Eleison Kommentare

Wiederherstellung der Vaterschaft

Wiederherstellung der Vaterschaft on Mai 22, 2010

Es ist heutzutage leicht, den Eltern vorzuhalten, sie wüßten nicht, wie man Kinder erziehen soll. Anstatt Vorwürfe zu machen, helfen wir besser all jenen, die sich für die Erkenntnis interessieren, woher das Problem der Entfremdung ihrer Kinder rührt. Das Problem ist in gewisser Weise so majestätisch groß wie Gott, denn es entspringt just der allgemeinen Ablehnung und Verneinung Gottes durch die moderne Welt.

Die menschliche Familie ist eine kleine Gesellschaft, welche im wesentlichen aus dem Vater, der Mutter und den Kindern besteht. Nun sagt uns der gesunde Menschenverstand, daß jede menschliche Gesellschaft ein Oberhaupt braucht, um zu funktionieren. Wenn kein Oberhaupt lenkt noch befiehlt, dann verliert eine Gesellschaft ihre Führung und fällt auseinander. Deswegen hat eine Fußballmannschaft ihren Kapitän, ein Unternehmen seinen Geschäftsführer, ein Land seinen König oder Präsidenten, eine Stadt ihren Bürgermeister, eine Feuerwehr ihren Kommandanten, eine Armee ihren General, eine Universität ihren Rektor, ein Gericht seinen Richter, und so weiter und so fort.

Zuvörderst braucht die Familie einen Vater, weil sie nicht nur irgendeine menschliche Gesellschaft ist, sondern die grundlegendste und natürlichste aller menschlichen Gesellschaften, denn die Familie stellt das Grundmodell aller anderen Gesellschaften dar. Das liegt daran, daß in keiner anderen Gesellschaft die Bande, welche die Glieder miteinander verbinden, so tiefgehend natürlich sind wie jene Bande zwischen Ehemann und Ehefrau, sowie zwischen Eltern und Kindern. Ebenfalls ist in keiner anderen Gesellschaft so offensichtlich, daß das Oberhaupt die Glieder sowohl umsorgen als auch befehligen muß. Befiehlt ein Vater allerdings ohne Fürsorge, so leidet die Familie unter seiner Härte. Umsorgt er hingegen ohne zu befehlen – was heute häufiger vorkommt -, so leidet die Familie an seiner Weichheit. Somit ist die Vaterschaft der Familie das Modell jeder menschlichen Autorität. Aus diesem Grunde (vergleiche EC 145) steht das Vierte Gebot – Vater und Mutter zu ehren – an oberster Stelle jener sieben Gebote, welche die Beziehungen in der menschlichen Gesellschaft regeln.

Nun stammt die Vaterschaft der Familie, wie jede Vaterschaft respektive Autorität, von Gott dem Vater ab. Der hl. Paulus sagt: „Daher beuge ich meine Knie vor dem Vater unseres Herrn Jesus Christus, von dem jede Vaterschaft im Himmel und auf Erden ihren Namen hat“ (Epheser 3,14–15). Anders formuliert sagt uns das Wort Gottes, daß die Natur jeder Vaterschaft in der menschlichen Familie und jeder obersten Führung in einer menschlichen Gesellschaft von der Vaterschaft Gottvaters abstammt – denn der „Name,“ d.h. das Wort, drückt die Natur oder das Wesen des Dinges aus. Folglich leuchtet es ein, daß in jeder Welt, die Gottvater hinauswirft – wie es die unsere tut -, der Name und das Wesen der Vaterschaft aus unserem Bewußtsein verschwinden und jedwede Vaterschaft und Autorität in unserem Leben untergraben werden.

