfungen auf uns alle warten.

Kyrie eleison.

Angelismus

Angelismus on Februar 11, 2012

Der konservative englische Schriftsteller unserer Zeit Roger Scruton erkannte nicht nur scharfsinnig, warum Thomas S. Eliot (1888–1965) „unzweifelhaft der größte englische Dichter des 20. Jahrhunderts war,“ sondern hat damit auch den bedrängten Katholiken des 21. Jahrhunderts Interessantes zu erzählen: Die Lösung liegt im Schmerz selber, so darf man aus seiner Analyse schließen. Wenn wir von der heutigen Welt gekreuzigt werden, so ist dieses das für uns bestimmte und von uns zu tragende Kreuz.

Poetisch gesehen war Eliot ein Erz-Modernist. Wie Scruton schreibt: „Eliot stürzte das 19. Jahrhundert der Literatur und führte das Zeitalter der freien Verse, der Entfremdung und der Experimente ein.“ Ob Eliots finale Verbindung von Hochkultur und Anglizismus eine ausreichende Lösung für die von ihm angepackten Probleme bot, ist fraglich. Doch wer wird verneinen wollen, daß Eliot mit seinem berühmten Gedicht „Das wüste Land“ („The Waste Land“) im Jahre 1922 der modernen englischen Lyrik den Weg bahnte? Der enorme Einfluß seiner Gedichte zeigt zumindestens, daß Eliot seinen Finger am Puls der Zeit hatte. Er ist ein Mann der Moderne, welcher das Problem der heutigen Zeit frontal anpackte. Dieses Problem faßte Scruton so zusammen: „Fragmentierung, Ketzerei und Unglaube.“

Hätte allerdings Eliots Gedicht „Das wüste Land“ im Chaos gar keinen Sinn gefunden, so wäre es kein solch bekanntes Meisterwerk geworden. In nur 434 Zeilen zeichnet es ein hervorragendes Bildnis der zerrütteten europäischen „Zivilisation,“ welche aus den Trümmern des Ersten Weltkrieges (1914–1918) emporstieg. Doch wie gelang Eliot dies? Weil, wie Scruton antwortet, Eliot der Erz-Modernist gleichzeitig ein Erz-Konservativer war. Er hatte die großen Dichter der Vergangenheit ganz in sich aufgenommen; vor allem Dante und Shakespeare, aber er kannte sich auch in den Werken moderner Meister wie Baudelaire und Wagner aus. „Das wüste Land“ zeigt eindeutig, daß es Eliots Verständnis für die Ordnung der Vergangenheit ist, welche es ihm erlaubte, die Unordnung der Gegenwart darzustellen.

Scruton merkt an, daß, wenn Eliot die große traditionelle Romantik der englischen Literatur des 19. Jahrhunderts hinwegfegte, dann deswegen, weil diese Romantik nicht mehr der Wirklichkeit seiner Zeit entsprach. „Eliot glaubte, daß die Verwendung abgenutzter poetischer Diktion und beschwingter Rhythmen durch seine Zeitgenossen eine schwere moralische Schwäche verriet: Ein Versagen, das Leben so zu beobachten, wie es wirklich ist; ein Versagen, so zu fühlen, wie wir wirklich fühlen müssen angesichts einer Erfahrung, welche unausweichlich die unsere ist. Und dieses Versagen war laut Eliot keineswegs auf die Literatur beschränkt, sondern durchzog das gesamte moderne Leben.“ Eliots Suche nach einer neuen literarischen Ausdrucksweise, nach einem neuen Idiom, war daher Teil einer umfassenderen Suche – einer Suche „nach der Wirklichkeit der modernen Erfahrung.“

Sahen und sehen wir denn nicht in der Kirche eine ebensolche „schwere moralische Schwäche“? Die Schwäche der Kirche der 1950er Jahre können wir als „Fünziger-ismus“ bezeichnen, und er war der direkte Vater des Zweiten Vatikanischen Konzils der 1960er Jahre. Aber worin bestand er? Bestand er nicht in der Weigerung, die moderne Welt so zu betrachten, wie sie wirklich war? In der Vortäuschung, wonach alles und jeder nett sei? Eine Vortäuschung, wonach wir uns nur in angelistische Sentimentalitäten einzulullen bräuchten, damit die Probleme der Kirche inmitten einer Revolutionswelt verschwänden? Ist die heutige Vortäuschung, wonach Rom die katholische Tradition wirklich mögen würde, im Kern etwa nicht dieselbe Verweigerung der Wirklichkeit? So wie Eliot zeigte, daß Sentimentalität der wahren Poesie den Garaus macht, so zeigte uns Erzbischof Lefebvre, daß Sentimentalität auch dem wahren Katholizismus das Ende bereitet. Der erz-konservative Erzbischof war der Wahrhaftigste der modernen Katholiken.

Liebe Katholiken, die heutige Wirklichkeit mag uns durch ihre unzähligen verderbten Weisen kreuzigen. Doch freuen wir uns darüber, sagt der Heilige Paulus, freuen wir uns immer wieder, denn allein im Annehmen unseres modernen Kreuzes liegt heute unsere Erlösung und die einzige Zukunft des Katholizismus.

Kyrie eleison.

„Geistige Krankheit“

„Geistige Krankheit“ on Januar 21, 2012

Ein langjähriger Brieffreund schrieb mir kürzlich ein dutzend Argumente dafür auf, warum die Priesterbruderschaft zu einer Vereinbarung mit Rom gelangen müsse – selbst wenn die Lehrgespräche von 2009 bis 2011 eine grundsätzliche Uneinigkeit in Glaubensfragen zwischen Rom und der Bruderschaft aufzeigten. Auf ein Argument dieses Freundes möchte ich im folgenden näher eingehen, weil es glaube ich vor Augen führt, womit die Priesterbruderschaft es wirklich zu tun hat.

Er schrieb, daß die Bruderschaft ihr Verständnis für die Kirchenzugehörigkeit zu verlieren droht, wenn sie ihr Verhältnis zu Rom nicht bald „normalisiere.“ Denn es gibt Laien und auch Bruderschaftspriester, welche in ihrer gegenwärtigen anormalen Situation sich wohlfühlen und sich an sie gewöhnt haben, weil die Bruderschaft ja „alles hat, was sie benötigt – insbesondere Bischöfe.“ So eine Anpassung, schreibt der Freund, geht in die Richtung einer schismatischen Haltung und führt praktisch – wenn nicht theoretisch – zum Sedisvakantismus. Darauf antwortete ich, daß mir die Annahme einer schismatischen Haltung wesentlich ungefährlicher vorkomme als die Ansteckung mit der „geistlichen und geistigen Krankheit der heutigen Römer, wenn man ihnen zu nahekommt.“ War das eine skandalöse Antwort? Gerne erkläre ich sie näher.

Ein anderer Freund verwendete den Begriff „geistige Krankheit“ für jene hohe römische Würdenträger, mit welchen er kürzlich intensiv zu tun hatte. Er sagte, daß diese zwar intelligente, aufrichtige Männer und völlig imstande waren, die ihnen vorgelegten Argumente der katholischen Tradition zu erfassen, daß sie aber gleichzeitig „geistig krank sind. Sie besitzen doch die Autorität.“ Als mein Freund diese Römer als „geistig krank“ bezeichnete, beabsichtigte er gewiß keine Beleidigung ihrer Person. Im Gegenteil sprach er etwas wesentlich schwerwiegenderes aus als eine persönliche Beleidigung: er kommentierte den durch ihre Gespräche herausgestellten, objektiven Geisteszustand der Römer. Denn der Verstand dieser Römer fußt nicht mehr länger auf der Wahrheit.