Ihr Familienväter, führt Eure Familien zu Gott! Stellt Euch selber unter Gott, so daß Eure Ehefrauen und Kinder sich umso leichter unter Euch stellen können. Der hl. Paulus sagt, „Ich möchte aber, daß ihr wisset, daß das Haupt eines jeden Mannes Christus ist; Haupt des Weibes ist der Mann, und das Haupt Christi ist Gott“ (1. Korinther 11,3). Seid dem Eheweib und den Kindern ein männliches Vorbild davon, wie man sich sowohl natürlich als auch übernatürlich dem lieben Gott unterwirft. Dann darf unsere wahnsinnige Welt tun, was sie will – doch wenigstens Ihr werdet das Beste für die Familie tun, die Gott Euch anvertraut hat.

Ratschläge für Knaben werden in einem anderen „Eleison Kommentar“ folgen, so Gott will.

Kyrie eleison.

Schlafloser Papst

Schlafloser Papst on Mai 15, 2010

Kardinal Kasper, Präsident der Vatikanischen Kommission für die Beziehungen zu anderen christlichen Gemeinschaften und zum Judentum, hielt am Mittwoch vor einer Woche eine Pressekonferenz in Paris ab. Dabei zeigte sich wieder einmal, wie das konziliare Rom die traditionelle katholische Bewegung grundsätzlich mißversteht. Aus einem Reuters-Bericht möchte ich das Denken des Kardinals so getreu wie möglich in fünf Punkten zitieren, und dann kommentieren:

1) Die gegenwärtig alle zwei Monate stattfindenden Lehrgespräche zwischen vier römischen Theologen einerseits und einem Bischof und drei Priestern der Priesterbruderschaft St. Pius X. andererseits, erweisen sich als nicht gerade einfach. 2) Das Hauptproblem ist der Begriff der Tradition: „Wollen wir eine lebendige Tradition oder eine versteinerte Tradition haben?,“ fragte der Kardinal. 3) Er sagte, daß er zwar für diesen Dialog mit der Priesterbruderschaft sei, allerdings zu den Bedingungen von Rom, nicht zu denen der Bruderschaft. 4) Wenn eine Übereinkunft erreicht werden soll, muß die Priesterbruderschaft Zugeständnisse machen und die konziliaren Reformen annehmen. 5) Ohne eine solche Übereinkunft wird die Priesterbruderschaft weder einen amtlichen Status besitzen, noch werden ihre Priester als katholisch anerkannt, noch wird ihnen gestattet sein, ihr Amt auszuüben.

(1) Natürlich erweist es sich als schwer, die Aussage „2 + 2 = 4“ (vertreten von der Tradition und der Bruderschaft) mit der Aussage „2 + 2 = 4 oder 5 “ (Vatikanum II und konziliares Rom) zu versöhnen. Wir haben hier zwei grundlegend verschiedene Auffassungen von Rechenart vor uns, und zwei noch mehr grundlegend verschiedene Auffassungen von der katholischen Wahrheit.

(2) „2 + 2 = 4“ ist die Wahrheit, unverändert und unveränderbar, und deshalb ist es die „Tradition.“ Hingegen ist „2 + 2 = 4 oder 5 “ eine ganz neue Rechenart und so „lebendig“ wie man nur will, aber sie entspricht eben gar nicht der Wirklichkeit und ist somit in keiner Weise, außer als Irrtum, traditionell.

(3) Wenn wir über die wahre Rechenart sprechen, so wird das zu den Bedingungen dieser wahren Rechenart geschehen, und nicht zu den Bedingungen der beiden Gesprächsteilnehmer, selbst wenn einer von ihnen diese wahren Bedingungen vertritt.

(4) Wer will oder braucht denn überhaupt eine Übereinkunft, die auf „2 + 2 = 4 oder 5 “ basiert (Vatikanum II)? Doch nur Vertreter des Wahnsinns, die kein Interesse mehr an der wahrhaftigen Rechenart haben!

(5) Wenn der „offizielle Status,“ die „Anerkennung als Priester“ und die „Erlaubnis, das Amt auszuführen“ allesamt vom Annehmen der Aussage abhängen, daß 2 + 2 sowohl 4 als auch 5 sein kann, dann werden dieser „Status,“ diese „Anerkennung“ und diese „Erlaubnis“ auf Kosten der Wahrheit erkauft. Doch wenn ich die Wahrheit verkaufe, wie kann ich sie dann noch besitzen, um sie zu verkünden? Und wenn ich die Wahrheit nicht mehr länger verkünden kann, was für ein Priester könnte ich dann noch sein und was für ein Amt noch ausüben?

Deshalb lautet die Schlußfolgerung: Nicht nur die „Tradition,“ sondern vielmehr die Wahrheit gebietet es, daß die Römer und die Priesterbruderschaft St. Pius X. nicht miteinander übereinkommen. Die Römer haben durch ihr Verändern der Wahrheit die Glaubenswahrheit verloren: Objektiv gesprochen ermorden sie die Wahrheit sogar, – so wie Macbeth „den Schlaf mordete.“ Im selben Reuters-Bericht wird der Papst zitiert, wie er sagte, daß das Problem mit der Priesterbruderschaft „ihm den Schlaf raubt.“

Heiliger Vater, bitte glauben Sie uns, daß die Wahrheit weit über der Priesterbruderschaft emporragt und letztere nur unter den bescheidenen momentanen Wahrheitsverteidigern einzureihen ist. Jeder aus der Bruderschaft wünscht Ihnen alles Gute – und ganz besonders, gut zu schlafen. Nicht die Priesterbruderschaft, sondern die ermordete Wahrheit hält Sie des Nachts wach.

Kyrie eleison.

Bedrängte Eltern

Bedrängte Eltern on Mai 8, 2010

Die Worte der ehrwürdigen Schwester aus den „Eleison Kommentaren“ von letzter Woche bleiben mir in Erinnerung: „Die Welt umfängt unsere Mädchen sehr stark.“ Nach nur drei Jahren ist „die Veränderung der Einstellung unserer Mädchen (.) auffällig. Wir müssen uns sehr anstrengen, um die Prinzipien und die Moral aufrechtzuerhalten.“ Nun wird allerdings die Welt ihren Druck auf die Mädchen nicht verringern, ganz im Gegenteil. Somit hat entweder unser katholischer Glaube aufgehört, „unser Sieg über die Welt“ zu sein (1. Johannes 5,4), oder die Worte der Schwester sind ein rotes Blinklicht zu unser aller Ermahnung, unseren Glauben zu beleben – oder sollte es so sein, daß die katholische Tradition erneut gesiebt werden muß?

Wenn in dem Verhältnis von Schule und Elternhaus die Schule für ungefähr zwei Siebtel der Entwicklung eines Kindes verantwortlich ist, dann trägt das Zuhause für wenigstens fünf Siebtel die Verantwortung. Wie wir letzte Woche hier nahelegten, wäre es ein grundlegender Fehler der Eltern, anzunehmen, daß ihre Pflicht erfüllt sei, wenn sie die Kinder einer guten Schule anvertraut haben. Die Hauptverantwortung an der Entwicklung von Kindern liegt schon immer beim Zuhause. Von ihrer eigenen Verantwortlichkeit wird die Schwester sicherlich nichts den Eltern aufbürden wollen, aber andererseits muß ihre hauptsächliche Hoffnung – nach der Barmherzigkeit Gottes – ja auf guten Elternhäusern ruhen.

Nun muß heute sicherlich jeder vernünftige Mensch Mitleid mit den Eltern haben. Beispielsweise ist der Vater der Auszehrung preisgegeben durch Berufspendeln, durch unbefriedigende Arbeit und durch einen anti-katholischen Arbeitsplatz. Gleichzeitig ist die Mutter der Erschöpfung preisgegeben durch die Anzahl von Kindern, welche Gott schenken kann – wenn sie und ihr Mann die katholischen Ehegebote befolgen -, durch Heimschulunterricht, wenn die externen Schulen zu verdorben sind, durch Arbeit außerhalb und innerhalb des Heimes, wenn z.B. eine unverdorbene externe Schule teuer ist, und durch die Verachtung der Menschen, wenn die Mutter daheim bleibt. In jedem dieser schlimmsten anzunehmenden Fälle erwartet Gott von niemandem, das Unmögliche zu leisten. Aber er erwartet schon von uns, unser Kreuz zu tragen und das Mögliche zu tun.