Und ein dritter Freund, welcher mit römischen Würdenträgern im Gespräch war, sagte dasselbe in anderen Worten. Damals fragte ich ihn: „Hätten Sie nicht direkt zum Kern der Sache vorstoßen und mit ihnen zusammen die grundlegende Frage nach dem Verhältnis von Verstand und Wahrheit aufwerfen können?“ Er erwiderte: „Nein. Denn sie hätten nur geantwortet, daß sie die Kirchenautorität und die katholische Kirche seien, und daß, wenn wir katholisch sein wollen, es an ihnen läge uns zu sagen, auf welche Art.“ So ein Verstand fußt also nicht auf der Wahrheit, sondern nur auf der Autorität. Nun mag beispielsweise Milch eine wunderbare Sache sein, aber stellen wir uns einen Autofahrer vor, der in aller Ruhe darauf bestehen würde, seinen Benzintank mit Milch zu füllen! Das große Problem ist nun, daß fast die gesamte moderne Welt jeden Sinn und jede Liebe für die Wahrheit verloren hat. Für lange Zeit widersetzte die Kirche sich diesem Wahrheitsverlust, aber durch das Zweite Vatikanische Konzil brach auch dieser letzter Widerstand zusammen.

In der Tat gibt die moderne Welt sich glamourös und gewichtig – ganz wie das moderne Rom. Ein italienischer Freund beschreibt den Glanz der vatikanischen Büros wie folgt: „Die römischen Paläste zu betreten ist ein gewagtes Unternehmen, denn bereits die Luft, welche man darin atmet, ist unwiderstehlich. Die Faszination dieser heiligen Hallen rührt weniger von den liebenswerten Offiziellen her (denn bei weitem nicht alle sind liebenswert!), also vielmehr von der Bedeutung, den diese Hallen durch die 2000jährige Kirchengeschichte ausstrahlen. Stammt diese Faszination vom Himmel? Oder von der Hölle? Jedenfalls verführt die bloße Atmosphäre des Vatikans seine Besucher und macht ihren Willen gefügsam.“

Hierbei ist diese Faszination des Vatikans allerdings nur ein kleiner Teil des starken Drucks der modernen Welt, welcher auf unseren Verstand einwirkt, um ihn zu lähmen und um uns zu drängen, mit dem Strom zu schwimmen. Lieber Freund, lieber wäre ich ein schismatischer Sedisvakantist als ein römischer Apostat. Doch mit der Gnade Gottes keines von beiden!

Kyrie eleison.

Achtung Sprengung

Achtung Sprengung on Januar 7, 2012

Sollten manche Leser den „Eleison Kommentar“ von letzter Woche als Auftakt für ein neues Jahr etwas düster empfunden haben, so tut mir dies leid und ich verspreche, den Kommentar von dieser Woche mit einem hoffnungsvollen Zitat abzuschließen. Allerdings sind im Grunde genommen viele Menschen – wie mir gesagt wird – immer noch in „seliger Unwissenheit“ darüber, wie ernst die bevorstehende weltweite Wirtschaftskatastrophe tatsächlich ist. Schlimmer noch begreifen sie nicht das vor-apokalyptische Ausmaß der Kirchenkrise. Betrachten wir für einen Augenblick diese Krise der Kirche.

Die Vision selbst einiger Priester innerhalb der Priesterbruderschaft St. Pius X. sieht so aus, daß einerseits die Bruderschaft eine normale religiöse Kongregation und andererseits das heutige Rom nicht übermäßig abnormal sei. Zwar habe Erzbischof Lefebvre sehr barsch über das Zweite Vatikanische Konzil und die „Antichristen“ in Rom gesprochen, aber in den 20 Jahren seit seinem Tod hätten die Dinge sich zum Besseren gewandelt. Diese Priester denken, daß wir heute einen Papst hätten, der im Herzen ein Traditionalist sei, wie seine Freigabe der tridentinischen Messe und seine „Zurücknahme“ der 1988er-„Exkommunikation“ der vier Bruderschaftsbischöfe bewiesen habe. Sie folgern sodann, daß – mit ein bißchen Beweglichkeit auf beiden Seiten – Rom und die Bruderschaft sicherlich zu einer Vereinbarung gelangen könnten, wo einerseits Rom der Bruderschaft wieder jene Achtbarkeit zurückgeben würde, welche sie nie hätte verlieren sollen, und wo andererseits die Bruderschaft in einem Triumphzug in Rom einziehen könnte, so daß beide Seiten zusammen die Welt für Jesus Christus erobern könnten. In dieser Vision haben die Glaubensgespräche zwischen beiden Seiten in den Jahren 2009 bis 2011 zwar das völlige Auseinanderklaffen in der Lehre der beiden Parteien unterstrichen, doch würde dies nur beweisen, daß die anvisierte Vereinbarung rein praktischer Natur zu sein brauche.