Ihr Väter, handelt Ihr wie ein männliches – nicht tyrannisches! – Oberhaupt der Familie? Stellt Ihr Eure Familie über das Geld, oder das Geld über die Familie? Gebt Ihr Euren Töchtern das gute Beispiel vor, ihre Mutter zu lieben und zu unterstützen? Hört Ihr Eure Ehefrau auch an? Ermutigt Ihr sie etwa, sich zu Eurem Vergnügen in einer Weise anzuziehen und zu verhalten, daß es Euren Töchtern nur als schlechtes Beispiel dienen kann? Nehmt Ihr Euch Zeit für Eure Töchter? Laßt Ihr ihnen jene weise Aufmerksamkeit und Sorgfalt angedeihen, welche sie so dringend von ihrem Vater brauchen? Ihr Mütter, nur eine einzige Frage: Gebt Ihr Euren Töchtern ein Vorbild an Achtung und Gehorsam gegenüber ihrem Vater (auch wenn er es vielleicht nicht immer verdient), oder benutzt Ihr Euer Mundwerk, um ihn vor den Kindern kleinzumachen? Seid Ihr beide ein Vorbild in der Ehrerweisung gegenüber dem Priester?

Eine letzte Frage an die Väter und Mütter: Habt Ihr jemals den katholischen Eltern von Kindern zu Zeiten des Zweiten Vatikanum zugehört, welche bei der Entwicklung ihrer Kinder schliefen, zu spät aufwachten und heute nur noch Tränen wegen des Lebenswandels ihrer Kinder vergießen können,die außerhalb des wahren Glaubens leben und in diesem Zustand zu sterben bereit sind? Werfen Sie den Fernseher hinaus! Liebe Mitbrüder im Priestertum, liebe Schwestern, fürchten wir uns nicht davor, uns unpopulär zu machen! Und hüten wir uns davor, daß unsere katholische Tradition so lauschig wird, daß der Herrgott zu unserem eigenen Wohl uns irgendwie die Strafe vom Zweiten Vatikanum wiederholen lassen muß!

Kyrie eleison.

Bedrängte Schwestern

Bedrängte Schwestern on Mai 1, 2010

Kürzlich schrieben mir zwei ehrwürdige Schwestern des Lehrkörpers einer Mädchenschule. Die eine Schwester klang verzagt, die andere hoffnungsvoll. Zweifellos ist Schwester „Verzagt“ auch hoffnungsvoll und Schwester „Hoffnung“ auch verzagt, denn die Katholiken müßten geradezu ihre Augen schließen, um angesichts der uns sanft beschleichenden Apostasie nicht beeinflußt zu werden – allerdings müßten die Katholiken ihren Glauben verlieren, um die mit dem Glauben einhergehende Hoffnung aufzugeben.

Schwester „Verzagt“ schreibt: „Die Welt umfängt unsere Mädchen sehr stark“ Nachdem sie drei Jahre lang außerhalb ihres Landes war, beobachtete sie nach dem Zurückkehren: „Die Veränderung der Einstellung unserer Mädchen ist auffällig. Wir müssen uns sehr anstrengen, um die Prinzipien und die Moral aufrechtzuerhalten.“ Bedenken wir, daß diese Schule von katholischen Eltern, die treu zur Tradition stehen, umgeben und unterstützt wird, daß die Schule eine steigende Schülerzahl vorweisen kann, und daß viele Eltern große Opfer aufwenden, damit ihre Töchter dort unterrichtet werden können. Und dennoch spricht diese innerhalb der Schule wirkende Schwester von etwas anderem, das auch ansteigt: die problematische Einstellung der Mädchen.

Das Problem ist doch, daß unsere gesamte westliche Gesellschaft von Gott abfällt, und daß, wie Aristoteles sagt, der Mensch ein Gesellschafts-, und nicht nur ein Einzel- oder Familien-Wesen ist. Deswegen mag ein Junge oder Mädchen gute Eltern, eine gute Familie und sogar eine gute Schule haben, doch wenn die Gesellschaft außerhalb des Zuhauses und der Schule nicht die in ihnen angestrebte katholische Ausrichtung hat, dann werden die Jungen und Mädchen – vor allem in der Jugendzeit – den antikatholischen Drang der Gesellschaft spüren und unter mehr oder weniger starkem Druck geraten, „mit dem Strom zu schwimmen.“ Heutzutage ist dieser Druck sehr stark – bis hin zur Bedrängung der guten Schwester. Denn jeder wahre Erzieher muß sich heute doch vorkommen, als ob er am Meeresufer steht und versucht, die eindringende Flut aufzuhalten. Immerhin hat aber die ehrwürdige Schwester einen wachen Blick und erliegt nicht der Täuschung, daß die Schulerziehung der Mädchen alle ihre Probleme löse, wie manche Eltern sich einzubilden versucht sind.

Allerdings teilt diese Schwester zweifellos den relativen Optimismus von Schwester „Hoffnung,“ die mir schreibt, daß wenn die Mädchen in der Schule ein Theaterspiel aufführen, die Menschen aus der Welt „erstaunt darüber sind, daß die Mädchen Zeile für Zeile auswendig können, und daß die übrigen Schulkinder im Publikum außerdem wirklich zuhören und zuschauen, und nicht mit ihrem Mobiltelephon herumspielen.“ Sie fährt fort: „Wenn wir solche Kommentare hören, dann wird uns bewußt, daß wir irgendwie doch etwas zustandebringen und daß wir dafür dankbar sein dürfen.“

Die hl. Johanna von Orleans brachte es auf den Punkt: Wir führen zwar den Kampf, doch Gott bringt den Sieg. Die Vorsehung teilt uns eine handvoll bestimmter Karten aus, die wir vielleicht nicht immer mögen, aber es liegt an uns, sie so gut auszuspielen wie wir nur können. Es erinnert mich auch an (Arthur) Evelyn Waughs beherzte Antwort an eine Frau, welche sich beklagte, daß er trotz seines katholischen Glaubens so garstig sei. „Verehrte Dame,“ antwortete er, „Sie haben keine Vorstellung davon, um wieviel garstiger ich sein würde, wäre ich nicht katholisch. Ohne die übernatürliche Hilfe wäre ich kaum ein Mensch.“

Kyrie eleison.

Moralischer Rahmen

Moralischer Rahmen on April 24, 2010

Die Zehn Gebote Gottes (Deuteronomium 5, 6–21) sind durch ihre allumfassende Kürze und göttliche Verkündigung die hervorragende Darlegung des Naturrechts, welches jeder Mensch durch das ihm von der Natur eingegebene Gewissen kennt. Erst auf eigene Gefahr hin leugnet er es oder trotzt ihm. Dieses Naturrecht macht es einem leicht, die Krankheiten der modernen Kunst zu durchschauen, behaupteten letzte Woche die „Eleison Kommentare.“ Tatsächlich kann man dank diesem Naturrecht eine ganze Reihe von modernen Problemen durchschauen, aber diese Woche wollen wir seine Struktur, also die der Zehn Gebote, betrachten, wie sie der Hl. Thomas von Aquin in seiner „Summa Theologiae“ darlegt (in 1a 2ae, 100, Art. 6 und 7).

Mittels dem Recht stellt der Vorgesetzte Ordnung in einer Gemeinschaft her. Das Naturrecht nun ist Gottes Ordnung von der Gemeinschaft zwischen den Menschen und ihm, respektive zwischen ihm und den Menschen. Nun ist aber Gott selber das Zentrum und der Zweck dieser Gemeinschaft. Deshalb stellt die erste „Gesetzestafel“ die Pflichten der Menschen gegenüber Gott dar (1. Gebot: keine Götzen, 2. Gebot: keine Gotteslästerung, 3. Gebot: den Sonntag heiligen), während die zweite Gesetzestafel (4.-10. Gebot) die Pflichten der Menschen gegenüber ihren Mitmenschen ausführt.