Die Priester, welche von solch einem Traum sich einlullen lassen, haben leider entweder Pascendi nicht gelesen oder aber nicht verstanden, was sie lasen. Denn in seiner großen Enzyklika warnt der heilige Papst Pius X. davor, daß der Modernismus eine Hauptgefahr für die Existenz der Kirche darstellt, weil er das Ende eines Vorgangs markiert, bei welchem die Seele von der – natürlichen oder übernatürlichen – Wirklichkeit abgesondert wird. Der Modernismus ist das endgültige Sich-Einschließen des Geistes in seinem gottlosen Traumland. Wahrhaftig stellt der Modernismus die Endstation des Irrtums dar. Betrachten wir ein Beispiel für dieses Sich-Einschließen:—

Die Enzyklika Pascendi erklärt am Ende des Abschnittes über die modernistischen Theologen, wie die Modernisten sich darüber freuen, von der kirchlichen Autorität verurteilt zu werden. So wie ein Gartenschlauch nicht von seinem ihm Wasser spendenden Wasserhahn abgeschnitten werden darf, so darf die Kirche auch nicht von ihrer Quelle in der Überlieferung abgeschnitten werden. Also – so sagt der Modernismus – muß die Kirche in der Zeit fortschreiten durch ein Wechselspiel zwischen Modernismus und Tradition. Deshalb brauchen die Modernisten eine traditionelle Kirchenautorität, welche das Traditionelle gerade mit der Verurteilung der Modernisten durchführt. Wenn also der Papst sie als Modernisten nicht verurteilt, so treiben sie ihre Sache voran; wenn er sie aber verurteilt, so treiben sie ihre Sache ebenso voran, weil sie durch ihr Verurteilt-Werden zu sehen glauben, daß der Papst den Fortschritt der Kirche fördert. Kopf der Papst verliert, Zahl sie gewinnen. Das ist ein sich einschließender Irrtum, bei dem Gott nicht gewinnen kann.

Für jene, die so denken, hält der große und gütige Gott allerdings eine Überraschung bereit. Um in der Zeit von Noah Menschenseelen zu retten, schwemmte er das elendigliche Gesellschaftssystem einfach weg. Um heute wieder Seelen zu retten, könnte Gott diesesmal zur Säuberung das System einfach wegsprengen. Die Sprengung könnte im Jahre 2012 beginnen – oder auch nicht. Und wo bleibt das tröstliche Zitat? –

„Wenn aber dies zu geschehen anfängt, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn es naht eure Erlösung“ (Lukas 21,28). Bekanntlich ist die Stunde kurz vor dem Morgengrauen die dunkelste.

Kyrie eleison.

Beharrendes Rom

Beharrendes Rom on Dezember 17, 2011

Monsignore Fernando Ocariz als einer der vier römischen Theologen, die an den Glaubensgesprächen zwischen Rom und der Priesterbruderschaft St. Pius X. von 2009 bis Frühjahr 2011 teilnahmen, veröffentlichte nun eine Abhandlung namens „Festhalten am Zweiten Vatikanischen Konzil“ – also ungefähr zur selben Zeit, als Bischof Fellay wissen ließ, daß die Bruderschaft um eine Klärung der doktrinären Präambel (diese ist die Antwort Roms auf die Glaubensgespräche) bitten wird. Die Wahl des Zeitpunktes durch den Monsignore zeigt, daß das Schlimmste nicht überstanden ist – ganz im Gegenteil! Untersuchen wir seine Argumente, die wenigstens eindeutig sind.