Die ersten drei Gebote legen in der Reihenfolge die Gefolgschaftstreue, die Hochachtung und den Gottesdienst die Pflichten gegenüber Gott dar. Der hl. Thomas führt aus: So wie bei einem Soldaten in einer Armee die Untreue oder der Verrat gegen seinen General schlimmer als dessen Mißachtung ist, was wiederum schlimmer als fehlendes Dienen ist, so darf der Mensch Gott gegenüber erstens keine anderen Götter haben (1. Gebot), zweitens auf keinen Fall Gott oder seinen Namen beleidigen (2. Gebot), und drittens Gott so dienen, wie dieser es wünscht (3. Gebot).

Bei den Pflichten des Menschen gegenüber seinen Mitmenschen (4.-10. Gebot) steht an erster Stelle seine Beziehung zum Vater und zur Mutter, welche ihm das Leben schenkten. Deswegen beginnt die zweite Gesetzestafel mit der Pflicht, die eigenen Eltern zu ehren (4. Gebot). Diese Ehrerbietung ist für jede Gesellschaft der Menschen so grundlegend, daß ihr Fehlen eine Gesellschaft zum Zusammenbruch bringt, wie wir es heute überall in der „Westlichen Zivilisation“ erleben (diese müßte treffender „Westlicher Zerfall“ heißen).

Der hl. Thomas beschreibt in seiner weiteren Untersuchung die verbleibenden sechs Gebote als auch in absteigender Bedeutung geordnet. Das Schädigen des Nächsten durch Handeln (5.-7. Gebot) ist schlimmer als durch Worte (8. Gebot), und dieses wiederum ist schlimmer als durch Gedanken (9.-10. Gebot). Unter den unheilvollen Handlungen ist die Schädigung des Nächsten in Person (5. Gebot: nicht morden) schwerwiegender als die seiner Familie (6. Gebot: nicht ehebrechen), welche wiederum gravierender ist als eine Schädigung seines bloßen Eigentums (7. Gebot: nicht stehlen). Schaden durch Worte (8. Gebot: nicht lügen) ist schlimmer als durch bloße Gedanken, wobei wiederum Neid auf die Ehe oder Familie des Nächsten (9. Gebot: keine fleischliche Begierde) gravierender ist als Mißgunst gegen das bloße Eigentum (10. Gebot: keine Begierde der Augen).

Indes fußt das Mißachten von allen zehn Geboten auf Stolz – die alten Griechen nannten es „Hybris“ –, wodurch der Mensch sich gegen Gottes Ordnung, gegen Gott selbst, auflehnt. Die Hybris galt bei den Griechen als der Schlüssel zum Untergang des Menschen. Für unsere Zeit heute ist ein überall herrschender Stolz der Schlüssel zu den entsetzlichen Problemen der modernen Welt. Diese sind ohne Gott unlösbar, was seit seiner Menschwerdung bedeutet: Diese Probleme sind ohne unseren Herrn Jesus Christus unlösbar. Heiligstes Herz Jesu, rette uns!

Kyrie eleison.

Moderne Kunst – I.

Moderne Kunst – I. on April 17, 2010

Warum ist moderne Kunst so häßlich? Muß sie so häßlich sein? Können die heutigen Künstler nicht zur Abwechslung einmal etwas Schönes kreieren? Doch selbst wenn sie etwas Schönes malen, warum ist es dann normalerweise nur zweit- oder drittklassige Kunst, rührselig und irgendwie unecht? Solche wiederkehrenden Fragen wirft ein Maler wie Van Gogh auf, der auf seinem Weg zur modernen Kunst war und den wir letzte Woche betrachteten. Diese Fragen sind leicht zu beantworten – wenn Gott und die menschliche Seele Wirklichkeiten sind. Jedoch gibt es auf diese Fragen keine vernünftige Antwort, wenn der geistige Gott und die geistige Seele lediglich Erfindungen des sich selbst betrügenden Menschen sind.

Wenn Gott der zwar unsichtbare, aber doch wirkliche „Allmächtige Vater, Schöpfer aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge“ ist, dann schuf er die unsichtbare menschliche Seele bei der Empfängnis durch die engste Verbindung mit einem sichtbaren Körper. Auf diese Weise kommt jedes menschliche Wesen, welches jemals war oder sein wird, ins Dasein. Gottes Ziel bei der Schaffung von Wesen mit einer geistigen Vernunft – und daher einem freien Willen – liegt in seiner eigenen äußerlichen (nicht innerlichen) Herrlichkeit. Denn diese wird durch jeden Menschen vermehrt, welcher seinen freien Willen benutzt, um Gott zu lieben und ihm zu dienen, und der dadurch am Todestag das unvorstellbare Glück verdient, im nächsten Leben Gott ewiglich verherrlichen zu dürfen.

Wie kann der Mensch überhaupt Gott lieben und ihm dienen? Durch Gehorsam gegen Gottes Gebote (Joh. 15, 10), die jedem menschlichen Tun einen in Gut und Böse eingeteilten moralischen Rahmen geben. Diesem Rahmenwerk können die Menschen zwar trotzen, aber nicht ausweichen. Wenn die Menschen dem göttlichen Rahmenwerk trotzen, gelangen sie selbstverschuldet in einen mehr oder weniger großen Mißklang mit Gott, mit sich selbst und mit ihrem Nächsten. Denn Gott schuf diesen Rahmen nicht willkürlich, sondern in perfekter Harmonie mit seiner eigenen und mit der menschlichen Natur, die von Gott gebunden wird, damit der Mensch innerhalb dieser handelt.

Im weitesten Sinne ist Kunst eine beliebige Anfertigung aus Stoffen (z.B. aus Farben, Wörtern, Musiknoten, usw.), mittels welcher der Mensch sich besondere Mühe gibt, um anderen Menschen mitzuteilen, was er im Verstand und auf dem Herzen hat. Wenn dieses Herz und dieser Verstand zu einer Seele gehören, welche stets in einem mehr oder weniger starken Einklang mit dem Rahmenwerk ist, mit welchem Gott alles menschliche Tun eingrenzt, dann spiegelt jedes künstlerische Erzeugnis dieser Seele natürlich ihre objektive innere Harmonie oder Disharmonie wider. Und damit sind wir in der Lage, unsere ursprünglichen Fragen zu beantworten.

Die moderne Kunst ist deshalb so häßlich, weil die modernen Seelen einer Weltgesellschaft angehören, welche täglich tiefer in der Apostasie versinkt. Dies geschieht in so enormem Ausmaß, daß eine große und einflußreiche Zahl dieser Seelen sich bewußt oder unbewußt im Krieg mit Gott befindet. Die künstlerischen Erzeugnisse der Seelen aus einer solchen Umgebung sind stets ein Widerklang ihrer inneren Disharmonie mit Gott, mit sich selbst und mit ihren Nächsten: Deswegen sind diese modernen Kunstwerke so häßlich. Etwas wirklich Schönes kann nur der echten noch verbleibenden Harmonie innerhalb ihrer Seelen entspringen. Vorsätzlich „schöne“ Kunst hingegen fußt auf dem disharmonischen Wunschgedanken, Harmonie vorzutäuschen, weswegen sie auf die eine oder andere Weise falsch bzw. rührselig, eben nicht glaubhaft wirkt und damit nur zweit- oder drittklassige Kunst ist.

Wenn andererseits Gott und die unsterbliche Seele, welche von ihm kommt und wieder zu ihm zurückkehren soll, bloße Erfindungen sind, dann gibt es keinen Grund, warum das Schöne nicht häßlich und das Häßliche nicht schön sein sollte. Das ist genau die Geisteshaltung der modernen Künstler. Von dem Augenblick an jedoch, wo ich einen ihrer häßlichen Gegenstände als häßlich erkenne, setze ich die Existenz eines Rahmenwerkes voraus, welches nicht ihres ist und dem sie trotzen.

Kyrie eleison.