In seiner Einleitung argumentiert Monsignore Ocariz, daß das „pastorale“ Konzil nichtsdestoweniger lehrmäßig gewesen sei. Denn die Seelsorge basiere auf der Glaubenslehre und versuche außerdem, Seelen zu retten, was wiederum die Glaubenslehre einschließe. Die Konzilsdokumente würden sogar viele Glaubenslehren enthalten. Nun gut, wenigstens versucht der Monsignore nicht, den dogmatischen Anschuldigungen gegen das Konzil auszuweichen, indem er vorgibt, das Konzil sei nicht lehrmäßig gewesen – wie so viele Konzilsverteidiger es getan haben.

Über das allgemeine Lehramt der Kirche sagt Monsignore, daß das Zweite Vatikanum aus den katholischen Bischöfen bestanden hat, welche über „das Charisma der Wahrheit, die Autorität Christi und das Licht des Heiligen Geistes“ verfügen. Dies zu leugnen bedeute, ein Wesensmerkmal der Kirche abzustreiten. Aber Monsignore Ocariz, wie steht es dann mit der Masse der katholischen Bischöfe, welche unter Papst Liberius an der arianischen Irrlehre festhielten? In Ausnahmefällen können in beinahe trauter Einstimmigkeit auch die katholischen Bischöfe lehrmäßig irren. Was einmal geschah, kann wieder geschehen – und dieser Fall wiederholte sich im Vatikanum II, wie seine Dokumente belegen.

Der Monsignore argumentiert weiter, daß auch die nicht-dogmatischen sowie nicht ausdrücklich definierten Lehren des Konzils dennoch Zustimmung von den Katholiken verlangen. Dies sei „religiöse Unterordnung des Willens und des Verstandes“ und ein „Akt des Gehorsams und Vertrauens in den göttlichen Beistand des Lehramtes.“ Aber Monsignore, zweifellos bot Gott den konziliaren wie arianischen Bischöfen jedwede benötigte Unterstützung an. Doch die Bischöfe lehnten diese Unterstützung ab, wie ihre von der Überlieferung abgekommenen Dokumente zeigen.

Schließlich setzt Monsignore Ocariz das zu Beweisende voraus, wenn er argumentiert, daß das katholische Lehramt kontinuierlich ist und weil das Zweite Vatikanum das Lehramt sei, könnten auch seine konziliaren Lehren nur in Kontinuität mit der Vergangenheit sein. Wenn nun diese konziliaren Lehren wie ein Bruch mit der Vergangenheit aussähen, so sei es katholisch, diese Lehren so zu interpretieren, als ob es keinen Bruch gegeben habe – wie es beispielsweise Benedikts XVI. „Hermeneutik der Kontinuität“ macht. Aber Monsignore, diese Argumente können genau umgekehrt angewendet werden. Denn tatsächlich gab es einen Bruch in der Glaubenslehre, wie eine Untersuchung der Konzilsdokumente eindeutig zeigt. (Zum Beispiel: Gibt es ein (gemäß Zweitem Vatikanum) oder gibt es kein (gemäß der Überlieferung) Menschenrecht auf ungehinderte Verbreitung von Irrtümern?) Deswegen war das Zweite Vatikanum nicht das wahre Lehramt der Kirche, und es ist katholisch, aufzuzeigen, daß es diesen Bruch mit der Überlieferung tatsächlich gibt – wie es Erzbischof Lefebvre tat –, anstatt vorzugeben, daß kein Bruch vorhanden sei.

Zum Schluß behauptet der Monsignore noch, daß nur das Lehramt das Lehramt auslegen könne. Womit wir wieder am Anfangspunkt angelangt sind.

Liebe Leser, Rom ist keinesfalls über den Berg. Himmel, hilf uns!

Kyrie eleison.